Betrachtungen zur „political correctness“:

„Zigeuner“ ? - „Sinti und Roma“?

 

Reflection on “political correctness”:

The terms “Zigeuner” (Gypsies)

or “Sinti and Roma” ?

 

Uyun terimler üzerine düşünceler:

„Zigeuner“ (Çingeneler) veya

„Sinti ve Roma(n)lar“

 

 

 

 

An English part of this website can be found at the bottom of this page.

 

Siehe auch: http://www.rbenninghaus.de/antiziganistizismus-kritik.htm  

 

„Inzwischen hat mancher die Political Correctness derart verinnerlicht, daß

sein Computer beim Tippen des guten alten Wortes ‚Zigeuner' abstürzt.

Zigeuner heissen jetzt ,Angehörige einer mobilen ethnischen Minderheit'.“

(Margrit Sprecher: „Sprach-Softies haben noch viel zu tun“, in: Berner Zeitung, 08.07.2000)

 

 

„Umberto Eco hat es auf den Punkt gebracht, indem er sagte:

Die ‚Politische Korrektheit’ ist überhaupt nur dazu da,

um das einer Sache zugrunde liegende, aber ungelöste Problem zu kaschieren.

Eco hat Recht. Die PC fragt nicht, ob man ‚Neger’ liebt oder nicht,

ob man ‚Zigeuner’ akzeptiert oder nicht, ob man ‚Eskimos’

für Rohfleischesser hält oder nicht, sondern sie begnügt sich mit

einer oberflächlichen, sprachlichen Kosmetik. Und genau das ist verlogen.“

  (Peter Stiegnitz: „Das darf man nicht mehr sagen“, in: Wiener Zeitung, 14.2.2009)

 

 

„Das Gegenteil von gut ist nicht böse, sondern ‚gut gemeint’.“

(Gottfried Benn, Schriftsteller und Arzt)

 

 

Es gibt in dem Milieu, in dem ich mich aufhalte, eine Menge Leute, die glauben,

man könne über die Kontrolle der Sprache zu einer besseren Welt kommen…

Sprachhygiene ist vielleicht ein zu starkes Wort, aber in jedem Fall Sprachüberwachung.

(Bernd Stegemann, Professor für Theatergeschichte und Dramaturgie in Berlin, in: Der Spiegel, Nr.13 vom 23. 3. 2019, S.119)

 

 

Googelt man 'Roma Sinti gendern', gelangt man auf einige Seiten, in denen tatsächlich politisch korrekt vorgegangen wird, und zwar mit Genderstern. Diese Seiten sind sogar ernst gemeint, und

so erfährt man von der Existenz der Sprachkuriosität Sinti*zze und Rom*nja.

Das muss man erst einmal aussprechen können, und zuvor muss man es sich merken können.

Aber so, wie unter denTaliban Kinder den Koran auswendig lernen und auf diese Art

sinnlose Kopfinhalte erwerben, so müssen eben in Zukunft auch die politisch Korrekten

eine lange Reihe von Konstruktionen und Sonderformen memorieren –

wir erleben die Gründung einer neuen Religion.

(Jan Henrik Holst, Linguist, am 20.3.2023 in: Schweres Versäumnis der Sprachverbesserer,

https://www.novo-argumente.com/artikel/schweres_versaeumnis_der_sprachverbesserer)

(Aufruf vom 27.8.2023)

 

 

Immer wieder wird darüber diskutiert, welches denn nun die „korrekte“ Bezeichnung für die im deutschen Sprachraum „Zigeuner“ genannte Bevölkerungsgruppe sei/ sein müßte. Zuletzt war es die Inschrift auf dem geplanten Mahnmal für die Opfer des Naziterrors, die diese Diskussion nicht zuletzt auch unter Sinti-Organisationen erneut entbrennen ließ. 

Da ein zu dem Thema begonnener Aufsatz noch nicht abgeschlossen werden konnte, jedoch von verschiedener Seite das Bedürfnis zu solch einem Beitrag geäußert wurde, soll hier zunächst eine kurze Zusammenfassung einiger Argumente     f ü r  den Gebrauch der Bezeichnung „Zigeuner“ präsentiert werden.

 

 

1.              Der auf einer internationalen Zigeuner-Konferenz 1971 in London angeblich gefaßte Beschluß, daß Zigeuner forthin „Roma“ genannt werden sollten, wurde von etwa zwei Dutzend „Delegierter“ gefaßt, darunter nur einer Person (Melanie Spitta) aus Deutschland. Aus etlichen Staaten mit einer nennenswerten Zigeunerbevölkerung waren überhaupt keine „Vertreter“ bei diesem Treffen anwesend. Solch ein weitreichender Beschluß, der natürlich ohne vorherige Konsultation der „Basis“ gefaßt worden ist, entbehrt jeglicher Legitimation. Dieser in der Folge mystifizierte Kongreß war nicht mehr als ein Hinterzimmertreffen, das zudem noch von Nicht-Zigeunern dominiert bzw. instrumentalisiert wurde.

Übrigens, wie die folgende Liste zeigt, sind einige Organisationen als „Tsiganes“ oder „Gypsies“ auf dem Kongress aufgetreten.

 

 

 

Delegierte

 

Die „Delegierten“ und Beobachter auf dem

1. Roma Welt-Kongreß 1971 in London.

nach:

Kenrick, D(onald) S.:

The World Romani Congress - April 1971

in: Journal of the Gypsy Lore Society, 3rd series,

vol.50 (1971), parts 3-4, S.101-108 (hier S.107 f.)

Edinburgh

 

 

 

2.              Es ist eine falsche Vorstellung (Volksetymologie), daß der Begriff „Zigeuner“ auf „Zieh-Gauner“ zurückzuführen wäre. Diejenigen, die dies behaupten, tun das häufig nicht aus Unwissen, sondern wollen sich auf unredliche Weise ein Argument gegen den Begriff verschaffen. Die in slawischen Sprachen (und ähnlich im Ungarischen) übliche Form „Cigani“ (u.ä.), auf die wahrscheinlich die deutsche Bezeichnung „Zigeuner“ etymologisch zurückzuführen sein dürfte – die ursprüngliche Entlehnung von dem Namen einer Sekte im antiken Griechenland (eine mögliche Erklärung) ist nicht direkt ins Deutsche geschehen – kann natürlich nicht mit einer postulierten Bedeutung „Zieh-Gauner“ erklärt werden. Aber selbst als Volksetymologie ist diese falsche Herleitung kaum verbreitet. Diejenigen, die ständig wider besseren Wissens darauf herumreiten, tragen selbst zur Verbreitung dieses Unfugs bei und betreiben schlicht und einfach Demagogie.

3.              Es ist natürlich falsch, wenn immer wieder von verschiedener Seite (auch von Sinti-Funktionären) behauptet wird, daß der Begriff „Zigeuner“ von den Nazis geprägt worden wäre. Ebensowenig haben erst die Nazis ihn negativ besetzt. „Juden“ hat sicherlich durch die Nazis eine viel stärkere negative Besetzung erfahren, als das vor der braunen Zeit der Fall war. Dennoch würde heute niemand auf den Gedanken kommen, zu fordern, deshalb die Bezeichnung „Juden“ nicht mehr zu verwenden.

4.              Der Begriff hat, wie viele Begriffe und gerade auch ethnische Bezeichnungen, sowohl positive als auch weniger positive „Mitschwingungen“. Dies wird sich mit einer Umbenennung in „Roma“ oder „Sinti und Roma“ um keinen Deut ändern.

5.              Eine Diskriminierung kann nicht durch Umbenennungen bzw. noch weniger durch aufoktroyierte „politische Korrektheit“ beseitigt werden, das muß auf anderen Ebenen geschehen. Wie das NPD-Wahlplakat „Geld für die Oma statt für Sinti & Roma“ deutlich macht, kann man seine Abneigung gegen Zigeuner auch mit einer Umetikettierung beibehalten.

6.              Der Begriff hat einen festen Sitz in der deutschen Volkskultur (in Liedern, Erzäh-lungen, Sprichwörtern u.ä.) und selbst der Geographie verschiedener Regionen („Zigeunereiche“, „Zigeunerberg“ u.ä.). Es wäre auch absurd, nunmehr vom „Sinti-Baron“ oder „Roma-Schnitzel“ zu sprechen, von „Sinti-und-Roma-Sauce“ oder dem „lustigen Sinti-und-Roma-Leben“.

7.              Bei aller immer noch bestehenden Diskriminierung und Ausgrenzungsversuchen drückt der Begriff „Zigeuner“, an den man sich seit langer Zeit gewöhnt hat, aus, daß Zigeuner „irgendwie“ dazu gehören, anders als ein fremdes und fremd gebliebenes „Sinti und Roma“. Mit letzterem wird diese Bevölkerungsgruppe der Mehrheitsgesellschaft nicht weniger, sondern mehr entfremdet.

8.              Es gibt auf der Welt kaum ein Volk, das mit „x und y“ (Sinti und Roma) bezeichnet wird bzw. sich so bezeichnet.

9.              Weltweit gibt es für jede Bevölkerungsgruppe Fremd- als auch Eigenbezeichnungen. Häufig sind die Eigenbezeichnungen weit weniger bekannt als die Fremdbezeichnungen. Dabei sind die Fremdbezeich-nungen selten wertneutral. Auch die Deutschen werden nicht nur Deutsche (nach ihrer Eigenbezeichnung) benannt, sondern Alemannen, Germanen oder „die Stummen“ (in slawischen Sprachen). Trotzdem ist deshalb noch niemand hierzulande auf die Barrikaden gegangen.

10.                      Verschiedene Zigeunergruppen benutzen aus fremden Sprachen hervorgegangene Bezeichnungen als Eigenbezeichnungen, z.B. Lovara (aus dem Ungarischen), Kalderascha, Tschurara, Ursara (aus dem Rumänischen) u.a.m.

11.                        Wenn man, was eben weltweit nicht der Fall ist, die Eigenbezeichnungen zum Maßstab machen wollte, dann müßte man auch die jeweiligen Eigenbezeichnungen der verschiedenen Zigeunergruppen „zulassen“ bzw. benutzen, die sich weder Sinti noch Roma (sondern etwa Dom oder Lom, Calé/ Gitanos u.a.m.) nennen. Alles andere wäre inkonsequent. Etwa Sinti als „Roma“ oder als „Untergruppe der Roma“ zu bezeichnen, widerspricht dem verbalen Anspruch auf Eigenbezeichnung und zeigt die Schwäche dieses Arguments.

12.                      Es ist falsch zu behaupten, daß der Begriff „Zigeuner“ (oder auch Gypsy, Tzigane, Cigani usw.) von den „Betroffenen“ nicht verwendet bzw. abgelehnt würde. Dies könnte man als ein „Neo-Stereotyp“ bezeichnen. Wenn diese in der jeweiligen Landessprache sprechen, so verwenden sie meist (außer einigen Funktionären) selbst die Bezeichnung Zigeuner, Gypsy usw. (Beispiele siehe unten).

13.                      Ein Alleinvertretungsanspruch, wie er sich aus der Festlegung auf einen Begriff für alle Zigeuner ergibt, dürfte von den meisten Zigeunern (besonders auch Sinti) abgelehnt werden.

14.                      Da es eines übergreifenden Begriffes für alle Zigeunergruppen bedarf, sollten die jeweiligen Bezeichnungen in den verschiedenen Sprachen beibehalten werden, sprich: im Deutschen: „Zigeuner“, da, soweit bekannt, in keinem Dialekt von Zigeunern eine entsprechende Sammelbezeichnung existiert.

15.                      Unter Sinti gibt es durchaus noch die Ansicht: „was geht es die Gadsche/ Chale (Nicht-Zigeuner) an, wie wir uns selbst nennen“, wenngleich es heute natürlich keinen Sinn mehr macht, die Eigenbezeichnung verheimlichen zu wollen.

16.                      Der Ton macht der Musik. „Scheiß Deutscher“ ist in etwa ebenso beleidigend wie „dreckiger Zigeuner“. Es kommt also darauf an, wie und in welchem Zusammenhang der Begriff verwendet wird.

17.                      Daß viele Deutsche den Begriff durchaus nicht oder nicht nur negativ besetzt sehen, zeigen die nicht wenigen Karnevalsvereine und ähnlichen Gruppen, die sich „Zigeuner“ nennen oder „als Zigeuner gehen“.

18.                      Vor der „Sprachreform“, als nur einige Insider von „Sinti“ und „Roma“ wußten, hatte man auch als einer den Zigeunern wohlwollender Zeitgenosse keine andere Alternative, als eben von „Zigeunern“ zu sprechen; d.h. der Begriff wurde durchaus wertneutral als die im Deutschen übliche Bezeichnung für eine Bevölkerungsgruppe verwendet.

19.                      Der Begriff in der Zusammensetzung „Zigeunermusik“ wird als ein „Markenzeichen“ selbst noch von vielen Zeitungen u.ä. verwendet, die ansonsten von „Sinti und Roma“ sprechen oder schreiben.

20.                      Obwohl schon in Deutschland etwa zwei Jahrzehnte seit der „Einführung“ der Begriffe bzw. des Begriffs „SintiundRoma“ vergangen sind, haben die meisten derjenigen, die diese Begriffe (etwa in den Medien) benutzen, den korrekten gramma-tikalischen Gebrauch noch nicht gelernt. So ist von Sintis (doppelte Verneinung) die Rede, von „der Sinti“ (richtig: der Sinto, Singular) oder „die Sinti“ (eigentlich: Sintizza) und es wird in ähnlich falscher Weise mit dem Wort „Roma“ (Plural) umgegangen.

21.                      Es wird nicht selten von „Sinti und Roma“ gesprochen oder geschrieben, selbst wenn es sich (wie tatsächlich meist der Fall) nur um Roma oder nur um Sinti handelt. Für einen außenstehenden „Laien“ ist es auch kaum möglich, eine Unterscheidung zwischen beiden zu treffen. Die überwiegende Mehrheit der Sinti will jedenfalls nicht Roma genannt werden und Roma würden nur mit dem Kopf schütteln, würde man sie als Sinti bezeichnen.

22.                      Indem interessierte Kreise den vermeintlich „historischen Beschluß“, daß fortan alle Zigeuner „Roma“ genannt werden sollen, in Deutschland dahingehend relativiert haben, indem sie von „Sinti und Roma“ sprechen, dokumentieren sie damit eigentlich schon, wie sehr der unsinnige neue Sammelbegriff an der Realität, sprich: der Eigenbezeichnung und dem Eigenempfinden mancher Zigeunergruppen vorbei geht.

23.                      Nun sind mittlerweile einige Nicht-Zigeuner im deutschsprachigen Raum dazu übergegangen, nicht mehr von „Sinti und Roma“ zu sprechen, sondern nur noch von „Roma“, selbst dann, wenn sie wissen, daß es sich in einem gegebenen Fall um Sinti (oder eine andere Zigeunergruppe als die Roma) handelt, die sich nicht als „Roma“ vereinnahmen lassen wollen. Begründet wird das dann teilweise damit, daß das „international üblicher“ Sprachgebrauch wäre. Das Zustandekommen und der Sinn oder Unsinn eines solchen Sprachgebrauchs wird dabei ebenso wenig hinterfragt wie man sich darum kümmert, was Nicht-Roma unter den Zigeunern davon halten. Das ansonsten gern bemühte Argument bzw. die Forderung, Eigenbezeichnungen zu benutzen, bleibt dabei auf der Strecke. Vergleichbar wäre das in etwa, wenn die Deutschen z.B. die Niederländer, Dänen, Schweden usw. als „Mit-Germanen“ ebenfalls als „Deutsche“ bezeichnen würden, vielleicht noch mit dem Hinweis, daß allein die Deutschen im Englischen und manchen slawischen Sprachen als „Germanen“ bezeichnet werden. 

24.                      Was treibt solche Leute dann eigentlich um, worum geht es ihnen, wem wollen sie damit dienen? Einige dieser Vorreiter der politischen Korrektheit haben sicher im Sinn, den Zigeunern Einigkeit „beizubringen“ – eine Einigkeit, die es zwar in der Geschichte nie gegeben hat, aber was nicht ist, kann ja noch werden bzw. man wird schon dafür sorgen, daß das so wird, wie sich das die Revolutionsbegeisterten unter den Gadsche wünschen. Wahrscheinlich würden sie sich vehement dagegen verwahren, wollte man diese ihre Handlungsweise als Paternalismus, als Bevormundung klassifizieren.

25.                      Wenn man sich fragt, warum gerade manche Nicht-Zigeuner – offensichtlich mehr noch als die meisten Zigeuner selbst – so vehement eine neue Sprachregelung propagieren, so drängt sich die Vermutung auf, daß das bei einigen wohl aus schlechtem Gewissen (angesichts von Diskriminierung und Verfolgung der Zigeuner über Jahrhunderte) heraus geschieht, das man jedoch auf recht billige Weise zu erleichtern sucht.

26.                      Anderen, die laut aufschreien, wenn irgendwo das Wort „Zigeuner“ fällt, geht es im Grunde genommen nicht in erster Linie darum, daß hier eine „unmögliche“ Bezeichnung verwendet würde, sondern sie sind erbost, daß man damit an ihrer „Autorität“ gekratzt hat, indem man ihre zur „Moral“ erhobene Ideologie nicht akzeptiert. Es geht um Machtausübung. Nachdem man einmal seine Sicht der Geschichte und Gegenwart „patentiert“ hatte – selbst wenn sie sich im Nachhinein als Unsinn herausgestellt haben mag – man kann sie nicht mehr aufgeben, weil man dies als Verlust der Meinungshoheit, mithin als Machtverlust auffaßt. Dies um so mehr, als konstant vorgetragene gegenteilige Auffassungen zu einer Verhärtung des Standpunktes beigetragen haben.

27.                      Wenn man „Roma“ als Sammelbezeichnung verstanden wissen will, wie es manchmal geschieht, dann macht das Konstrukt „Sinti und Roma“ keinen großen Sinn mehr, da ja in dem Fall unter „Roma“ ohnehin alle Zigeunergruppen fallen. Diejenigen, die den Begriff „Zigeuner“ bekämpfen, sollten sich also zumindest einmal einigen bzw. eine klare Linie finden, was denn nun auf ihren Fahnen stehen soll; ansonsten bleibt ihre Position allein schon aus diesem Grunde fragwürdig.

28.                      Wenn man „Roma“ synonym zu „Zigeuner“ gebraucht, so muß man fast jedes Mal hinzufügen, ob man den Begriff im engeren (manchmal als: „Rom-Zigeuner“) oder weiteren Sinn (als allumfassende Sammelbezeichnung) verwendet – ein wenig praktisches Verfahren.

29.                      Wenn man es mit Sinti zu tun hat, kann man von Sinti sprechen, weiß man, daß es um Roma geht, kann man von Roma sprechen, meint man beide bzw. weiß man um die Unterschiede, kann die Bezeichnung Zigeuner gewählt werden oder selbst „Sinti und Roma“, wenn man eben ausdrücklich diese beiden Gruppen meint und nicht etwa alle Zigeuner. Da eben nicht jedermann die Unterschiede kennt, sollte man bei dem vertrauten „Zigeuner“ bleiben (können) und sich nicht darum scheren, daß man von gewissen Kreisen in die Nähe von Rassisten und Nazis gerückt wird.

30.                      Wenn verschiedene Vereine die Begriffe „Sinti und Roma“ im Namen tragen, so ist das nicht selten „Etiquettenschwindel“, da es ihnen doch meist nur um eine Gruppe geht bzw. einzelne Mitglieder der anderen Gruppe(n) bestenfalls als „Alibi“ oder „Vorzeige-...“ benutzt werden. Die traditionellen Vorbehalte einer Zigeunergruppe gegenüber einer anderen spielen hierbei immer noch eine Rolle.

31.                      Schon kurz nach dem Krieg (1946) ist in München ein „Komitee Deutscher Zigeuner" gegründet worden.

     1958 hatten einige Zigeuner (wie es scheint, Lovara), vor allem Walter Strauß, Wilhelm und Johannes Weiß ein „Zentralkomitee der Zigeuner“ gegründet.

     1968 hatte ein Rom, Rudolf Karway, in Hamburg eine „Internationale Zigeunerrechtskommission“ gegründet.

     Wilhelm Weiß (s.o.) hat 1973 das „Zentralkomitee“ als „Zigeuner International e.V.“ wiederbelebt.

     Die Sintizza Theresia Seible hatte Ende der 1970er/ Anfang der 80er Jahre einen Frauenverein unter dem Namen „Comitée der Zigeuner“ gegründet.

    1979 ist in Bremen zunächst von Nicht-Zigeunern der „Verein zur Durchsetzung der Rechte der Zigeuner in der Stadtgemeinde Bremen e.V.“ gegründet worden, in dessen Vorstand auch bald Sinti (u.a. Ewald Hanstein) aufgenommen wurden.

     Um 1980 gab es einen „Verbandes der Zigeuner Niedersachsen e.V.“

     Diese Beispiele, allesamt dem Alptraum der NS-Diktatur zeitnaher als etwa die Etablierung des „Zentralrates“, zeigen, daß die Gründer offenbar nicht von dem Gedanken „beseelt“ waren, daß der Begriff „Zigeuner“ durch die Nazis diskreditiert wäre bzw. eine diskriminierende Bezeichnung darstellte.

     Tatsächlich wird man eben bei genauerem Hinsehen feststellen, daß die Sprachregelung „Sinti und Roma“ hauptsächlich von Nicht-Zigeunern ausging bzw. von Gadsche-Kreisen maßgeblich „unters Volk“ gebracht worden ist. Eine bei diesen „Korrektheitsfanatikern“ festzustellende Intoleranz ist ohnehin den Zigeunern weitgehend fremd (gewesen). Das haben einige Funktionäre erst später von den Gadsche übernommen.

32.                      Es ist offensichtlich, daß etwa seit Anfang der 1980er Jahre interessierte Kreise begonnen haben, den Begriff systematisch schlecht zu reden, um dann immer wieder feststellen zu können, wie schlimm diese Bezeichnung doch wäre. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (Göttingen), die maßgeblich bei der Gründung des „Zentralrates“ mitgewirkt hat, schrieb noch 1979: „Wer sich an der Zigeunerarbeit der GfbV beteiligen möchte, wende sich an die GfbV, ...“ (in: Pogrom, 10.Jg., Nr.61 vom März/ April 1979, S.2) oder: von „Bürgerrechtsbewegung für Zigeuner“ (in: Pogrom, 10.Jg., Nr.65 vom Juli-Sept. 1979, S.4). Der Erzbischof von Köln hatte sich anläßlich einer Pilgerfahrt von Zigeunern zum Kölner Domjubiläum im September 1980, an der vor allem Sinti teilnahmen, an diese mit den Worten „Meine lieben Zigeuner“ gewandt. Auch diese Beispiele zeigen, daß zu der Zeit der Begriff durchaus nicht so „schlecht“ war bzw. gesehen wurde, wie heutzutage immer wieder von verschiedenen Seiten behauptet wird, was sich somit als „Falschspielerei“ erweist.

33.                      Wollte man fragen, mit welchem Begriff denn bei den jeweiligen Mehrheitsbevölkerungen mehr positive Konnotationen verbunden werden, würde man vermutlich feststellen, daß dies eher bei „Zigeuner“ der Fall ist, denn bei „Roma“. Mit letzterem Begriff scheint überwiegend Armut, Elend und Bettelei assoziiert zu werden. Die positiven Konnotationen von „Zigeuner“ sind bekannt.

34.                      Wenn in historischen Dokumenten von Zigeunern die Rede ist, kann man nicht im Nachhinein hingehen und sie etwa zu Sinti, zu Roma oder zu „Sinti und Roma“ erklären. Wenn keine weiteren Anhaltspunkte zu finden sind, die eine Zuordnung möglich machen, muß es bei „Zigeuner“ bleiben, zumal auch nichtzigeunerische Gruppen wie etwa die Jenischen vielfach als Zigeuner bezeichnet bzw. angesehen werden.

35.                      Wenn manche Schreiber zwar den Begriff „Zigeuner“ benutzen, ihn jedoch in Anführungszeichen setzen, so mag man solch ein Verfahren einerseits als Ausdruck einer erkannten Notwendigkeit zur Verwendung des Begriffes sehen, gleichzeitig wird jedoch darin auch eine Furcht vor sprachlichen/ politischen Tugendwächtern deutlich.

36.                      Es wird wohl niemand, etwa unter den Sinti, behaupten können, daß deren Bezeichnung für Nicht-Zigeuner – Gadsche oder Chale – frei von negativen Assoziationen bzw. Konnotationen wäre. Wenn sie deutsch schreiben oder sprechen, wird die Bezeichnung mit „Knechte“ wiedergegeben (also nicht einmal „Bauer“). Sollten jetzt die Gadsche auf die Barrikaden gehen und die „Ächtung“ dieser Benennung (als „Fremdbezeichnung“) fordern ? Auf zum Kulturkampf ?

37.                      In manchen konservativen oder rechtslastigen Kreisen wird ebenfalls für die Beibehaltung des Begriffs „Zigeuner“ plädiert und gegen den Versuch einer Sprachregelung polemisiert. Die grundsätzliche Distanz zu solchen Gruppen kann jedoch kein Grund sein, von einer gewonnenen Einsicht Abstand zu nehmen und deshalb den Begriff nicht zu verwenden.

38.                      Es ist durchaus zu beobachten, daß Leute, die mittels moralischer Keule gezwungen werden sollen, eine jahrhundertealte Bezeichnung, mit der sie etwas anfangen können, gegen eine neue Bezeichnung einzutauschen, die sie nicht recht verstehen, daß solche Leute eine noch größere Abneigung gegenüber Zigeunern entwickeln, als sie ohnehin schon haben.

39.                      Übrigens: der/ die wahrhaft politisch Korrekte wird nicht umhinkommen, von „Sinti/ Sintizzi/ Roma/ Romnija“ zu reden und zu schreiben, ansonsten gibt’s Krach mit Alice und all die anderen. Aber vielleicht sind diese ja auch mit „ZigeunerInnen“ oder „Zigeunerinnen und Zigeuner“ zufrieden. Inzwischen ist dieser "Warnhinweis" schon überholt (oder ist "beherzigt" worden?), indem manch eine(r) die Kurve zu einem "Romn_ja und Sint_ezze", "Sint*ezze und Rom*nja", "Rom:nja und Sinti:ze" oder gar als neueste "Errungenschaft" der Sprachakrobatik "Roma*Romnija und Sinti*Sint*izze" geschafft hat. Auch "Zigeuner*in" macht sich gut - wenn man schon nicht umhin kommt, diesen bösen Begriff zu verwenden. Aber vielleicht sticht doch der "Z-Wort"-Trumpf - bis zur nächsten PC-Gehirnakrobatik bzw. bis eine neue Polit-Sekte die Oberhand gewinnt.

 

bar5

 

~~ Bilddokumente zum Thema ~~

 

Zig

Saura Demeter-Grab - 216-31

 

Grabstein eines Rom (offenbar Kelderari)

auf einem Frechener Friedhof

 

 

Grabstein einer Romni (offenbar Kelderarka)

auf einem Kölner Friedhof (das Grab ist mittlerweile

nicht mehr existent)

 

101104004

image023

 

Grabstein eines Rom (offenbar Kelderari)

auf einem Frechener Friedhof

 

Grabstein eines Roma-Ehepaares (Kelderara)

auf einem Mönchengladbacher Friedhof

 

 

Dig Zigeunerbaron Reinhardt 31

 

 

 

Grabstein eines Sinto auf einem Koblenzer

Friedhof.

 

zigeunerchat

 

kulturwagen

 

Genossenschaft fahrendes

Zigeuner - Kultur - Zentrum

 

Sowohl von Sinti als auch von Roma

genutzte Internetseite mit Foren und Chats.

 

Eine interessante Einrichtung von „Fahrenden“

In  der Schweiz, die u.a. „Zigeunerkulturwochen“

durchführen.

Internetseite:

http://www.8ung.at/zigeuner/zigeunerkulturzentrum/

ueber_uns.htm

Jetzt:

https://www.zigeunerkultur.org/

(Aufruf am 13.4.2021)

 

CD Schnuckenack Reinhardt

CD Häns'che Weiss

 

Zwei cover von CD’s bekannter deutscher Sinti-Musiker bzw. Musikgruppen.

Weder die (wahrscheinlich) Nichtzigeuner, die diese CD-Reihe auf den Markt gebracht haben, noch die ja nicht unbekannten

Musiker dürften von einer diskriminierenden, abwertenden Bedeutung des Begriffes „Zigeuner“ ausgegangen sein,

als sie diese CD’s produzierten.

 

 

Umbruch - Markus Reinhardt - Ausschnitt neu

 

 

 

Der Kölner Sinto Markus Reinhardt hat sich nicht nur in dieser

Kath. Pfarrzeitschrift („Umbruch“, Nr.14/ Winter 2012, Köln)

als „Zigeuner“ präsentiert (siehe auch unten).

 

 

Requiem kl

 

Eine CD zum Andenken und zur Ehre aller verfolgten Zigeuner zu veröffentlichen und das

gleichzeitig in dem Bewußtsein zu tun, einen diskriminierenden Begriff zu verwenden,

dies ist kaum denkbar.

 

Lolo Reinhardt

 

Es ist kaum denkbar, daß ein Sinto ein Buch über sich schreiben läßt und seiner Titulierung

als Zigeuner zustimmen würde, wenn er diese Bezeichnung als abwertend auffaßte.

 

C

 

Die Angehörige der bekannten

österreichische Lovara-Familie Stojka

hat keine Probleme damit,

„Zigeunerin“ zu sein (1988).

 

 

Auch der Bruder von Ceija Stojka,

Karl, spricht und schreibt von

„Zigeunern“ und bezeichnet

sich auch so.

(Wien 1994)

 

 

Mustafa Aksu 3

 

 

 

Der Aktivist Mustafa Aksu, selbst

Zigeuner, hat seinem Buch den Titel

gegeben: „Zigeuner sein in der Türkei“

(3.Aufl. Ankara 2009)

 

 

Interface-Montage

Los Cyganow - cover teilw

 

Die nicht mehr erscheinende Zeitschrift „Interface“

erschien in drei Sprachen. Wie die Kollage der

Untertitel in Frz., Engl. und Dt. zeigt, ist die Frage

der „politischen Korrektheit“ vor allem ein deutsches

 „Problem“: Was im Französischen und Englischen

 „Tsiganes“ und „Gypsies“ sind, wird im deutschen

 Untertitel zu „Sinti und Roma“.

 

 

Wie in manchen anderen Publikationen auch,

„übersetzt“ man im deutschen Titel „Zigeuner“ (hier

im Polnischen „Cygan“) mit „Sinti und Roma“ –

„typisch deutsch“! Dies zeigt auch, daß das

(vorgeschobene) Argument,  man müsse doch

die Eigenbezeichnung verwenden, in anderen

Ländern keine/ kaum eine

Rolle spielt.

 

 

Zitate von Sinti aus diesem 2014

Erschienenen  Buch finden

sich weiter unten auf dieser Seite.

 

 

Die in Norwegen lebende Romni

Solomia Karoli schrieb ihre Biographie

(Oslo 2009) mit dem Titel

„„Tochter des Zigeunerkönigs“.

Ein Zitat aus dem Buch kann man

weiter unten auf dieser Seite lesen.

 

Zigeunerinwein - Moldavien verkl

Rückensteak - Zigeuner Art - verkl

 

Als geradezu geschäftsschädigend

müßte es aufgefaßt werden, für ein

Produkt mit einem derart „negativ“

belasteten Begriff zu werben.

Im übrigen zeigt das Beispiel, daß

der Begriff „Zigeuner“ noch weit

davon entfernt ist, außer Gebrauch

zu kommen. Obgleich dies immer

wieder von interessierten Kreisen

behauptet wird, sammeln die gleichen

„Antiziganistizisten“ solche Beispiele,

um „Zigeuner-Klischees“ und einen

weit verbreiteten „Antiziganismus“ in

der Gesellschaft u.a. damit zu belegen.

 

 

Auch dieses Beispiel zeigt, daß im alltäglichen

 „deutschen Leben“ „Zigeuner“ noch immer

ihren Sitz haben, so wie „Russische Eier“,

„Wiener Würstchen“, „Bayrisch-Blau“, „serbische

Bohnesuppe“, „ungarischer Gulasch“ u.ä.

Aus anderen Sprachen ließen sich ähnliche

Beispiele anführen.

Mit solchen Bezeichnungen wird Positives

verbunden; warum sollte man dies „ausmerzen“

wollen, wie es z.B. die österreichische Initiative

„SOS Mitmensch“ versucht?

 

120228001 bearb

 

 

 

Nicht wegzudenken bzw. wegzudiskutieren

auch dieses Produkt.

Der Kölner Rom e.V. meint zu dergleichen:

Ja, es handelt sich aus unserer Sicht

um absurde, groteske, lächerliche, manchmal nur putzige, dann wieder ausgesprochene hirnrissige Bearbeitungen der bekannten tausendfach abgedroschenen Zigeuner-Klischees.

(in: Nevipe, N.F. 1/2013, S.33)

Sollen sich die Hersteller dessen schämen

oder etwa die Zigeuner? Oder sollte sich

der, dem es schmeckt, Bauchschmerzen

als Strafe für seine völlig unkorrekte,

„absurde“ Essensvorliebe einhandeln?

Oder wären auch Sondergenehmigungen

denkbar für die Konsumenten, die nicht

ohne können?

Inzwischen sind verschiedene Lebensmittel-

firmen dem Druck der Meinungsdiktatoren

erlegen und haben "Zigeuner" aus ihren

Produktbezeichnungen verbannt.

Das ist eben der Unterschied zwischen

Wirbelsäule und Rückgrat - eine

Wirbelsäule hat jeder.

 

 

 

Çingene kizi - ben bir Çingeneyim

 

 

 

Emblem der türkischen Webseite

http://www.cingeneyiz.org/ (08.04.2007)

„Çingeneyiz“ bedeutet: „Wir sind Zigeuner“.

Man setzt sich damit bewußt von der seit

einigen Jahren von außen „unters Volk“

gebrachten Neologie „Romanlar“ anstelle

der alten und verbreiteten Bezeichnung

„Çingeneler“ ab.

Die Aussage des Mädchens „Ben bir

Çingeneyim“ lautet übersetzt: „Ich bin eine Zigeunerin“.

 

 

Zigeunerball - Neuenburg - Plakat

Zigeunerfest Mitterkirchen - Plakat

 

Die Neuenburger „Zigeunerclique“ veranstaltete

zum wiederholten Male einen „Zigeunerball“

und niemand dort hat damit Probleme – solange

keine Antiziganistizisten aufkreuzen.

 

 

Auch im österreichischen Mitterkirchen hat man

Die künstlich erzeugten Probleme nicht –

einem Harri Stojka zum Trotz.

 

 

 

 

 

Seit 1965 gibt es den Köln-Ehrenfelder Karnevalsverein "Ihrefelder Zigeuner".  Im Zuge der gegenwärtigen

Hetzjagd (am Ort waren es die Kölner Jusos) gegen alles, was sich nicht dem Sprachdiktat der

vorgeblichen "Antirassisten" unterwerfen wollen, ist auch dieser Karnevalsverein wegen seines Namens

angegriffen worden.

Kölner Sinti haben dem widersprochen und sich hinter den Verein und seinen Namen gestellt:

https://www.t-online.de/region/koeln/news/id_89809636/koeln-markus-reinhardt-sieht-sich-als-stolzen-zigeuner-.html

Ein entsprechender Artikel im Kölner Stadt-Anzeiger ist offenbar nicht mehr online:

https://www.ksta.de/koeln/zum-streit-um-sprache-und-identitaeten--stolz-auf-die-kultur-der-zigeuner--38272518

(Aufruf am 13.4.2021)

 

 

Rhein

Rom e

 

Dieses Zigeuner-Musikfestival ist von Sinti

maßgeblich mitorganisiert worden und bewußt

unter nämlichen Titel gestellt worden. Einige

teilnehmende Gruppen bezeichnen ihre

Musik explizit als Zigeuner- oder Gypsy-Musik.

Der Kölner Verein Rom e.V. (geleitet von Nicht-

Zigeunern) hielt es jedoch für angebracht, gegen

den Namen des Festivals zu protestieren – und ließ

 gleichzeitig seinen Jugendchor dort auftreten.

Dieses widersprüchliche Verhalten wurde so

begründet (Rund-email vom 5.6.2012):

Wir nehmen trotz dieser Bedenken an diesem

Festival teil und hoffen, dass ein Diskussionsprozess

in Gang kommt, der es auch denjenigen Roma und

Sinti ermöglicht in Zukunft teilzunehmen, die

Bezeichnung ‚Zigeuner’ für sich ablehnen.

[sic!]

Der angeblich erhoffte Diskussionsprozeß läuft

seit Jahren und hat für Kreise wie dem Rom e.V.

lediglich das Ziel, daß fortan alle Zigeuner

„Roma“ genannt werden müssen und sie sich

auch selbst so zu bezeichnen haben. Dazu braucht

man allerdings dann keine Diskussion mehr –

ein „Basta“ würde die Sachlage eher treffen.

Es kann wohl auch mit großer Wahrscheinlichkeit

behauptet werden, daß kein Kölner Zigeuner

allein wegen des Namens nicht an dem Festival

teilgenommen hätte – anders als mit obiger

Aussage suggeriert wird. Tatsächlich haben

es sich nicht nur mindestens drei der auf dem

glänzenden Handzettel rechts als „Zigeuner-

Gegner“ aufgeführten Roma nehmen lassen,

das Festival zu besuchen, auch weitere Roma,

die dem Rom e.V. verbunden sind,

waren anwesend. Die obige Aussage läßt

sich demnach kaum anders deuten als eine

Täuschung der Öffentlichkeit.

Die Aggressivität, mit der der Verein seit ein

paar Monaten seine Weltsicht verbreitet, läßt

vermuten, daß er sein Meinungsmonopol in

Köln zunehmend infrage gestellt sieht.

Dazu:

http://www.ksta.de/koeln/interview--zigeuner---eine-art-zu-leben-,15187530,16308676.html

(Aufruf am 13.7.2012)

 

 

Der Chefideologe des Vereins hatte es sich

nicht nehmen lassen, das „Dokument“, das

die „Abartigkeit“ des Festivalnamens „belegen“

sollte, persönlich unters Volk zu bringen –

schließlich muß Kultur seine politische

Richtigkeit haben und der Festivalbesucher

wissen, wie er das Ereignis zu verstehen hat,

sonst könnte er ja auf falsche Gedanken

kommen und vom rechten Glauben abfallen.

Offensichtlich ist den Initiatoren bzw. den

Vorzeige-Roma der Propagandaaktion nicht

der Unterschied zwischen

Wir sind Roma ... und keine ‚Zigeuner’!

und

Wir wollen nicht ‚Zigeuner’ genannt werden!

bzw. „Wir nennen uns ‚Roma’, nicht ‚Zigeuner’

nicht klar.

Ein „sowohl-als-auch“ (sprich: die Existenz von

sowohl Fremd- als auch Eigenbezeichnungen)

kommt nicht in Frage, da das den ein Schwarz

-Weiß-Denkrahmen sprengen würde.

Bei sicherlich der zehnfach größeren Gruppe

von Roma als den vier Roma-Intellektuellen –

von denen drei im Rom e.V. ihr Geld verdienen

bzw. verdient haben – die den Verein aufsuchen,

wird man – ohne ihnen Suggestionsfragen stellen

zu müssen – hören können, daß sie auf Deutsch

von „Zigeunern“ reden. Diesen vielen Roma,

die noch nicht zur Erkenntnis der Wahrheit

gekommen sind, wird der Verein schon noch

den „rechten“ Weg weisen.

„Begegnung auf Augenhöhe“ (mit „Roma“)

sieht für diesen Verein also so aus, daß er

Zigeunern beibringt, wie sie sich zu benennen

haben und wie nicht. –

Eben ein „emanzipatorischer Ansatz“ und

gleichzeitig ein Beitrag zur „Verständigung

von Roma und Nicht-Roma

Siehe auch:

http://www.rbenninghaus.de/newspaper-articles2-nevipe.pdf

 

 

 

 

Auch 2017 traten wieder sowohl

einige Sinti als auch Roma

auf einem „Zigeunerfestival“ in Köln auf.

 

 

 

 

 

 

Es trief nur so vor modischem Ideologie-Kram.

(Aus einer email des Rom e.V. vom 31.3.2021)

 

 

 

 

 

 

Der totalitäre Facebook-Staat hat sich mit seiner Zensurpolitik (Beiträge löschen und Kontosperrungen) ohne Sinn und Verstand zum Handlanger von Meinungsdiktatoren gemacht - und das, faktisch ohne die Möglichkeit zu

einer Rechtfertigung zuzulassen.

 

 

 

 

 

 

Die Facebook-Zensur wird immer abstruser; man könnte

 meinen, in Deutschland stünde die Verwendung des Begriffs

 Zigeuner schon unter Strafe.

Bei der neuerlichen Fb-Zensur handelt es lediglich um die Richtigstellung eines 1928 erschienenen und geposteten

 Zeitungsartikels, in dem die falsche Information gegeben wurde, daß alle Zigeuner weltweit Romanes verstehen würden.

 Hinter der unsinnigen Zensur kann eigentlich nur ein Automat

 stehen, der bei dem Begriff Zigeuner in Aktion tritt, d.h. ohne nach dem Sinn des Kommentar zu fragen.

Man könnte sich angesichts dessen in einen Staat wie China oder Rußland versetzt fühlen.

Dies sind die Auswüchse eines in typisch deutschen Extremismuses.

Ein Satz wie Danke für Dein Feedback, nachdem auch der Einspruch abgelehnt wurde, klingt wie eine Verhöhnung.

 

 

 

 

bar5

 

 

 

~~ Reaktionen auf diese Webseite

bzw. Aussagen zum Begriff „Zigeuner“ ~~

 

(soweit die Reaktionen nicht ohnehin öffentlich waren,

wurde mit den Absendern vor der Veröffentlichung hier Rücksprache genommen)

 

 

Nicht jede Meinung kann immer ganz eindeutig in eine Pro- oder eine Kontra-Schublade eingeordnet werden, sondern es gibt durchaus Zwischentöne. Wenn hier dennoch vereinfacht die Meinungen unter die zwei Positionen gebracht worden sind, so soll das der schnelleren Orientierung dienen und die vorherrschende Tendenz der Aussagen widerspiegeln. Die jeweiligen Beiträge werden dann schon beim genaueren Lesen die Nuancen deutlich machen.  

 

 

K o n t r a

 

Schon bevor diese Webseite entstanden ist, hat der Verfasser u.a. wegen der Verwendung der Bezeichnung „Gypsies“ in einer Anfrage an das Internetforum Romano Liloro (Roma Network, wird von Israel aus betrieben) am 9.5.2003 folgende Reaktion eines brasilianischen Vereins bekommen (öffentlich über die mailing list Romano Liloro):

 

first we are not "gypsies", we are ROMA ! … Please, consider change your text and be more "politically correct".”

 

Dieser Verein nennt sich “Uniao Cigana (Gypsy Union)” und benutzt diese Bezeichnung auch in ihrer email-Adresse. Ein Hinweis auf George Orwell („double-think“) mag hier als Kommentar genügen. Immerhin mag man in der Antwort (10.5.2003) auf die daraufhin erfolgte Erklärung des Verfassers ein gewisses Verständnis erkennen:

 

Okay, forget about it!”

 

bar17

 

Marko D. Knudsen (Direktor der RomNews-Gesellschaft <www.RomNews.com>, Hamburg) schrieb am 8.6. (bzw. 9.6.) 2004 an das oben bereits erwähnte Roma Network (Romano Liloro), wo diese Webseite bekannt gemacht worden war:

 

„This site is not recomended !!!

Some rasist views from an non Roma, maybe he dont like be called an Nazi, but who knows ?

I will consult my lawyer, writer should be in Germany. [sic!]”

 

Zu Deutsch:

 

„Diese Seite ist nicht zu empfehlen !!! Einige rassistische Ansichten eines Nicht-Roma; vielleicht möchte er nicht Nazi genannt werden, aber wer weiß ? Ich werde meinen Anwalt konsultieren; der Autor dürfte in Deutschland sein.“

 

Dies ist alles, was Knudsen zu der Seite bzw. zum Thema zu sagen hatte. Im Übrigen würde ich, wenn schon, dann auf „Nicht-Sinti-und-Roma“ bestehen.

 

bar17

 

Ein Sinto, der unter seinem Sinti-Namen Latscho Tschawo das Buch „Die Befreiung des Latscho Tschawo – Ein Sinto-Leben in Deutschland“ (Bornheim-Merten 1984) veröffentlicht hat, behauptete doch (im Vorwort) allen Ernstes (von sich):

 

„Er ist Sinto, kein Zigeuner, denn Zigeuner kommt von ‚ziehender Gauner‘.“

 

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Der Pfälzer Sinto Romeo Franz, Musiker und Politiker (EU-Abgeordneter) (in: Romeo Franz, / Cornelia Wilß (Hrsg.): Mare Manuscha - Innenansichten aus Leben und Kultur der Sinti & Roma, Frankfurt/ M. 2019, S.107 f.), der sehr wohl den Begriff „Zigeuner“ ablehnt:

 

„Ich denke, wir brauchen einen neuen Begriff. Ich habe diesen Doppelbegriff 'Sinti und Roma' immer kritisch gesehen. Das ist eine Ethnisierung, die falsch ist. Wir sind als Sinti eigenständig, auch Roma sind nicht homogen. Du kannst die spanischen Calé nicht mit den rumänischen Roma oder die französischen Manouche nicht mit den in Finnland oder Schweden lebenden oder den Ex-Jugos vergleichen. Darum habe ich lange nach einem Begriff gesucht, mit dem ich umgehen und das Ganze auf eine andere Stufe stellen kann. Als ich im Mai auf meinen Reisen in Europa mit unseren Menschen gesprochen habe, habe ich bewusst gefragt: 'Hal du Romno?' Jeder hat das verstanden. Darin erkenne ich mich.“

 

Man muß allerdings sagen, daß Romeo Franz im Sinti-Dialekt gefragt hat; „Romno“ meint „Romani“ in den meisten Dialekten. Romani Rose heißt auch nicht „Romno Rose“.

 

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Der Sänger und Songwriter Romeo Gitano (Romano Hanstein), dessen Vater der nicht unbekannte Bremer Sinto Ewald Hanstein war, äußerte sich zu dem Begriff (in: Romeo Franz, / Cornelia Wilß (Hrsg.): Mare Manuscha - Innenansichten aus Leben und Kultur der Sinti & Roma, Frankfurt/ M. 2019, S.106):

 

„Ich hasse das Wort und würde mich niemals als 'Zigeuner' betiteln. Aber er hilft dabei, geduldig zu erklären, wer unsere Menschen sind.“

 

bar17

 

Die Redaktion von „pogrom“, der Zeitschrift der „Gesellschaft für bedrohte Völker e.V.“ schrieb in einer Vorbemerkung zu einem Beitrag von Donald Kenrick:

 

„Die überwiegende Mehrzahl der Roma in Deutschland bezeichnet sich seit Ankunft ihrer Vorfahren um 1400 als (deutsche) Sinti. Wird im Rahmen der heutigen Bürgerrechtsarbeit von deutschen Sinti gesprochen, sind auch alle in der Bundesrepublik lebenden Rom gemeint, deren Urgroßeltern schon im 19. Jahrhundert hierher zuwanderten oder deren Familien in den Nachkriegsjahren wie andere Deutsche und Osteuropäer in die Bundesrepublik flüchteten oder vertrieben wurden. Das Wort Zigeuner wird von Sinti und Roma mit Diskriminierung verbunden. Gerade deshalb wird es aber bei der Beschreibung der rassischen Verfolgung während des Dritten Reiches weiter verwendet.“

(Sinti und Roma im ehemaligen KZ Bergen-Belsen am 27. Oktober 1979 – eine Dokumentation der ‚Gesellschaft für bedrohte Völker‘ und des ‚Verbands deutscher Sinti‘, Göttingen 1980, S.145)

Wenn man eine solche Verwirrung stiftet, darf man sich nicht wundern, wenn das „gemeine Volk“ mit der neuen Begrifflichkeit noch nichts Rechtes anzufangen weiß. Man kann vermuten, daß „Roma“ hier als Sammelbezeichnung für alle Zigeuner verwendet wird, mit Rom jedoch nur bestimmte Gruppen, möglicherweise die Roma im eigentlichen, engeren Sinne.

Daß eine solche Äußerung Sinti in Deutschland auf die Palme bringt, die eben nicht als Roma bezeichnet werden wollen, scheint man seinerzeit noch nicht (vielleicht auch heute nicht) registriert zu haben.

In der gleichen Publikation spricht übrigens Tilman Zülch, der Vorsitzende jener Gesellschaft, in seiner Rede immer wieder von „Zigeunern“, und das nicht nur im Zusammenhang mit der Verfolgung in der NS-Zeit.

 

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Die Schriftstellerin Luise Rinser erhebt gleich zu Beginn ihres Buches „Wer wirft den Stein? - Zigeuner sein in Deutschland, eine Anklage“ (Stuttgart 1985, S.7) den moralischen Zeigefinger und führt aus:

 

„Zigeuner ist ein negativ besetzter Begriff, den wir nicht mehr gebrauchen sollten. Das Volk, das wir so bezeichnen, heißt Roma . ... Wenn ich Roma sage, so meine ich das ganze Volk der Roma, wo immer es auch lebt. Wenn ich Sinti sage, so spreche ich von jenen Roma, die Deutsche sind wie wir andern Deutschen auch.“

 

- und demonstriert dabei gleichzeitig ihre Ignoranz. Sachlich unrichtig, neben der Gleichsetzung von Zigeunern und Roma, ist hier, daß Rinser Zigeuner mit deutscher Staatsangehörigkeit automatisch zu Sinti macht, obgleich es doch auch nicht wenige ‚deutsche’ Roma gibt.

 

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Der Historiker Ludwig Eiber (in: „Ich wußte, es wird schlimm.“ – Die Verfolgung der Sinti und Roma in München 1933-1945, München 1993, S.10):

 

„Die Ende der 70er Jahre erstarkende Bürgerrechtsbewegung verwendete mit den Begriffen Sinti (auch ‚Cinti’) und ‚Roma’ die Eigenbezeichnungen der beiden in der Bundesrepublik lebenden Hauptgruppen. Diese Namen haben sich inzwischen weitgehend durchgesetzt, wenngleich in Bayern lebende Sinti sich noch heute ‚Zigeuner’ nennen. In dieser Dokumentation  werden die Bezeichnungen ‚Sinti’ und ‚Roma’ übernommen, da das Wort ‚Zigeuner’ durch den Sprachgebrauch unter dem NS-Regime und durch massive Vorurteile negativ belastet ist.“

 

Es wird nicht erklärt, in welcher Weise der Begriff „Zigeuner“ durch das NS-Regime negativer belastet worden sei, als das vorher der Fall war. Es ist auch nicht der Begriff an sich, der von Vorurteile behaftet wäre, sondern es sich die Menschen, die hinter diesem Begriff stehen. D.h. durch einfache Umbenennung können Vorurteile nicht beseitigt werden.

Obwohl Eiber konstatieren muß, daß die (Masse der) Sinti in Bayern sich selbst „Zigeuner“ nennt (wenn sie Deutsch sprechen), setzt er sich jedoch über diese Einsicht hinweg – wem auch immer damit dienend.

 

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Die Behauptung, „Sinti-und-Roma“ hätte sich weitgehend durchgesetzt, wird durch die folgende Feststellung der Erfahrung in einer Schule in Sachsen-Anhalt widerlegt:

 

„Viele der Schüler erzählten, dass sie sich zuerst nichts unter den Begriffen Sinti und Roma vorstellen konnten. Erst als Frauke Sonnenburg das politisch inkorrekte Wort ‚Zigeuner’, das leider auch heute noch häufig verwendet wird, in den Raum warf, war den Jungen und Mädchen klar, wer gemeint ist.“

(http://www.volksstimme.de/nachrichten/lokal/stendal/660463_Schueler-hoeren-Vortrag-ueber-Sinti-und-Roma.html)

(Aufruf vom 13.3.2012)

 

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Der niederländische Kulturwissenschaftler Huub van Baar (in: „Memorial work in progress“, City – analysis of urban trends, culture, theory, poliy, action, vol.14. no.6 (Dec.2010), S.653-657, ebd., S.657):

 

“I use the term ‘Roma’ and its adjective ‘Romani’ to indicate all the different groups, which are often called ‘Gypsies’ in the English speaking regions. Hence, by referring to the Roma, I often implicitly refer to the Sinti and other Gypsy groups who prefer to be distinguished from the Roma.”

 

Zu Deutsch:

„Ich verwende den Terminus ‘Roma’ und sein Adjektiv ‘Romani’, um all die verschiedenen Gruppen zu bezeichnen, die in Englisch-sprachigen Gegenden ‚Gypsies’ genannt werden. Wenn ich von Roma spreche, dann meine ich häufig auch die Sinti und andere Zigeunergruppen, die von den Roma unterschieden werden wollen.“

 

Der Niederländer ist sich also bewußt, daß sich nicht alle Zigeunergruppen als „Roma“ bezeichnet wissen wollen – und tut es trotzdem. Und auch er kommt nicht um den Begriff „Zigeuner“ als Sammelbezeichnung herum; möglich ohne sich dessen bewußt zu sein.

 

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Ähnlich wie die beiden oben genannten Autoren drücken sich Bettina Bab und Erhard Stang in ihrem Aufsatz „’Aufenthalt hat hier keine derartige Familie genommen ...’“ (in: Bonner Geschichtswerkstatt [Hrsg.]: „Es treibt mich die Nötigung des Lebens...“ – Fremde in Bonn. Ein historisches Lesebuch, Bonn o.J., S.82-91, ebd. S.91) aus:

 

„Die Bezeichnung Sinti und Roma hat inzwischen im deutschsprachigen Raum weitgehend den als diskriminierend empfundenen Begriff Zigeuner ersetzt; die VerfasserInnen folgen dieser Praxis, auch wenn diese Bezeichnung manchmal nicht ganz korrekt ist.“

 

Hier wird erneut deutlich, daß „politisch korrekt“ sachlich durchaus inkorrekt sein kann und in diesem Falle ist. Dennoch gewinnt bei den beiden Autoren offenbar die Furcht vor „Diskriminierung“ die Oberhand gegenüber der Einsicht in die Realitäten. So ist es wohl in vielen Publikationen: man ist sich zwar bewußt, daß „Sinti-und-Roma“ kein Ersatz oder Synomym für „Zigeuner“ sein kann – Bab und Stang benutzen denn auch im Text „Zigeuner“ in Anführungszeichen – will jedoch Auseinandersetzungen mit den passionierten Gutmenschen aus dem Wege gehen.

 

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Welch einen Unsinn die „politische Korrektheit“ hervorgebracht hat, demonstrieren die folgenden Beispiele aus der Tageszeitung taz:

 

„...Gitanos, wie Sinti und Roma in Spanien heißen ...“

(Reiner Wandler in der taz vom 8.5.1995, S.17 und fast gleichlautend in der taz vom 15.1.1996)

Der gleiche Autor in einem anderen Artikel (taz vom 5.5.1997, S.11):

 

„Eine von der katholischen Kirche seit Jahrhunderten vernachlässigte Gruppe, die Sinti und Roma, haben seit gestern ihren ersten kirchlich anerkannten Märtyrer, den Spanier Ceferino Jimenez Malla. ... Gitanos, wie Sinti und Roma in Spanien heißen. ...“

 

Und als Höhepunkt der taz’schen politischen Korrektheitsmanie eine Berichtigung in der taz vom 3.2.1999, S.15:

 

„In unserer gestrigen Kritik zum Film ‚Schwarze Katze, weißer Kater’ von Emir Kusturica war wiederholt von den Sinti die Rede. Richtigerweise und neutraler hätte es aber Roma heißen sollen, weil der Begriff Sinti ausschließlich Roma mit deutscher Staatsangehörigkeit bezeichnet.“

 

Alles klar?

 

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Auch der Autor Manuel Meyer schrieb in der Wochenzeitung Jungle World vom 28.6.2000 (Nr.27) von einem „Roma-Viertel“ im südspanischen Almorad, obgleich ganz offensichtlich Gitanos gemeint waren.

 

http://jungle-world.com/artikel/2000/26/27517.html

(Aufruf vom 8.2.2015)

 

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Eine Referentin (ausgerechnet eine Ethnologin) aus der Behörde der damaligen Bundesintegrationsbeauftragten Marieluise Beck leistete sich im Jahre 2004 den „politisch korrekten“ Klops, indem sie einen großen Verlag aufforderte, eine CD „Aufklärung für Kinder“ nicht weiter zu verbreiten, weil dort ein Beitrag des jüdischen Schriftstellers Walter Benjamin über „Zigeuner“ Vorurteilen verbreiten würde.

(Henryk R.Broder: Praktikantin contra Benjamin, in: Der Spiegel, Nr.18, vom 26.4.2004, S.182).

 

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In einem Leserbrief vom 20.3.2015 zu einem Artikel in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) hat der Online-Moderator offensichtlich das dort mehrfach verwendete Wort „Zigeuner“ durch „********“ ersetzt, obgleich ein diskriminierender Gebrauch darin nicht erkennbar ist – ein Beispiel dafür, welche Formen die „politisch korrekte“ Zensur in Deutschland schon angenommen hat:

http://www.derwesten.de/region/niederrhein/mit-anderen-augen-aimp-id10478476.html

                                                                                                                (Aufruf vom 25.5.2015)                                        

 

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Alles andere als „korrekt“ ist auch die Bezeichnung der aus Barcelona stammenden Künstlerin Lita Cabellut als Sinti-Malerin, wie geschehen im Mannheimer Morgen vom 13.11.2009. Lita Cabellut, die sich auf ihrer Webseite als „Gypsy“ bezeichnet, ist eine Gitana, wie die gleiche Zeitung noch am 27.10.2008 geschrieben hatte. Möglicherweise hat die Sinti-Präsenz in Mannheim in Form des RomnoKher dazu verleitet, nun Zigeuner, gleich welcher Gruppe, als Sinti zu bezeichnen. Mit „Zigeuner“ wäre dieser Fehlgriff nicht passiert:

http://www.morgenweb.de/mannheim/mannheim-stadt/dialog-zwischen-den-religionen-1.385590

(Aufruf vom 17.4.2012)

 

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In einer genetischen Untersuchung mit portugiesischen und spanischen Gitanos (Calé) bezeichnen Isabel Mendizabal u.a. („Reconstructing the Indian Origin and Dispersal of the European Roma: A Maternal Genetic Perspective“, in: PLoS ONE [e-journal], vol.6, no.1 [Jan. 2011], S.1-10, ebd. S.2) die untersuchten Zigeunergruppen als „Roma“, und das obwohl sie feststellen mußten, daß:

 

„All the individuals self-declared as ‚ciganos/ gitanos’ (Portugal/ Spain) ...“

 

Mit anderen Worten: Wer Roma sind und wie Zigeuner zu bezeichnen sind, bestimmen Nicht-Zigeuner.

 

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Im „Volksblatt Berlin“ hat ein Hugo Barmettler am 8.7.1986 („Der Schock sitzt tief“) ebenfalls mehr für Verwirrung als für Aufklärung gesorgt:

 

„Der Schock über die einstige Behandlung von Sinti- und Roma-Kindern in der Schweiz sitzt tief. ... Jenische, wie Zigeuner in der Schweiz heißen, ...“

 

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Für Erheiterung und gleichzeitig Verärgerung sorgte im Sommerloch 2013 der in Hannover ansässige Verein „Forum für Sinti und Roma“, als er Lebensmittelhersteller aufforderte, Zigeunersaucen und ähnlich anstößige „Futteralien“ umzubenennen. Zwei dieses Ansinnen unterstützende Hannoveraner Rechtsanwälte haben sich gleich mit lächerlich gemacht.

Dies sorgte in vielen Online-Foren von Zeitungen u.ä. für erregte Diskussionen, die deutlich machten, wie viel Schaden ideologisches Quacksalbertum für die Zigeuner in diesem Lande mit derartigen Aus- bzw. Mißgeburten anrichten kann und daß die breitere Öffentlichkeit offenbar nicht bereit ist, sich unsinnige Sprachregelungen vorschreiben zu lassen.

Immerhin hat der stellvertretende Vorsitzende des Zentralrates der Deutschen Sinti und Roma, Silvio Peritore, in einem Interview die Lächerlichkeit des Ansinnens des Regado Rose und seines Vereins in Hannover anerkannt. Allerdings ist Peritore nicht ehrlich, wenn er behauptet, der Zentralrat hätte sich nicht als „Wortpolizei“ betätigt.

 

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Den in der Presse immer wieder anzutreffenden Unsinn von dem Volk der „Sinti und Roma“ befördert auch der „Niedersächsische Verband Deutscher Sinti e.V.“ (Hannover) noch, wenn er schreibt:

 

„Die Bürgerrechtsbewegung der Sinti und Roma konnte schließlich durchsetzen, dass die Eigenbe-zeichnung „Sinti und Roma“ verwendet wird.“

http://www.sinti-niedersachsen.de/sintiundroma 

 

(Aufruf vom 13.12.2014)

 

Wann war denn jemals „Sinti und Roma“ die Eigenbezeichnung? Entweder war oder ist es Roma oder Sinti, aber nicht „Sinti und Roma“. Offenbar ist sich dieser Landesverband gar nicht bewußt, was er hier eigentlich verkündet – abgesehen davon, daß wohl kaum eines seiner Sinti-Mitglieder mit Roma identifiziert werden will. Das „Durchsetzen“ würde auch noch eine eingehendere Betrachtung verdienen.

 

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Der Hauptmatador der Roma-Vereins „Terno Drom e.V.“ (Düsseldorf bzw. Erkrath), Merfin Demir, ein aus Mazedonien stammender Rom, äußerte sich über diese Webseite und ihren Verfasser in einem Wikipedia-Diskussionsforum zum Eintrag „Zigeuner“ im November 2007:

 

„Hallo, an dieser Stelle möchte ich noch mal das Herausnehmen des Links von Benninhausen unterstützen. Bedauerlicherweise arbeitet Herr Benninghaus mit Halbwarheiten. Auch handelt es sich bei dem Text nicht um eine wissenschaftliche Arbeit, sondern einer Subjektive Meinungsäußerung, die wie man erkennen wird auch eine polemische Sprache verwendet. Unverkennbar bleibt der Versuch, die Sinti in einem negativen Bild zu rücken. Daher gehe ich von der Zielsetzung zur Spaltung der Sinti und Roma aus. Was ich als Rom nicht befürworten kann. Zur Qualitätssicherung von wikipedia.org ist dieser konsequenter Schritt in jedem Falle richtig.“

http://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion:Zigeuner/Archiv/2007

 

(Aufruf vom 13.12.2014)

 

Abgesehen von dem Hinweis, daß er hier verschiedene Vorgänge auf Wikipedia miteinander vermischt bzw. verwechselt, erübrigt sich weiterer Kommentar. Der Leser dieser Webseite mag sich selbst ein Bild machen. Und: Zensur auf Wikipedia durch verschiedene Meinungsmacher ist Gang und Gäbe und ein Wesensmerkmal dieser „freien Enzyklopädie“.

 

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Der aus dem Kosovo stammende, in Berlin lebende Schauspieler Hamze Bytyci - von Aschkali- bzw. Roma-Eltern - versteigt sich zu der Behauptung:

 

„Man sollte einfach sagen, dass es eine entmenschlichende Fremdbezeichnung ist. ... 'Die Z' gibt es nicht – außer als eine rassistische Konstruktion der Dominanzgesellschaft.“

(in: https://www.zeit.de/zett/politik/2021-02/antiziganismus-rassismus-hamze-bytyci-die-letzte-instanz-deutschland - vom 1.2.2021)

 

Sicher, „die“ Zigeuner gibt es nicht, wohl aber Zigeuner. Daß aber eine Fremdbezeichnung „entmenschlichend“ sein soll, darauf muß man erst einmal kommen. Vielleicht muß man Schauspieler sein, um sich solch einen Unsinn leisten zu können.

 

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Die „politische Korrektheit“ strebt immer wieder bisher ungeahnte Höhen an, indem nun bei manchen „Super-Gutmenschen“ von „Romn_ja und Sint_ezze“ (z.B. in dem von K.Krahl/ A.Meichsner herausgegebenen Sammelband: Viele Kämpfe und vielleicht einige Siege. Dresden 2016) zu lesen ist oder der schon genannte Merfin Demir von

 

„Wir Sint*ezza und Rom*nja“

schreibt und die (seine?) neueste „Erfindung“ zur Vermeidung des Begriffs „Zigeuner“ (Z-Wort) erklärt:

 

„Der Autor benutzt die abgekürzte Form des Z-Begriffs, um die Reproduktion rassistischer Konstrukte, die mit dem Begriff „Zigeuner“ in Verbindung stehen, auf das Minimum zu reduzieren. Analog verfährt er auch mit anderen Postkolonialen Begriffen. “

(in: Migazin vom 2.8.2018: http://www.migazin.de/2018/08/02/die-grundlage-unserer-gesellschaft-und-werte/)

 

(Aufruf vom 4.8.2018)

 

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Merfin Demir ist allerdings nicht der einzige antirassistischen Beifall Erheischende. Eine Kristina Wermes (Das Schicksal der Leipziger Sintifamilie Deußing, in der bereits genannten Publikation „Viele Kämpfe und vielleicht einige Siege“, Dresden 2016) findet die Version " Z[...]" schick.

 

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Ein oder eine Michael_a Wermes (in: Kommentierte Bibliographie zum Thema Antiromaismus, 2016) ist so vorsichtig, daß man sich fragt, ob er/ sie sich vor Angst, etwas falsch" zu machen, überhaupt noch aus dem Hause traut:

 

Triggerwarnung: Dieser Beitrag enthält pejorative Fremdbezeichnungen, die rassistisch sind und Menschen in ihrem Wohlbefinden einschränken können – sorry!

Und weiter:

„Da es sich hier um eine Bibliographie handelt und vor allem auch ältere Werke mit ihrem Titel komplett genannt werden, konnte nicht auf die Verwendung von rassistischen und pejorativen Wörtern und Bezeichnungen in Werkstiteln verzichtet werden. Dafür und für etwaige Irritationen entschuldige ich mich aufrichtig. Bis auf die Titel dargestellter Werke werden zitierte pejorative Wörter die Fremdbezeichnungen enthalten jedoch wie folgt versucht zu entschärfen: Anti[…]ismus und Z[…]. Der_die Autor_in ist sich bewusst, dass dies nicht unbedingt einem Idealzustand gerecht wird ... “

 

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Der Diplom-Pädagoge Volker Kohlschmidt (Büren-Wewelsburg) hatte mit Realschülern das „Thema Rassismus“ im Alltag behandelt.

 

„Dabei, so Kohlschmidt weiter, sei man auf die 'Zigeunersauce' gestoßen, eine Bezeichnung die unbedingt geändert werden sollte. Denn 'Zigeuner' sei eine abwertende und beleidigende Bezeichnung. 'Wir sollten den Sinti und Roma ein Stück ihrer Würde zurückgeben', appellierte Kohlschmidt.“

(in: Westfalen-Blatt vom 3.4.2019: https://www.westfalen-blatt.de/OWL/Kreis-Paderborn/Bueren/3726363-Kirsten-John-Stucke-spricht-am-ehemaligen-KZ-Niederhagen-in-Wewelsburg-Erinnerung-braucht-einen-Ort, Aufruf 4.4.2019)

 

„Billiger“ geht's nicht mit der „Rückgabe von Würde“ - zudem auch kein neuer Vorstoß von politischen Korrektheitsfanatikern.

 

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Die Bundestagsabgeordnete Filiz Polat (BÜNDNIS90/ DIE GRÜNEN) ging in ihrer Rede zur Einsetzung einer von der Regierung üppig finanzierten „Antiziganismus-Kommission“ im Deutschen Bundestag am 22.3.2019 auf die Verwendung des Zigeunerbegriffs durch einen Abgeordneten der AfD ein:

 

„Ich muss, auch in Anbetracht der zahlreichen Vertreterinnen und Vertreter der Selbstorganisation,  zurückweisen,  dass  ein  Kollege  im  Deutschen  Bundestag  hier  Wörter  verwendet,  die  als  diskriminierend  empfunden  werden .  Er  hat  einen  Begriff  verwendet,  für  den  die  Sinti  in  Zeiten  des  Nationalsozialismus mit dem „Z“ gekennzeichnet wurden . Diese Äußerungen verurteilen wir auf das Schärfste, meine Damen und Herren.“

(http://dipbt.bundestag.de/doc/btp/19/19090.pdf) (Aufruf vom 5.4.2019)

 

Der dabei den Vorsitz  führende Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) hielt es daraufhin für notwendig, diese Angelegenheit im Ältestenrat des Parlaments zu behandeln. Die Schleimerei in Richtung der anwesenden Vertreter des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma wurde in Polats  Redebeitrag nur allzu deutlich. Die sonst „Vielfalt“ hoch haltenden GRÜNEN (und nicht nur sie) pflegen offenbar eine Monokultur, die lediglich die Stimme des Zentralrates (aner)kennen will.

 

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Als Folge des deutschen Vorsitzes in der Internationalen Allianz zum Holocaust-Gedenken (IHRA) im Jahre 2020 hat die Bundesregierung die Arbeitsdefinition von Antiziganismus auf nationaler Ebene angenommen. Darin heißt es u.a.:

 

Der Begriff »Zigeuner« wird als antiziganistisch bewertet, wenn er als Beleidigung verwendet wird.

(Nach: Jüdische Allgemeine vom 2.4.2021: https://www.juedische-allgemeine.de/politik/deutschland-nimmt-definition-fuer-antiziganismus-an/ - Aufruf vom 27.8.2023)

Während also in der „Betroffenheitsszene“,  verstärkt durch die gegenwärtige Mode, an jeder Ecke Rassismen zu „entdecken“, der Verwender des Begriffs „Zigeuner“ schon per se als rassistisch und antiziganistisch gebrandmarkt wird, hat es die Bundesregierung immerhin geschafft, zu differenzieren.

 

 

 

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P r o

 

Der Ethnologe Bernhard Streck (Universität Leipzig), der sich seit Jahren mit verschiedenen Zigeunergruppen beschäftigt, schrieb am 13.4.2004 an den Verfasser dieser Webseite folgende email:

 

ich gratuliere Ihnen zu ihrem mutigen Plädoyer für den altehrwürdigen Begriff Zigeuner. Soweit ich sehe, hat die seriöse Tsiganologie jene von Ihnen zu Recht als zu schwach legitimierte Umbenennung nicht mitgemacht.

Weder die Giessener Hefte für Tsiganologie noch die Leipziger Tsiganologie, die deren Tradition weiterführt, hat sich von dem Sammelnamen verabschiedet, zumal sie sich mit Räumen befasst, wo die beiden Teilgruppen gänzlich unbekannt sind. Leipziger Tsiganologen sprechen von Roma, wenn es sich nachweislich um Romani-Sprachgruppenangehörige handelt. Bei vielen mittel- und westeuropä-ischen Zigeunern ist das nämlich nicht der Fall, erst recht fehlt diese Sprache in den Ländern des Vorderen Orients. Das besondere Verhältnis zur Mehrheitsbevölkerung, das in den Termini Dienst-leistungsnomadismus oder Peripatetiker zum Ausdruck gebracht wird, ähnelt sich aber in über-raschender Weise auf der ganzen Welt.

Das NS-Regime verfolgte in der Tat Zigeuner. Warum gereicht dieser furchtbare Tatbestand diesem Namen nicht zur Ehre, sondern zur Exterminierung?

Es geht bei diesem Namensstreit einzig um Macht, Einfluss und Gelder. Und um ein schlechtes Gewissen bei Journalisten, die unter keinen Umständen unkorrekt erscheinen möchten. Wissenschaft muss sich da raushalten; ihr Ziel ist nicht Beifall oder Assistenz für bestimmte Gruppen oder Organisationen, sondern einzig Wahrheit.“

 

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Die beiden bulgarischen Ethnologen und Tsiganologen (man könnte auch „Romologen“ sagen, doch das würde hierzulande kaum jemand verstehen) Elena Marushiakova und Veselin Popov („Studii Romani“, Sofia) schrieben am 26.5.2004 in einer email an den Verfasser:

 

„... Wir haben Eueren Text über den Begriff Zigeuner gelesen – hat uns sehr gefallen.“

 

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Die Ethnologin Margit Weiler zitiert in ihrer Dissertation (Zur Frage der Integration der Zigeuner in der Bundesrepublik Deutschland, Köln 1979, S.198) Sinti mit ihrer Meinung zum Zigeuner-Begriff:

 

„Also wir selber wir fühlen uns gar nicht beleidigt oder irgend denkt man gar nichts Schlechtes darüber. Jetzt zum Beispiel wenn wir über die Straße laufen würden wir jetzt Erwachsenen nicht mehr unser Kinder und einer ruft jetzt von der anderen Straßenseite zick-zack Zigeunerpack, dann haben die Kinder Wut und schimpfen die dann auch aus. Aber wir, wenn einer zu mir sagt, ihr seid doch Zigeuner, dann sagen wir, ja, ja wir sind Zigeuner. - Ist nicht jeder Mensch derselbe, einer hört es gern, der andere hört es nicht gern.“

 

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Reimer Gronemeyer, aus dessen Feder zahlreiche Publikationen zum Thema Zigeuner stammen, führt die folgende Begründung für seinen Sprachgebrauch an (aus: Reimer Gronemeyer: Kleines Plädoyer für nicht-verwaltetes Lernen - Bemerkungen anlässlich eines Sach-verständigengesprächs, in: Frankfurter Hefte, 38.Jg., H.3/1983, S.9-11, ebd. S.10):

 

„Ich benutze den Begriff, obwohl er gegenwärtig gern durch die Begriffe Sinti und Roma ersetzt wird. Mir persönlich erscheint die Benutzung der Gruppennamen zudringlich. Zwar ist die Tatsache nicht von der Hand zu weisen, daß der Begriff Zigeuner vorurteilsgeladene Assoziationen weckt. Ich erinnere aber daran, daß es seit den Zeiten Maria Theresias mehrere Versuche gegeben hat, den Begriff Zigeuner zu tilgen . ... Die Versuche, den Begriff Zigeuner zu tilgen, waren mit dem Versuch verbunden, zigeunerische Lebensweise und Identität zu beseitigen.“

 

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Der Historiker Thomas Fricke schreibt in seiner Publikation (Dissertation) "Zigeuner im Zeitalter des Absolutismus - Bilanz einer einseitigen Überlieferung. Eine sozialgeschichtliche Untersuchung anhand südwestdeutscher Quellen" (Pfaffenweiler 1996, S.11 f.):

 

„Erstens ist das Wort 'Zigeuner' so tief in unserem Sprachgebrauch verwurzelt, daß dessen völlige Austilgung nicht möglich sein wird. Zweitens bietet die Änderung des Vokabulars keinerlei Gewähr für die Überwindung von Vorurteilen. - Daß die pejorativen Bedeutungsinhalte des Wortes 'Zigeuner' im Begriff sind, auf die neue Bezeichnung 'Sinti und Roma' überzugehen, kann man an einzelnen Verlaut-barungen in den Medien deutlich erkennen. Drittens wäre es Verdrängung und keine Vergangenheits-bewältigung, wenn  man das Wort 'Zigeuner' einfach ignorieren würde."

 

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In einer email schrieb am 5.6.2004 der Jurist Oliver Jung (Regensburg) an den Verfasser:

 

ich wollte ihnen nur sagen, dass ich ihren internetartikel sehr spannend und sehr erhellend fand. ...

political correctness wäre eine schöne sache, wenn sie in den köpfen und herzen stattfände, und nicht nur eine strategie, um die beschäftigung mit der substanz einer sache zu vermeiden.

bezeichnungen alleine ändern natürlich nicht von heute auf morgen die ablehnung gegenüber einer fremden volksgruppe. trotzdem haben sie vielleicht eine wichtige bedeutung: als jurist sehe ich durchaus eine botschaft etwa in der veränderung der bezeichnung "elterliche gewalt" zu "elterliche sorge". dito "down-syndrom" statt mongoloide idiotie".

schade, dass dies mit "sinti und roma" statt "zigeuner" nicht ebenso gelingt. im gegenteil bin ich jetzt nach ihrem artikel davon überzeugt, dass neue konfusion und eigentlich auch neue herabwürdigung (durch ignoranz) betrieben wird.

ich werde jetzt also mit neuem bewusstsein von "zigeunern" reden.“

 

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Der unter dem nickname „Nomad“ agierende Moderator eines Roma-Diskussions- und Informationsforums im Internet, ein Lovari (Rom) aus Wien, schrieb in diesem Forum am 14.6.2004 unter der Überschrift „Zigeuner oder nicht Zigeuner“ zum Thema:

 

Da wir wieder einmal das leidige Thema haben, was nun Zigeuner bedeutet bzw. ob es ein Schimpfwort sei, lasst Euch gesagt sein, man kann jeden Namen und jedes Wort als Schimpfwort verwenden.

Es für mich unerheblich, ob einer statt Scheiß-Zigeuner, dann Scheiß-Roma oder Scheiß-Sinti sagt.

Denen, die uns so nennen, ist es doch egal, welches Wort dahinter steht.

Ob diejenigen die sich jetzt, über das Wort Zigeuner aufregen, dann zufriedener sind, vermag ich zu bezweifeln.

Gesetzt dem Fall, man bekommt die Gadje dazu, nicht mehr Zigeuner zu sagen, ok vielleicht klappt es, jedoch ist fraglich was mit den Namen zu geschehen hat, welche bis jetzt das Wort Zigeuner beinhalteten. Wollt Ihr allen Ernstes, dass der Zigeunerbaron in Folge Roma und Sintibaron heißen muss ? Zigeunermusik dann Roma und Sintimusik und und und

Schon allein die Tatsache, dass der Grossteil der Alten, auf die Frage was sie seien, antworten sie, Zigeuner und erst danach erklären ob sie Roma oder Sinti sind, zeigt uns, dass dieses Wort kein Schimpfwort sein kann.

Ja die Alten waren immer schon schlauer als die Jungen, denn was sollten die Gadje mit der Bezeichnung Roma und Sinti anfangen ?

Versucht doch mal einem Gadjo zu erklären, was Ihr seid, ohne das Wort, Zigeuner, zu verwenden, na seht Ihr; geht nicht und so lange das nicht geht, sind wir eben Zigeuner.“

(unter: http://www.forumromanum.de/member/forum/forum.php?action=ubb_show&entryid=

1087245622&mainid=1087245622&USER=user_284736&threadid=2#)

 

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Der mittlerweile verstorbene österreichische Lovari Karl Stojka (in: Karl Stojka/ Reinhard Pohanka: „Auf der ganzen Welt zu Hause – Das Leben und Wandern des Zigeuners Karl Stojka“, Wien 1994, S.7):

 

„Ich bin ein Zigeuner. Ein Rom vom Stamme der Bagaretschi. Mein Vater war Zigeuner, meine Mutter und meine ganze Familie waren Zigeuner."

 

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Ein Lovari der jüngeren Generation (Willibald, der Sohn von Ceija Stojka), im Beiheft zum Film von Karin Berger: „Ceija Stojka – Porträt einer Romní“:

 

„Wir sind nicht böse, daß wir Zigeuner genannt werden. Wir sind ja Zigeuner. Ich will auch gar nichts anderes sein. Jetzt sagen sie Rom oder Roma oder Sinti oder was weiß ich! Keiner kennt sich mehr aus.“

 

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Der burgenländische Rom Stefan Horvath aus Oberwart (in: Otto Reiter: „’Zigeuner ist für mich ein Ehrentitel’ – Anmerkungen zum Special ‚Roma Reigen’“, in: filmarchiv – Mitteilungen des Filmarchiv Austria, H.46 <7-10/2007>, S.24-26, ebd. S.26):

 

„Ich bin ein burgenländischer Zigeuner und stolz darauf. Viele nennen sich jetzt Roma, Sinti oder irgendwas, weil sie sich dadurch Geld und Anerkennung erhoffen. Ich bin als Zigeuner geboren und für mich ist das ein Ehrentitel.“

 

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Auf der von der „Gesellschaft für bedrohte Völker“ und dem „Verband deutscher Sinti“ organisierten Gedenkkundgebung in Bergen-Belsen im Oktober 1979 sprach der damalige Präsident der „Romani-Union“, Jan Cibula, in seiner Rede immer wieder von „Zigeunern“ – ebenso wie Vinzenz Rose (der Onkel von Romani Rose), wie Tilman Zülch, Willy Brandt, Hans  Dietrich Genscher und andere Politiker in ihren Grußbotschaften. Auf dem Plakat zu der Veranstaltung war in großen Lettern „Zigeuner“ (ohne Anführungszeichen) zu lesen und klein darunter: Roma. Die „Roma-Welt-Union“ als Mitveranstalter wurde (in Klammern) mit „Weltverband der Zigeuner“ erklärt. Angesichts dessen muß man die heutzutage vorgebrachten „Argumente“ der Sprachbereiniger als Irreführung der Öffentlichkeit betrachten.

(Sinti und Roma im ehemaligen KZ Bergen-Belsen am 27. Oktober 1979 – eine Dokumentation der ‚Gesellschaft für bedrohte Völker‘ und des ‚Verbands deutscher Sinti‘, Göttingen 1980)

 

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In der von der „Gesellschaft für bedrohte Völker“ herausgegebenen Zeitschrift „Pogrom“ kann man in der Anmerkung der Redaktion zu einem Themenheft (18.Jg., Nr.130 - 1987, S.1) lesen:

 

„In dieser Ausgabe wird wiederholt der Begriff 'Zigeuner' verwendet. Der von den historischen, kulturellen und politischen Konstellationen in der Bundesrepublik geprägte Sprachgebrauch Sinti und Roma wird aber oftmals der kulturellen Vielfalt und dem Selbstverständnis vieler diesem Volk angehörigen Gruppen in anderen Ländern nicht gerecht. Der Begriff 'Zigeuner' ist also als in historischer und kultureller Hinsicht wertneutraler Sammelbegriff zu verstehen und impliziert im Einzelfall die Verwendung der von den Betroffenen gewünschten Eigenbezeichnung."

 

Zu erwähnen wäre an dieser Stelle, daß die genannte Gesellschaft maßgeblich an der Gründung des „Zentralrates der Deutschen Sinti und Roma“ beteiligt war.

 

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Der aus Mazedonien stammende, in Deutschland lebende Roma-Schriftsteller und Sänger Muharem Serbezovski hat einem seiner Bücher den Titel gegeben: „Cigani ‚A’ kategorije“ (in deutscher Übersetzung veröffentlicht als „Zigeuner erster Klasse“, 2003). In einem Zeitungsartikel (Saarbrücker Zeitung vom  29.11.1996) mit einem Zitat von ihm als Überschrift („Mit uns Zigeunern kam der Frohsinn in die Welt“) liest man:

 

„...Vorurteile über Zigeuner will Muharem Serbezovski abbauen helfen. Er selbst sagt: ‚Ich bin Zigeuner.’ Und er ist stolz darauf. …“

 

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Sinti aus dem Ravensburger Viertel Ummenwinkel werden zitiert mit (in: Florian Lindemann: „Die Sinti aus dem Ummenwinkel – Ein sozialer Brennpunkt erholt sich“, Weinheim/ Basel 1991, S.35):

 

„Der Begriff ‚Zigeuner’ hat im Ummenwinkel nicht automatisch denselben unangenehmen Beigeschmack, wie ihn uns Deutschen das schlechte Gewissen vor der Geschichte üblicherweise anerzogen hat. Sie nennen sich hier alle selber so.“

 

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Die slowakische Ethnologin Petra Somanková schreibt in ihrer Magisterarbeit  („Die Verbreitung der Pfingstbewegung unter Sinti in Deutschland“, Köln 2010, S.5, Anm.3) über ihre Erfahrung mit Sinti im Kölner Raum (http://www.gypsy-research.org/resources-somankova.pdf) :

 

„Die Mitglieder der Sinti-Gemeinde bezeichneten sich zuerst als Zigeuner und erst nachdem ich nach der genaueren Gruppenzugehörigkeit fragte, erwähnten sie die Zugehörigkeit zu der Gruppe der Sinti. Als Grund dafür nannten einige von ihnen die Unwissenheit der ‚Nicht-Zigeuner’ über die Unterschiede bei den verschiedenen Zigeunergruppen. Die Bezeichnung ‚Sinti und Roma’ lehnten alle von mir Befragten ab und legten zudem viel Wert darauf, nicht als Rom/Romni bezeichnet zu werden.“

 

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Der mit einer türkischen Romni verheiratete Mozes F. Heinschink schreibt in seinem Aufsatz: „E Romani Čhib – Die Sprache der Roma“ (in: M.F. Heinschink/ Ursula Hemetek [Hrsg.]: Roma – das unbekannte Volk, Schicksal und Kultur, Wien u.a. 1994, S.110-128, ebd. S.110, Anm.1):

 

„Obwohl mir bewußt ist, daß diese Bezeichnung vielfach von den Betroffenen abgelehnt wird, wird in Ermangelung eines Besseren ‚Zigeuner’ als Sammelbegriff für alle Roma- und Sinti-Gruppen verwendet.“

Dennoch hat Heinschink (wenn auch nicht allein) das Buch mit „Roma“ betitelt.

 

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Die Sinti Allianz Deutschland e.V. (früher Sitz in Köln) schrieb auf Ihrer damaligen Webseite (Stand 12.7.2004):

 

„...Die Bestrebungen einiger Vereinsfunktionäre, die Eigenbezeichnung Sinti und die Eigenbezeichnungen der anderen Zigeunervölker wie Manusch, Kale (Gitanos) u.a., sowie den historisch gewachsenen neutralen Sammelbegriff Zigeuner aus politischen Gründen durch Sinti und Roma bzw. nur Roma zu ersetzen, werden von den Angehörigen der unterschiedlichen, den Sinti oder Roma nicht angehörigen Zigeuner-völkern, abgelehnt.

Will man alle Zigeunervölker gleichermaßen achten und würdigen, muß deren Eigenbezeichnung berücksichtigt werden, sofern die Nennung der ethnischen Herkunft als notwendig erachtet wird.

Sollte einem Außenstehenden die Eigenbezeichnung nicht bekannt sein oder die Aufzählung aller Volksbezeichnungen an der Vielfältigkeit scheitern, kann man mangels eines von allen Zigeunervölkern akzeptierten neutralen Überbegriffs, auf die Jahrhunderte alte Bezeichnung Zigeuner, sofern sie wertfrei benutzt wird, nicht verzichtet werden. ...“

(unter: http://www.sintiallianz-deutschland.de/sintiunfroma.html [sic !])

 

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Der Kölner Sinti-Musiker Markus Reinhardt in einem Interview mit der Tageszeitung „Neues Deutschland“ vom 28.8.2010 (Lutz Debus: Vielleicht wird der Sohn berühmt):

 

„’ Wir sind Zigeuner!’ Markus Reinhardt singt diesen Satz fast. ... Mit seiner Terminologie verstößt er bewusst gegen den offiziellen Sprachgebrauch auch des Zentralverbandes der Sinti und Roma. Es gebe in Europa noch andere Untergruppen, nicht nur Sinti und Roma, erklärt Reinhardt. ‚Ihr Linken habt immer Probleme mit dem Wort, sagt Sinti und Roma zu uns.’ Völliger Quatsch sei diese Wortakrobatik. Er habe sogar ein Lied veröffentlicht, das sich diesem Thema widmet. ...“

(in: http://www.neues-deutschland.de/artikel/178412.vielleicht-wird-der-sohn-beruehmt.html?sstr=Markus|Reinhardt)

(Aufruf vom 2.10.2010)

 

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Die als „Frau Europas 2001“ ausgezeichnete Sintizza Philomena Franz benutzt die verschiedenen Begriffe nebeneinander bzw. den einen als Untertitel des anderen, z.B. in Ihrem Buch „Zwischen Liebe und Haß – Ein Zigeunerleben“ (Freiburg u.a. 1985, S.8):

 

„Ich habe dieses Buch als Zigeunerin geschrieben. Als Zigeunerin vom Stamm der Sinti.“

 

Und an anderer Stelle (in: Barbara Bönnemann: „Rom heißt Mensch – nicht Mensch zweiter Klasse“, in: Süddeutsche Zeitung, 30.03.2002, S.RÖM 6):

 

„Ich habe mit dem Wort ‚Zigeuner' keine Probleme, es kommt immer darauf an, wie man es ausspricht.“

 

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Der Sinto Karl Wagner - seinerzeit Vorsitzender des Forums für Zigeuner und Landfahrer äußerte sich gegenüber den Westfälischen Nachrichten (vom 20.10.1992):

 

Ich schäme mich nicht, mich Zigeuner zu nennen.

 

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Die österreichische Sintizza Rosa Winter (Kerndlbacher) (in: Ludwig Laher [Hrsg.]: Uns hat es nicht geben sollen. Rosa Winter, Gitta und Nicole Martl - Drei Generationen Sinti-Frauen erzählen, Grünbach (A) 2004, S.47):

 

„Vielleicht liegt ein Fluch auf den Zigeunern, aber ich bin stolz darauf, eine Zigeunerin zu sein.“

 

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Aus den Worten des österreichischen Sinto Anton 'Bubeli' Weinrich-Fojn spricht ebenfalls ein gewisser Stolz, wenn er sagte (in: Anita Geigges/ Bernhard W.Wette: Zigeuner heute - Verfolgung und Diskriminierung in der BRD. Eine Anklageschrift, Bornheim-Merten 1979, S.138):

 

Ich bin von Name und Stamm ein echter Zigeuner ...

 

Im Übrigen wird man den beiden Autoren kaum einen Antiziganismus vorwerfen können, wenn sie von Zigeuner schrieben.

 

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Die Kieler Sintizza, Wanda Kreutz, sozialpädagogische Assistentin, (in: Zazie Wurr [Hrsg.]: Newo Ziro – Neue Zeit? Wider die Tsiganomanie - Ein Sinti- und Roma-Kulturlesebuch, Kiel 2000, S.51 und 57):

 

„Auch ich, die ich einen Beruf habe, der so gar nicht diesem Klischee [das man über Zigeuner hat] entspricht ..., bin und bleibe eine Zigeunerin. Und ich bin stolz darauf. ...

Zum Abschluß noch etwas: Zigeuner heißt Sinti und Sinti Zigeuner. Jeder darf mich fragen, ob ich eine Zigeunerin bin und ich werde ja sagen. Beschimpft mich einer mit Zigeunerin, kann er mich auch mit Sinteza beschimpfen.“

 

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Der über 80jährige Hamburger Sinto Emil Weiss

in: http://journalistaward.stop-discrimination.info/fileadmin/ja08/Winning_articles/599_SJA_DE.pdf (Aufruf vom 26.6.2009):

 

„’Wir sind Zigeuner’, sagt er in einer Dokumentation, die gerade im Ersten lief. Der Begriff ... wurde über Jahrhunderte hinweg mit Abwertung belegt. Emil Weiss möchte das Wort wieder als neutrale Bezeichnung zurückgewinnen.“

 

Siehe auch: Jane Masumy: Auf ihn hören 500 Sinti, in: Hamburger Morgenpost, 9.6.2008

(http://archiv.mopo.de/archiv/2008/20080609/hamburg/panorama/auf_ihn_hoeren_500_sinti.html, Aufruf vom 26.6.2009)

 

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Der Aschaffenburger Lallero (Sinto), Freddy Walter sagt von sich (in: Main-Echo vom 5.4.2019):

 

„'Ich bin ein Zigeuner.' Der 33-jährige Aschaffenburger Sinto hält nicht viel von der politisch korrekten Variante Sinti und Roma. 'Das ist ein typisch deutsches Problem'. Die übertriebene Korrektheit sei ein Mittel der Deutschen, mit der NS-Zeit und den 500 000 getöteten Sinti und Roma umzu-gehen.

(https://www.main-echo.de/ueberregional/politik/art4204,1386337?fbclid=IwAR00-GVnxMOWiw81kj48-417r1Z6jSAt5kMDSVdXw9-uun1pINPMHRj8RhQ)

(Aufruf vom 5.4.2019)

 

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Süddeutsche Sinti äußern sich in dem oben als cover präsentierten Buch von Angela Bachmair (2014, S.20):

 

Sich selbst und ihre Familie nennt Anna Reinhardt manchmal Sinti, öfter aber Zigeuner. Zu den Roma gehört sie auf jeden Fall nicht, das betont sie, denn sie seien ja nicht in Deutschland daheim. Anna Reinhardt besteht nicht auf der Bezeichnung 'Sinti', die heute als politisch korrekt angesehen wird. Es macht ihr nichts aus, wenn sie Zigeunerin genannt wird: 'Das kommt auf den Ton an.' Der Begriff 'Zigeuner' darf eben nicht herabwürdigend und verächtlich gebraucht werden, so erläutert sie ihre Haltung.

'Zigeuner, das ist der deutsche Name für uns', wird später Anna Reinhardts Bruder Ernst mir erklären, und beide, Bruder und Schwester, sagen mit Nachdruck: 'Wir sind stolz darauf, dass wir Zigeuner sind.'

 

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Der bekannte Musiker Josef „Zipflo“ Reinhardt (* 1949) sagt als Sinto:

 

„Früher hieß es immer, ich sei der Zigeunergeiger Zipflo Reinhardt. Aber ich fühle mich nicht schlecht, wenn mich einer als Zigeuner bezeichnet. Ich habe das Gefühl, dass ich mich selbst diskriminiere, wenn ich mich als Sinto bezeichne. Auf einmal, nach 45 Jahren Zigeuner-Sein.“

(Zitiert nach: Dotschy Reinhardt: Gypsy - Die Geschichte einer großen Sinti-Familie, Frankfurt/ M 2008, S.204 f.)

Die Sängerin Michaela Dotschy Reinhardt, die selbst den Begriff „Zigeuner“ ablehnt, zu der Ansicht ihres Verwandten:

 

 „Schon dass Zipflo konsequent die Bezeichnung 'Zigeuner' verwendet, verunsichert mich, obwohl ich weiß, dass er das immer schon so hielt.“

 

(Ebd., S.204)

 

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Dotschy Reinhardt über die Sichtweise ihres Vaters:

 

„Seine Toleranz gegenüber dem Wort 'Zigeuner' kann ich mir nur aus der Sicht seiner Generation heraus erklären. Er sagt immer, dass er das Wort sein Leben lang gehört habe, und deshalb sei für ihn nichts Schlechtes dran. Ich habe dieses Wort glücklicherweise nicht mein Leben lang gehört, deswegen denke ich anders darüber. Im Dorf freilich kann man den Leuten kaum einen Vorwurf machen, dass sie 'Zigeuner' sagen - sie haben die Begriffe 'Sinti' oder 'Sinteza' noch nie gehört.“

 

(Aus dem vorstehend genannten Buch von Dotschy Reinhardt, S.62)

Wenn also immer wieder argumentiert wird, wie doch der Begriff „Zigeuner“ nach der NS-Zeit „unmöglich“ geworden wäre, so paßt das kaum zu der Auffassung der Sinti-Generation, die noch näher an dem Geschehen der NS-Zigeu-nerverfolgung war oder sie sogar noch miterlebt hat. Wenn dann ein Teil der jüngeren Generation den Begriff aus dem, offensichtlich fadenscheinlichen, Grunde ablehnt, so muß man sie wohl als Opfer der Gehirnwäsche der sogenannten Bürgerrechtsbewegung begreifen.

 

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Die mittlerweile verstorbene Filmemacherin und Sintizza Melanie Spitta hat offenbar gleichfalls  keine Probleme mit dem Begriff Zigeuner, wenn sie in dem gleichen „Sinti- und Roma-Kulturlesebuch“ (s.o.,) schreibt (S.62):

 

„Wer Zigeunern, ob Sinte oder Roma, helfen will, muss über Hintergrundinformationen  verfügen, die nicht aus Büchern stammen. Der Ansatz darf nie sein ‚Alle Zigeuner wollen dasGleiche’. Zigeuner ist nicht gleich Zigeuner. Wer weiß schon, wie viel Stämme es gibt, die sich voneinander deutlich unterscheiden ...“

Melanie Spitta hat übrigens (s.o.) an dem mystifizierten Kongreß von 1971 in London teilgenommen!

 

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In Entschädigungsakten sprechen Zigeuner selbst kurz nach dem Ende der Naziherrschaft ganz selbstverständlich von Zigeunern“, so z.B. in der protokollierten folgenden Aussage eines Lovari im Jahre 1949 in Köln:

 

Ich erkläre hiermit wahrheitsgemäß, daß ich nach der Abstammung Zigeuner bin und mich als solchen bezeichne.

 

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Der Schweizer Musiker und Komponist Roger Moreno, der Sinti-Vorfahren hat, antwortete in einem Interview auf die Frage, ob „Zigeunermusik“ für ihn ein brauchbarer Begriff sei (in: Romeo Franz, / Cornelia Wilß (Hrsg.): Mare Manuscha - Innenansichten aus Leben und Kultur der Sinti & Roma, Frankfurt/ M. 2019, S.209):

 

„Ich habe mit dieser Bezeichnung keine Probleme. Wenn Leute mich fragen, was ich mache, und ich ihnen antworten würde: Ich mache Sinti- und Roma-Musik, dann wüssten sie doch gar nichts mit meiner Antwort anzufangen. Unter Zigeunermusik können sie sich etwas vorstellen. Ich habe grundsätzlich kein Problem mit diesem Begriff. Ich glaube sogar, dass sich durch dieses Pochen auf politische Korrektheit die Kluft zwischen Sinti und Roma vergrößert hat. Sie haben verschiedene Sitten, Gebräuche und Ehrencodices, die sich erheblich voneinander unterscheiden. Der Begriff 'Zigeuner' unterstellt jedoch eine gewisse Zugehörig-keit zu ein und demselben Volk.“

 

Man könnte hinzufügen, daß die extremistische politische Korrektheit die Kluft zwischen Zigeunern und Nicht-Zigeunern vergrößert hat.

 

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Die ungarische Kunsthistorikerin (Vater Sinto, Mutter von einer Roma-Gruppe) Tímea Junghaus – sie war Kuratorin des ersten Roma-Pavillons bei der 52. Biennale 2007 in Venedig – wurde gefragt:

 

„Warum verwenden Sie den Begriff Zigeuner? Im Deutschen ist er negativ besetzt und historisch belastet.“

 

Darauf ihre Antwort:

 

„Ich weiß, auch im Ungarischen schwingt bei diesem Wort etwas Diskriminierendes mit, obwohl es eigentlich eine korrekte Bezeichnung ist. Ich spreche von Zigeunern und von Zigeunerkunst, weil ich das Wort ins Positive wenden möchte.“

 

(aus einem Interview mit Tímea Junghaus im Hamburger Abendblatt vom 6.2.2008)

 

Möglicherweise ist das für T.Junghaus selbst auch die sinnvollste Identitätsbeschreibung, da sie sowohl von Sinti als auch von Roma abstammt und vermutlich „SintiundRoma“ nicht sein will.

 

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Ein ungarischer Rom, der Journalist Tibor Racz, schrieb am 15.4.2015 in der Tageszeitung (taz):

 

„Die Ordnung politisch korrekter Begriffe hat ihre Fallstricke, und die Leute werden immer unsicherer, wie sie Angehörige dieser Ethnie nennen sollen. Ist es wirklich ein Zeichen von Aufklärung, die Begriffe Sinti und Roma zu verwenden? Nur weil ‚Zigeuner‘ als eindeutiges Schimpfwort gilt?

Für mich ist die Antwort eindeutig: Ich bin Zigeuner. Und ich bin nicht damit einverstanden, dass der Begriff ‚Zigeuner‘ ein mit Klischees und Vorurteilen belastetes Schimpf- und Schmähwort ist. Und gleichzeitig finde ich es schwierig, dass einige meiner Bekannten mich nicht ‚Zigeuner‘ nennen. Mit dem Gebrauch politisch korrekter Begriffe stellt sich nicht unmittelbar Respekt ein. Und die alltägliche Diskriminierung wird nicht dadurch geringer, dass man die Bezeichnungen ‚Sinti‘ und ‚Roma‘ benutzt. …

In Ungarn bin ich mit vielen Akademikern befreundet, die darauf bestehen, ‚Cigány‘ genannt zu werden. Auch sie wissen mit den Begriffen ‚Sinti‘ und ‚Roma‘ nichts anzufangen. Aber nicht nur sie. Meine Eltern sagen immer: ‚Das Wort Roma ist scheinheilig. Wir sind Zigeuner. Wir haben uns niemals Roma genannt. Und dieses Wort ist so gut oder so schlecht, wie man uns behandelt.‘…“

http://www.taz.de/Politische-Korrektheit/!158122/ 

(Aufruf vom 25.5.2015)

 

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Am 28. Februar 1974 schrieben der Vizepräsident des „Verbandes der Cinti Deutschlands e.V.“, Claus-Norbert Herzog, und sein Geschäftsführer Anton Kutscher an das Bundespräsidialamt:

 

„Im Namen und im Auftrag der in unserem Verband zusammengeschlossenen Zigeuner deutscher Staatsangehörigkeit schlagen wir den Präsidenten unseres Verbandes, Herrn Vinzenz Rose, Baden-Baden, ... zum Bundesverdienstkreuz vor. ... Herr Rose hat aber auch entscheidend dazu beigetragen, den deutschen Zigeunern wenigstens in Anfängen ein politisches Bewußtsein zu vermitteln. ...“

 

Am 16. Mai 1974 wandten sich beide mit dem gleichen Anliegen an das Regierungspräsidium in Karlsruhe. Auch hier ist von Zigeunern (ohne Anführungszeichen!) die Rede, so wie in einer Reihe anderer Dokumente des Vorgängers des „Zentralrats Deutscher Sinti und Roma“. Wie Vinzenz Rose’s Neffe Romani Rose dies heute deutet, müßte man ihn selbst fragen. Immerhin hatte man hier noch keine Probleme damit, die Fremdbezeichnung neben der Eigenbezeichnung („Cinti“) zu verwenden. So „schlimm“ war der Begriff offensichtlich knapp drei Jahrzehnte nach der Befreiung vom NS-Terror (noch) nicht.

 

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Hugo Franz, der mittlerweile ebenfalls verstorbene Vater des derzeitigen „Hauptmatadors“ des „Verbands Deutscher Sinti und Roma Nordrhein-Westfalen“, welcher dem „Zentralrat Deutscher Sinti und Roma“ angeschlossen ist, hatte zum 4.Mai 1982 zu einer Pressekonferenz in Köln eingeladen. Auf dem Kopf des Briefes (der Einladung) stand:

 

„Nicht organisierte DEUTSCHE ZIGEUNER aus dem Bundesgebiet und Westberlin“

 

In der Einladung (vom 17.4.1982) hieß es:

 

„Wir deutschen Zigeuner, die wir in keinem der bestehenden Sinti-, Roma- oder sonstigen Zigeuner-verbände Mitglieder sind und uns ebenso nicht dem im Februar 1982 neu gegründeten Dachverband, genannt ZENTRALRAT DEUTSCHER SINTI UND ROMA angeschlossen haben, möchten der deutschen Öffentlichkeit eine wichtige Mitteilung machen. ... Wir bitten Sie, uns ebenso aufgeschlossen anzuhören sowie das, was wir zu sagen haben, zu verbreiten, wie Sie dieses seit 1979 für die Verbandszigeuner tun.“

 

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Am 22.5.1981 hatte der Sinto Anton Franz im „Mannheimer Morgen“ eine Anzeige veröffentlicht unter der Überschrift „An alle Sintis und Rom-Zigeuner Deutschlands“. Im Text hieß es u.a.:

 

„Wendet Euch vertrauensvoll an den Chef der Zigeuner (jetzt auch 1. Vorsitzender des Verbandes Deutscher Sinti).“

 

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Der Sinto Heinz Adler sagte in einem schon älteren Interview (Ende der 1970er Jahre):

Ich bin Zigeuner und bleib Zigeuner."

Der Interviewer Heinz Schilling stellte dabei (2011) fest:

Mein Gesprächspartner Heinz Adler kannte keine andere Eigenbezeichnung als 'Zigeuner', was unbefragt auch als Selbstidentifikation der eigenen Familie gültig war.

(Institut für Kulturanthropologie und Europäische Etnologie <Hrsg.>: Zigeuner und Wir, Frankfurt/ M. 1979, S.275-300, ebd. S.283. Siehe auch: http://heinzschilling.de/aufsaetze/ethnische_gruppen/jenseits_des_stigmas.pdf, Aufruf vom 24.10.2015) 

 

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Die oben bereits erwähnte Sintizza Theresia Seible ist in einer für Unterrichtszwecke erstellten Publikation (Christoph Ortmeyer/ Elke Peters/ Daniel Strauss: „Antiziganismus – Geschichte und Gegenwart deutscher Sinti und Roma“, hrsg. v. Hessisches Landesinstitut für Pädagogik [HeLP], Materialien zum Unterricht, Sekundarstufe 1, H.135: Gesellschaftslehre/ Geschichte, Wiesbaden 1998)  mit den Worten wiedergegeben (hier] jedoch zitiert nach der fast gleichlautenden Aussage in: Theresa Seible: Sintezza und Zigeunerin, in Angelika Ebbinghaus [Hrsg.]: Opfer und Täterinnen - Frauenbiographien des Nationalsozialismus, Frankfurt/ M. 1996, S.377)

 

„Wenn ich das so sage: Zigeuner. Wir sind unter diesem Namen verfolgt worden, und ich finde, daß man den Namen, unter dem man verfolgt wurde, tragen sollte. Sinti wollte man uns nennen, aber das ist etwas, was uns persönlich angeht. Sinti, das ist mein Sittengesetz. Aber nach Dachau [dem von einigen Sinti-Aktivisten Ostern 1980 in der KZ-Gedenkstätte Dachau veranstalteten Hungerstreik] verlangte man, daß man ,Zigeuner' - weil es ein Schimpfwort ist und von der Landfahrerstelle immer noch nicht rausgestrichen ist - nicht mehr gebraucht und das Wort ‚Sinti’ sagt. Aber wenn man seit dem 16.Jahrhundert vogelfrei war und verfolgt ist unter diesem Namen, dann bin ich sehr stolz, daß ich ein Zigeunerle bin. Und ich bleibe auch bei dem Wort Zigeunerle. ... Man sollte diesem Wort Achtung entgegen bringen.“

 

Sie mußte sich daraufhin von den Redakteuren der oben genannten Unterrichtsmaterialien, vor allem wohl dem Zentralrats-Aktivisten Daniel Strauss, folgende „Exegese“ ihrer Worte gefallen lassen (ebd., S.136, Anm.):

 

„Die Redaktion teilt diese Ansicht nicht. Wenn Theresia Seible diese Bezeichnung für sich in Anspruch nimmt, so hat sie eine spezifische Begründung dafür, keinesfalls aber eine allgemeingültige. Sie stellt jedoch selbst fest, daß es sich bei dem Begriff ,Zigeuner' um ein Schimpfwort handelt. Die konkrete Bedeutung des Begriffs , Zigeuner' muß als diskriminierend bezeichnet werden.“

 

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Julian Harm, ein junger Mitarbeiter in einem Projekt der „Arbeitsstelle Antiziganismusprävention“ an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg (nicht von ungefähr, da hier auch der Zentralrat der Dt. Sinti und Roma seinen Sitz hat) hatte ein Zeitzeugeninterview mit Stefan Köcher (Worms) durchgeführt, den er mit „Zugehörigkeit zur Minderheit der Sinti:ze“ vorstellt. Harm mußte erkennen:

 

Viele Male wird aber auch die Bezeichnung “Zigeuner” von Herrn Köcher verwendet, mit dem er v.a. in der NS-Zeit, aber auch in der Nachkriegszeit fremdbezeichnet wurde, mit dem er auch sich selbst und seine Community bezeichnet.

(in: Julian Harm: Der letzte Zeitzeuge aus Worms, am 19.3.2021, in:

https://transfertogether.de/der-letzte-zeitzeuge-aus-worms/) (Aufruf am 27.8.2023)

 

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Rita Prigmore, die Tochter von Theresia Seible:

 

„… Rita Prigmore, die sich bei allen öffentlichen Auftritten stets als "Zigeunerin" bezeichnet. Unter dieser Bezeichnung seien Sinti und Roma beschimpft, bespuckt und verfolgt worden: ‚Und das ist der Titel, mit dem man uns vergast hat.’ Ja, sagt Rita Prigmore, es klinge wie ein Schimpfwort. Aber indem sie es benutze, erinnere sie daran, was ihren Leuten angetan wurde und noch angetan wird. … Der Begriff ‚Sinti’ verschöne und verdränge die nach wie vor andauernde Diskriminierung, betont die gebürtige Würzburgerin …“

(in: „Die Braunen laufen wieder“, Fränkische Nachrichten, 13.07.2013

http://www.fnweb.de/region/rhein-main-neckar/wurzburg/die-braunen-laufen-wieder-1.1115158, Aufruf vom 5.10.2013)

 

 

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Unter der Überschrift „230 Straftaten wurden der kriminellen Profi-Bande nachgewiesen“ konnte man am 29.10.2001 in der Saarbrücker Zeitung lesen:

 

„…Zehn verdächtige Personen, die aus der Gruppe der Sinti stammen und sich selbst als Zigeuner bezeichnen, wurden dingfest gemacht. …“

 

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Möglicherweise waren es Kelderara, die in einer Vernehmung Wert darauf legten „als Zigeuner und nicht als Sintis oder Romas bezeichnet zu werden.

 

(in: Hans Kloep: Sippe rächte das Liebesleid, Kölner Stadt-Anzeiger <Bergisches Land>, 22.2.1986)

 

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Der Pädagoge Klaus-Jürgen Wolter, der im Rahmen seiner Arbeit u.a. mit Sinti und Kelderara engen Kontakt hatte, beschrieb seine Erfahrungen so:

 

„Der Begriff 'Zigeuner' ist gewiss durch die jüngste Vergangenheit der NS-Zeit außerordentlich negativ belastet, und dennoch habe ich in meinen vielen Begegnungen mit Zigeunersippen immer wieder erfahren, wie sie sich selbst als Zigeuner verstehen und in der Regel keine Schwierigkeiten damit haben, wenn sie so genannt werden. ... Ich habe mich dazu entschlossen, in diesem Zusammenhang von 'Zigeuner' zu sprechen, weil wir uns in gegenseitiger Achtung und Wertschätzung als Menschen begegnet sind und die Benennung im Grunde völlig nebenrangig war."

(in: K.-J.Wolter: Bachaidon - 'Hab eine gute Reise', Abschied von einer Zigeunerfürstin - Dokumentation,

Paderborn 2001 , S.20 f.)

Wolter schreibt in dem Buch 'Zigeuner' ohne Anführungszeichen.

 

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Ein serbischer Rom sagte vor Gericht (Hamburger Morgenpost vom 1.12.2007):

 

„Ich bin ein Zigeuner, wir haben eine andere Mentalität, aber solche Sachen mag ich nicht.“

http://www.mopo.de/news/vor-gericht-rastete-vater-in-der-schule-aus-,5066732,5625098.html

(Aufruf am 6.2.2012)

 

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Der Schweizer Jenischen-Aktivist Venanz Nobel („Fäberer“), Basel, schrieb am 8.6.2004 in dem „Free-Chat Forum“ der Webseite „www.zigeuner.de“ bzw. „www.zigo.de“, das von verschiedenen Zigeunergruppen genutzt wird:

 

„... Wer mit dem Begriff "Sinti und Roma" sicher nicht vertreten ist, sind die Jenischen. Tatsächlich sind die Jenischen normalerweise "mitgemeint", wenn jemand das Wort "Zigeuner" verwendet. Ich weiss allerdings nicht, ob ich das positiv finden soll ...

Wenn die Theorie der Sintiallianz stimmt, dass noch mehr Gruppen bei "Sinti und Roma" nicht mitgenannt sind, die unter "Zigeuner" gezählt werden, wird es allerdings mit der Zeit schwierig.... Wenn dann das politisch korrekte Wort "Sinti, Roma, Jenische, Lallere, Manische, Kale,..." heisst und alleine schon mehr als eine Zeile füllt, müssen wir darüber weiter diskutieren, ob wir zum "Zigeuner" zurückkehren wollen oder ob jemand eine zündende Idee für einen neuen Sammelbegriff hat

Grundsätzlich finde ich es am Richtigsten, wenn die einzelnen Gruppen im jeweiligen Zusammenhang richtig benannt werden. Roma, die z.B. als Strassenmusiker arbeiten, sind Roma und nicht "Sinti und Roma" oder "Sinti, Roma und Jenische". Jenische Scherenschleifer andererseits sind Jenische und nicht "Sinti, Roma und Jenische". So wirken Medienberichte oft seltsam, wenn die Journalisten mangels Sachkenntnis alles über einen Kamm scheren. ...“

(unter: http://www.forumromanum.de/member/forum/forum.php?action=ubb_show&entryid=

1086633496&mainid=1086633496&USER=user_180250&threadid=2#)

 

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Die jenische Autorin Isabella Huser (Schweiz) bezeichnet sich als Zigeunerin, jedoch nicht als „Fahrende“.

(in: Neue Zürcher Zeitung vom 5.4.2019: https://www.nzz.ch/zuerich/festival-in-zuerich-isabella-huser-wuerde-sich-nie-fahrende-nennen-ld.1472449?fbclid=IwAR317y2mCijAee3YqCj1yPnKwkaqmpphiM83rnPoVW2b3Ys5V6wfmqVVJxk)

(Aufruf am 5.4.2019)

 

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Rudko Kawczynski, einst einer der führenden Leute im „Roma National Congress“ (Hamburg) und verschiedenen anderen Organisationen, z.Zt. im European Roma and Traveller Forum (ERTF) und, so weit bekannt, der Vater des oben zitierten Marko Knudsen (!) vertrat die Ansicht (in: „Zigeunerverfolgung“, in: Angelika Ebbinghaus/ Heidrun Kaupen-Haas/ K.H.Roth (Hrsg.): Heilen und Vernichten im Mustergau Hamburg - Bevölkerungs- und Gesundheitspolitik im Dritten Reich, Hamburg 1984, S.45):

 

„... ich (werde) das Wort Zigeuner bewusst weiter benutzen, denn unter diesem Namen sind wir jahrhundertelang verfolgt worden und es ist an der Zeit, daß wir als Zigeuner rehabilitiert werden und dieser Begriff einen neuen Inhalt bekommt.“

 

Allerdings wird R.Kawczynski trotz seines Engagements und seiner offenbar guten Romanes-Kenntnisse von manchen Sinti nicht als Zigeuner angesehen. Auch ist nicht erkennbar, was er seitdem zur „Rehabilitierung“ des Begriffs getan hat.

 

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Mechtild Brand, die lange Zeit in Hamm mit Lalleri (tschechischen Sinti) gearbeitet hat, schreibt in ihrem Aufsatz „Die vergessene Verfolgung – Der Zigeunerbeauftragte aus Soest und seine Opfer“ (Soester Zeitschrift, H.107 [1995], S.103-120, ebd. S.103):

 

„Die heute weit verbreitete und vom Zentralrat deutscher Sinti und Roma geförderte Praxis, von ‚Sinti und Roma’ zu sprechen, ist problematisch, weil dieser Ausdruck nicht unbedingt die Gesamtheit der Gruppe umfaßt. Der nicht der Sprache dieser Minderheit entstammende Sammelbegriff ‚Zigeuner’ meint alle Teile und wird nicht automatisch als diskriminierend eingestuft. Der Gebrauch dieses Begriffs ist vor allem dann nötig, wenn eine klare Zuordnung zu den Sinti oder Roma oder zu einer anderen Untergruppe nicht möglich ist. Sinti sind die vor ca. 600 Jahren nach Mitteleuropa eingewanderten, Roma die auf dem Balkan lebenden oder von dort viel später eingewanderten Zigeuner. Sie unterscheiden sich in der Sprache und in ihrer Kultur erheblich und lehnen Tischgemeinschaft miteinander ab. Der Sammelbegriff ‚Sinti und Roma’ verwischt also wichtige Unterschiede, und die Meinung des Zentralrates ist innerhalb der Minderheit nicht unangefochten.“

 

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Lothar von Seltmann schreibt im Vorwort (S.7) zu seinem Buch „Die Chali hat uns Gott geschickt – Schwester Gertrud – ein Leben für die Sinti“ (Wuppertal 2003, 3.Aufl.):

 

„Dabei wurden bewusst die Begriffe ‚Zigeuner’ und ‚Sinti’ bzw. ‚Roma’ nebeneinander verwendet. Dahinter steht die Absicht, den im deutschen Bewusstsein negativ besetzten Begriff ‚Zigeuner’, der von der breiten Öffentlichkeit – auch von der christlichen – noch immer überwiegend für ‚Sinti’ und ‚Roma’ verwendet wird, positiv zu belegen und damit einen Beitrag zur Annahme der Menschen aus diesem Volk zu leisten. Die Sinti selbst verwenden auch die Bezeichnung ‚Zigeuner’ ganz selbstverständlich, weil es für sie ein positives Wort ist.“

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Der mitterweile verstorbene Zigeunerseelsorger des Erzbistums Paderborn, Lothar Weiß („Der Priester und sein Völkchen“, in: Westdeutsche Allgemeine Zeitung vom 3.3.2008):

 

„Mit dem diskriminierenden Wort hat er kein Problem. Auch Roma und Sinti selbst, sagt er, sprächen (auf deutsch) von Zigeunern.“

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Die Schweizer Zigeunermission hat sich auf Wunsch einiger Mitglieder umbenannt in SZM/ MTS - eine Konzession an den Zeitgeist. SZM ist zwar immer noch die Abkürzung ihres früheren Namens, wird jedoch "umgedeutet" in: Solidarität leben - Zeugnis sein - Minderheiten stärken; MTS steht für das französische Equivalent. Dennoch spricht man weiterhin von „Zigeunern“ und sagt (Idea-Schweiz, 10.1.2021):

 

„Jene, die sie [die Zigeuner] ablehnen, sind oft die gleichen, die sagen, man solle nicht das Wort 'Zigeuner' verwenden, weil dies abwertend sei. Gleichzeitig aber nennen sich all jene aus diesen Menschengruppen, mit denen wir arbeiten, selbst stolz ‚Zigeuner’.“

http://www.ideaschweiz.ch/frei-kirchen/detail/mission-unter-roma-sinti-und-anderen-114951.html

(Aufruf am 19.1.2021)

 

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Die Lebenserinnerungen der deutsch-niederländischen Sintizza Lily van Angeren-Franz waren im niederländischen Original mit „Lily. Het unieke levensverhaal van een zigeunerin“ (Amsterdam 1997) betitelt. Die deutsche Übersetzung machte aus „Zigeunerin“ im Titel „Sintizza“, was zwar sachlich nicht falsch ist, jedoch tief (in die deutsche politisch korrekte Seele) blicken läßt. (Hans-Dieter Schmid [Hrsg.]: „Polizeilich zwangsentführt“ - Das Leben der Sintizza Lily van Angeren-Franz, Von ihr selbst erzählt, aufgezeichnet von Henny Clemens und Dick Berts. [Quellen und Dokumentationen zur Stadtgeschichte Hildesheims, Bd.15], Hildesheim 2004). So nimmt es kein Wunder, daß sie (neben hin und wieder „Sinti“) in dem Buch hauptsächlich von „Zigeunern“ spricht.

Weitere Beispiele dieser Art sind oben in Abbildungen zu sehen.

 

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Ähnlich typisch deutsch ist die Tatsache, daß in der deutschen Wikipedia - anders als in der englischen - kein eigener Artikel zu Gitanos existiert und man zu Roma umgeleitet wird (Stand 5.7.2021). Alle Zigeuner werden zu Roma gemacht.

 

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Der Historiker Heiko Haumann (in: Die Akte Zilli Reichmann - Zur Geschichte der Sinti im 20. Jahrhundert, Frankfurt/ M. 2016, S.12) gab die Aussage einer Lalleri-Frau wieder:

 

„Sintiza war ihr natürlich recht, aber zugleich meinte sie ebenso wie ihre Verwandte, sie seien stolz darauf, Zigeunerinnen zu sein. Deshalb haben sie auch nichts dagegen, wenn sie als Zigeunerinnen bezeichnet werden und nicht, 'politisch korrekt', als Sinti. 'Es kommt darauf an, wie jemand 'Zigeuner' sagt, wie jemand über uns spricht.'“  

 

Aus diesen Worten läßt sich erkennen, daß Zigeuner sehr wohl die Möglichkeit sehen, diese Fremdbezeichnung neutral, in nicht- diskriminierender Weise zu verwenden.

Der gleiche Auto führt ein weiteres Erlebnis mit einem Rom aus der Schweiz an (ebd. S.12), der ihm sagte:

 

„Ich bin ein Zigeuner, und ich will nicht anders heißen."

 

Haumann merkt dazu an (S.255, Anm.4), daß diese Aussagen keine Einzelfälle wären. Allerdings vollführt er in seinem Buch einen Eiertanz, wenn er, vom Selbstverständnis der Porträtierten ausgehend, 'Zigeuner' ohne Anführungszeichen verwendet, und mit Anführungszeichen, wenn er einen abwertenden Sprachgebrauch kennzeichnen will.

 

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Die Pommeraner Sintizza Frieda Horvath, geb. Schröder, ist KZ-Überlebende und mit einem burgenländischen Rom verheiratet. Sie spricht in dem mit ihr geführten Interview wie selbstverständlich sowohl von Sinti (wenn sie speziell diese meint) bzw. Roma als auch von Zigeunern.

(in: Bernhard Rammerstorfer: Im Zeugenstand. Was wir noch sagen wollten. 100 Fragen - 900 Antworten. Interviews mit Holocaust-Überlebenden, Herzogsdorf 2012, S.177-209).

 

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Der österreichische Schriftsteller Erich Hackl („Abschied von Sidonie“) hatte am 1.7.2000 in der österreichischen Tageszeitung „Der Standard“ unter der Überschrift „Vom Wort zur Tat“ einige Gedanken zur „politischen Korrektheit“ veröffentlicht, die jetzt auch in seinem Buch „Anprobieren eines Vaters – Geschichten und Erwägungen“ ((Zürich 2004, S.135-141) nachzulesen sind:

 

(S.135) „Vor langer Zeit habe ich den Verleger Vito von Eichborn eine Brandrede halten hören. Damals stand in Deutschland gerade die Betroffenheit hoch im Kurs, bei jeder nationalen Geisterstunde, in jedem besseren Töpferkurs, in allen esoterischen Hirnwaschprogrammen wurde sie beschworen, so daß der verzweifelte Herr Eichborn ein Betroffenheitsverbot aussprach, es sollte per Dekret aus dem deutschen Wortschatz getilgt werden. ...

Mitte Mai 2000, in Toledo, bei einem Seminar der spanischen Menschenrechtsorganisation Presencia Gitana, ereiferten sich etliche Teilnehmer über das Wort raza, Rasse.  Nicht nur diejenigen, die es naiv oder gar mit dem Hinter- (S.136) gedanken der Absonderung und Ausgrenzung verwenden – nein, das Wort selbst sei rassistisch und deshalb zu tilgen. ...

Aber mit dem Wort allein ist das Problem ja nicht aus der Welt geschafft. Die spanischen Zeitungen etwa haben die Rasse schon vor längerem durch die Ethnie ersetzt. Da wissen die Leser auch, wer gemeint ist, wenn von Messerstechern oder Drogenhändlerinnen oder Dieben berichtet wird. De etnia gitana. Über kurz oder lang wird auch die Ethnie verpönt sein. Ich merke es schon jetzt, bei den Reportagen über Ausschreitungen im Madrider Stadtteil Lavapiés, wo marokkanische Jugendbanden über chinesische Geschäftsleute hergefallen sind. ... Das sind neuerdings keine Ethnien, die miteinander im Streit liegen, sondern colectivos. ‚Zwei Kollektive des Viertels Lavapiés halten Nachbarn und Behörden in Atem’. So steht es in der Zeitung El Pais. Wann wird das Wort Kollektiv als rassistisch verboten? ...

(S.137) Wir haben viele Wörter aufgegeben, infolge ideologischer Nackenschläge, aber auch aus Scham, weil wir Sprache und Sprecher, Wort und Tat miteinander verwechselt haben. Oder weil wir glauben, ein Mißstand verschwindet dank einer Sprachreform. ...

Von Schwarzen dürfen wir gerade noch reden. Von Zigeunern nicht mehr. Aber es ist kein böses Wort, leitet sich vermutlich aus dem Griechischen her, Gype, oder gründet auf dem alten Glauben, Zigeuner seien Pilger aus Ägypten, und existiert auch in anderen Sprachen: gitanes, gypsies, gitanos. Es ist also beileibe keine Verballhornung von ‚ziehender Gauner’, wie gelegentlich zu lesen war. ... Aber es gilt ... als belastet: wer es in den Mund nimmt, muß damit rechnen, daß ihm über denselben gefahren wird. Jetzt zirkuliert es fast nur noch unter Faschisten. Alle anderen setzen es unter Anführungszeichen, um nicht in Rassismusverdacht zu geraten.  

(S.138) Die Zigeuner haben für sich das Wort Roma durchgesetzt, ein schöner Begriff, sofern er auch wirklich ‚Menschen’ und nicht bloß ‚Männer’ bedeutet. Aber ich bin nicht froh über das Verschwinden der Bezeichnung Zigeuner; mir ist nämlich, als hätten die Nazis, die dieses Volk ausrotten wollten, mit der Namensänderung im nachhinein ihr Ziel erreicht. Außerdem gilt: Auch wer sich zum Lamm macht, wird von den Wölfen gejagt. Ich erinnere an die Sprengstoffalle nahe der burgenländischen Kleinstadt Oberwart, die 1995 vier Menschen das Leben kostete. Sie trug ein Schild, auf dem stand: ‚Roma zurück nach Indien!’ Der Täter, ..., hatte sich also der politisch korrekten Sprachregelung bedient. Noch ein Mord, und wir geben auch das Wort Roma preis, ...

(S.139) Es wäre angemessen, auch die Worte Neger und Zigeuner gegen die extreme Rechte zu verteidigen. Nur fürchte ich, daß es dafür zu spät ist. ...

(S.141) Wer die Sprache preisgibt, hat schon vorher der Vernunft entsagt. Ohne sie ist der Kampf gegen die verloren, die mit den Begriffen auch das Terrain, das sie Bezeichnen, in Besitz genommen. Es wird schwer sein, sie davon zu vertreiben.“

 

Angemerkt werden sollte hier allerdings, daß Hackl die Etymologien für Gypsies (u.ä.) und für Zigeuner (u.ä.) vermischt. Widersprechen mag man ihm auch in seiner Einschätzung, daß sich das Wort Roma durchgesetzt hätte und es schon zu spät sei, die „Sprachreformer“ zu stoppen. Sein Fragezeichen hinter der immer wieder kolportierten Bedeutung von „Roma“ als „Menschen“ hat allerdings durchaus seine Berechtigung, was die meisten, wenn nicht alle Romanes-Sprecher (Romanes-Dialekte) angeht, bezeichnet es doch eben „(Ehe-)Männer“ bzw. Angehörige der Roma-Bevölkerung.

 

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Der aus der Vojvodina (Serbien) stammende jüdische Schriftsteller Ivan Ivanji hat seinen eigenen Grund für die Ablehnung der „SintiundRoma“-Sprachregelung; in der Tageszeitung (taz) vom 22.8.1998 (S.12) schrieb er in dem Beitrag: „Mein Auschwitz“:

 

„Ich sage Zigeuner und nicht ‚Sinti und Roma’, weil ich auch Juden sagen und nicht Aschkenasim und Sephardim. Sinti und Roma sind Zigeunerstämme, Aschkenasim und Sephardim jüdische Stämme; ich weigere mich, in den Worten Jude oder Zigeuner etwas Beleidigenderes zu sehen als in den Worten Deutscher oder Norweger, Eskimo oder Hottentotte, sonst siegt der Rassenwahn doch noch nachträglich.“

 

Allerdings scheint Ivanji den Begriff „Zigeuner“ fälschlicherweise eng mit dem Nationalsozialismus verknüpft zu sehen.

 

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Der Historiker Ulrich Opfermann in seiner Publikation: „’Daß sie den Zigeuner-Habit ablegen’ – die Geschichte der ‚Zigeuner-Kolonien’ zwischen Wittgenstein und Westerwald (Studien zur Tsiganologie und Folkloristik, Bd.17, Frankfurt/M. u.a. 1996, S.19):

 

„...inzwischen durchweg von Sinti und Roma die Rede ist, will sich das Ohr an die fremdartigen Eigenbezeichnungen nicht recht gewöhnten. Die Unbefangenheit in der Verwendung des traditionellen Begriffs ist weg, ohne daß sich eine neue Selbstverständlichkeit im Umgang mit den neuen Begriffen herausgebildet hätte. Deren Verwendung scheint etwas Aufgenötigtes anzuhaften, im übrigen ist die Diffamierung durchaus auch in den Medien noch lebendig: die erste Seite einer Zeitung spricht von Sinti und Roma, im Lokalteil findet der Leser ,Zigeuner' vor."

 

Opfermann hat allerdings inzwischen eine völlig andere Auffassung zum Thema entwickelt und sich damit von den Realitäten ab- und der Ideologie zugewandt. Für ihn sind heute die seinerzeit von ihm noch als Sinti bezeichneten Zigeuner nun „Roma“ bzw. eine „Teilgruppe der Roma“.

 

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Auch der Historiker Wolfgang Wippermann hat eine drastische Kehrtwende seiner Ansicht vollzogen und bewegt sich nun „stramm“ auf der Linie des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma. 1986 schrieb er noch (in: Das Leben in Frankfurt zur NS-Zeit II: Die nationalsozialistische Zigeunerverfolgung – Darstellung, Dokumente und didaktische Hinweise, Frankfurt/ M. 1986, S.8 f.):

 

„Ich habe mich dazu entschlossen, den in den Quellen und von den Zeitgenossen gebrauchten Begriff ‚Zigeuner’ zu verwenden. Ich halte dies aus folgenden Gründen für legitim. Einmal deshalb, weil ich die These verschiedener Zigeunerwissenschaftler persönlich für zutreffend halte, wonach der Terminus ‚Zigeuner’ der historisch und sprachlich korrekte, auf den indischen Ursprung der Zigeuner hindeutende ist, wo es ein ‚Changar’ genanntes Volk gab. Andererseits weiß ich natürlich, daß im deutschen Sprachgebrauch der Ausdruck ‚Zigeuner’ einen pejorativen Klang hat, weil mit ihm die sprachlich zwar nicht korrekte, aber gleichwohl weitverbreitete Assoziation von ‚herumziehender Gauner’ verbunden ist. Doch derartige Urteile und Vorurteile über die Zigeuner in Vergangenheit und Gegenwart, die eben als Zigeuner verfolgt und diskriminiert wurden und teilweise immer noch werden, sind m.E. nicht durch den Austausch der Bezeichnungen und Begriffe, sondern allein durch die Kenntnis der Geschichte und die darauf basierende Bereitschaft zu einer Überwindung der Vorurteile zu beseitigen.“

 

Nun steht zwar das erstgenannte Argument mit einem tatsächlichen oder vermuteten Volk „Changar“ auf recht tönernen Füßen, doch hat Wippermann im zweiten Teil seiner Argumentation die durchaus richtige und auch heute noch gültige Tatsache ausgesprochen, daß eben ein Etikettenwechsel nichts bewirkt.

 

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Ohne hier auf sonstige Aussagen des Kriminal-Obermeisters Hans Bodlée (Landfahrer - Ein Beitrag über ihre Kriminalität, in: Kriminalistik, Bd.16/ Dez. 1962, S.575-578, hier: S.575) eingehen zu wollen, kann man ihm seine Beobachtung nicht absprechen, wenn er schreibt:

 

Wenn in diesem Artikel der Begriff 'Zigeuner' verwandt wird, so geschieht das ohne diffamierende Tendenz. Die Zigeuner, mit denen der Verfasser zu tun hatte, bezeichneten sich selbst als solche, ...

 

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Der Sozialarbeiter George von Soest schrieb in seinem Buch „Zigeuner zwischen Verfolgung und Integration – Geschichte, Lebensbedingungen und Eingliederungsversuche“ (Weinheim/ Basel 1979, S.15 f.):

 

„Positive Begriffe für die Zigeuner scheint es in kaum einer Sprache der Gastvölker zu geben, alle drücken letztlich die Ängste einer seßhaften Bevölkerung vor ihnen unbekannten Menschen, ihnen unbekannten Lebensweisen aus und schließen häufig genug Diskriminierung ein. Nach der Massenvernichtung der Zigeuner in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten wurde der Begriff in der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte weitgehend nicht mehr verwandt. Stattdessen wurde der noch wertneutrale, soziologische Begriff ‚Landfahrer’ benutzt. Durch die verabschiedeten Gesetze wird jedoch deutlich, daß es sich letzten Endes um einen Etikettenschwindel handelt. Der Begriff ‚Landfahrer’ wird in gleicher Weise mißbräuchlich und diskriminierend benutzt wie der Begriff Zigeuner. ... Die Spielerei mit Begriffen führt zu keinem brauchbaren Ergebnis. Ob Landfahrer, Nomaden oder Zigeuner – auf die inhaltliche Bedeutung, auf die positive bzw. negative Interpretation des Begriffes kommt es an.“

 

Von Soest schrieb dies noch zu einer Zeit, als die Sprachfanatiker erst langsam begannen, eine „neue Zeit“ einzuläuten. Trotz seiner kritischen Anmerkung verwendet er dennoch den Begriff „Zigeuner“ und weist damit auch auf das heutige „Problem“ hin: Man kann Begriffe noch und nöcher erfinden – letztlich kommt es darauf an, wie man sie verwendet. Daran ändert auch „SintiundRoma“ nichts. Auch „Landfahrer“ hat an sich nichts Diskriminierendes an sich, sondern beschreibt die Lebensweise einer vorgefundenen Gruppe von Menschen.

Der Autor irrt allerdings mit seiner Aussage, daß nach der NS-Zeit, bis zu seinen Tagen der Begriff „Zigeuner“ weitgehend nicht mehr benutzt worden wäre, wie leicht nachzuweisen ist (siehe Beispiele auf dieser Seite). Auch die Bezeichnung „Gastvölker“ ist sicher nicht sachgerecht gewählt: immerhin leben Zigeuner schon seit über 600 Jahren etwa in Deutschland und in andern Gebieten noch länger.  

 

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Wie man weiß, sind die Einträge zur Person in dem auch unter Zigeunern verbreiteten sozialen Netzwerk „Facebook“ freiwillig. Bei der Frage nach den jeweils gesprochenen Sprachen findet man zahlreiche in Deutschland lebende Angehörige verschiedener Zigeunergruppen, die hier „zigeu-nisch,romanes“ eingetragen haben. Man kann hier eine gewisse Selbstverständlichkeit herauslesen, daß man sich eben abgesehen von der Eigenbezeichnung gegenüber der „fremden“ (nicht-zigeunerischen) Umgebung als „Zigeuner“ bezeichnet.

Daneben bekommt man bei der Suche nach „zigeunisch,romanes“ auf Facebook das Ergebnis, daß das 301 Personen (Stand 10.10.2011) aus dem deutschsprachigen Raum „gefällt“.

 

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Der Autor und Redakteur der Wochenzeitung ‚Die Zeit’, Dieter Zimmer, der auch ein Buch mit dem Titel „Deutsch und anders – Die Sprache im Modernisierungsfieber“ (Reinbek b. Hamburg 1997) verfaßt hat, schreibt in seinem Aufsatz: „Leuchtbojen auf einem Ozean der Gutwilligkeit – Wie die deutsche Sprache unter die Betroffenen fiel“, in: Die Zeit, Nr. 11 (08.03.1996):

 

„Während politische Korrektheit im Fall Afroamerikaner ausnahmsweise einmal einen begrüßenswerten Zuwachs an sprachlicher Genauigkeit brachte, hat die Tabuisierung des Wortes Zigeuner die betreffende Bevölkerungsgruppe praktisch der Nennbarkeit entzogen, zumindest im Singular. Seit 1979 bestehen einige ihrer Vertreter - nur in Deutschland - darauf, Zigeuner müsse durch ‚Roma und Sinti’ ersetzt werden. Ein einzelner aber kann nicht ‚Roma und Sinti’ sein, nur oder. Wie aber soll ein Außenstehender wissen, ob er es mit einem aus der Gruppe der (seit Generationen in Deutschland ansässigen) Sinti oder mit einem aus der Gruppe der (meist in diesem Jahrhundert aus dem Balkan zugewanderten) Roma zu tun hat? Zudem weiß fast niemand, ob die beiden Namen Plural oder Singular sind, also ob man ‚ein Sinti’ überhaupt sagen kann. (Man kann es nicht, es heißt ‚ein Sinto’ und ‚ein Rom’) Und sind es auch Feminina? (Sie sind es nicht; die weiblichen Formen lauten ‚Romni’ und ‚Sintiza’.) Schließlich fühlen sich andere Gruppen desselben Volkes, die weder Roma noch Sinti sind, von der scheinkorrekten Bezeichnung ausgegrenzt ... Was aber sprach denn gegen Zigeuner? Angeblich, daß das Wort ‚jahrhundertelang zur Stigmatisierung gebraucht wurde’. Nur zu wahr, daß die, die früher Zigeuner hießen, jahrhundertelang missachtet und dann in Deutschland nicht nur stigmatisiert, sondern in unbekannt großer Zahl ermordet wurden. Aber das Wort als solches war nichtpejorativ. Es bedeutet keinesfalls "Ziehgauner" und wurde auch nicht so verstanden.“

 

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In der „Welt am Sonntag“ vom 8.3.1981 wurde die „Verpönung des Wortes Zigeuner“ zutreffend gedeutet:

 

„ Es ist wohl so, daß jede Minderheit heute den Drang verspürt, der Welt eine Umbenennung aufzuzwingen. Gelingt sie, so hat man Machterlaubnis.“

 

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Der rumäniendeutschen Journalistin und Publizistin Birgit Kelle wurde zeitweilig ihr Kommentar auf Facebook gelöscht, wogegen sie zu Gericht zog und beim LG Krefeld gewann. Sie hatte ein posting der „Antidiskriminie-rungsstelle des Bundes“, in dem von „Sinti*zze und Rom*nja“ die Rede war, kommentiert mit:

 

„Ich glaube nichts diskriminiert mehr, als diese bescheuerte Schreibweise, mit der sich wahrscheinlich kein einziger Sinti und Roma identifiziert. ... Komme übrigens aus Rumänien, dort gehörten Zigeuner zum Straßenbild und sie hießen deswegen so, weil sie sich selbst so nannten.“

(nach: Die Tagespost vom 12.4.2021:

https://www.die-tagespost.de/politik/aktuell/birgit-kelle-zu-unrecht-zensiert;art315,217370

Dazu auch:

https://www.pro-medienmagazin.de/birgit-kelle-gewinnt-gegen-facebook-vor-gericht/

(Aufrufe am 13.4.2021)

 

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Einige Stimmen über den Sprachgebrauch im

nicht-deutschsprachigen Ausland:

 

 

Der zu den Polska Roma gehörende Musiker, Komponist und Autor Edward Dębicki gebraucht in der polnischen Originalausgabe seines Buches "Totenvogel - Erinnerungen" (Berlin 2018) das polnische Wort für Zigeuner. In den Nachbemerkungen zu dem Buch (S.271) ist dementsprechend zu lesen:

 

„Die Übersetzung folgt mit der Verwendung der Wörter Zigeunerin und Zigeuner auf Wunsch des Autors der polnischen Ausgabe (cyganka bzw. cygan).“

 

Typisch deutsch - Man muß sich ja absichern, sonst könnte man schnell mit dem Rassismus-Vorwurf konfrontiert werden.

 

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Über bulgarische und rumänische Roma in Duisburg (oder anderswo) kann man nicht selten Aussagen wie die folgende lesen:

 

„Schätzungen gehen von mehr als 4000 bulgarischen und rumänischen Migranten in Duisburg aus. Die meisten dieser Zuwanderer sind Roma – ‚Cigani’, nennen sie sich selbst.“

 

(Martin Krampitz und Christian Balke: „Fluch der Heimatlosen“, in: WAZ (Duisburg) vom 6.10.2011, unter:

 http://www.derwesten.de/staedte/duisburg/nord/Fluch-der-Heimatlosen-id5135886.html, Aufruf vom 10.10.2011)

 

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Die bulgarische Ethnologin Magdalena Slavkova schreibt (in: „Evangelical Gypsies in Bulgaria: Way of life and performance of identity“, Romani Studies, 5th series, vol.17, no.2 (2007), S.205-246, ebd. S.205, Anm.1):

 

“In general, I use the term ‘Gypsy’. It has no derogatory connotations whatsoever and is used alongside the term ‘Roma’ which Gypsies in the country use to refer to themselves, depending on the language they speak, Bulgarian or Romanes. The name ‘Roma’ is rather an expression of a politically correct discourse and is primarily used at an official public level.”

 

Übersetzt:

 

„Ich benutze im allgemeinen den Begriff ‚Zigeuner’. Dieser beinhaltet überhaupt keine abfällige Konnotationen und wird im Lande für sich selbst neben der Bezeichnung ‚Roma’ benutzt, jeweils abhängig von der Sprache, die gerade gesprochen wird, Bulgarisch oder Romanes. Der Name ‚Roma’ ist vielmehr ein Ausdruck eine politisch korrekten Diskurses und wird hauptsächlich auf einer offiziellen Ebene verwendet.“ 

 

Diese Aussage macht noch einmal die Diskrepanz zwischen dem „richtigen Leben“ und der abgehobenen Sphäre der „politischen Korrektheit“ deutlich.

 

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Die aus Spanien stammende Ethnologin Paloma Gay y Blasco schreibt in ihrem Beitrag: „Gypsy/ Roma diasporas – A comparative perspective“ (in: Social Anthropology, vol.10, no.2/ 2002, S.173-188, ebd., S.174 f.):

 

„In recent years, the word ‚Gypsy’ has lost ground to the word ‚Roma’ in texts and discourses by and about Gypsies/ Roma. ‘Gypsy’ has increasingly come to be seen as a pejorative term that reflects the world-views and oppression practices of the dominant population … ‘Roma’, on the other hand, is meant to reflect the rich heritage and cultural dignity and distinctiveness of an oppressed but also resisting people, as well as their common history and identity of interests. The Gitanos I worked with in Jarana, however, have never heard the word ‘Roma’, and would not know what it meant, let alone that  it might be used to refer to them alongside thousands, if not millions, of others. Although the word ‘Gitano’ – whose most direct English translation is ‘Gypsy’ – is often used by non-Gypsies as a pejorative word, to the Gitanos themselves it simply defines who they are and it is therefore full of positive connotations. To them, it is the word ‘Payo’ (non-Gitano) that is pejorative and negative – and, of course, the non-Gitanos are ignorant of this fact and use the word ‘Payo’ with pride. … I want to reflect also the fact that there is a large contingent of Gypsies/ Roma who either are unaware of the Roma activist movement or who would not identify with its aims.

 

In deutscher Übersetzung:

 

„In den letzten Jahren hat das Wort ‚Zigeuner’ gegenüber dem Wort ‚Roma’ in Texten und Diskursen von und über Zigeuner/ Roma an Boden verloren. ‚Zigeuner’ wird mehr und mehr als eine abwertende Bezeichnung aufgefaßt, die die Weltsicht und die Unterdrückungspraktiken der dominierenden Bevöl-kerung widerspiegelt ... Demgegenüber wird ‚Roma’ so verstanden, daß der Begriff das reiche Erbe und die kulturelle Würde und Besonderheit eines zwar unterdrückten, aber auch Widerstand leistenden Volkes reflektiert, ebenso wie seine gemeinsame Geschichte und gleiche Interessenlage. Die Gitanos jedoch, mit denen ich in Jarana gearbeitet habe, haben nie das Wort ‚Roma’ gehört und wüßten nicht, was es bedeutete, geschweige denn, daß es sich auf sie zusammen mit Tausenden, wenn nicht Millionen von anderen beziehen könnte. Obgleich das Wort ‚Gitano’, dessen genaueste Übersetzung ins Englische ‚Gypsy’ [Zigeuner] ist, von Nicht-Zigeunern häufig als herabwürdigend benutzt wird, bezeichnet es für die Gitanos selbst schlicht das, was sie sind und ist daher voll von positiven Mitschwingungen. Für sie ist das Wort ‚Payo’ (Nicht-Gitano) abwertend und negativ – natürlich sind sich die Nicht-Gitanos dessen nicht bewußt und verwenden das Wort ‚Payo’ mit Stolz. ... Ich möchte außerdem die Tatsache wiedergeben, daß eine große Gruppe der Zigeuner/ Roma existiert, die entweder keine Kenntnis über die Bewegung der Roma-Aktivisten haben oder die sich nicht mit deren Zielen identifizieren.“

 

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Der ungarische Forscher Péter Szuhay schreibt in: „The Self-Definitions of Roma Ethnic Groups and their Perceptions of Other Roma Groups“ (in: István Kemény <ed.>: Roma of Hungary, New York 2005, S.237-246,  ebd. S.237 f.):

 

“In the late 1980s, Hungarian intellectuals who were favorably disposed towards Roma began using the word  roma instead of cigány when referring to anybody who was considered to be Roma, because they felt that cigány and other related words were pejorative or insulting. However, the “musicians” [muzsikusok] protested against the use of the term roma, claiming that they were not Roma but Musician Roma [muzsikus cigányok]. Nevertheless, most Hungarian-speaking Roma politicians were willing to use the term Roma when referring to the civil society and political organizations of Roma people, …”

 

Auch hier zeigt sich wieder, daß das „Fußvolk” häufig anderer Meinung ist als seine (meist selbsternannten) Führer.

 

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Eine offenbar serbische Ethnologin, Jelena Čvorović schreibt in ihrem Aufsatz „Gypsies Drown in Shallow Water: Oral Narratives among the Macva Gypsies“ (in: Journal of Folklore Research, vol.43, no.2/ 2006, S.129-148, ebd. S.147, Anm.1):

 

„In this article I use Gypsies as a translation for Serbian Cigani rather than the official Roma because the people I study refer to themselves this way. Many Serbian Gypsies do not want to accept the official name, stating that ‘the others are Roma, not us.’”

 

Zu Deutsch:

 

„In diesem Artikel benutze ich Gypsies  [Zigeuner] als Übersetzung für das serbische Cigani anstelle des offiziellen Roma, weil die Leute, die ich studiere, sich selbst als solche bezeichnen. Viele serbische Zigeuner wollen den offiziellen Namen nicht akzeptieren und meinen: ‚Die anderen sind Roma, wir nicht.’“

 

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Die beiden skandinavischen Autoren Katri Vuorela und Lars Borin stellen in ihrem Aufsatz „Finnish Romani“ (in: A. Ó Corráin/ S. Mac Mathúna [eds.]: „Minority Languages in Scandinavia, Britain and Ireland“, Uppsala 1998, S.51-76, ebd. S.51, Anm.2) fest:

 

„This article, however, treats a group of Gypsies which do not normally call themselves Rom. In its place, the Finnish Gypsies have adopted the self-designation kaale (pl. kaaleet or kaalet), …”

 

Zu Deutsch: 

 

„Dieser Artikel behandelt jedoch eine Gruppe von Zigeunern, die sich normalerweise selbst nicht Rom nennen. Stattdessen haben die finnischen Zigeuner die Selbstbezeichnung kaale (Plural kaaleet oder kaalet) angenommen, ...“

 

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Die norwegische Menschenrechtsaktivisten Solomia Karoli, deren Vater sich als Zigeunerkönig bezeichnete, betitelte ihre 2009 in Oslo erschienene Autobiographie (cover des Buches siehe oben) mit „Sigøynerkongens Datter“ (Tochter des Zigeunerkönigs). 2014 veröffentlichte sie ein weiteres Buch unter dem Titel: „Sigøynerbarn“ (Zigeunerkinder).

Über Karoli, die möglicherweise zu den Lovara gehört, schreibt Gabriele Haefs in der Zeitschrift „pogrom“, H.301 (2017), S.45:

 

„Immer wieder betont sie, sie sei Zigeunerin, denn so nenne sich ihr Volk seit vielen Jahrhunderten. Es sei ein gutes Wort. Außerdem fielen bei Sinti und Roma so viele andere Zigeunergruppen unter den Tisch.“

 

Die Redaktion von pogrom“ fühlte sich genötigt (S.47) dem Beitrag eine Anmerkung beizufügen, auf daß niemand vom rechten Glauben abfallen möge:

 

„Der Begriff 'Zigeuner' wird von den meisten Sinti und Roma, aber auch von großen Teilen der Gesellschaft als diskriminierend und abwertend empfunden. Solomia Karoli bezeichnet sich trotzdem als 'Zigeunerin'. Deshalb wird dieser Begriff in diesem Beitrag ausnahmsweise durchgehend verwendet.“

 

Abgesehen von der fragwürdigen Behauptung, daß die meisten Sinti und Roma den Begriff Zigeuner als diskriminierend auffaßten, ist es bemerkenswert, daß hier schon mit großen Teilen der Gesellschaft argumentiert wird, war es doch die Gesellschaft für bedrohte Völker, die maßgeblich dazu beigetragen hat, der Öffentlichkeit einzubläuen“, wie schlimm doch der Begriff Zigeuner wäre.

 

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Stefan Krulle in einem Zeitungsartikel (die Welt, 15.4.2008) über den rumänischen Roma-Musiker Damian Draghici:

 

„Damian ist Musiker, und was für einer. Noch enthusiastischer ist er nur ‚Gypsy’, wie er selbst sein Volk nennt. ‚Roma’, das Wort mag er nicht. ‚Zigeuner’ wiederum, das mögen wir nicht gerne, aus gutem Grund. Also: Gypsies.“

(unter: http://www.welt.de/welt_print/article1902570/Trunkenem_Ueberschwang_verpflichtet.html)

 

Wer ist „wir“? Doch offensichtlich Nicht-Zigeuner wie der Artikelschreiber. Noch deutlicher kann kaum demonstriert werden, worum es geht: Zigeuner haben meist nichts gegen die jeweiligen Fremdbezeichnungen; es sind Nicht-Zigeuner, die bestimmen wollen, daß ein Zigeuner nicht Zigeuner genannt werden darf und versuchen diese verquere Sprachregelung auch Zigeunern aufzunötigen. Was wohl der „gute Grund“ dafür sein mag? Ein schlechtes Gewissen? So billig will man sich eines schlechten Gewissens entledigen?

 

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Der Journalist Rolf Bauerdick berichtete (in: Die Welt, 12.1.2012) von rumänischen Zigeunern, die sich par tout nicht als „Roma“ bezeichnet wissen wollten und darauf bestanden, „Ţigani“ zu sein:

(unter: http://www.welt.de/kultur/history/article13811031/Wir-sind-Zigeuner-und-das-Wort-ist-gut.html)

In den zahlreichen Kommentaren der online-Ausgabe der „Welt“ zu diesem Artikel kommt zum Ausdruck, daß viele Leser den Zwang zur „politischen Korrektheit“ leid sind und es begrüßen, daß die Diskrepanz zwischen Realität und Propaganda klar angesprochen worden ist.

Bauerdick ist immer wieder darauf gestoßen, daß die Behauptungen einige Gutmenschen und „Aktivisten“, wie schlimm doch die Fremdbezeichnung (in welcher Sprache auch immer) „Zigeuner“ sei, sich überhaupt nicht mit seinen langjährigen Erfahrungen mit Zigeunern deckten.

(siehe auch: http://www.welt.de/kultur/article12158567/So-sind-sie-halt-die-Zigeuner.html)

(Aufruf vom 13.1.2012)

 

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Der rumänische Musikethnologe Marin Marian-Bălaşa schreibt in seinem Artikel „Romany Music and Gypsy Criminality“ (in: Ethnologia Balkanica, vol.8 [2004], S.195-225, ebd. S.195):

 

„…, Roma are still called – and often continue to call themselves – ‘Gypsies’ in large areas of Central and Eastern Europe. Although Roma refer to themselves as Roma, they have accepted the fact that they are known as Gypsies by all other populaces and nations. Furthermore, within their own parlance, Gypsy is not a derogatory term, whereas in other languages it is both neutral and derogatory.”

(dazu Anm.5:)

 

„Many Western colleagues who have only received their education from the late 1980’s onwards, and lack direct contact with the social and linguistic realities in Eastern Europe, ignore the fact that the term Gypsy is not only a historically prejudicial title, but is often employed by Roma themselves, thus covering an accurate, vernacular reality. A very consistent part of contemporary literature still uses ‘Gypsy’ instead of ‘Rom/ Roma/ Romany’, and many quotations in the following notes demonstrate this.”

 

Zu Deutsch:

 

„…, Roma werden immer noch in weiten Teilen Mittel- und Ost-Europas ‚Zigeuner’ genannt – und fahren meist selbst fort, sich so zu nennen. Obgleich sich Roma selbst als Roma bezeichnen, haben sie die Tatsache akzeptiert, daß sie bei allen anderen Bevölkerungsgruppen und Nationen als Zigeuner bekannt sind. Zudem ist Zigeuner in ihrem eigenen Sprachgebrauch kein abschätziger Begriff, während er in anderen Sprachen sowohl neutral als auch herabsetzend ist.“

 

(Anm.5):

 

„Viele westliche Kollegen haben ihre Ausbildung nach den 1980er Jahren erhalten; es fehlt ihnen an dem unmittelbaren Kontakt mit den sozialen und sprachlichen Realitäten in Ost-Europa und sie ignorieren die Tatsache, daß der Begriff Zigeuner nicht nur eine historisch gesehen vorurteilsbeladene Bezeichnung [?] ist, sondern oftmals von Roma selbst verwendet wird, und somit eine angemessene traditionelle Realität wiedergibt. Ein gleichbleibend großer Teil der Gegenwartsliteratur verwendet immer noch ‚Zigeuner’ anstatt ‚Rom/ Roma/ Romany’, und viele Zitate in den folgenden Bemerkungen zeigen das.“

 

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Herta Müller („Der Staub ist blind – die Sonne ein Krüppel. Zur Situation der Zigeuner in Rumänien“, in: „Hunger und Seide“ (Reinbek bei Hamburg 1997, S.153):

 

„Ich bin mit dem Wort ‚Roma’ nach Rumänien gefahren, habe es in den Gesprächen anfangs benutzt und bin damit überall auf Unverständnis gestoßen. ‚Das Wort ist scheinheilig’, hat man mir gesagt, ‚wir sind Zigeuner, und das Wort ist gut, wenn man uns gut behandelt.’“

 

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Das folgende Zitat aus dem Aufsatz „’Die Roma haben ein Kilogramm Gold, wir Zigeuner nur ein Viertelgramm.’ – Ethnische Zugehörigkeit im Alltag von Romakindern eines rumänischen Dorfes“ der Schweizerin Patrizia Legnini (in: Werner M. Egli/ Lucia Kersten (Hrsg.): Kindheit und Jugend anderswo – Ergebnisse ethnographischer Feldforschungen, Wien u.a. 2010, S.45-70, ebd. S.52 f.) macht deutlich, daß Identität viele Nuancen hat und nicht auf ein Schwarz-weiß-Modell reduziert werden kann:

 

„Die Lingurari werden im Dorf von allen zwar Lingurari genannt, doch nehmen die Ursari für sich das Recht heraus, sich ‚Zigeuner’ zu nennen. Und so werden sie von allen Dorfbewohnern auch genannt; die Bezeichnung Roma wird seltener verwendet. ... Für die Bewohner von Pietriş aber macht diese Unterscheidung durchaus Sinn, weil die Lingurari im Dorf bzw. in den Augen der Ursari nicht als ‚richtige’ Roma bzw. ‚Zigeuner’ gelten. Dies u.a. darum, weil sie kein Romanes sprechen wie die Ursari, sondern nur Rumänisch. ... Letztere sind denn auch stolzer darauf, ‚Zigeuner’ zu sein, als die Lingurari darauf. Lingurari zu sein.“

 

Interessant ist dann eine weitere Differenzierung (S.58), wie sie auch im Titel des Aufsatzes zum Ausdruck kommt:

 

„Auffallend aber ist, dass nur wenige die Begriffe Roma und ‚Zigeuner’ synonym verwenden; die anderen sind der Ansicht, mit Roma aus anderen Gegenden des Landes, die in ihrer Wahrnehmung oft ‚reicher’ sind als die Bewohner von Pietriş, wenig zu tun zu haben.“

 

Nicht ganz verständlich ist, warum die Autorin „Zigeuner“ in Anführungszeichen schreibt, wenn doch die betreffende Bevölkerung sich selbst so bezeichnet. Aus Angst davor, „politischer Unkorrektheit“ bezichtigt zu werden?

 

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Die Anthropologin Timeea Elena Marin faßt ihre Untersuchung zu Zigeunern in Mittel-Rumänien („WE are Gypsies, not Roma!“ – Ethnic  Identity Constructions and Ethnic Stereotypes – an example from a Gypsy Community in Central Romania, Cluj-Napoca 2010, S.18) so zusammen:

 

“Therefore I regard the substitution of the term ‘Gypsy’ with the term ‘Roma’ as it is done in Romanian media and politics as disadvantageous for many groups. Those who do not identify themselves as Roma will not participate in the political and social activities targeted to Roma. This leads to a new splitting of the groups leaving those who identify themselves as Gypsies and not as Roma on the lowest level of the hierarchy making it even harder for them to reach any kind of resources.”

 

Zu Deutsch:

 

„Daher halte ich das Ersetzen des Begriffs ‚Zigeuner‘ durch den Begriff ‚Roma‘, wie es in den rumänischen Medien und der Politik geschieht, für nachteilig für viele Gruppen. Diejenigen, die sich selbst nicht als Roma identifizieren, werden nicht an den politischen und sozialen Aktivitäten partizipieren können, die auf Roma fokusiert sind. Das führt zu einer neuen Spaltung der Gruppen, wobei die, die sich als Zigeuner und nicht als Roma identifizieren, auf der niedrigsten Stufe der Hierarchie bleiben, was es für sie noch schwerer macht, an irgendwelche Unterstützung zu kommen.“

(http:// http://www.ispmn.gov.ro/uploads/36%20web.pdf)

(Aufruf vom 17.1.2015)

 

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Über Roma in der Slowakei schreibt Hans-Ulrich Stoldt („Die Zukunft der Zigeuner“, in: Spiegel reporter Nr.11 vom 1.11.2000, S.90):

 

„... Zigeuner, wie sie im Westen oft geschimpft, im Osten sich selbst aber stolz nennen.“

 

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Der Historiker Adrian Marsh (von Traveller-Herkunft) schreibt über den Sprachgebrauch in der Türkei („’Yaşasın Romanlar!’ Emerging Romani Organisations and Identities in the Republic of Turkey, 2000-2010, in. Hristo Kyuchukov/ Ian Hancock (eds.): Roma Identity, Prague 2010, S.62-73, ebd. S.64, Anm.5):

 

“The term ‘Çingeneler’ is contested and often perceived as pejorative, when used by non-Romani people but in my experience of working with and amongst Turkish Romani communities, it is the most frequent term used by themselves and some activists, such as Mr. Mustafa Aksu, wish to reclaim the term as the overall description whilst some organizations, such Mr. Ali Mezarcıoğlu’s ‘Çingeneyiz.Org’ actively promote this term as the general noun.”

 

Zu Deutsch:

 

„Der Begriff ‚Zigeuner’ ist strittig und wird häufig als herabsetzend empfunden, wenn er von Nicht-Zigeunern verwendet wird; nach meiner Erfahrung mit und unter türkischen Romani-Gemeinschaften ist es die von ihnen am meisten gebrauchte Bezeichnung, und einige Aktivisten, wie Herr Mustafa Aksu, möchten den Terminus als Sammelbezeichnung zurück beanspruchen und einige Organisationen, wie Herrn Ali Mezarcıoğlu’s ‚Çingeneyiz.Org’ sind darin aktiv, diese Benennung als den umfassenden Namen zu propagieren.“

 

Hier wird ein Punkt angesprochen, der manchmal in der Diskussion um die Verwendung des Begriffs „Zigeuner“ einfließt: „Ja, wenn Zigeuner selbst diesen Begriff verwenden, dann ist das etwas anderes. Das gibt uns als Nicht-Zigeuner noch nicht das Recht, es ebenso zu tun.“

Zigeuner sollen also einen Terminus aus der Sprache der Nicht-Zigeuner verwenden dürfen, nicht aber Nicht-Zigeuner eine Bezeichnung aus ihrer eigenen Sprache. Was veranlaßt dann in einem solchen Falle Zigeuner, diesen Begriff, wenn er doch so „schlimm“ ist, daß ihn Nicht-Zigeuner nicht in den Mund nehmen dürfen, selbst zu verwenden? Wofür wird er dann noch gebraucht?

Hier kommt einem George Orwell’s “double-think” in den Sinn.

 

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Die Erfahrung bei einer Untersuchung unter Zigeunern in der europäischen Türkei vermerkte Sezai Ozan Zeybek („’Fraudent’ Citizens of a Small Town: Occidentalism in Turkey“, in: Antipode, vol.44, no.4 [Sept. 2012], S.1551-1568, ebd. S.1567):

 

„I will use  the term Gypsy, instead of Roma, throughout the article, mainly because they call themselves Gypsies (Çingene in Turkish) in Malkara despite the word’s bad connotations. They find Roma (Roman in Turkish) way too ‘official’.”

 

Zu Deutsch:

 

„Ich werde in diesem Artikel den Begriff Zigeuner anstelle von Roma verwenden, hauptsächlich weil sie sich in Malkara selbst Zigeuner (Çingene auf Türkisch) nennen, trotz seiner schlechten Konnotationen. Sie halten Roma (Roman im Türkischen) für zu ‚offiziell’.“

 

Dieser interessante Aspekt  deutet darauf hin, daß die in der Türkei teilweise Verbreitung gefundene neue Bezeichnung von den Betroffenen als etwas von außen Kommendes, Fremdes empfunden wird, während die eigentliche Fremdbezeichnung (die bei manchen zur Eigenbezeichnung geworden ist), ihnen als viel vertrauter, und näher stehend empfunden wird.

 

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Die britische Sozialanthropologin Judith Okely sagte in einem Interview (ca. 2010) mit dem Betreiber der Internetseite: http://www.cingeneyiz.org/okelyeng.html (Aufruf am 13.12.2011):

 

“I certainly regret the order by the EU that the word 'Gypsy' should never be used in a public sphere. This is what I was told before speaking in Berlin in 2004. I argued that the people I lived with chose the label Gypsy among themselves. They taught their children to pronounce the word and to identify themselves as such in early speech. My neighbours sometimes used the word Traveller when speaking to potentially aggressive outsiders partly because they feared the external stereotype. Brian Raywid who assisted in the wonderful book of photos by Tony Boxall (1992) reminded me only recently that they both asked the Gypsies what they would like in the title for the book. They ALL chose the title Gypsy Camera. The main Gypsy who appeared in the photos asked if a copy of the book be placed in his coffin when he died.”

 

Zu Deutsch:

 

„Ich bedauere jedenfalls die Anweisung der EU, daß das Wort ‘Gypsy’ niemals in der Öffentlichkeit benutzt werden solle. Das habe ich mir sagen lassen, bevor ich 2004 in Berlin gesprochen hatte. Ich habe argumentiert, daß die Leute, mit denen ich zusammengelebt habe, die Bezeichnung Zigeuner [Gypsy] unter sich selbst benutzt haben. Sie haben ihren Kindern von klein auf gelehrt, das Wort so auszusprechen und sich als solche zu identifizieren. Brian Raywid, der zu dem wundervollen Fotoalbum von Tony Boxall (1992) beigetragen hatte, hat mich kürzlich noch daran erinnert, daß sie beide die Zigeuner gefragt hatten, was sie als Titel für das Buch wünschten. ALLE hatten den Titel Gypsy Camera gewählt. Der Zigeuner, der als Hauptperson auf den Fotos zu sehen war, hatte darum gebeten, daß man ein Exemplar des Buches in seinen Sarg geben möge, wenn er gestorben sein würde.“

 

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Paper delivered at the

“1. International Roman Symposium”

Trakya Üniversitesi, Edirne (Turkey), May 7-8, 2005

 

Gypsies (Tsiganes, Zigeuner, Çingeneler …) or

“Roma” (“Sinti & Roma”)

Some Reflections about “Political Correctness”

with special reference to Germany

 

 

If I remember correctly, the name of this symposium initially had “Gypsies” in its title; later on this was changed to “Roman”. This “development” is actually the subject of my contribution today.

In many countries, especially western ones – and for the last few years in Turkey, too – efforts have been made over the past three decades to assert and push through a new “political correctness” by renaming “Gypsies”, “Tsiganes”, “Cigani”, “Zigeuner”, “Çingeneler” and so forth as “Roma” (“Romanies”) or “Sinti and Roma”, the specific usage “designed” for Germany and the German language. I want to discuss here the reasons for this “language reform”and its implications.

To make it clear at the very beginning: I belong to those, who think it more appropriate to keep the specific (outsider) terms of the majority populations for Gypsies, as they have been used for centuries.

 

The main points put forward when asking outsiders to use the designation “Roma” can be summarized as follows:

1. Reference is generally made to the First Romani World Congress in London in 1971 and its decision that from then on all the Gypsies of the world should be called “Roma”.

2. It is obviously perceived as a kind of “natural right”, that the specific term used by the group itself is postulated to be the only valid one.

3. Nearly all the foreign names for Gypsies are said to be pejorative, discriminating and tainted with prejudice.

4. Concerning the traditional German word for Gypsies (Zigeuner) it is argued that National-socialism brought the term into discredit, although, at the same time, it is stated that the term has always been pejorative.

5. Sometimes it is argued that the term “Roma” has already become so colloquial, that persons who do not behave according to what is thought to be politically correct, are labelled at least as backward, if not as racist (or in Germany as Nazi).

6. When confronted with the fact that many Gypsies themselves use the terms attached to them by their neighbours, it is put forward that it would be different when Gypsies themselves use these, from when outsiders do so.

 

Let’s now discuss these arguments one by one.

1. At the First Romani World Congress in 1971 only about two dozen “delegates”, apart from a few observers, are said to have taken the far-reaching decision for several millions of Gypsies worldwide, that they should thenceforth present themselves as “Roma”. Even when we take later Romani World Congresses with more participants into consideration, the legitimacy for such far-reaching decisions is rather weak.

Nearly all Gypsy groups, to my knowledge, lack a sense of larger trans-tribal units experienced in common, and solidarity beyond clans, tribes, local or regional units is largely absent. Although several organizations for Gypsies in different countries – which, by the way, often incorporate foreign terms in their names – have been founded during recent decades, they are not deeply rooted in the communities concerned. Trans-national or even world organizations enjoy even less support from local and regional groups. Rivalry between different persons or groups is still widespread.

 

2. There are many Gypsy groups (especially Oriental ones) who have never heard of the term “Roma” and many more who have their own different designations (like Lom or Dom in Turkey). There is no legitimacy or justification in attaching a “Roma” label to them. Besides, this would contradict attaching the recognition of insider names that is supposedly aimed at.

By the way, the “original” term for Gypsies seems to be “Dom”, rather than “Rom”.

Of course, a problem arises when one really speaks about Roma “proper” and not about Gypsies in general. Therefore one would always have to explain whether one is using the term “Roma” in a broader or narrower sense.

We are in need for a term covering all different Gypsy groups. And we have such terms in the specific languages.

If it were demanded, that henceforward only insider terms should be used worldwide, one can imagine what kind of confusion and uncertainty would arise. Such a procedure is certainly not in the interest of many ethnic groups and nations. For example: Germans are called Germans although they call themselves “Deutsche” and although they are not the only Germanic people. Although the Alemannen form just a small part (or tribe, if you like) of Germans, all Germans are called “Allemands/ Almanlar” by, for instance, French or Turks. Even “worse”, Germans are called “dumb” (Njemac, Nemci and so forth) in Slavonic languages. Despite all these strange foreign designations for Germans, I have not heard about any protest against them.

It is much more “natural” that ethnic groups or nations bear names different from those given to them by their neighbours. Insider terms are often almost unknown to neighbouring groups, and quite often the designations given by foreigners have some negative or at least incorrect aspects. In this way we come to the next argument.

 

3. Gypsies have had a negative image for centuries, regardless what they were called. Combatting discrimination cannot be done by just attaching a different label. Prejudices are then very likely to be transfered to the new name.

Alongside with negative associations when thinking about Gypsies, there were also positive, often romantic, associations connected with them. “Gypsy music” is generally highly esteemed and newspapers, which otherwise use the “political correct” term for Gypsies, still write about “Gypsy music” (Zigeunermusik), since it has already become a well-recognised label. In Germany several societies (generally connected with the carnival) have named themselves “Zigeuner”; they would certainly not have done so if the term had only a negative connotation.

Not only is nothing (positive) gained by renaming, but the moral pressure connected with this provides yet a further reason for rejecting Gypsies. The establishment of taboos often provokes counter- reactions.

 

4. It is certainly wrong to assert that the Nazis brought the term “Zigeuner” into discredit. The Nazis had attached far more negative aspects to the image of Jews than were associated with them before. Nobody, however, would therefore demand that the name “Jude” be dropped in German.

As some of you may know, the federal government of Germany plans to errect a memorial for the Gypsy victims of the Nazi terror in Berlin. Since the “Zentralrat Deutscher Sinti und Roma” (Central Council of German Sinti and Roma) is fighting fiercely against the term “Zigeuner” in the inscription of the memorial, an oppositional Sinti group is defending the term. In order to counter the argument that Nazis had discredited the name and as a compromise, the responsible state minister of cultural affairs proposed to have the inscription in English and then use the term “Gypsies”.

It is just folk-etymology to trace the word “Zigeuner” back to “Ziehgauner” (a strolling crook). To use that as an argument against the term is not simply ignorance: since similar terms (Cigan and so forth) like “Zigeuner” are used in Slavonic languages, the term could not possibly be derived from “Ziehgauner”.

By the way, the special German usage “Sinti & Roma” – in a global context itself an rather unusual designation for an ethnic group (x and y connected with an “and”) – reflects the fact, that Sinti don’t want to be lumped together with Roma and therefore don’t want to be called by the same name.

 

5. The term “Sinti & Roma” in Germany has not yet become so colloquial that the majority of the population could use the terms correctly in grammatical terms (singular-plural, masculine-feminine) or even know the difference between Sinti and Roma. Thus newspapers very often write quite incorrectly about “Sinti and Roma” when refering to some Gypsies or even to countries where hardly any Sinti live.

“Zigeuner” have their position in German folklore and culture as they certainly have in other countries, too. One cannot replace the term “Zigeuner” in proverbs, sayings, songs, geographic names etc. by “Sinti & Roma”. One would make Gypsies much more alien by calling them “new names” than they have been hitherto.

When in historical documents “Zigeuner” occur, one cannot declare them to be Sinti, Roma or Sinti and Roma. Sometimes the term “Zigeuner” is also used for Gypsy-like groups (for instance the Jenische).

 

6. Just to give Gypsies (and not Gadje) the right to call themselves by outsider names, would mean something like George Orwell’s “double-think”. Should “native speakers” who had “invented” the terms “Gypsies”, “Zigeuner” and so forth, not be allowed to use a word of their own language, while others should ? This is certainly not easy to explain to the average citizen.

 

The arguments discussed above were those generally brought forward in connection with the subject. But there are certainly other reasons which are not uttered openly. Perhaps the fighters for “political correctness”, both among Gypsies and Gadje are not even fully aware of them.

One of the reasons seems to be to gain or exercise power. An ethnic minority (Gypsies) and a political minority (persons with an anti-authoritarian ideology and a strong rejection of the “establishment”) try to apply moral pressure in a field, where a “victory” seems easily to be achieved. Besides the social-psychological explanations for such behaviour, a victory, in the case of Gypsy organizations, is thought to be a means of gathering more followers. A strengthened organization has a better chance, for example, to obtain financial resources.

 

I would like to finish my contribution with a quotation from a collection of essays by the German-Romanian writer Herta Müller („Der Staub ist blind – die Sonne ein Krüppel. Zur Situation der Zigeuner in Rumänien“, in: „Hunger und Seide“ (Reinbek bei Hamburg 1997, p.153, my own translation): „I went to Romania with the word „Roma“, used it at the beginning during conversations and encountered a lack of understanding everywhere. ‘The word is hypocritical’, I was told, ‘we are Gypsies, and the word is good, as far as we are treated well.’”

 

A struggle against discrimination needs much energy. One should not waste energy on a battle about or against words, especially when the arguments in favour are rather weak.

 

A slightly revised version of this paper (Rüdiger Benninghaus: “Gypsies or ‘Roma’?”) is printed in:

City – analysis of urban trends, culture, theory, poliy, action, vol.14. no.6 (Dec.2010), pp.643-646.

 

 

Fotos und Text

(soweit nicht andere

Urheber vermerkt sind)

© Rüdiger Benninghaus

e-mail anim

rbenninghaus (at) gmx.de

 

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