Zigeunerisches aus dem südlichen Sauerland

des 19. und 20. Jahrhunderts

 

 

 

herausgegeben von Rüdiger Benninghaus

Eine leicht geänderte Fassung dieses Aufsatzes ist in Folge 203, H.2/ 2001, S.127-156 der

Heimatstimmen aus dem Kreise Olpe

erschienen.

 

 

 

 

Musizierende und tanzende Sinti

 

Wo du Zigeuner siehst, herrscht Freiheit.

Wo du keine siehst, ist die Freiheit abgeschafft.“

(ein alter Spruch)[1]

 

„Bruder, dein Name ist auf der Speisekarte.

Mit deinem Namen machen sie deutsche Kultur.

Opern, Operetten und Theater spielen sie mit deinem Namen.

Aber dich und deine Lebensart wollen sie nicht anerkennen.“

(aus dem Gedicht: „Bruder“ von Lolotz Birkenfelder)[2]

 

Zigeuner ? Das gehört sich doch nicht (mehr) !? Die „political correctness“ hat die Bezeichnung doch schon vor Jahren abgeschafft und durch „Sinti und Roma“ ersetzt.[3] – Wieder ein Beispiel für ein Kind, das mit dem Bade ausgeschüttet worden ist !

Warum ? Zunächst einmal:

„Die Unbefangenheit in der Verwendung des traditionellen Begriffs <Zigeuner> ist weg, ohne daß sich eine neue Selbstverständlichkeit im Umgang mit neuen Begriffen herausgebildet hätte. Deren Verwendung scheint etwas Aufgenötigtes anzuhaften, im übrigen ist die Diffamierung durchaus auch in den Medien noch lebendig ...“[4]

Der Ethnologe Rüdiger Vossen schreibt ganz richtig, daß

„... es bisher nicht möglich war, eine neutrale, allgemein akzeptierte Sammelbezeichnung für alle Zigeunergruppen zu finden. Die Roma wollen nicht Sinti genannt werden, die Sinti nicht Roma oder Calé. Im deutschsprachigen Raum haben wir deshalb keine andere Wahl, als weiterhin den vorbelasteten Begriff Zigeuner zu verwenden, wenn wir alle Zigeunergruppen meinen, und Roma oder Sinti oder Calé, wenn wir eine der großen Gruppierungen ansprechen möchten.“[5]

Und der niederländische Sozialhistoriker Leo Lucassen:

„So werden diejenigen, die in historischen Quellen als Zigeuner bezeichnet werden, nahezu ausnahmslos mit den heutigen ’Sinti und Roma‘ gleichgesetzt. Obwohl es zweifelsohne zwischen den heutigen Sinti oder Roma und den in früheren Zeiten als Zigeuner kategorisierten Gruppen Verbindungen gibt, trifft dies sicher nicht in jedem Fall zu. Überdies muß die These, daß die Vorfahren der heutigen Sinti und Roma sich in gleicher Weise ethnisch definierten, noch bewiesen werden.“[6]

Der (frühere) Herausgeber der renommierten Zeitschrift „Journal of the Gypsy Lore Society“, Matt Salo, schreibt zum Problem der Benennungen:

„No common original name exists for all Gypsy groups, and each goes by its own designation. Since 1980, some writers have attempted to generalize the cumbersome label ’Roma and Sinti‘, based on only two Gypsy groups, to all Gypsies. This usage ignores the individual identities of other Gypsy groups, each of which has its own history and culture. However, since in the English-speaking countries each group translates its own ethnic name as ’Gypsy‘, and since this is also the label used by outsiders, we will continue to use it as the most general and convenient way to refer to this set of ethnic groups thought to be related by common origin.“[7]  

Es scheint sinnvoller, zu versuchen, den über Jahrhunderte eingebürgerten Begriff „Zigeuner“ seiner Negativbehaftung zu entledigen bzw. ein offeneres Verhältnis zu diesem Volk, seien es nun Sinti, Roma oder andere Zigeuner, aufzubauen. Wenn statt „Zigeuner“ nun „Sinti und Roma“ in den Sprachgebrauch gekommen ist, die Diskriminierung und die Vorurteile aber auf der Schiene dieser neuen Begrifflichkeit fortgesetzt werden, ist kaum etwas gewonnen. Und Umbenennungen von Zigeunersauce, Zigeunerschnitzel oder Zigeunerbaron in „Sintisauce“, „Romaschnitzel“ oder „Sinti- und Roma-Baron“ haben auch noch nicht den Weg in den Duden gefunden.

Schließlich muß man damit leben und tut es auch weitgehend, daß weltweit sowohl Fremd- als auch Eigen-bezeichnungen für Völker in Gebrauch sind. Deutsche heißen eben anderswo „German“, „Alman“, „Njemac“ oder sonstwie, und nicht allein nur „Deutsche“.    

Wenn wir in historischen Dokumenten von „Zigeunern“ lesen, so können wir in den meisten Fällen nicht sicher sein, um welche Gruppe es sich handelt, weshalb wir eben dann allgemein von „Zigeunern“ sprechen müssen bzw. sollten. Nur in Fällen, wo nichtdeutsche (slawische) Namen explizit erwähnt werden, kann man mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, daß wir hier Roma vor uns haben, obwohl z.B. in früheren Zeiten auch Zigeuner aus Palästina als Artisten und Zirkusleute nach Deutschland gekommen sind,[8] die weder Sinti noch Roma, sondern Dome/ Domari als Eigenbezeichnung tragen.

Soviel der „oppositionellen“ Meinungen zum Thema der korrekten Bezeichnung für die ethnische Gruppe, von der hier die Rede sein soll.[9]

Schließlich wurden und werden von Außenstehenden auch meist die Jenischen (Mäckese/ Meckeser, Manische und andere Bezeichnungen kommen auch vor[10]) – eine Bevölkerung, die aus der Vermischung von Sinti und anderen Bevölkerungsgruppen (meist Deutschen) entstanden ist – als Zigeuner angesehen und bezeichnet. Archivmaterial zeigt, daß es tatsächlich nicht von der Hand zu weisen ist, daß der Begriff „Zigeuner“ in früherer Zeit zumindest auch ein „polizeilicher Ordnungsbegriff“[11] war, der verschiedene, auch nichtzigeunerische nichtseßhafte Gruppen umfaßte, auch wenn manche Historiker[12] diese Sichtweise vehement ablehnen. 

So schrieb Gendarmerie-Obermeister Gent aus Olpe am 15. Mai 1935 an den Olper Landrat:

„In letzter Zeit ist wiederum eine verstärkte Zigeunerplage im Kreise festzustellen. Es handelt sich aber meistens um solche, die im Besitze eines Wandergewerbescheines sind. Nun sind viele Organe der Polizei der Ansicht, dass diese nicht als Zigeuner zu betrachten seien. Diese Auffassung ist irrig. Nach der Minist. Anweisung zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens vom 17.2.1906 (MBl., S.53) gelten auch solche Personen als Zigeuner, die nach Zigeunerart im Lande umherziehen. Also sind auch diese zu überwachen und damit zu transportieren, ...“[13] 

Ähnliche Unsicherheit offenbart auch schon ein Schreiben des Olper Bürgermeisters und Amtmannes Liese an das Königliche Landratsamt zu Olpe vom 25. Mai 1886:

„... in Betreffs des Vorkommens inländischer Zigeunerbanden im hiesigen Bezirke Fehlanzeige. Mit besondern Maßregeln gegen solche vorzugehen, scheint nach hiesigen Verhältnissen nicht erforderlich, wenn nicht unter die Kategorie derselben auch die Banden einheimischer Korbflechter fallen.“[14]

Das „Problem“, wer denn Zigeuner ist, spricht auch ein Rundschreiben des Ministers für Handel und Gewerbe in Berlin vom 31. Oktober 1901 an alle Regierungspräsidenten an:

„Es sind Fälle zu unserer Kenntnis gelangt, in denen in Bosnien staatsangehörigen Zigeunern Wandergewerbescheine zum Vorzeigen dressirter Thiere ausgestellt und ... auf andere Bezirke ausgedehnt worden sind, ...

... eine eingehende Prüfung der Persönlichkeit der Antragsteller <für den Wandergewerbeschein> eintreten zu lassen, insbesondere dann, wenn es sich um Gewerbe handelt, die erfahrungsgemäß meist von Zigeunern ausgeübt werden, und wenn diese Personen aus Gegenden stammen, aus denen Zigeuner herzukommen pflegen.“[15]

Ähnlich ein Schreiben des Ministers des Inneren zu Berlin am 1. August 1902 an den Regierungspräsidenten in Arnsberg:

„Die Bestimmungen, wonach ausländischen Zigeunern der Wandergewerbeschein stets zu versagen und inländischen Zigeunern gegenüber von der Befugniß zur Versagung des Wandergewerbescheines auf Grund der §§ 57, 57a und 57b der Reichs-Gewerbeordnung möglichst ausgiebiger Gebrauch zu machen ist, sind in neuerer Zeit wiederholt in Erinnerung gebracht worden.

... ordnen wir hierdurch an, daß, wenn in einzelnen Fällen in Ermangelung gesetzlicher Versagungsgründe dem Antrage eines inländischen Zigeuners auf Ertheilung eines Wandergewerbescheines stattgegeben werden muß, dessen Zigeunereigenschaft in dem Wandergewerbeschein ausdrücklich zu vermerken oder falls diese Eigenschaft nicht zweifellos feststeht, der Zusatz aufzunehmen ist: ‚Zieht nach Zigeunerart im Lande umher.‘“[16] 

Sollte man ob solcher behördlicher Praktiken empört die Stirn runzeln, so mag doch an bundesrepublikanische Berufsverbote gedacht und „Gerüchte“ erwähnt werden, nach denen in bundesdeutschen Behörden (z.B. in Filialen des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge oder auch Verwaltungsgerichten) beispielsweise Beamte angehalten werden, die Zahl von Asylanerkennungen möglichst niedrig zu halten.[17]

 

Gegen Ende des 14.Jahrhunderts sollen die ersten Zigeuner in Westfalen „aktenkundig“ geworden sein,[18] doch so weit wollen wir hier nicht in die Geschichte zurückgehen, sondern in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts beginnen. Dabei ist das vorhandene Archivmaterial zwar nicht annähernd vollständig ausgewertet worden; dennoch kann einiges an Material zum Thema vorgelegt werden.

Es war wohl der Bürgermeister in Olpe, der am 8. September 1865 der Olper Kreisbehörde berichtete:

„...1. im Jahre 1860 u. 1861 einzelne kleinere Trupps von Zigeunern, aus Männern Frauen und Kindern bestehend ,... in der Richtung von Siegen nach Meinerzhagen den hiesigen Kreis durchzogen haben; ... eine große Bande von etwa 25 Köpfen ist im Laufe dieses Sommers von Siegen herkommend in Meggen eingetroffen, denselben aber kein Aufenthalt daselbst gestattet, u. von der Ortsbehörde nicht angegeben gewesen, in welcher Richtung sie sich weiter bewegt hat....

3. Die Banden welche in den bezeichneten Jahren die hiesige Gegend durchzogen haben, waren ... <?> meistens als Musiker bezeichnet, mit ... <?> Päßen mit keiner sonstigen gewerblichen Legitimation versehen.“[19]

Am 1.Juni 1886 antwortet das Amt Meinerzhagen auf eine entsprechende Anfrage des Königlichen Landrats zu Altena:

„...daß sich hier im Amtsbezirke weder Zigeuner aufhalten, noch hier ansässig sind. Ein Bedürfniß gegen inländische Zigeunerbanden vorzugehen, liegt nicht vor.“[20]

Diese Auskunft war jedoch nur eine „Momentaufnahme“, denn schon knapp drei Monate später, am 20.August 1886 schreibt Amtmann von Orsbach an den Königlichen Landrat Dr. Kruse über „Den Transport der Zigeunerbande von 50 Köpfen, welche am 12ten August ... von Olpe nach hier geführt wurde...“:

„Wie Euer Hochwohlgeboren bekannt, wurde am 11. d. Mts. im Kreise Olpe eine Zigeunerbande aus Böhmen bestehend aus 50 Personen, 9 Wagen u. 18 Pferden ergriffen und in Gemäßheit des hohen Rescripts des Herrn Ministers des Inneren ... von Olpe über Meinerzhagen, Brügge, Arnsberg, Leipzig nach Böhmen transportirt.“[21]

Diese „Zigeunerbande“ – der Begriff „Bande“, der schon die betreffenden Personen in eine kriminelle Ecke stellte, war sehr beliebt – machte den Behörden noch weiter „Freude“ und war Anlaß zu weiteren Korrespondenzen, so am 29. August 1886:

„Euer Hochwohlgeboren berichte gehorsamst ich, daß von den Transportierern <?>, welche die Zigeunerbande am 12. ... <?> von Olpe nach hier brachten, drei Waldwärter und ein Polizeidiener aus dem Kreise Olpe hier entlassen werden mußten, weil sie nur bis nach hier von dem Königlichen Landrathsamte Olpe commandirt waren. Da nun die Bande nach Mittheilung des sie begleitenden berittenen Gendarms von Olpe eine durchaus widerspenstige und namentlich zur Nachtzeit gefährliche war und dieselbe bei Brügge zu übernachten hatte, so habe ich das Amt Halver telegraphisch ersucht, die disponiblen Polizeidiener und den Gendarm nach Brügge zu senden. Die Beamten haben mir ihre Liquidationen über Diäten und Reisekosten zugehen lassen. ...“[22]  

 

Sinti haben auf ihren Reisen auch heute noch Probleme,

einen Lagerplatz zu finden. Die

Polizei ist meist recht schnell zur Stelle,

obwohl, wie in diesem Falle, eine Genehmigung

zum Lagern vorlag.

 

Wagensegnung auf einer kleinen Sinti-Pfingstwallfahrt

Mit Schreiben vom 13. September 1886 bittet das Amt Meinerzhagen den Landrat um Kostenerstattung für die Aktion:

„Euer Hochwohlgeboren ist es bekannt, daß am 12ten d. Mts. von Olpe aus über hier nach Hagen ... eine böhmische Zigeunertruppe von 50 Personen und 20 Pferden[23] transportirt worden ist. Menschen und Pferde, welche Morgens früh von Olpe ohne ordentliche Verpflegung abgereist <?> waren, kamen hier gegen Mittag an und wollte die Truppe ohne Verpflegung nicht weiter, weil die Bande nicht im Besitz von Lebensmitteln war, so habe ich auf Kosten der hiesigen Gemeinde angeschafft:

an Brod für 4 Mk.

An Cartoffeln <?>, Speck u. Salz für 1,95 Mk.

An Pferdefutter für 9

also <?> für 14 M 95 ...

die Verpflegung der Menschen und Thiere war ein unabweisbares Bedürfniß ...

... daß der hiesigen Gemeindekasse ... der ausgelegte Betrag ad 14 M 95 ... aus der Staatskasse erstattet werde.“[24]

Nun, der Amtskasse wurden die Auslagen erstattet. Ob die Zigeunergruppe tatsächlich nichts mehr zu Essen hatte, wissen wir natürlich nicht; die damals wie heute personell unterbesetzten Ordnungskräfte dürften jedoch wohl angesichts der „Überzahl“ auf eine Durchsuchung verzichtet haben.

Im nächsten Jahr (Schreiben des Amtes an den Landrat in Altena vom 27. Mai 1887) ging es erneut um die Kostenerstattung für den „Transport“ einer 7köpfigen „Zigeunerbande aus Österreich“ mit einem Pferd, die, von Olpe kommend, nach Hagen eskortiert wurde. Hier fielen 2,40 Mark für Pferdefutter an.[25] 

Das Ministerium des Inneren in Berlin schrieb am 21. Januar 1887 an die „Königliche Regierung“ zu Arnsberg, die das Schreiben an den Olper Landrat weiterleitete:

„Wie hier zur Sprache gebracht worden, ist Seitens des Landrathes zu Olpe am 11. August v. Js. eine aus ungefähr 80 Köpfen bestehende Zigeunerbande, deren legitimationslose Mitglieder aus der Gegend von Teplitz herkommen sollten, angehalten und ihrer angeblichen Heimath dirigirt worden. Der betreffende Transport ist über Drolshagen, Meinerzhagen, Altena, Hagen, Iserlohn, Arnsberg , Meschede, Brilon, Büren, Warburg, Hofgeismar, Cassel, Witzenhausen, Eschwege, Mühlhausen, Langensalza und Weißensee nach der Königlich Sächsischen Landesgrenze zu in die Wege geleitet worden. Ich veranlasse die Königliche Regierung Ermittelungen darüber vorzunehmen, auf welche Weise diese Zigeunerbande in den dortigen Verwaltungs-Bezirk gelangt ist,...“[26]

Zwei Tage später antwortete der Landrat nach Arnsberg in Bezug auf „die von Gummersbach nach Olpe übergetretene Zigeunerbande“:

„..., daß die fragl. Zigeunerbande von Ort zu Ort weiter transportirt und, weil mittellos, auf Landespolizeiliche Kosten an die Sächsische Landesgrenze gelangt ist, sowie daß eine förmliche Uebergabe derselben an die sächsische Polizeibehörde stattgefunden hat.“[27]

Das hier geschilderte Verfahren war eine für die damalige Zeit typische Verhaltensweise gegenüber Zigeunern; allerdings passierten derartige „Abschiebungen“ auch noch in neuerer Zeit.[28]

Mit Schreiben vom 9. Juni 1888 berichtete der Meinerzhagener Amtmann auf Anfrage, daß seit den beiden oben genannten Fällen keine Zigeuner mehr im Amtsbezirk gesehen worden sind.[29] Allerdings ist fraglich, ob hier nur ausländische Zigeuner gemeint waren, oder ob überhaupt Meinerzhagen so wenig frequentiert wurde.

Im November des folgenden Jahres hatte man jedoch wieder etwas „zu tun“:

„Eine ... hier verhaftete ausländische Zigeunerbande: 13 Erwachsene, 8 Kinder wird durch Fußgendarm Prawitt zur gefl. weiteren Veranlassung ganz ergebenst vorgeführt. ...

Haftsache !

Transport geht ab von Meinerzhagen am 1. November ... Mittags 1 ½  Uhr.“[30]

Zwei weitere Schreiben des Amtmannes an den Landrat (beide vom 4. November 1889) zu dem „Ereignis“ bringt weitere Details. Die Gruppe war mit drei Wagen und vier Pferden unterwegs als „ausländische, legitimationslose Zigeunerbande“ aufgegriffen und nach Hagen eskortiert worden. In Brügge mußte übernachtet und Menschen und Pferde verpflegt werden, da sie weder Lebensmittel noch Geld gehabt haben sollen, so daß insgesamt 20,08 Mark an Aufwendungen entstanden:

„Denselben wurde an Lebensmitteln gewährt:

Brod für 1 M. 70 Pf.

Fleisch u. Wurst für 5 „ 25 „

Cartoffeln und Holz für 1 „

Sa. für 7 M. 95 Pf.

Die Zubereitung der Speise besorgte die Gesellschaft selbst. Die Verpflegung war absolut erforderlich und war bei der kalten Witterung eine warme Speise die geeignetste. ...“[31]

Diese offenbar humane Handlungsweise der Meinerzhagener Behörde hatte jedoch ein Nachspiel. Das Regierungspräsidium in Arnsberg schrieb am 15. März 1890 an den Landrat in Altena:

„... betreffend Verpflegung einer aus 21 Personen bestehenden ausländischen Zigeunerbande in Meinerzhagen, mit dem Ersuchen um gefällige Aeußerung darüber ergebenst zurück, nach welchen Grundsätzen die Verpflegung bewirkt worden ist. Die von der Polizeibehörde zu Meinerzhagen gemachten Aufwendungen scheinen über das nothwendige Maß hinauszugehen. ... 5 ½ Pfund Rindfleisch und 3 ½ Pfund Wurst Bel. C am selbigen Tage Weißbrod für 1 M 70 Pf. Es hätte wohl Schwarzbrod genügt. In dem Berichte ist darzuthun, weshalb die Aufwendungen nothwendig waren.

 ... noch zu bescheinigen, daß die angeschafften Gegenstände nothwendig und die dafür angesetzten Preise ortsüblich waren.“[32] 

Über den Fortgang der Geschichte ist nichts zu erfahren, es dürfte wohl weiter nach unten „getreten“ worden sein.

Das Vorkommnis läßt einen daran denken, wie in der heutigen Zeit der Staat die Versorgung von Fremden, Asylsuchenden regelt, Stichwort: Asylbewerberleistungsgesetz.

Fünf Jahre später (am 15. März 1895) schickt der Regierungspräsident zu Arnsberg ein Rundschreiben an die Landratsämter des Bezirks:

„Im Laufe dieses Sommers ist im Regierungsbezirk, besonders in den Kreisen des Sauerlandes wiederum eine erhebliche Belästigung des Publikums durch herumziehende Zigeunerbanden hervorgetreten. ... Insbesondere mache ich noch darauf aufmerksam, daß den Zigeunern das Lagern auf Grundstücken an den öffentlichen Wegen in der Regel zu untersagen sein wird, ... Ferner wird das Halten der Zigeunerwagen für die Nachtzeit auf den öffentlichen Wegen und Straßen vielfach aus Gründen des öffentlichen Verkehrs und der Sicherheit verboten werden müssen.“[33]

Angesichts derartiger Vorgaben fragt man sich, wo denn die Zigeuner überhaupt Rast machen konnten. Abgesehen davon scheint die geschilderte Sachlage zumindest für Meinerzhagen, nach dem spärlichen Niederschlag in den Akten zu urteilen, weit übertrieben gewesen zu sein.

Noch härtere Maßnahmen gegen Zigeuner, anderenorts „erprobt“, wurden auch den hiesigen Behörden zur Nachahmung empfohlen (Schreiben des Oberpräsidenten der Provinz Westfalen in Münster an den Regierungspräsidenten in Arnsberg vom 31. Oktober 1901). Das Schreiben ist daneben ein weiteres Beispiel für die übliche Praxis des „Weiterschiebens“ von einer Verwaltungsgrenze zur nächsten:

„Der Landrath des Kreises Herford hat in einem Falle, in welchem sich eine Zigeunerbande in seinem Kreise lästig gemacht hatte, die Ueberweisung der von der Bande mitgeführten Kinder zur Fürsorgeerziehung beantragt, und das Vormundschaftsgericht hat dem Antrage stattgegeben. Nach dem Bericht des Landraths ist seitdem in dem Kreise Herford, der bis dahin besonders stark von Zigeunern heimgesucht war, kein Zigeuner mehr bemerkt worden. Ich halte das Vorgehen des Landraths in Herford für sehr empfehlenswert, ...

Die Polizeibehörden haben vielfach das Bestreben, Zigeunerbanden, die sich in ihrem Bezirke zeigen, möglichst schnell aus demselben zu entfernen, ohne wegen Landstreichens gegen sie einzuschreiten. In Folge dessen macht sich die aus dem einen Polizeibezirk abgeschobene Bande alsbald in dem Nachbarbezirk lästig. Der Grund wird in der Regel in dem Wunsch des Polizeiverwalters zu suchen sein, die Kosten zu vermeiden, die durch das Einschreiten gegen die Zigeuner ... entstehen könnten. ...

... Kosten aus der Kreiskommunalkasse zu erstatten.“[34]  

Am 15. Januar 1903 schrieb der Gemeindevorsteher Kleine von Rhonard an den Olper Amtmann:

„Über die Hin- und Herzüge ein und derselben Zigeunerbande seit Anfang November v. J. diene Ihnen zur gefälligen Kenntnißnahme, folgendes:

Anfang Novbr. v. J. kam hier eine Bande von 10 Personen, Männer, Frauen u. Kinder, durch, (angeblich von Elben-Thieringhausen herkommend) gingen oberhalb dem Dorfe Rhonard, links von der Chaussee, woselbst die Männer auf Grube Rhonard unten bei dem Rostoffen <?>, die Frauen dagegen bei Ferd. Alfer <oder: Ufer ?> das. ein Unterkommen gefunden haben. Von hier ist die Bande über Rheringhausen nach Fahlenscheidt u. weiter gezogen. Einige Tage später traf die Bande Zigeuner von annährend 30 Personen in Oberelspe an, wo ich die hier früher durchgekommene 10 Personen auch gleich wieder erkannte.

Gegen Mitte December v. J. kam der frühere Durchzug von 10 Personen hier in Rhonard wieder an, angeblich die Richtung nach Rothemühle einschlagend. Am Samstag Abend, den 3 Jan. ist den derselbe Zug wieder retour-gekomen nach Thieringhausen (in diesem Regensturm) wo sie theils bei Jos Schulze im Backhaus, u. theils bei Heinr. Schröder auf der Scheunentenne 2 Nächte campirt haben.

Diesmal kamen dieselben von Hünsborn, Altenhoff, Schonau herüber nach Thieringhausen.[35] Von Thieringhausen kamen dieselben am 5 Jan. vor Mittag hier in Rhonard wieder durch, sind des Abends in Rehringhausen geblieben, ist mir weiteres nicht bekannt.

Erstens ist die Bande hier in der Gegend sehr orientirt, kennen jeden Nebenweg. Zum Zweiten fechten <?> die Weiber fast alle Häuser ab, sind ungemein zudringlich, verlangen Kleidungsstücke, Lebensmittel, kann man die Weiber nicht los werden. Einer der Männer will Scherenschleifer, Regenschirmmacher sein, einige führen Violinen nach, jedes Weib hat ein kleines Kind auf dem Rücken, dazu einige Hunde u. der Zug ist organisirt.

Beim letzten Hierdurchkommen fragte ich die Weiber nach ihrem Reiseziel. Selbige äusserten sie wollten jetzt in’s Morsbacher (jedenfalls nach der Stakshöh das.) worauf ich ihnen erwiederte, daß sie ja grade entgegen gesetzt reißten, indem sie ja jetzt Morsbach im Rücken hatten. O, meinten sie, wir drehen uns oben wieder rechts rum, aber sie sind wieder grade aus nach Rehringhausen gereißt.

Um späteren Belästigungen durch diese Zigeunerbande vorzubeugen, wird es angebracht sein, dieselben polizeilich zu verfolgen u. denselben den Aufenthalt in den Ortschaften zu untersagen.“[36]     

In einem Roman des ungarischen Roma-Schriftstellers Menyhért Lakatos liest sich eine Passage fast wie ein Kommentar zu dem oben wiedergegebenen Ereignis:

„Wer konnte sagen, wie lange wir schon liefen ? ... Denn wir laufen immer, einmal um dies, einmal um jenes. Im Endergebnis ist es einerlei, so oder so nähern wir uns dem gleichen Ziel. Möglich auch, daß es kein Ziel gibt. Wir laufen bloß, bleiben irgendwo stehen und meinen, das Ziel erreicht zu haben. Dann brechen wir mit neuem Elan vielleicht gerade dorthin wieder auf, woher wir gekommen sind.“[37]

1905 sieht der Regierungspräsident wieder einmal einen Anlaß zum Mahnen; in einem Schreiben an die Landräte, Oberbürgermeister und Bürgermeister vom 31. März 1905 heißt es:

„Seit einiger Zeit macht sich wieder in mehreren Kreisen des diesseitigen Bezirkes die Zigeunerplage fühlbar. Insbesondere ist mehrfach, bedauerlicherweise erst nach dem Verschwinden der Banden, festgestellt worden, daß die geführten Wandergewerbescheine, Pässe gg. gefälscht waren. Ich mache daher erneut auf die Rundverfügungen vom 7. Mai 1886 ... 24. Oktober 1887 ... 17. November 1889 ... und vom 8. Januar 1900 ... aufmerksam ...“[38]

Die damaligen Behörden hatten es nicht leicht, wie eine Anweisung des Landrates zu Olpe an den dortigen Amtmann vom 16. Juni 1905 belegt:

„Der Polizei-Diener Klein erhält hiermit Auftrag, sich sofort mit Fahrrad nach Oberveischede zu begeben, um dort einen Transport von Zigeunern in Empfang zu nehmen und ihn über Neuenwald, Griesemert nach Olpe zu eskortieren. Revolver ist mitzuführen.“[39]

Dazu kamen dann noch die Probleme mit der Kostenerstattung für „Amtshandlungen“, wie das Schreiben des Regierungspräsidiums zu Arnsberg an den Olper Landrat  vom 13. Juli 1905 zeigt:

„Aus den mit Bericht vom 12. Mai ..., 2. Juni..., 10.Juni ... und 16. Juni ... vorgelegten Reisekostenliquidationen, die durch den Transport einer Zigeunerbande entstanden sind, geht nicht hervor, dass es sich um ausländische Zigeuner handelte. Ich ersuche um Bericht hierüber und ferner um Aeusserung, dass die Transporttaten zur Zahlung der Kosten nicht imstande gewesen sind. Gemäss Erlass des Herrn Ministers des Innern vom 30. April 186 ... sind die durch die Ausweisung erwachsenden Kosten nur dann auf Staatsfonds zu übernehmen, sofern es sich um ausländische Zigeuner handelt, und die Deckung der Kosten nicht durch diese herbeigeführt werden konnten.

... die durch den Transport inländischer Zigeuner entstehenden Kosten als Kosten der örtlichen Polizeiverwaltung zu betrachten sind.“[40]

Der Polizeidiener mußte zugeben (Schreiben vom 18. und 21. August 1905), daß es sich um inländische Zigeuner gehandelt hatte.

Im folgenden Jahr (24. Dezember 1906) berichtet der Olper Amtmann dem dortigen Landrat:

„Der letzte Zigeunertransport erfolgte am 8. September 1905 von hier über Rhonard, Altenkleusheim nach Girkhausen. Der vorletzte Transport erfolgte am 16 Juni 1905 von Olpe über Friedrichsthal bis Gerlingen. Durch diese Transporte sind 28,20 M Kosten entstanden, welche aus der hiesigen Amtskasse gezahlt sind. Im laufenden Jahre sind größere Zigeunertrupps im hiesigen Amtsbezirke nicht bemerkt worden.“[41]

Am 28. Juni 1910 meldet der Meinerzhagener Amtmann dem Landrat zu Altena:

„Während der letzten Jahre sind hier sehr wenige Zigeunerbanden durchgezogen. Besondere Erfahrungen sind nicht gemacht und sind Klagen nicht laut geworden. Im allgemeinen ist ein weiterer Rückgang der Zigeunerplage zu verzeichnen.“[42]

Ähnlich äußerte sich auch am 25. Juni 1910 die Behörde in Olpe gegenüber dem dortigen Landrat:

„In den letzten Jahren ist ein starker Rückgang der Zigeunerplage in dem hiesigen Bezirk beobachtet worden. Die Anweisung v. 17.2.1906 hat sich m.E. gut bewährt und genügt wohl zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens.“[43]

Die „Bekämpfung des Zigeunerunwesens“ war zur damaligen Zeit eine verbreitete stehende amtliche Redewendung,[44] ähnlich wie heutzutage die „Eindämmung der Asylantenflut“.

Einen deutlich erkennbaren Eifer in der Repression von Zigeunern legte der Drolshagener Amtmann an den Tag, wie das folgende Schreiben vom 4. April 1910 an den Olper Landrat belegt:

„Ein Zigeuner Carl Weihs, Dortmund Zinkstrahse, wohnend, hatte einen Gewerbeschein der Königlichen Regierung in Arnsberg zum Hausierhandel mit Geigen. Begleiter und Transportmittel fanden sich nicht eingetragen, waren meines Erachtens auch unnötig, denn die Geigen, die er hatte, konnte Weihs sehr gut tragen. Trotzdem führte Weihs einen mit 2 Pferden bespannten Wohnwagen, zwei Weiber und einige Kinder bei sich. Das eine Frauenzimmer sollte seine Frau, das andere seine Schwiegermutter sein. Der Mann wunderte sich, dass er angehalten wurde und sagte, es sei das erste Mal, dass er darauf aufmerksam gemacht werde, dass er nur die Personen von Ort zu Ort mitführen dürfte, die im Wandergewerbeschein eingetragen seien. Dies ist der Beweis, dass man im Allgemeinen, jedenfalls um Arbeit und Last zu sparen, die Zigeuner ziehen lässt und nur dafür sorgt, dass man sie über die Amtsgrenze bringt ...

Das ist ein grosser Fehler, denn die braune Gesellschaft merkt sehr bald, dass die Polizei ein Auge zudrückt und beträgt sich auch danach, dabei nicht unterlassend, für ihre Stammesbrüder an den Strassen Zeichen anzubringen, die über die Gesinnung der Polizei Auskunft  geben. ...

Weiterhin sollte man aber auch die Ausstellung von Gewerbescheinen an Zigeuner nach Möglichkeit vermeiden. Was hat es denn z.B. für einen Zweck, dem Weihs einen Gewerbeschein für den Handel mit „Geigen“ auszustellen, wofür doch absolut kein Bedürfnis vorliegt, denn die verhältnismässig kleine Anzahl Leute, die eine Geige kaufen will, kauft sie nicht von Weihs, um von ihm betrogen zu werden, sondern in einem soliden Geschäfte. Es sind deshalb diese Gewerbescheine nur der Deckmantel, um unter seinen Schutz, Gelegenheit zum Stehlen auszukundschaften und um zu betteln. ...

Bei der grossen Zahl derartigen Gesindels, welches sich auf den Landstrassen umhertreibt diese unsicher macht und besonders die Landbevölkerung ausraubt <berichtigt in: aussaucht>, sollte man von jedem Gendarmen und Polizeibeamten verlangen, dass er monatlich über die von ihm angehaltenen Zigeuner, Hausierer und Bettler berichtet und bei Fehlanzeigen diese des Näheren begründet.“[45]     

Ja, gar lustig ist das Zigeunerleben ...

Mit seiner rassistischen Anschauung fand der Drolshagener Amtmann in dem Olper Landrat einen Gesinnungsgenossen und engagierten Mitstreiter. In einer Randbemerkung (am 12. April 1910 an das Regierungspräsidium) zum obigen Schreiben liest man:

„Alle Bestrebungen, der Zigeunerplage Herr zu werden, sind m.E. aber solange umsonst, als es den unsteten Gästen durch Erteilung von Wandergewerbescheinen möglich gemacht wird, unterm dem Deckmantel des Hausirhandels in der Welt umherzuziehen. Namentlich der vom Amtmann angeführte Fall ist so recht bezeichnend. Wozu braucht es für einen Zigeuner der Lizenz, mit Geigen zu handeln ? Kein vernünftiger Mensch läßt sich doch von einem solchen Kerl mit einer Geige anschmieren, sondern kauft sie sich in einem solche Sachen führenden Geschäfte.“[46]   

Berufs- bzw. Arbeitsverbote und das Verbot, herumzuziehen, deuten sich an; knapp drei Jahrzehnte später werden sie traurige Wirklichkeit. Die zur damaligen Zeit für die Versorgung des ländlichen Raumes wichtige Rolle herumziehender Händler wollen die beiden Beamten nicht erkennen, waren aber meist der Grund für die Ausstellung von Wandergewerbescheinen durch einsichtigere Behörden.[47]

Als am 4. Juli 1910 der Olper Landrat an das Regierungspräsidium schrieb, ging es wieder um Arbeitsverbote:

„Die Zigeunerplage hat in den letzten Jahren merklich abgenommen, ... Sie würde m.E. noch nachhaltiger wirken, wenn sie überall mit gleicher Strenge gehandhabt würde. Letzthin habe ich erst wieder Gelegenheit gehabt, festzustellen, wie entgegen der ausdrücklichen Vorschrift der Ziffer 8 der genannten Anweisung Gemeindevorsteher Zigeunern Bescheinigungen darüber ausgestellt hatten, daß sie sich bei vorübergehendem Aufenthalte in den betr. Gemeinden gut geführt hatten. Noch weit mehr zu bedauern ist es, daß es den Zigeunern noch immer so leicht gemacht wird, Wandergewerbescheine zu erhalten, die sie zuweilen zum Handel mit den merkwürdigsten Sachen berechtigen. ...

Ein weiterer Umstand, der den Zigeunern namentlich ausländischen, die Fortführung ihres Wanderlebens begünstigt, ist die Neigung von Waldbesitzern, Waldgenossenschaften diese schwarzen Gesellen als Waldarbeiter anzunehmen, um möglichst billige Arbeitskräfte zu haben. Das ist natürlich ganz der Zigeuner Fall. Mitten im Walde wird Lager gemacht, Heu, Stroh und Kartoffeln liefern die benachbarten Wiesen und Felder unentgeldlich, Brandholz ist ebenfalls umsonst genug zu haben; für Lebensmittel sorgen die Weiber, die tagtäglich die nächsten Ortschaften bettelnd und kundschaftend absuchen, von den Männern ... <?> unterstützt, als diese nächtens die von den Weibern am Tage ausgemachte Gelegenheit zu Stehlen ausnützen; anderweit sorgen die Männer noch durch Wilddieben, Fischfrevel usw. für Bereicherung der Speisekarte.

In den letzten Jahren war diese Beschäftigung der Zigeuner als Waldarbeiter auch hier im Kreise Mode geworden. Als die Zigeuner trotz wiederholter Abschiebung immer wieder an den Arbeitsstätten – zum Faullenzen – sich einfanden, eröffnete ich den betr. Jahnschaftvorständen, daß, falls wiederum Zigeuner im Jahnschaftsgebiet unter dem Vorgeben, Waldarbeit zu verrichten, angetroffen würden, ich sie auf Kosten der Jahnschaften würde weg transportieren lassen.

Das hat geholfen, seit jener Zeit trifft man innerhalb des Kreises nur selten mehr Zigeuner, jedoch an den Grenzen. Namentlich an der Grenze nach dem Rheinlande lagern oft monatelang ganze Banden; werden diesselben heute über die Grenze gejagt, sind sie spätestens übermorgen wieder da. ...

Helfen würde hier m.E. eine alle paar Wochen unvermutet zu haltende Razzia.“[48]  

 

Sinti-Geschwister

Sinti-Mädchen an einem Lagerfeuer

 

Am 21. Mai 1912 erließ der Oberpräsident der Provinz Westfalen in Münster eine Polizeiverordnung, in der es hieß:

„§ 1. Zigeunern und nach Zigeunerart umherziehenden Personen ist das Zusammenreisen in Horden auf öffentlichen Wegen, Strassen und Plätzen verboten

§ 2. Als Horde ... gilt eine Vereinigung mehrerer Familien oder eine Vereinigung einzelner Personen mit einer Familie, zu der sie nicht gehören, es sei denn, dass es sich um Personen handelt, deren Mitführung durch Vermerk in einem  Wandergewerbeschein ausdrücklich erlaubt ist.“[49]

Eine Woche später gibt der Arnsberger Regierungspräsident die Verordnung an die untergeordneten Behörden weiter mit dem Ersuchen, „schleunigst für das Bekanntwerden derselben in Zigeunerkreisen in geeigneter Weise Sorge zu tragen.[50]

In der Zeit des Ersten Weltkrieges war ein wenig „Funkstille“ in den Akten.

Aus einer Nachbarregion sei jedoch ein Aktenstück zitiert, das ein (weiteres) altes Vorurteil gegenüber Zigeunern anführt, das der Spionage für fremde Mächte. So schrieb am 13. September 1917 die Abteilung Abwehr des VIII. Armeekorps (stellvertretendes Generalkommando) in Koblenz an die Regierungspräsidenten:

„Noch immer gelangen Fälle zur Kenntnis des stellv. Generalkommandos, daß Zigeuner bandenweise im Lande herumziehen. Sie bilden eine Gefahr für die Sicherheit des Reiches. Feindliche Agenten bedienen  sich derselben, um Spionage zu treiben oder zur Spionage anzustiften. Auch Wehrpflichtige versuchen, sich auf diese Weise dem Kriegsdienste zu entziehen und Fahnenflüchtige finden leicht Unterschlupf bei diesen Banden. Größere Unglücksfälle, die sich in letzter Zeit in der Kriegsindustrie ereignet haben, sind allem Anscheine nach nicht zu Unrecht mit Umtrieben von umherziehenden Zigeunerbanden usw. die die Arbeiter und Arbeiterinnen durch Wahrsagen und andere Schliche betören und beunruhigen versuchten, in Zusammenhang zu bringen. Es ist auch wahrzunehmen gewesen, daß sich Zigeuner an Kriegsgefangene, die auf dem Lande arbeiteten durch Vorführung von Spielen und Tänzen herangedrängt haben und daß nach ihrem Auftreten aus jener Gegend auffällig viel Kriegsgefangene entwichen oder Arbeitsverweigerungen stattfanden. Der Grund, daß es diesen Leuten so leicht gelingt, ihr Unwesen ungehindert fortzusetzen ist zum Teil darin zu suchen, daß sie sich im Besitze von fremden oder gefälschten Ausweispapieren befinden ... In einem hier bekannten Falle haben sich Zigeuner mit türkischen Pässen auszuweisen versucht und die Sympathien die die Bevölkerung für die Türkei als Bundesgenossen hat, haben ihnen ihr Treiben erleichtert. In Wirklichkeit waren es aber feindliche Ausländer (Serben).“[51]

Die Zigeuner trugen also die (Mit-)Schuld, daß Deutschland den Ersten Weltkrieg verloren hat ...

Ein Vorkommnis in Lüdenscheid macht deutlich, welche Schwierigkeiten Zigeuner hatten, seßhaft zu werden. Die Polizeiverwaltung Lüdenscheid berichtete (Adressat nicht ersichtlich, vermutlich das Amtsgericht) am 9. Januar 1917 (wohl 1918):

„Innerhalb eines viertel Jahres haben sich hier in dem Doppelhause Kölnerstr. 40 u. 42 mehrere Zigeunerfamilien niedergelassen. Die Kopfzahl dieser Zigeuner beträgt 30-35. Es kommen und gehen welche, sodaß man über diese Leute keine genaue Controlle hat. Man kann diese Zigeuner als ‘Zigeunerbanden‘ bezeichnen. Diese Zigeuner sind für Lüdenscheid und Umgebung eine Landplage geworden, z.B. durch Hausieren, Betteln und Wahrsagen. Das Haupt dieser Zigeuner scheint mir der Händler Robert Weihs hier Kölnerstr.42 zu sein. Weihs ist vor ungefahr 2 Jahren hier zugezogen. Seit dieser Zeit werden die Einwohner von Lüdenscheid von diesen Leuten belästigt.

Folgende Zigeuner die zu diesen Banden gehören habe ich heute morgen festgenommen, und führe sie hiermit vor:

1.     Händler Robert Weihs

2.     Musiker Karl Trollmann

3.     Arbeiter Karl Winter

4.                 Karl Adam

5.                 Franz Reinhardt

Ob es sich um innländische oder ausländische Zigeuner handelt, und ob die angebenen Personalien stimmen, habe ich nicht feststellen können.“[52]

 

In Köln (und mehreren anderen Städten) hat der Künstler Gunter Demnig

vor verschiedenen Häusern in der Stadt, in denen

bis in die Nazizeit Juden, Sinti oder Roma wohnten, sogenannte „Stolpersteine“

(kleine Bronzetäfelchen) in den Bürgersteig eingelassen.

Anders als bei den Gedenksteinen für jüdische Naziopfer fehlen auf denen für Zigeuner

(zumindest in Köln) Namen.

Dies geht auf die Intervention von Sinti zurück, die dagegen mit dem Argument protestiert

hatten, daß sie die Namen der Deportierten nicht mit Füßen getreten wissen wollte.

An anderen Orten mögen allerdings auch Namen angebracht worden sein.

                                         

Einen Tag später wurde in der „Strafsache“ Robert Weiss verhandelt. Weiss war 1843 in Zerbst/ Krs. Dessau geboren, war katholisch, verheiratet mit Auguste Adam und hatte sieben Kinder im Alter von drei Monaten bis 18 Jahren. Sein Tagesverdienst wurde mit 10-15 Mark angegeben und er somit für zahlungsunfähig befunden. Weiss selbst erklärte vor der Anhörung:

„Ich bin im Herbst 1916 hier zugezogen, vorher wohnte ich etwa 2 Monate in Hohenlimburg und vordem 2 Jahre in Krs. <?> Leuscheid. Hier in Lüdenscheid erwerbe ich meinen und meiner Familie Unterhalt mit Hausieren und Musik. Ein Gewerbeschein war mir für das Jahr 1917 von der Königl. Regierung in Arnsberg ausgestellt worden. Auch für 1918 habe ich einen Gewerbeschein beantragt, aber bis jetzt nicht erhalten. Schwere Arbeiten kann ich nicht verrichten, da ich beide Arme verkrüppelt habe. Vor etwa 4-5 Monaten habe ich mich hier in Lüdenscheid zum Vaterländischen Hilfsdienst gemeldet, wurde aber, ..., davon befreit. ...

Von den übrigen festgenommenen Personen stehen nur Trollmann und Adam zu mir im Verwandtschaftsverhältnis, Trollmann ist der Bruder meiner Schwiegermutter und Adam ist mein Schwager. Hierher gebracht habe ich niemand von den Personen, sie sind alle ohne meine Veranlassung hierher gezogen.“[53]

Am 14. Mai 1919 machte der Olper Landrat wieder mit einem Schreiben an die Ortspolizeibehörden „mobil“:

„Kaum hat mildes Wetter eingesetzt und schon tauchen allerorts die seit Kriegsausbruch fast vollständig verschwundenen Zigeuner und Meckes-Banden wieder auf. Jetzt, da das Land ohnehin schon fast ausgesogen und aller Lebensmittel bar ist, ist es wirklich nicht notwendig, daß diese Schmarotzer und Tagediebe Land und Leute noch heimsuchen; außerdem ist anzunehmen, daß die männlichen Mitglieder dieser Banden, die zum Teil jahrelang im Felde gewesen sind, zu Gewaltthätigkeiten neigen.“[54]

Man könnte fast meinen, dem Landrat wäre es lieber gewesen, wenn Zigeuner nicht Militärdienst[55] geleistet hätten – das hätte ihnen allerdings dann den Vorwurf eingebracht, „vaterlandslose Gesellen“ zu sein. Allerdings scheint dem Landrat irgendwie klar gewesen zu sein, daß Zigeuner im Laufe der Zeit gegen derart massive Ablehnungen Strategien und Verhaltensweisen entwickelt haben (entwickeln mußten), die allerdings in den seltensten Fällen in Gewalttätigkeiten bestanden.

Am 28. September 1919 schrieb der Regierungspräsident zu Arnsberg wieder einmal an seine Landräte:

„Bären und Affenführer durchziehen seit einiger Zeit die ländlichen Gegenden Westfalens und namentlich das Sauerland in einer Art und Weise, die aller Kultur Hohn spricht. Diese Treiber geben an, Türken zu sein, und besitzen von kleineren Gemeinden Scheine, nach denen sie einen Wandergewerbeschein bei der Regierung in Arnsberg beantragt haben. ... Die Tiere werden von diesen Menschen in einer Weise gepeinigt, die ekelerregend ist.“[56]

Dieses Rundschreiben war für den Drolshagener Amtmann wieder ein willkommener Anlaß, sich über sein „Spezial-gebiet“ auszulassen. In seiner „Abhandlung“ vom 21. Oktober 1919 an den Olper Landrat liest man:

„Die vorgenannte Verfügung beschäftigt sich mit den Bären und Affenführern und gibt Verhaltungsmassregeln, wie man sich den herum schmarotzenden und stehlenden Banden gegenüber verhalten soll. Ich vermisse nur die Bestimmung was man mit den Bären usw. machen soll....

Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich auch etwas mit dem Deutschen Zigeunern beschäftigen und mit dem Volk, das nach Zigeunerart im Lande umherzieht und in der Hauptsache von Bettel und Diebstahl lebt, mit einem Worte ’gemeingefährlich‘ ist.

Dieses Volk zog vor dem Kriege in Massen im Lande umher, wohnte im Winter vielfach in Grosstätten, z.B. Dortmund, Fulda, Bochum, waren bekannte Zigeuner-Winterquartiere, sobald aber die Frühlingssonne lachte, fanden sich diese Gesellschaften nicht mehr wohl in den engen Stadtquartieren und zogen ausgerüstet mit Gewerbescheinen, auf’s Land ...

Ich erinnere nur an jene Banden, die einige Jahre vor dem Kriege sich monatelang in den Bergen der Grenzen Rheinlands und Westfalens herum trieben und nur nach langem Bemühen der viel zu schwachen Polizeikräfte abgeschoben werden konnten. Während des Krieges waren die Gesellschaften von den Strassen verschwunden, ein Zeichen, dass sie zu entbehren sind. Eben aber ist der Krieg zu Ende, so tauchen auch schon wieder die nach Zigeunerart im Lande herumziehenden Schirme-, Kesselflicker u.s.w. auf.

Ich verstehe, dass die Behörden ihres Winterquartieres aufatmen, wenn sie die lästige Einquartierung in die Sommerfrische senden können und sie ihnen, wenn eben möglich, behilflich sind, Wandergewerbescheine zu verschaffen. Uns auf dem Lande ist aber nicht damit gedient ... und müssen dagegen energischen Protest erheben, dass man uns die Gesellschaft auf den Hals schickt.

... man vergesse nicht, dass die auf der Strasse geborenen Kinder von ihren Eltern den Hang zum Bandenleben erben und in der Regel auf der Strasse sterben.

Gewiss macht die Bekämpfung des Zigeuner-Unwesens, ich nenne nur die Unterbringung der Kinder in Fürsorgeerziehung, ... eine Unsumme von Arbeit und Verdruss und so zog man, wie ich es häufig erfahren habe, es vor, die Banden k.H. über die Grenze des Bezirks weiter zu schieben. Dieses Verfahren ist aber grundfalsch. Die Mühe und Arbeit die man auf die Bekämpfung des Zigeunerunwesens aufwendet, lohnt sich bald, denn sie meiden die Bezirke, wo sich die Polizei ihrer liebevoll annimmt sehr bald und machen ihre Artgenossen durch ihre geheimen Zeichen darauf aufmerksam, dass es untunlich ist, die Grenzen dieses und jenes Bezirkes zu überschreiten. Jetzt sieht man nur noch vereinzelt die unliebsammen, braunen Gäste, deshalb ist es Zeit, sie zu bekämpfen ... und das Land von den unliebsamen Menschen befreit.“[57]     

 

Ein Rom mit einem Tanzbären in Istanbul.

Auf dem Balkan werden die Bären führenden

Roma-Gruppen Mečkari oder Ursari genannt.

 

Roma-Mädchen aus Mazedonien auf dem

III. Welt-Roma-Kongreß 1981 in Göttingen

 

Man beachte: der Drolshagener Amtmann und der ihm beipflichtende Olper Landrat äußerten sich solcherart knapp zwei Jahrzehnte vor der braunen Zeit !

1921 und 1925 berichtete der Landrat zu Olpe, daß in jenen Jahren wieder „größere Trupps Zigeuner“ den Kreis durchzogen hätten.[58]

Am 4. Mai 1925 schrieb die „Mecklinghäuser Marmor- und Kalk-Industrie AG“ in Borghausen bei Grevenbrück an das Landratsamt Olpe:

„Die Zigeunerplage hat hier derart überhandgenommen, dass wir unbedingt um polizeilichen Schutz bitten müssen.“[59]

Der Oberlandjäger Trojanowski in Grevenbrück äußerte sich daraufhin am 23. Mai 1925 gegenüber dem Amt Bilstein:

„... daß die Zigeunerplage in diesem Jahre besonders groß ist; in welcher Weise aber das Mecklinghäuser Kalkwerk in Borghausen belästigt wird, ist uns Polizeibeamten unerklärlich. Die Zigeuner lagern in dem umseitig genannten Hochwald jedoch nie länger als eine Nacht und werden dann von uns weiter abgeschoben. Da aber, wie schon umseitig erwähnt, die Plage in diesem Jahre besonders groß ist, kommt es öfter vor, daß, wenn wir im Laufe des Vormittags eine Kolonne fortbringen, 1 Stunde später eine neue an derselben Stelle lagert. Da die Zigeuner aber mit Papieren und Wandergewerbescheinen versehen sind, müssen wir ihnen eine Nacht zum Ruhen im Freien gestatten, da dieselben im Orte niemand annimmt.“[60]   

Vom Attendorner Bürgermeister erfährt der Olper Landrat am 28. Dezember 1925 auf eine entsprechende Anfrage hin:

„Trotz der in den letzten Jahren zunehmenden Zigeunerplage, sind hier Unzuträglichkeiten nicht entstanden. In den letzten Monaten sind hier durchziehende Zigeuner nicht beobachtet worden.“[61]

Während die meisten Amtmänner des Kreises Olpe die Anfrage kurz beantworteten, verfaßte der Drolshagener Amtmann bereits am 29. November 1925 eine siebenseitige „Denkschrift“:

„... ich habe die Wahrnehmung gemacht, daß man seinen Amtsbezirk sehr bald zigeunerrein hat, wenn die Landjä-gerei und Polizeibeamten gemeinsam mit aller Schärfe gegen die unnötigen Schmarotzer vorgehen. Notwendig ist, daß man die durch die Zigeuner entstehende Arbeit nicht scheut. ...

Führungszeugnisse sind Zigeunern bei vorübergehendem Aufenthalte nicht auszustellen, auch ist ein vorübergehendes Arbeitsverhältnis von den Behörden nicht zu bescheinigen. (Vielfach ist mir aufgefallen, daß gerade im Süden unserer Provinz Gemeinde- und Ortsvorsteher Zigeuner über Arbeitsleistungen weniger Tage amtliche Bescheinigungen ausstellen, die eine Bestrafung wegen Landstreicherei ungemein erschweren) ...

Die Kerle der Bande arbeiten höchst selten und bei sonnigem Wetter sieht man sie fast den ganzen Tag am Waldesrande ihre gesunden aber faulen Glieder recken, während Weib und Kinder auf dem Lande von Haus zu Haus ziehen, um zu betteln, zu stehlen, wahrzusagen und dergleichen mehr. Wohl fragen sie nach Arbeit um Körbe, Schirme u.s.w. zu flicken, wohl wissend, daß höchstens noch ein Neuling, der mit ihnen noch nie zu tun hatte, sich von ihnen über’s Ohr hauen läßt. ...

Verfolgte Verbrecher, gesunkene Mitglieder des Bürgerstandes, die sich durch die Romantik des Zigeunerlebens angezogen fühlten, vielleicht auch einer schwarzäugigen Dirne nachliefen, können nicht wieder los von der Bande und verderben und sterben bei derselben. ...

Kommt man an den nachmittagen und besonders abends über die Straße Finnentrop – Grevenbrück, so findet man in einem Fichtenbestande an der Straße, ungefähr in Höhe des Ortes Sporke, fast immer ein größeres Zigeunerlager. Es scheint so ein Sammellager zu sein, wo sich die Banden wieder zusammen finden, die vielleicht tagelang, freiwillig getrennt oder von der Polizei versprengt gewesen sind. Dieser Sammelplatz besteht seit Jahren und daß dies so ist, läßt die Annahme zu, daß die Zigeuner hier wenig von der Polizei belästigt werden. Der Ort ist ganz geschickt gewählt und bildet so ungefähr die Grenze zwischen den Kreisen Meschede und Olpe. Dieses Lager stört die öffentliche Ordnung und die Sicherheit des Verkehrs außerordentlich ...   

Wenn nun die 1911 geplante Zusammenarbeit der deutschen Bundesstaaten bis heute nicht Wirklichkeit geworden ist, so möchte ich anregen, die Zigeunerplage vorerst mal im Kleinen zu bekämpfen und zwar in der Weise, daß die südlichen Kreise unseres Westfalenlandes, die wohl mit am meisten unter der Zigeunerplage leiden, sich zusammentun und nach einheitlichem Plane den Kampf aufnehmen.“[62]

Die Auffassungen dieses Vorkämpfers für Recht und Ordnung wurden offenbar nicht von allen Beamten des Gebietes geteilt. Der Landjägermeister Heitmeyer, Olpe, schrieb am 12. Dezember 1925 an den Olper Landrat:

„Das Zigeunerunwesen wird im hiesigen Dienstbezirk genau nach den gegebenen Bestimmungen bekämpft. ... Das Auftreten von Zigeunern ist hier genau bekannt, es kommen in Frage die Tage vor u. nach den Pferdemärkten in Soest[63], Reiste, Küstelberg und Crombach. Zu andern Zeiten treten hier ganz selten Zigeuner auf.“[64]

Auf einen Runderlaß des Innenministeriums vom 12. Dezember 1925 bezüglich Zigeunersiedlungen antwortete der Olper Landrat am 30. Dezember 1925:

         „1. Zigeunersiedlungen sind im Kreis Olpe nicht vorhanden.

2. Von allen zur Anwendung gekommenen Maßnahmen zur Abwehr der Zigeunerplage hat sich keine besser bewährt, als das hier eine Zeitlang geübte Verfahren, den Zigeunerbanden die Kinder wegzunehmen und sie in Fürsorgeerziehung zu bringen. In jener Zeit wurde der Kreis Olpe von den Zigeunern gemieden, als wenn es Pestland wäre.“[65]

Wer entführte hier also Kinder ? Übrigens ist dieses Verfahren des Kindesentzuges in der Schweiz, noch bis 1973 an Jenischen-Kindern durch die Organisation „Pro Juventute“ geübt worden.[66]  

Im Jahre 1926 nahm der Drolshagener Amtmann seinen „Kampf“ gegen die Zigeuner wieder auf und verfaßte erneut ein Pamphlet (an den Olper Landrat, 3. Mai 1926):

„Trotzdem zahllose Verordnungen erlassen sind, die dem Zigeunervolk den Kampf ansagen und die genügen, diese Schmarotzer mit Erfolg zu dezimieren, suchen sie ganz besonders das Sauerland und seine vielen zerstreut im Gebirge liegenden Orte auf, wohl wissend, dass hier ihr Weizen blüht, da die männliche Einwohnerschaft, die ihre Unverschämtheiten mit einer verdienten Tracht Prügel lohnen würde, tagsüber abwesend sind. ...

Wie lax bei uns die Bestimmungen über die Zigeuner gehandhabt werden, konnte in diesen Tagen wieder festgestellt werden. Der Fall ist folgender:

Die Korbmacherin Ehefrau Ludwig Einacker geb. Weiss, 48 Jahre alt, aus Menden, wurde in meinem Amte mit einen auf ihren Namen lautenden Wandergewerbeschein angetroffen. Diese Zigeunerdame führte einen Wohnwagen bei sich und ausserdem als Gewerbebegleiter ihren Ehegemahl Ludwig Einacker geb. 11.8.1875 und ihren Sohn Christian E. geb. 2.4.1908 ohne dass diese Begleiter in den Gewerbeschein eingetragen waren. ... Dass die Familien Einacker und Weiss zu den bekanntesten westdeutschen Zigeunerfamilien gehören und den Behörden schon viel zu schaffen machten, weiss jeder Polizeibeamte, der sich nur etwas mit der Bekämpfung des Zigeunerunwesens befasste. Ich frage deshalb: Weshalb gibt man einer solch ausgesprochenen Zigeunerfamilie einen Gewerbeschein ? Ein Bedürfnis dazu liegt absolut nicht vor, besonders in unserer Gegend nicht, wo viele Leute Körbe flechten können und wer sich einmal von einen Körbe flechtenden Deutschen Zigeuner in Bezug auf die Kosten hat anschmieren lassen, tut es zum zweiten Male nicht wieder. ...

So wie in diesem Falle Menden, machen es viele, um nicht zu sagen die meisten Polizeibehörden, denn mir ist kaum ein Fall in meiner langjährigen Polizeipraxis bekannt, wo ich die Zigeunerzugehörigkeit im Wandergewerbeschein vermerkt fand.

Ich habe mich für die Zigeunerfrage stets interessiert und festgestellt, wie diese Sorte Menschen es hasst, wenn die Polizei ihr scharf auf den Fingern sieht, und wie sie die Gegend meidet, wo dies geschieht, denn auf dem Kerbholz hat die Gesellschaft immer etwas.“[67]

Denkt man die Konsequenzen all dieser Forderungen des braven Amtmannes zu Ende, so konnte das nur die physische Vernichtung der Zigeuner bedeuten; wie gesagt, einer der Vordenker ...

Im Jahre 1926 verfaßte er einen Entwurf für eine Polizeiverordnung für das Amt Drolshagen, die Zigeunern lediglich einen 24stündigen Aufenthalt im Amtsbezirk erlauben sollte; höherenorts wurde diese jedoch nicht genehmigt, weil dafür kein Bedürfnis bestand.[68]

Landjägermeister Heitmeyer (Olpe) berichtete am 8. Dezember 1926 dem Olper Landrat:

„Es ist von dem Gemeindevorsteher in Bamenohl eine irrige Auffassung, als ob das Gesindel ausnahmslos aus dem Kreise Olpe kommt. Ich selbst konnte mich verschiedentlich davon überzeugen, dass die meisten Landstreicher über ihre Herkunft auf Befragen angaben, dass sie aus den Gegenden Meschede, Arnsberg, Neheim, Plettenberg  und Altena zugereist waren. Die aus dem südlichen Teil des Kreises zuziehenden Landstreicher nächtigen meistens in den Kalköfen von Attendorn und Heggen. ...

Im Uebrigen bin ich über die angeblich in Bamenohl vorgekommenen Einbrüche sehr genau unterrichtet. Diese dürften denn doch wohl durch die von mir selbst vorgenommene Festnahme des Arbeiters Maag und Genossen (der Schrecken der Sauerländischen Berge) im Februar d. Js., ... erheblich herabgesunken  ... sein. Was nun die Zigeunerplage betrifft, liegt die Sache wohl so, dass die Beamten des Kreises Meschede, etwa in Bamenohl auftretende Zigeuner einfach über die Kreisgrenze abschieben, ohne sich darum zu kümmern, wo die Gesellschaft bleibt.“[69]   

Hier hatte man offenbar bestimmte kriminelle Vorkommnisse der Einfachheit halber den Zigeunern in die Schuhe geschoben.

Im Zusammenhang mit diesem „Knatsch“ zwischen verschiedenen Behörden bemerkte der Olper Landrat am 20. Dezember 1926 gegenüber seinem Amtskollegen zu Meschede:

„Zu der Zigeunerplage bemerke ich, daß ich auf meinen Fahrten durch den Kreis schon wiederholt beobachtet habe, daß an der Provinzialstraße zwischen Bamenohl und Grevenbrück Zigeuner oder Meckese lagern, ...“[70]

Der Versuch, 1926/27 zwischen den Landräten der Regierungsbezirke Koblenz, Trier und des südlichen Teils von Arns-berg eine Übereinkunft zu treffen, nach der Zigeuner dorthin abgeschoben werden sollten, von wo sie gekommen waren, scheiterte u.a. an den Landräten von Olpe und Gummersbach.[71]

Aufgrund eines Runderlasses des Ministeriums des Inneren vom 3. November 1927 bezüglich eines „Fingerabdruck-verfahrens bei Zigeunern“ sind auch im Kreis Olpe zwischen dem 23. und 26. November 1927 Razzien zwecks Durchführung dieser Maßnahme durchgeführt worden, wobei insgesamt acht Zigeunern Fingerabdrücke genommen worden sein sollen. Es wurden jedoch noch weitere Zigeuner angetroffen, die schon derartige Ausweispapiere besaßen.[72] Verschiedene Behörden der Gegend (Attendorn, Bilstein, Grevenbrück-Förde, Altenhundem) berichteten ihrerseits über die Erfahrungen bei den Kontrollen und der Abnahme der Fingerabdrücke. 

Am 26. Februar 1928 (also noch im Winter !) schrieb der Bürgermeister von Drolshagen an den Olper Landrat:

„Die Vorkomnisse in der vergangenen Woche, wo zwei Bärenführergruppen sich mit 23 Personen, 12 Bären und 8 Pferden bettelnd umhertrieben, da eine Erlaubnis der Polizeibehörde nicht erteilt wurde, in einem Falle auch nicht erteilt werden konnte, da die eine Gesellschaft keinen Wandergewerbeschein hatte und die andere nicht sämtliche Begleiter in den Gewerbeschein eingetragen hatte, gibt mir erneut Veranlassung, auf die Notwendigkeit, das Zigeunerwesen ganz energisch zu bekämpfen, hinzuweisen.

Es genügt nicht mehr, daß die Polizei sich darauf beschränkt, die Banden in einen anderen Bezirk zu weisen, sodaß es vorkommt, daß man z.Bsp. um 8 Uhr eine Zigeunerbande bei Hespecke über die Grenze des Amtes Meinerzhagen setzt und die Polizei dieses Amtes nach wenigen Stunden die Gesellschaft bei Krummenerl oder Kalberschnacke wieder in den hiesigen Amtsbezirk schiebt. Das ist eine Schieberei ohne Ende, die in ein gegenseitiges Chikanieren ausartet und ihren Zweck absolut nicht erfüllt. Wenn man die ministeriellen Anweisungen durchsieht, ..., dann wundert man sich tatsächlich, daß es überhaupt noch Zigeuner gibt, ...

... lege man staatlicherseits in den Gegenden Baracken an, sammle die Kinder der Straße und schicke sie in Sammeltransporten dahin und zwinge sie, unter steter Bewachung, zur Arbeit, wie man es im Kriege mit den Gefangenen macht. ...

Als Ende der 1880er Jahre Polizeibehörden im Industriebezirk ihre warnenden Stimmen erhoben, gegen die von den Zechen beliebte Masseneinführung polnischer Arbeiter, da verhallten diese <?> ungehört, bis man vor und nach der Staatsumwälzung entdecken mußte, daß man einen Polenstaat im Staate hatte. Möge man deshalb jetzt auf die seit Jahren von den verschiedensten Seiten erhobenen Rufe nach einer energischen Bekämpfung des Zigeuner- und Landstreicherunwesens hören, damit es uns nicht über den Kopf wächst.“[73]       

Bei den erwähnten Bärenführern dürfte es sich vermutlich nicht um Sinti, sondern um balkanische Roma gehandelt haben.

 

Prozession von Sinti, angeführt von Musikern

Sinti-Musiker bei einem „Platz-Gottesdienst“

 

Manchmal brachten die Zigeuner den Einheimischen auch einen kleinen Nebenverdienst, wie das Schreiben des Oberlandjäger Aug. Schmidt (Landjägerposten Olpe I) vom 18. Januar 1930 an die Polizeibehörde des Amtes Olpe zeigt:

„Am 16. Januar 1930 wurde eine Zigeunerbande von der Polizei-Behörde Drolshagen in den Amtsbezirk Olpe abgeschoben. Um dieselben aus dem Amtsbezirk zu bringen, mußte ihnen vorgespannt werden. Dadurch sind Unkosten von 6 M entstanden. Vorgespannt hat der Landwirt Peter Kleine in Altenkleusheim.“[74]

Oder wie man nach einem Schreiben des Gendarmeriepostens Wiedenest an die Polizei-Verwaltung in Lieberhausen vom 23. April 1935 vermuten kann:

„Anbei eine Rechnung von dem Landwirt A. Rothstein von hier. Die Unkosten sind entstanden anläßlich eines Zigeunertransport v. hier nach Wegeringhausen am 2. Ostertag, um die hiesige Bevölkerung nicht unnütz von der Bande belästigen zu lassen.“[75]

In den ersten Jahren der Nazizeit konnte man noch Zigeuner auf Reisen antreffen, wie der folgende Bericht des Gendarmerie-Obermeisters Gent in Olpe an den Olper Landrat vom 15. Mai 1935 zeigt:

„Vor etwa 3 Wochen durchzogen türkische Zigeuner, die im Besitze eines WGSch. waren, den Kreis und gaben Schaustellungen im Umherziehen. Sie bedurften neben dem WGSch. der polizeilichen Erlaubnis. Diese haben sie, soweit mir bekannt geworden ist, erhalten. Die Folge war, dass sie augenblicklich wieder im Kreise sind. ... Dort, wo sie keine Spielerlaubnis erhalten, sind sie bald wieder verschwunden, weil die Polizeiverwalter bemüht sind, ihren Bezirk rein zu halten. ...

Wenn nun aber diese Ausländer, die das eingenommene Geld noch ins Ausland senden, durch betteln und stehlen unsere Bevölkerung belästigen, so sind sie m.E. als lästige Ausländer zu betrachten und nach den hierfür gegebenen Bestimmungen auszuweisen. Statt dessen bekommen sie, wenn sie erscheinen, prompt die Genehmigung zur Vorführung von Lustbarkeiten. Es mag ja Verwaltungen geben, denen Zigeuner lieber sind als Fremde, die im Sauerland Erholung suchen wollen und damit zum Aufschwung des Sauerlandes beitragen.“[76]

Hier wurde also nicht nur versucht, den Zigeunern das (Über-)Leben schwer zu machen, sondern der sauerländischen Bevölkerung wurde auch ein wenig Abwechselung im Alltag mißgönnt.

So auch im folgenden Falle (Schreiben eines Gendarmerie-Hauptwachtmeisters in Bilstein an den Landrat in Olpe vom 12. Mai 1937):

         „Am heutgen Tage habe ich ... die beiden Schausteller

         Johann Jorgewitsch[77], geb. 23.2.10 zu Oppeln

         Gustav Jorgewitsch, geb. 16.3.18 zu Ordorf, Kr. Gifhorn (Hann.)

Welche nach Zigeunerart im Lande umherziehen, übernommen und weitertransportiert. Ihren Unterhalt verdienen sie sich durch Darbietung von Schaustellungen mit zwei dressierten Affen. ... Die Jorgewitsch sind staatenlos. An Hand des Fremdenpasses habe ich festgestellt, dass sie ihren letzten Wohnsitz in Querenhorst Kreis Helmstedt hatten. ... Der Gend. Postenbereich Finnentrop hat die Ausübung des Gewerbes untersagt, welches auch ... auf den Kreis Olpe ausgedehnt wurde. Ich habe die beiden Jorgewitsch bis Altenhundem transportiert, wo sie sich unter meiner Aufsicht eine Fahrkarte nach Kreuztal lösten und abgefahren sind.“[78]

Am 8. Juli 1937 wurde im Regierungsbezirk Arnsberg, vermutlich auch darüberhinaus ein „Fahndungstag“ durchge-führt, der dazu diente, Fahrende zu kontrollieren bzw. festzunehmen. Im Umkreis von Grevenbrück wurden dabei einige Zigeuner dem dortigen Amtsgericht vorgeführt.[79] 

Damit endet das ausgewertete Archivmaterial.

 

Aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg[80] gäbe es auch noch manches „Zigeunerische aus dem Sauerland“ zu berichten, das sich zum Teil in Artikeln der Lokalzeitungen[81] niedergeschlagen hat.

Hier nur zwei Beispiele, die dem Verfasser dieser Zeilen in die Hände gekommen sind:  

Seit Meinerzhagen eine Autobahnanbindung hat, konnte man vermehrt kleinere Gruppen von meist Sinti auf dem Parkplatz neben dem Schützenplatz oder einer Wiese in der Nähe des Schnüffel antreffen.

Am 15. Juli 1982 berichtete die Meinerzhagener Zeitung über „Landfahrer“, die auf dem Schützenplatz in Meinerz-hagen lagern wollten, gemeint waren Zigeuner, vermutlich Sinti, doch das wollte man so nicht schreiben.[82]

In den letzten Jahren sind verstärkt asylsuchende Roma aus Jugoslawien (bzw. dem ehemaligen Jugoslawien) oder auch Rumänien im Zuge der Verteilung in sauerländische Gemeinden gelangt, so z.B. nach Lüdenscheid, wo zeitweise (im Jahre 1990) 200 Roma in Zelten untergebracht worden waren.[83]

Geblieben sind im Sauerland vermutlich nur wenige Zigeuner. Anders im Wittgensteiner Land, wo schon im 18.Jahrhundert vermutlich Sinti seßhaft gemacht worden sind.[84]

 

Wenn man die zitierten Archivquellen noch einmal Revue passieren läßt, wird man feststellen, daß es darin eigentlich erst in zweiter Linie um die Zigeuner selbst ging und in erster Linie um das Verhältnis der Gadsche, der Nicht-Zigeuner, zu den Zigeunern und den damit verbundenen Vorurteilen. Gleichzeitig ist es auch ein Stück Verwaltungsgeschichte, die zu Vergleichen mit heutiger Verwaltungspraxis gegenüber Fremden anregte.

Geschichte sollte nicht als ein abgeschlossenes, abgehaktes oder abzuhakendes Geschehen aufgefaßt werden, sondern auch als Lernfeld für die Gegenwart und Zukunft.

Der Österreicher Klaus Edlinger läßt in seinem Roman eine der beiden Hauptfiguren, die Zigeunerin Dora sagen:

„Und was habt Ihr gelernt ? Wie ist das heut ? Mit den vielen Flüchtlingen ? Ihr habt euch nicht verändert ! Nichts habt ihr gelernt ! Peinlich sind sie euch. Sie könnten Euren Wohlstand durcheinanderbringen. Euch die Arbeit wegnehmen. Sie sind die Zigeuner von damals. Die, die nicht zu Euch gehören. Die Faulen ! Die Diebe ! Die Kriminellen ! Die, die anders ausschauen als ihr. Das allein macht sie schon verdächtig. Ich glaub‘, ihr könnt ohne Zigeuner gar nicht leben !“[85]  

 

 

Dieser Artikel ist gewidmet:

 

Lila Steinberger (1920-1999),[86] ein Kölner

Sinto, ein "baro rom", ein großer Mann,

den ich als jemanden kennengelernt habe,

dem an einemguten Auskommen von

Sinti und Gadsche

gelegen war.

 

Und Karl Jokisch (1925-1996),

ein Gadscho und großer Freund

der Sinti, der es verstanden hat,

auch anderen Gadsche Verständnis

für und Interesse an den Sinti zu wecken.

 

Anonymus:

            Polizeidrohung zeigt Wirkung

            In: Meinerzhagener Zeitung, 15.07.1982

            Meinerzhagen

Anonymus (jk):

            Heute beziehen 200 Roma das Camp an der Talstraße

            In: Meinerzhagener Zeitung, 20.08.1990

            Meinerzhagen          

BÖMELBURG, Hans-Jürgen:

            Die administrative und polizeiliche „Bekämpfung des Zigeunerunwesens“ in Rheinhessen und im Regierungsbezirk Koblenz

            1870-1933

            In: Mainzer Geschichtsblätter, H.10 (1995/96), S.169-184

            Mainz

BOHN, Irina/

HAMBURGER, Franz/

ROCK, Kerstin:

            Polizei und Presse

            Eine Untersuchung zum „staatlich genährten Rassismus“ am Beispiel der Berichterstattung über Roma und Sinti

            In: Jahrbuch für Antisemitismusforschung, Bd.4 (1995), S.166-356

            Frankfurt/M. / New York

BRAND, Mechtild:

            Die vergessene Verfolgung

            Der Zigeunerbeauftragte aus Soest und seine Opfer

            In: Soester Zeitschrift, H.107 (1995), S.103-120

            Soest

BÜLOW, Jochen:

            Flüchtlinge: „Die gehen in der Nachbarschaft klauen“

            Kölner Vorurteile bringen Roma in schwierige Lage

            In: Neues Deutschland, 18.07.2001

            Berlin

DILLMANN, Alfred (Bearbeiter):

            Zigeuner-Buch

            herausgegeben zum amtlichen Gebrauche im Auftrage des K.B. Staatsministeriums des Innern vom Sicherheitsbureau der   
            K. Polizeidirektion München

            München 1905

EDLINGER, Klaus:

            Denn sie müssen wandern

             Roman

            München 1991

GEIGGES, Anita/

WETTE, Bernhard W.:

            Zigeuner heute

             Verfolgung und Diskriminierung in der BRD

             Eine Anklageschrift

            Bornheim-Merten 1979

GERTH, Edith:

            Kinderraubend Fürsorge

             Die Umerziehung der Schweizer Jenischen durch die Stiftung Pro Juventute

In: Mark Münzel/ Bernhard Streck (Hrsg.): Kumpania und Kontrolle – Moderne Behinderungen zigeunerischen Lebens, S.129-166

Giessen 1981

GÜNTHER, Wolfgang:

Die preußische Zigeunerpolitik seit 1871 im Widerspruch zwischen zentraler Planung und lokaler Durchführung

eine Untersuchung am Beispiel des Landkreises Neustadt am Rübenberge und der Hauptstadt Hannover

In: Hannoversche Geschichtsblätter, N.F., Bd.28 (1984), S.128-176

Hannover

HEHEMANN, Rainer:

Die „Bekämpfung des Zigeunerunwesens“ im Wilhelminischen Deutschland und in der Weimarer Republik, 1871-1933

Frankfurt/M. 1987  <Diss. Münster 1987>

HEINSCHINK, Mozes F.:

            Romani hib – Die Sprache der Roma

In: Mozes F. Heinschink/ Ursula Hemetek (Hrsg.): Roma – das unbekannte Volk, Schicksal und Kultur, S.110-128

Wien u.a. 1994

HEINZ, Marco:

            Heiraten im Dschungel der Normen und Gesetze

             Beiträge zur Erforschung südosteuropäischer Roma in der Bundesrepublik Deutschland (Teil 3)

            In: Rheinisch-westfälische Zeitschrift für Volkskunde, Bd.41 (1996), S.165-183

            Bonn/ Münster

JOKISCH, Karl (Hrsg.):

            Das Leben des Herrn Steinberger

In: aus politik und zeitgeschichte (Beilage zur Wochenzeitung das Parlament), B12 (21. März 1981), S.18-31

Bonn

KOHR, Knud/

KRAUSS, Martin:

            Wehrlos in der Ringmitte

            Die Geschichte von „Rukelie“ Trollmann, den Sinto-Boxer, den die Faschisten 1943 umgebracht haben

            In: Frankfurter Rundschau, 09.09.2000

            Frankfurt/ M.

KNEHER, Brigitte:

            Das Schicksal einer Kirchheimer Zigeunerfamilie im Dritten Reich

            In: Schriftenreihe des Stadtarchivs Kirchheim unter Teck, Bd.18 (1994), S.101-120

            Kirchheim/ Teck

Kreisarchiv (KA) Olpe

LAKATOS, Menyhért:

            Bitterer Rauch

             Roman

            (a.d. Ungar.)

            Stuttgart 1979

LANZ, Herbert:

            Vaganten(kinder): Gequält und verschachert

            In: Neue Luzerner Zeitung, 06.06.1998

            Luzern

LEE, Ronald:

            Verdammter Zigeuner

            (a.d. Engl.: Goddam Gypsy, Montreal 1971)

            Weinheim 1978

LUCASSEN, Leo:

            Zigeuner

             Die Geschichte eines polizeilichen Ordnungsbegriffes in Deutschland 1700-1945

            Köln 1996

MARGALIT, Gilad:

            Sinte und andere Deutsche – Über ethnische Spiegelungen

            In: Tel Aviver Jahrbuch für deutsche Geschichte, Bd.26 (1997a), S.281-306

            Gerlingen

MARGALIT, Gilad:

            Zwischen Romantisierung, Ablehnung und Rassismus

             Zur Haltung der deutschen Gesellschaft gegenüber Sinti und Roma nach 1945

            In: Jahrbuch für Antisemitismusforschung, Bd.6 (1997b), S.243-265

            Frankfurt/M. / New York

MEISTER, Johannes:

            Schicksale der „Zigeunerkinder“ aus der St.Josefspflege in Mulfingen

            In: Württembergisch Franken, Jahrbuch 1984, S.197-229

            Sigmaringen

OPFERMANN, Ulrich:

            „Mäckeser“

             Zur Geschichte der Fahrenden im Oberbergischen im 18. und 19.Jahrhundert

            In: Beiträge zur Oberbergischen Geschichte, Bd.5 (1995 a), S.116-128

            Gummersbach

OPFERMANN, Ulrich:

            „Zigeuner“ in Wittgenstein im 18. und 19. Jahrhundert

In: Wittgenstein (Blätter des Wittgensteiner Heimatvereins e.V.), Jg.82, Bd.58 (1994), S.62-73, 101-117, 139-149; Jg.83, Bd.59 (1995 b), S.9-31

Bad Laasphe

OPFERMANN, Ulrich Friedrich:

            „Daß sie den Zigeuner-Habitat ablegen“

             Die Geschichte der „Zigeuner-Kolonien“ zwischen Wittgenstein und Westerwald

            (Studien zur Tsiganologie und Folkloristik, Bd.17)

            Frankfurt/M. u.a. 1996

OPFERMANN, Ulrich Friedrich:

            „Mäckes“ – Geschichte und Bedeutungswandel eines Schmähworts

            In: Nassauische Annalen, Bd.109 (1998), S.364-386

            Wiesbaden

OPFERMANN, Ulrich Friedrich:

            „Fahrende“ im Grenzraum Sauerland – Siegerland – Oberberg im 17. und 18.Jahrhundert

            In: Heimatstimmen aus dem Kreis Olpe, 70.Jg., Folge 196 (3/1999), S.193-214

            Olpe

REINHARD, Oliver:

            Das Leid eines Boxers

            In: Sächsische Zeitung, 17.08.2000

            Dresden

RIECHERT, Hansjörg:

Im Gleichschritt ...: Sinti und Roma in Feldgrau

In: Militärgeschichtliche Mitteilungen, Bd. 53, H.2 (1994), S.377-397

München

RIEDESEL, Karl-Ernst:

            Die Ministerialanweisung vom 17.2.1906 „Zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens“

             Preußische Zigeunerpolitik am Beispiel des Regierungsbezirks Arnsberg

In: Wittgenstein (Blätter des Wittgensteiner Heimatvereins e.V.), Jg.77, Bd.53 (1989), S.35-40, 68-78, 107-115, 123-129

Bad Laasphe

RÖMER, Willy:

            Gaukler, Bärenführer, Musikanten ...

             Berlin 1920-1930

            (Edition Photothek, XV)

            Berlin 1986

SALO, Matt T.:

            Art.: Gypsies

In: David Levinson/ Melvin Ember (Eds.): American Immigrant Cultures – Builders of a Nation, vol.1 (1997), S.367-373

New York

SCHEUERER, Karl:

            Richter unter Druck ?

            Landtag pocht auf die Unabhängigkeit der Justiz

            In: Mittelbayerische Zeitung, 12.11.1999

            Regensburg

SPRECHER, Margrit:

            Sprach-Softies haben noch viel zu tun

            In: Berner Zeitung, 08.07.2000

            Bern

Stadtarchiv (StA) Gummersbach

Stadtarchiv (StA) Lüdenscheid

Stadtarchiv (StA) Meinerzhagen

Stadtarchiv (StA) Olpe

STUMME, Hans:

            Für Freunde der Zigeunersprache

            In: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, 68.Bd. (1912), S.339

            Leipzig

ULRICH, Key L.:

            Hin- und hergeschoben und kein Recht auf einen Paß

            In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.12.1976, S.7

            Frankfurt/M.

VOSSEN, Rüdiger:

            Zigeuner

             Roma, Sinti, Gitanos, Gypsies zwischen Verfolgung und Romantisierung

 Katalog zur Ausstellung «Zigeuner zwischen Romantisierung und Verfolgung – Roma, Sinti, Manusch, Calé in 
 Europa» des Hamburgischen Museums für Völkerkunde

Frankfurt/M. u.a. 1983

WIPPERMANN, Wolfgang:

            Der Völkermord an den Sinti und Roma und die Geschichte ihrer „zweiten Verfolgung“

            In: Junge Welt, 12.08.2000 (Teil I); 14.08.2000 (Teil II); 15.08.2000 (Teil III)

            Berlin

WOESTE, Friedr(ich):

            Zigeuner in Westfalen

In: Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit (Organ des Germanischen Museums), N.F., 4.Bd. (1857), Sp.369-371

Nürnberg/ Leipzig

WORATSCHKA, Rainer:

            Hatte der „Hardliner“ seinen Laden in der Südkaserne nicht mehr richtig im Griff ?

            In: Nürnberger Nachrichten, 18.12.1999

            Nürnberg

ZIMMER, Dieter E.:

            Leuchtbojen auf einem Ozean der Gutwilligkeit

             Wie die deutsche Sprache unter die Betroffenen fiel

            In: Die Zeit Nr.11, 08.03.1996

            Hamburg

 

 

 

 



[1] Zitiert nach LEE 1978, S.121.

[2] Aus: GEIGGES/ WETTE 1979, S.41.

[3] ZIMMER (1996) bringt die Sache auf den Punkt: „Während politische Korrektheit im Fall Afroamerikaner ausnahmsweise einmal einen begrüßenswerten Zuwachs an sprachlicher Genauigkeit brachte, hat die Tabuisierung des Wortes Zigeuner die betreffende Bevölkerungsgruppe praktisch der Nennbarkeit entzogen, zumindest im Singular. Seit 1979 bestehen einige ihrer Vertreter - nur in Deutschland - darauf, Zigeuner müsse durch "Roma und Sinti" ersetzt werden. Ein einzelner aber kann nicht "Roma und Sinti" sein, nur oder. Wie aber soll ein Außenstehender wissen, ob er es mit einem aus der Gruppe der (seit Generationen in Deutschland ansässigen) Sinti oder mit einem aus der Gruppe der (meist in diesem Jahrhundert aus dem Balkan zugewanderten) Roma zu tun hat? Zudem weiß fast niemand, ob die beiden Namen Plural oder Singular sind, also ob man "ein Sinti" überhaupt sagen kann. (Man kann es nicht, es heißt "ein Sinto" und "ein Rom".) Und sind es auch Feminina? (Sie sind es nicht; die weiblichen Formen lauten "Romni" und "Sintizza".) Schließlich fühlen sich andere Gruppen desselben Volkes, die weder Roma noch Sinti sind, von der scheinkorrekten Bezeichnung ausgegrenzt ... Was aber sprach denn gegen Zigeuner? Angeblich, daß das Wort "jahrhundertelang zur Stigmatisierung gebraucht wurde". Nur zu wahr, daß die, die früher Zigeuner hießen, jahrhundertelang mißachtet und dann in Deutschland nicht nur stigmatisiert, sondern in  unbekannt großer Zahl ermordet wurden. Aber das Wort als solches war nicht pejorativ. Es bedeutet keinesfalls "Ziehgauner" und wurde auch nicht so verstanden“. Oder SPRECHER (2000): „Inzwischen hat mancher die Political Correctness derart verinnerlicht, dass sein Computer beim Tippen des guten alten Wortes ’Zigeuner‘ abstürzt. Zigeuner heissen jetzt ’Angehörige einer mobilen ethnischen Minderheit‘.“

Ein Beispiel (von vielen) für den unreflektierten und damit die Fakten verfälschenden Gebrauch der Floskel „Sinti und Roma“ sei hier zitiert (BÜLOW 2001); da heißt es einmal: „... eines von Roma und Sinti bewohnten Heimes.“ Dann aber im nächsten Satz: „Neben Ruhestörung wird den Roma Diebstahl von Kinderspielzeug ... zur Last gelegt.“ Es geht hier tatsächlich nur um Roma – wie zudem auch aus dem Passus: „... illegal eingereisten Roma und Sinti ...“ zu schließen ist – die Sinti werden einfach mit einbezogen.

[4] OPFERMANN 1994, S.65.

[5] VOSSEN 1983, S.136. Ähnlich auch der offenbar mit einer türkischen Romni (Zigeunerin) verheiratete Mozes Heinschink: „Obwohl mir bewußt ist, daß diese Bezeichnung vielfach von den Betroffenen abgelehnt wird, wird in Ermangelung eines Besseren ’Zigeuner‘ als Sammelbegriff für alle Roma- und Sinti-Gruppen verwendet.“ (HEINSCHINK 1994, S.110, Anm.1) Auch BRAND (1995, S.103) und HEINZ (1996, S.168, Anm.2) vertreten im großen und ganzen diese Meinung.

[6] LUCASSEN 1996, S.8.

[7] SALO 1997, S.367 f.

[8] STUMME (1912, S.339) berichtete von einer „Beduinenkarawane“, die im Sommer des Jahres in verschiedenen Städten Deutsch-lands (u.a. Hamburg, Breslau, Leipzig und München) Aufführungen machte; in dieser Schaustellertruppe befanden sich auch zwei Zigeunerinnen aus Jaffa/ Palästina.

[9] Ausführlicher werden die Argumente für die Verwendung des Zigeuner-Begriffs auf der folgenden Webseite dargestellt:

http://www.rbenninghaus.de/zigeuner-begriff.htm.

[10] S. a.: OPFERMANN 1994, S.64 und S.72, Anm.10; OPFERMANN 1998 und 1999; BRAND 1995, S.105.

[11] LUCASSEN 1996. Auch GÜNTHER (1984, S.131) äußert sich dahingehend: „Als Herumziehen nach Zigeunerart aber definierten die preußischen Oberbehörden einen Kriterienkomplex, der zum Zwecke des Lebensunterhalts mit gemeinschaftlich in Horden und unter Mitführung ihrer beweglichen Habe im Wagen verband. Wer immer diese Merkmale erfüllte, galt als Zigeuner. Ob es sich dabei um Zigeuner, Deutsche oder Jenische handelte, galt den Behörden gleichviel. Und man kann füglich bezweifeln, ob eine preußische Behörde damals schon imstande gewesen wäre, diese Unterschiede überhaupt zu treffen. Die zu findende Motiverklärung muß also auf den gesamten so definierten Personenkreis zutreffen.“

[12] Z.B. WIPPERMANN 2000 (Teil III), der ungerechtfertigterweise Lucassen kritisiert mit: „Dies alles ist absoluter Blödsinn, der allerdings als solcher nicht sofort zu erkennen ist, weil er «sozialgeschichtlich» gut kaschiert wird.“ Nun, Blödsinn schreibt in diesem Falle Wippermann, wie ein Blick in das Archivmaterial zeigt.

[13] KA Olpe, Nr. A 4418 (Bettler, Landstreicher, Zigeuner, Obdachlose, 1935-42). Zu der besagten Ministerialanweisung und ihre Umsetzung im Regierungsbezirk Arnsberg s. RIEDESEL 1989. Da fehlerhafte Schreibweise in den Aktenstücken recht häufig ist, soll sie in den hier gebrachten Zitaten nicht gesondert gekennzeichnet werden.

[14] KA Olpe, Nr.2485 (Zigeuner, 1865-1928).

[15] Ebd.

[16] Ebd.

[17] S. SCHEUERER 1999 und WORATSCHKA 1999, wobei diese beide nur einen an die Öffentlichkeit gelangten Fall berichten; es dürfte eine hohe „Dunkelziffer“ geben bzw. viele Fälle, die nur im Umkreis der betroffenen Asylbewerber bekannt sind. 

[18] WOESTE 1857, Sp.369.

[19] KA Olpe, Nr.2485.

[20] StA Meinerzhagen, Fach IX, Nr.46 (Acta betreffend: die Behandlung ausländischer Zigeuner). Es kann hier nur die alte Aktenbe-zeichnung angegeben werden, da der Verfasser die Akten vor der Errichtung des jetzigen Stadtarchivs eingesehen hatte. Das letzte Dokument der Akte datiert vom 16. Februar 1911.

[21] Ebd.

[22] Ebd.

[23] Vorher waren es nur 18 Pferde, sollten die Gendarmen und Polizeidiener da nicht gut aufgepaßt haben ?

[24] StA Meinerzhagen, Fach IX, Nr.46.

[25] Ebd.

[26] KA Olpe, Nr.2485.

[27] Ebd.

[28] So beispielsweise geschehen mit Roma aus dem Balkan, die in Europa von einem zum anderen Land abgeschoben worden sind (ULRICH 1976, um nur ein Beispiel zu nennen).

[29] StA Meinerzhagen, Fach IX, Nr.46.

[30] Schreiben des Amtmannes zu Meinerzhagen an das Kgl. Landratsamt des Landkreises zu Hagen vom 1. November 1889 (StA Meinerzhagen, Fach IX, Nr.46).

[31] Ebd.

[32] Ebd.

[33] Ebd.

[34] KA Olpe, Nr.2485.

[35] Über die Bedeutung von Ortschaften wie Hünsborn, Schönau und Elben für die Meckeser s.: OPFERMANN 1995 a, S.118 und ders. 1999, S.206 f.

[36] StA Olpe Nr.1434 (Festnahme und Ausweisung lästiger Ausländer u. Zigeuner, 1889-1930).

[37] LAKATOS 1979, S.144.

[38] StA Meinerzhagen, Fach IX, Nr.46.

[39] StA Olpe, Nr.1434.

[40] Ebd.

[41] KA Olpe, Nr.2485.

[42] StA Meinerzhagen, Fach IX, Nr.46.

[43] StA Olpe, Nr.688 (Maßregeln gegen Zigeuner, Bettler, Landstreicher pp. 1819-1921). Am 4. Juli 1910 berichtete der Olper Amtmann (?) dem dortigen Landrat (?) ebenfalls, daß „in den letzten Jahren ein allgemeiner Rückgang der Zigeunerplage zu verzeichnen“  gewesen war und fügt hinzu: „Ausländische Zigeuner haben sich in letzter Zeit im Amtsbezirk überhaupt nicht mehr gezeigt.“ (StA Olpe, Nr.1434)

[44] S. dazu auch HEHEMANN 1987, RIEDESEL 1989 und BÖMELBURG 1995/96.

[45] KA Olpe, Nr.2485.

[46] Ebd.

[47] OPFERMANN (1995 b, S.10) bringt ein Beispiel aus dem Siegerland, wo man ohne Erfolg versucht hatte, Hausierhandel durch die Förderung von Läden abzuschaffen – die Läden konnten sich nicht halten und man stellte danach wieder Wandergewerbescheine aus.

[48] KA Olpe, Nr.2485.

[49] StA Olpe, Nr.1434.

[50] Ebd.

[51] StA Gummersbach, Bestand Gemeinde Lieberhausen, Nr.498 (Maßnahmen gegen Bettler, Landstreicher usw.).

[52] StA Lüdenscheid, Nr.A 1406 (Zigeuner, 1903-27). Die Weiss, Winter, Trollmann und Reinhardt sind bekannte deutsche Sinti-Familien. Schnuckenack Reinhardt ist beispielsweise ein bekannter Geiger (Primasz). Die Reinhardt-Sippe mit ihren verschiedenen katholischen, protestantischen und assimilierten Verzweigungen stellt ein interessantes Kapitel in der Geschichte der Sinti in Deutsch-land dar. Dem Mohr in Schiller’s „Räuber“ beispielsweise dürfte der als Räuberhauptmann bekannte „Hannikel“ Pate gestanden haben, der „bürgerlich“ Jakob Reinhardt hieß. Verhaftet wurde dieser übrigens von seinem Vetter, ebenfalls ein Reinhardt (über die Reinhardts s.a. KNEHER 1994).  Eine Monographie über diese Sippe wäre ein lohnendes Unternehmen. Das Hänschen-Weiss-Ensemble ist heute ebenfalls eine bekannte Sinti-Musikgruppe. Rukeli Trollmann war im Jahre 1933 deutscher Boxmeister im Halb-schwergewicht. Als Zigeuner wurde ihm der Titel von den Nazis jedoch aberkannt und er 1943 im KZ Neuengamme erschossen (KOHR/ KRAUSS 2000; REINHARD 2000).

[53] StA Lüdenscheid, Nr.A 1406.

[54] KA Olpe, Nr.2485.

[55] Über Sinti als Soldaten in den beiden Weltkriegen siehe u.a.: RIECHERT 1994.

[56] Ebd.

[57] Ebd.

[58] Schreiben an die Ortspolizeibehörden vom 12.8.1921 und an den Regierungspräsidenten vom 25.8.1925 (KA Olpe, Nr.2485).

[59] KA Olpe, Nr.2486 (Zigeunerwesen, 1925-28).

[60] Ebd.

[61] Ebd.

[62] Ebd.

[63] S.a. BRAND 1995, S.106.

[64] KA Olpe, Nr.2486; ähnlich äußerte sich sechs Tage später der Landjägermeister Dreher von Altenhundem, wobei er hinzufügte: „Viel Schuld trägt die Regierung, daß sie solchen Leuten Wandergewerbescheine verabfolgt.“ (Ebd.)

[65] KA Olpe, Nr.2485.

[66] Hier nur zwei Quellenangabe von vielen dazu: GERTH 1981 und LANZ 1998. Über die zwangsweise Verbringung von Zigeuner-kindern in Kinder- und Erziehungsheime in der Nazizeit s. u.a. MEISTER 1984.

[67] KA Olpe, Nr.2486.

[68] Schreiben des Amtmannes an den Olper Landrat vom 30. Juni 1926; der Vorstoß wurde am 3. Mai 1927 zu den Akten gelegt (KA Olpe, Nr.2486).

[69] Ebd.

[70] Ebd. Der Briefwechsel ging noch etwas hin und her, wobei auf Olper Seite das Manko bestand, daß die Landjägerei, anders als die Mescheder, keine Telefone besaß.

[71] Schreiben des Landrates in Altenkirchen an den Kollegen in Olpe vom 6. April 1927, die Rückantwort vom 20. April, Schreiben des Landrates zu Gummersbach an den in Olpe vom 25. April, der Olper Landrat an den Gummersbacher am 20. Juni, Schreiben des Olper an den Altenkirchener Landrat vom 2. Juli 1927 (KA Olpe, Nr.2486).

[72] Schreiben des Olper Landrates an das Regierungspräsidium in Arnsberg vom 13. Februar 1928 (KA Olpe, Nr.2485).  

[73] Ebd.

[74] StA Olpe, Nr.1434.

[75] StA Gummersbach, Bestand Gemeinde Lieberhausen, Nr.498 (Maßnahmen gegen Bettler, Landstreicher usw.).

[76] KA Olpe, Nr.A 4418 (Bettler, Landstreicher, Zigeuner, Obdachlose, 1935-42).

[77] Bosnische Roma namens Gjeorgjević, die Bärenführer/ Bärentreiber waren, werden bei DILLMANN(1905, S.86) für Bayern aufgeführt. 
Über Bärenführer im Berlin der 1920er Jahre s.: RÖMER 1986.

[78] Ebd.

[79] Ebd.

[80] Über die Haltung der deutschen Gesellschaft gegenüber Zigeunern nach dem Zweiten Weltkrieg s. u.a.: MARGALIT 1997a und b.

[81] Über die Berichterstattung über Zigeuner in der deutschen Tagespresse allgemein s.: BOHN/ HAMBURGER/ ROCK 1995

[82] Anonymus 1982.

[83] Anonymus 1990.

[84] Aus der umfangreichen Literatur darüber sei hier nur auf einige der neueren Publikationen verwiesen: OPFERMANN 1994/95 b und 1996.

[85] EDLINGER 1991, S.75.

[86] Über sein Leben s.: JOKISCH 1981.

 

 

Fotos und Text © Rüdiger Benninghaus

 

Seite erstellt am 23.Juli 2001

Zuletzt geändert am 25.Juli 2006

 

 

 

 

 

 

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