Betrachtungen zur „political
correctness“: „Zigeuner“ ? - „Sinti und Roma“? Reflection on “political correctness”: The terms “Zigeuner” (Gypsies) or “Sinti and Roma” ? Uyun terimler üzerine düşünceler: „Zigeuner“ (Çingeneler) veya „Sinti ve Roma(n)lar“ |
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An English part of this website can be found at the bottom
of this page. Siehe
auch: http://www.rbenninghaus.de/antiziganistizismus-kritik.htm |
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„Inzwischen hat mancher die Political Correctness derart
verinnerlicht, daß sein Computer beim Tippen des guten alten
Wortes ‚Zigeuner' abstürzt. Zigeuner
heissen jetzt ,Angehörige
einer mobilen ethnischen Minderheit'.“ (Margrit
Sprecher: „Sprach-Softies haben noch viel zu tun“, in: Berner Zeitung, „Umberto
Eco hat es auf den Punkt gebracht, indem er sagte: Die
‚Politische Korrektheit’ ist überhaupt nur dazu da, um
das einer Sache zugrunde liegende, aber ungelöste Problem zu kaschieren. Eco
hat Recht. Die PC fragt nicht, ob man ‚Neger’ liebt oder nicht, ob
man ‚Zigeuner’ akzeptiert oder nicht, ob man ‚Eskimos’ für
Rohfleischesser hält oder nicht, sondern sie begnügt sich mit einer
oberflächlichen, sprachlichen Kosmetik. Und genau das ist verlogen.“ (Peter Stiegnitz:
„Das darf man nicht mehr sagen“, in: Wiener Zeitung, „Das Gegenteil von gut ist
nicht böse, sondern ‚gut gemeint’.“ (Gottfried
Benn, Schriftsteller und Arzt) Immer wieder wird darüber diskutiert, welches denn nun die „korrekte“ Bezeichnung für die im deutschen Sprachraum „Zigeuner“ genannte Bevölkerungsgruppe sei/ sein müßte. Zuletzt war es die Inschrift auf dem geplanten Mahnmal für die Opfer des Naziterrors, die diese Diskussion nicht zuletzt auch unter Sinti-Organisationen erneut entbrennen ließ. Da ein zu dem Thema begonnener Aufsatz noch nicht abgeschlossen werden konnte, jedoch von verschiedener Seite das Bedürfnis zu solch einem Beitrag geäußert wurde, soll hier zunächst eine kurze Zusammenfassung einiger Argumente f ü r den Gebrauch der Bezeichnung „Zigeuner“ präsentiert werden. |
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1.
Der auf einer internationalen
Zigeuner-Konferenz 1971 in London angeblich gefaßte
Beschluß, daß Zigeuner
forthin „Roma“ genannt werden sollten, wurde von etwa zwei Dutzend
„Delegierter“ gefaßt, darunter nur einer Person
(Melanie Spitta) aus Deutschland. Aus etlichen Staaten mit einer
nennenswerten Zigeunerbevölkerung waren überhaupt keine „Vertreter“ bei
diesem Treffen anwesend. Solch ein weitreichender Beschluß, der natürlich ohne vorherige Konsultation der
„Basis“ gefaßt worden ist, entbehrt jeglicher
Legitimation. Dieser in der Folge mystifizierte Kongreß
war nicht mehr als ein Hinterzimmertreffen, das zudem noch von
Nicht-Zigeunern dominiert bzw. instrumentalisiert wurde. Übrigens, wie die folgende Liste zeigt,
sind einige Organisationen als „Tsiganes“ oder „Gypsies“ auf dem Kongress aufgetreten. |
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Die
„Delegierten“ und Beobachter auf dem 1. Roma Welt-Kongreß 1971 in London. nach: Kenrick,
D(onald) S.: The
World Romani Congress - April 1971 in:
Journal of the Gypsy Lore Society, 3rd series, vol.50 (1971), parts
3-4, S.101-108 (hier S.107 f.) Edinburgh
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2.
Es ist eine falsche
Vorstellung (Volksetymologie), daß der Begriff
„Zigeuner“ auf „Zieh-Gauner“ zurückzuführen wäre. Diejenigen, die dies
behaupten, tun das häufig nicht aus Unwissen, sondern wollen sich auf
unredliche Weise ein Argument gegen den Begriff verschaffen. Die in
slawischen Sprachen übliche Form „Cigani“ (u.ä.), auf die wahrscheinlich die deutsche Bezeichnung
„Zigeuner“ etymologisch zurückzuführen sein dürfte – die ursprüngliche
Entlehnung von dem Namen einer Sekte im antiken Griechenland (eine mögliche
Erklärung) ist nicht direkt ins Deutsche geschehen – kann natürlich nicht mit
einer postulierten Bedeutung „Zieh-Gauner“ erklärt werden. Aber selbst als
Volksetymologie ist diese falsche Herleitung kaum verbreitet. Diejenigen, die
ständig wider besseren Wissens darauf herumreiten,
tragen selbst zur Verbreitung dieses Unfugs bei und betreiben schlicht und
einfach Demagogie. 3. Es ist natürlich falsch, wenn immer wieder von verschiedener Seite (auch von Sinti-Funktionären) behauptet wird, daß der Begriff „Zigeuner“ von den Nazis geprägt worden wäre. Ebensowenig haben erst die Nazis ihn negativ besetzt. „Juden“ hat sicherlich durch die Nazis eine viel stärkere negative Besetzung erfahren, als das vor der braunen Zeit der Fall war. Dennoch würde heute niemand auf den Gedanken kommen, zu fordern, deshalb die Bezeichnung „Juden“ nicht mehr zu verwenden. 4.
Der Begriff hat, wie
viele Begriffe und gerade auch ethnische Bezeichnungen, sowohl positive als
auch weniger positive „Mitschwingungen“. Dies wird sich mit einer Umbenennung
in „Roma“ oder „Sinti und Roma“ um keinen Deut ändern. 5.
Eine Diskriminierung
kann nicht durch Umbenennungen bzw. noch weniger durch aufoktroyierte
„politische Korrektheit“ beseitigt werden, das muß
auf anderen Ebenen geschehen. 6.
Der Begriff hat einen
festen Sitz in der deutschen Volkskultur (in Liedern, Erzäh-lungen,
Sprichwörtern u.ä.) und selbst der Geographie
verschiedener Regionen („Zigeunereiche“, „Zigeunerberg“ u.ä.).
Es wäre auch absurd, nunmehr vom „Sinti-Baron“ oder
„Roma-Schnitzel“ zu sprechen, von „Sinti-und-Roma-Sauce“ oder dem „lustigen Sinti-und-Roma-Leben“. 7.
Bei aller immer noch
bestehenden Diskriminierung und Ausgrenzungsversuchen drückt der Begriff
„Zigeuner“, an den man sich seit langer Zeit gewöhnt hat, aus, daß Zigeuner „irgendwie“ dazu gehören, anders als ein
fremdes und fremd gebliebenes „Sinti und Roma“. Mit letzterem wird diese
Bevölkerungsgruppe der Mehrheitsgesellschaft nicht weniger, sondern mehr
entfremdet. 8.
Es gibt auf der Welt
kaum ein Volk, das mit „x und y“ (Sinti und Roma) bezeichnet
wird bzw. sich so bezeichnet. 9.
Weltweit gibt es für
jede Bevölkerungsgruppe Fremd- als auch Eigenbezeich-nungen.
Häufig sind die Eigenbezeichnungen weit weniger bekannt als die Fremd-bezeichnungen. Dabei sind die Fremdbezeichnungen
selten wertneutral. Auch die Deutschen werden nicht nur Deutsche (nach ihrer
Eigenbezeichnung) benannt, sondern Alemannen, Germanen oder „die Stummen“ (in
slawischen Sprachen). Trotzdem ist deshalb noch niemand hierzulande auf die
Barrikaden gegangen. 10.
Verschiedene Zigeunergruppen benutzen aus fremden Sprachen hervorgegan-gene Bezeichnungen als Eigenbezeichnungen,
z.B. Lovara (aus dem Ungarischen), Kalderascha, Tschurara, Ursara (aus dem Rumänischen) u.a.m. 11.
Es ist falsch zu behaupten, daß der Begriff
„Zigeuner“ (oder auch Gypsy, Tzigane,
Cigani usw.) von den „Betroffenen“ nicht verwendet
bzw. abgelehnt würde. Dies könnte man als ein „Neo-Stereotyp“ bezeichnen.
Wenn diese in der jeweiligen Landessprache sprechen, so verwenden sie meist
(außer einigen Funktionären) selbst die Bezeichnung Zigeuner, Gypsy usw. (Beispiele siehe unten). 12.
Wenn man, was eben weltweit nicht der Fall ist, die Eigenbezeichnungen
zum Maßstab machen wollte, dann müßte man auch die
jeweiligen Eigenbezeichnungen der verschiedenen Zigeunergruppen „zulassen“
bzw. benutzen, die sich weder Sinti noch Roma (sondern etwa Dom oder Lom, Calé/ Gitanos
u.a.m.) nennen. Alles andere wäre inkonsequent. 13.
Ein Alleinvertretungsanspruch, wie er sich aus der Festlegung auf einen
Begriff für alle Zigeuner ergibt, dürfte von den meisten Zigeunern (besonders
auch Sinti) abgelehnt werden. 14.
Da es eines übergreifenden Begriffes für alle Zigeunergruppen bedarf,
sollten die jeweiligen Bezeichnungen in den verschiedenen Sprachen
beibehalten werden, sprich: im Deutschen: „Zigeuner“, da, soweit bekannt, in
keinem Dialekt von Zigeunern eine entsprechende Sammelbezeichnung existiert. 15.
Unter Sinti gibt es durchaus noch die Ansicht: „was geht es die Gadsche/ Chale (Nicht-Zigeuner)
an, wie wir uns selbst nennen“, wenngleich es heute natürlich keinen Sinn
mehr macht, die Eigenbezeichnung verheimlichen zu wollen. 16.
Der Ton macht der Musik. „Scheiß Deutscher“ ist in etwa ebenso
beleidigend wie „dreckiger Zigeuner“. Es kommt also darauf an, wie und in
welchem Zusammenhang der Begriff verwendet wird. 17.
Daß viele Deutsche den
Begriff durchaus nicht oder nicht nur negativ besetzt sehen, zeigen die nicht
wenigen Karnevalsvereine und ähnlichen Gruppen, die sich „Zigeuner“ nennen oder
„als Zigeuner gehen“. 18.
Vor der „Sprachreform“, als nur einige Insider von „Sinti“ und „Roma“ wußten, hatte man auch als einer den Zigeunern
wohlwollender Zeitgenosse keine andere Alternative, als eben von „Zigeunern“
zu sprechen; d.h. der Begriff wurde durchaus wertneutral als die im Deutschen
übliche Bezeichnung für eine Bevölkerungsgruppe verwendet. 19.
Der Begriff in der Zusammensetzung „Zigeunermusik“ wird als ein
„Markenzeichen“ selbst noch von vielen Zeitungen u.ä.
verwendet, die ansonsten von „Sinti und Roma“ sprechen oder schreiben. 20.
Obwohl schon in Deutschland etwa zwei Jahrzehnte seit der „Einführung“
der Begriffe bzw. des Begriffs „SintiundRoma“
vergangen sind, haben die meisten derjenigen, die diese Begriffe (etwa in den
Medien) benutzen, den korrekten gramma-tikalischen
Gebrauch noch nicht gelernt. So ist von Sintis
(doppelte Verneinung) die Rede, von „der Sinti“ (richtig: der Sinto,
Singular) oder „die Sinti“ (eigentlich: Sintizza)
und es wird in ähnlich falscher Weise mit dem Wort „Roma“ (Plural)
umgegangen. 21.
Es wird nicht selten von „Sinti und Roma“ gesprochen oder geschrieben,
selbst wenn es sich (wie tatsächlich meist der Fall) nur um Roma oder nur um
Sinti handelt. Für einen außenstehenden „Laien“ ist
es auch kaum möglich, eine Unterscheidung zwischen beiden zu treffen. Die
überwiegende Mehrheit der Sinti will jedenfalls nicht Roma genannt werden und
Roma würden nur mit dem Kopf schütteln, würde man sie als Sinti bezeichnen. 22.
Indem interessierte Kreise den vermeintlich „historischen Beschluß“, daß fortan alle
Zigeuner „Roma“ genannt werden sollen, in Deutschland dahingehend relativiert
haben, indem sie von „Sinti und Roma“ sprechen, dokumentieren sie damit
eigentlich schon, wie sehr der unsinnige neue Sammelbegriff an der Realität,
sprich: der Eigenbezeichnung und dem Eigenempfinden mancher Zigeunergruppen
vorbei geht. 23.
Nun sind mittlerweile einige Nicht-Zigeuner im deutschsprachigen Raum
dazu übergegangen, nicht mehr von „Sinti und Roma“ zu sprechen, sondern nur
noch von „Roma“, selbst dann, wenn sie wissen, daß
es sich in einem gegebenen Fall um Sinti (oder eine andere Zigeunergruppe als
die Roma) handelt, die sich nicht als „Roma“ vereinnahmen lassen wollen.
Begründet wird das dann teilweise damit, daß das
„international üblicher“ Sprachgebrauch wäre. Das Zustandekommen und der Sinn
oder Unsinn eines solchen Sprachgebrauchs wird dabei ebenso wenig hinterfragt
wie man sich darum kümmert, was Nicht-Roma unter den Zigeunern davon halten.
Das ansonsten gern bemühte Argument bzw. die Forderung, Eigenbezeichnungen zu
benutzen, bleibt dabei auf der Strecke. Vergleichbar wäre das in etwa, wenn
die Deutschen z.B. die Niederländer, Dänen, Schweden usw. als „Mit-Germanen“
ebenfalls als „Deutsche“ bezeichnen würden, vielleicht noch mit dem Hinweis, daß allein die Deutschen im Englischen und manchen
slawischen Sprachen als „Germanen“ bezeichnet werden. 24.
Was treibt solche Leute dann eigentlich um, worum geht es ihnen, wem
wollen sie damit dienen? Einige dieser Vorreiter der politischen Korrektheit
haben sicher im Sinn, den Zigeunern Einigkeit „beizubringen“ – eine
Einigkeit, die es zwar in der Geschichte nie gegeben hat, aber was nicht ist,
kann ja noch werden bzw. man wird schon dafür sorgen, daß
das so wird, wie sich das die Revolutionsbegeisterten unter den Gadsche wünschen. Wahrscheinlich würden sie sich vehement
dagegen verwahren, wollte man diese ihre Handlungsweise als Paternalismus,
als Bevormundung klassifizieren. 25.
Wenn man sich fragt, warum gerade manche Nicht-Zigeuner –
offensichtlich mehr noch als die meisten Zigeuner selbst – so vehement eine
neue Sprachregelung propagieren, so drängt sich die Vermutung auf, daß das bei einigen wohl aus schlechtem Gewissen
(angesichts von Diskriminierung und Verfolgung der Zigeuner über
Jahrhunderte) heraus geschieht, das man jedoch auf recht billige Weise zu
erleichtern sucht. 26.
Anderen, die laut aufschreien, wenn irgendwo das Wort „Zigeuner“ fällt,
geht es im Grunde genommen nicht in erster Linie darum, daß
hier eine „unmögliche“ Bezeichnung verwendet würde, sondern sie sind erbost, daß man damit an ihrer „Autorität“ gekratzt hat, indem
man ihre zur „Moral“ erhobene Ideologie nicht akzeptiert. Es geht um
Machtausübung. Nachdem man einmal seine Sicht der Geschichte und Gegenwart
„patentiert“ hatte – selbst wenn sie sich im Nachhinein als Unsinn
herausgestellt haben mag – man kann sie nicht mehr aufgeben, weil man dies
als Verlust der Meinungshoheit, mithin als Machtverlust auffaßt.
Dies um so mehr, als konstant vorgetragene
gegenteilige Auffassungen zu einer Verhärtung des Standpunktes beigetragen
haben. 27.
Wenn man „Roma“ als Sammelbezeichnung verstanden wissen will, wie es
manchmal geschieht, dann macht das Konstrukt „Sinti und Roma“ keinen großen
Sinn mehr, da ja in dem Fall unter „Roma“ ohnehin alle Zigeunergruppen fallen.
Diejenigen, die den Begriff „Zigeuner“ bekämpfen, sollten sich also zumindest
einmal einigen bzw. eine klare Linie finden, was denn nun auf ihren Fahnen
stehen soll; ansonsten bleibt ihre Position allein schon aus diesem Grunde
fragwürdig. 28.
Wenn man „Roma“ synonym zu „Zigeuner“ gebraucht, so muß
man fast jedes Mal hinzufügen, ob man den Begriff im engeren (manchmal als:
„Rom-Zigeuner“) oder weiteren Sinn (als allumfassende Sammelbezeichnung)
verwendet – ein wenig praktisches Verfahren. 29.
Wenn man es mit Sinti zu tun hat, kann man von Sinti sprechen, weiß
man, daß es um Roma geht, kann man von Roma
sprechen, meint man beide bzw. weiß man um die Unterschiede, kann die
Bezeichnung Zigeuner gewählt werden oder selbst „Sinti und Roma“, wenn man
eben ausdrücklich diese beiden Gruppen meint und nicht etwa alle Zigeuner. Da
eben nicht jedermann die Unterschiede kennt, sollte man bei dem vertrauten
„Zigeuner“ bleiben (können) und sich nicht darum scheren, daß
man von gewissen Kreisen in die Nähe von Rassisten und Nazis gerückt wird. 30.
Wenn verschiedene Vereine die Begriffe „Sinti und Roma“ im Namen
tragen, so ist das nicht selten „Etiquettenschwindel“,
da es ihnen doch meist nur um eine Gruppe geht bzw. einzelne Mitglieder der
anderen Gruppe(n) bestenfalls als „Alibi“ oder „Vorzeige-...“ benutzt werden.
Die traditionellen Vorbehalte einer Zigeunergruppe gegenüber einer anderen
spielen hierbei immer noch eine Rolle. 31.
Schon kurz nach dem
Krieg (1946) ist in München ein „Komitee Deutscher Zigeuner"
gegründet worden. 1958 hatten einige Sinti, vor allem Walter Strauß, Wilhelm und Johannes Weiß ein „Zentralkomitee der Zigeuner“ gegründet. 1968 hatte ein Rom, Rudolf Karway, in Hamburg eine „Internationale
Zigeunerrechtskommission“ gegründet. Wilhelm Weiß (s.o.)
hat 1973 das „Zentralkomitee“ als „Zigeuner International e.V.“ wiederbelebt. Die Sintizza Theresia Seible hatte Ende der 1970er/ Anfang der 80er Jahre einen Frauenverein unter dem Namen „Comitée der Zigeuner“ gegründet. 1979 ist in Bremen zunächst von Nicht-Zigeunern der „Verein zur Durchsetzung der Rechte der Zigeuner in der Stadtgemeinde Bremen e.V.“ gegründet worden, in dessen Vorstand auch bald Sinti (u.a. Ewald Hanstein) aufgenommen wurden. Um 1980 gab es einen „Verbandes der Zigeuner Niedersachsen e.V.“ Diese Beispiele, allesamt dem Alptraum der NS-Diktatur zeitnaher als etwa die Etablierung des „Zentralrates“, zeigen, daß die Gründer offenbar nicht von dem Gedanken „beseelt“ waren, daß der Begriff „Zigeuner“ durch die Nazis diskreditiert wäre bzw. eine diskriminierende Bezeichnung darstellte. Tatsächlich wird man eben bei genauerem
Hinsehen feststellen, daß die Sprachregelung „Sinti
und Roma“ hauptsächlich von Nicht-Zigeunern ausging bzw. von Gadsche-Kreisen maßgeblich „unters Volk“ gebracht worden
ist. Eine bei diesen „Korrektheitsfanatikern“ festzustellende Intoleranz ist
ohnehin den Zigeunern weitgehend fremd (gewesen). Das haben einige
Funktionäre erst später von den Gadsche übernommen. 32.
Es ist offensichtlich, daß etwa seit Anfang
der 1980er Jahre interessierte Kreise begonnen haben, den Begriff
systematisch schlecht zu reden, um dann immer wieder feststellen zu können,
wie schlimm diese Bezeichnung doch wäre. Die Gesellschaft für bedrohte Völker
(Göttingen), die maßgeblich bei der Gründung des „Zentralrates“ mitgewirkt
hat, schrieb noch 1979: „Wer sich an der Zigeunerarbeit der GfbV
beteiligen möchte, wende sich an die GfbV, ...“ (in: Pogrom, 10.Jg.,
Nr.61 vom März/ April 1979, S.2) oder: von „Bürgerrechtsbewegung für
Zigeuner“ (in: Pogrom, 10.Jg., Nr.65 vom Juli-Sept.
1979, S.4). Der Erzbischof von Köln hatte sich anläßlich
einer Pilgerfahrt von Zigeunern zum Kölner Domjubiläum im September 1980, an
der vor allem Sinti teilnahmen, an diese mit den Worten „Meine lieben
Zigeuner“ gewandt. Auch diese Beispiele zeigen, daß
zu der Zeit der Begriff durchaus nicht so „schlecht“ war bzw. gesehen wurde,
wie heutzutage immer wieder von verschiedenen Seiten behauptet wird, was sich
somit als „Falschspielerei“ erweist. 33.
Wollte man fragen, mit welchem Begriff denn bei den jeweiligen
Mehrheitsbevölkerungen mehr positive Konnotationen verbunden werden, würde
man vermutlich feststellen, daß dies eher bei
„Zigeuner“ der Fall ist, denn bei „Roma“. Mit letzterem Begriff scheint
überwiegend Armut, Elend und Bettelei assoziiert zu werden. Die positiven
Konnotationen von „Zigeuner“ sind bekannt. 34.
Wenn in historischen Dokumenten von Zigeunern die Rede ist, kann man
nicht im Nachhinein hingehen und sie etwa zu Sinti, zu Roma oder zu „Sinti
und Roma“ erklären. Wenn keine weiteren Anhaltspunkte zu finden sind, die
eine Zuordnung möglich machen, muß es bei
„Zigeuner“ bleiben, zumal auch nichtzigeunerische Gruppen wie etwa die Jenischen vielfach als Zigeuner bezeichnet bzw. angesehen
werden. 35.
Wenn manche Schreiber zwar den Begriff „Zigeuner“ benutzen, ihn jedoch
in Anführungszeichen setzen, so mag man solch ein Verfahren einerseits als
Ausdruck einer erkannten Notwendigkeit zur Verwendung des Begriffes sehen,
gleichzeitig wird jedoch darin auch eine Furcht vor sprachlichen/ politischen
Tugendwächtern deutlich. 36.
Es wird wohl niemand, etwa unter den Sinti, behaupten können, daß deren Bezeichnung für Nicht-Zigeuner – Gadsche oder Chale – frei von
negativen Assoziationen bzw. Konnotationen wäre. Wenn sie deutsch schreiben
oder sprechen, wird die Bezeichnung mit „Knechte“ wiedergegeben (also nicht
einmal „Bauer“). Sollten jetzt die Gadsche auf die
Barrikaden gehen und die „Ächtung“ dieser Benennung (als „Fremdbezeichnung“) fordern ? Auf zum Kulturkampf ? 37.
In manchen konservativen oder rechtslastigen Kreisen wird ebenfalls für
die Beibehaltung des Begriffs „Zigeuner“ plädiert und gegen den Versuch einer
Sprachregelung polemisiert. Die grundsätzliche Distanz zu solchen Gruppen
kann jedoch kein Grund sein, von einer gewonnenen Einsicht Abstand zu nehmen
und deshalb den Begriff nicht zu verwenden. 38.
Es ist durchaus zu beobachten, daß Leute, die
mittels moralischer Keule gezwungen werden sollen, eine jahrhundertealte
Bezeichnung, mit der sie etwas anfangen können, gegen eine neue Bezeichnung
einzutauschen, die sie nicht recht verstehen, daß
solche Leute eine noch größere Abneigung gegenüber Zigeunern entwickeln, als
sie ohnehin schon haben. 39.
Übrigens: der/ die wahrhaft politisch Korrekte wird nicht umhinkommen,
von „Sinti/ Sintizzi/ Roma/ Romnija“
zu reden und zu schreiben, ansonsten gibt’s Krach mit Alice und all die
anderen. Aber vielleicht sind diese ja auch mit „ZigeunerInnen“
oder „Zigeunerinnen und Zigeuner“ zufrieden. Inzwischen ist dieser "Warnhinweis"
schon überholt (oder ist "beherzigt" worden?), indem manch eine(r)
die |
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~~ Bilddokumente zum Thema
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Grabstein eines Rom (offenbar Kelderari) auf einem Frechener
Friedhof |
Grabstein einer Romni
(offenbar Kelderarka) auf einem Kölner Friedhof |
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Grabstein eines Rom (offenbar Kelderari) auf einem Frechener
Friedhof |
Grabstein eines Roma-Ehepaares
(Kelderara) auf einem Mönchengladbacher Friedhof |
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Grabstein
eines Sinto auf einem Koblenzer Friedhof. |
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Genossenschaft fahrendes Zigeuner - Kultur - Zentrum |
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Sowohl von Sinti als auch von Roma genutzte Internetseite mit Foren und
Chats. |
Eine interessante Einrichtung von
„Fahrenden“ In
der Schweiz, die u.a. „Zigeunerkulturwochen“
durchführen. Internetseite: http://www.8ung.at/zigeuner/zigeunerkulturzentrum/ |
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Zwei cover von
CD’s bekannter deutscher Sinti-Musiker
bzw. Musikgruppen. Weder die (wahrscheinlich)
Nichtzigeuner, die diese CD-Reihe auf den Markt gebracht haben, noch die ja
nicht unbekannten Musiker dürften von einer diskriminierenden,
abwertenden Bedeutung des Begriffes „Zigeuner“ ausgegangen sein, als sie
diese CD’s produzierten. |
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Der Kölner Sinto Markus
Reinhardt hat sich nicht nur in dieser Kath. Pfarrzeitschrift („Umbruch“,
Nr.14/ Winter 2012, Köln) als „Zigeuner“ präsentiert (siehe auch
unten). |
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Eine CD zum Andenken und
zur Ehre aller verfolgten Zigeuner zu veröffentlichen und das gleichzeitig in dem Bewußtsein zu tun, einen diskriminierenden Begriff zu
verwenden, dies ist kaum denkbar. |
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Es ist kaum denkbar, daß
ein Sinto ein Buch über sich schreiben läßt und
seiner Titulierung als Zigeuner zustimmen würde, wenn er
diese Bezeichnung als abwertend auffaßte. |
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Die Angehörige der bekannten österreichische Lovara-Familie
Stojka hat keine Probleme damit, „Zigeunerin“ zu sein (1988). |
Der Aktivist Mustafa Aksu,
selbst Zigeuner, hat seinem Buch den Titel gegeben: „Zigeuner sein in der Türkei“ (3.Aufl. Ankara 2009) |
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Die nicht mehr
erscheinende Zeitschrift „Interface“ erschien in drei Sprachen. Wie die
Kollage der Untertitel in Frz., Engl. und Dt. zeigt,
ist die Frage der „politischen Korrektheit“ vor allem
ein deutsches „Problem“: Was im Französischen und
Englischen „Tsiganes“ und „Gypsies“ sind,
wird im deutschen Untertitel
zu „Sinti und Roma“. |
Wie in manchen anderen Publikationen
auch, „übersetzt“ man im deutschen Titel
„Zigeuner“ (hier im Polnischen „Cygan“)
mit „Sinti und Roma“ – „typisch deutsch“! Dies zeigt auch, daß das (vorgeschobene) Argument, man müsse doch die Eigenbezeichnung verwenden, in
anderen Ländern keine/ kaum eine Rolle spielt. |
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Zitate von Sinti aus diesem 2014 erschienenen Buch finden sich
weiter unten auf dieser Seite. |
Die in Norwegen lebende Romni Solomia Karoli schrieb ihre Biographie (Oslo 2009) mit dem Titel „„„Tochter des Zigeunerkönigs“. Ein Zitat aus dem Buch kann man weiter unten auf dieser Seite lesen. |
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Als geradezu geschäftsschädigend
müßte es aufgefaßt werden, für
ein Produkt mit einem derart
„negativ“ belasteten Begriff zu
werben. Im übrigen zeigt das
Beispiel, daß der Begriff „Zigeuner“
noch weit davon entfernt ist, außer
Gebrauch zu kommen. Obgleich dies
immer wieder von interessierten Kreisen behauptet wird, sammeln die gleichen „Antiziganistizisten“
solche Beispiele, um „Zigeuner-Klischees“ und einen weit verbreiteten „Antiziganismus“
in der Gesellschaft u.a.
damit zu belegen. |
Auch dieses Beispiel zeigt, daß im alltäglichen „deutschen Leben“ „Zigeuner“ noch immer ihren Sitz haben, so wie „Russische
Eier“, „Wiener Würstchen“, „Bayrisch-Blau“,
„serbische Bohnesuppe“, „ungarischer Gulasch“ u.ä. Aus anderen Sprachen ließen sich
ähnliche Beispiele anführen. Mit solchen Bezeichnungen wird Positives
verbunden; warum sollte man dies
„ausmerzen“ wollen, wie es z.B. die österreichische
Initiative „SOS Mitmensch“ versucht? |
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Nicht wegzudenken bzw. wegzudiskutieren auch dieses Produkt. Der Kölner Rom e.V. meint zu
dergleichen: „Ja, es handelt sich aus unserer
Sicht um absurde, groteske, lächerliche,
manchmal nur putzige, dann wieder ausgesprochene hirnrissige Bearbeitungen der bekannten tausendfach abgedroschenen
Zigeuner-Klischees.“ (in:
Nevipe, N.F. 1/2013, S.33) Sollen sich die Hersteller dessen
schämen oder etwa die Zigeuner? Oder sollte sich der, dem es schmeckt, Bauchschmerzen als Strafe für seine völlig unkorrekte, „absurde“ Essensvorliebe einhandeln? Oder wären auch Sondergenehmigungen denkbar für die Konsumenten, die nicht ohne können? |
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Emblem der türkischen Webseite http://www.cingeneyiz.org/ ( „Çingeneyiz“
bedeutet: „Wir sind Zigeuner“. Man setzt sich damit bewußt
von der seit einigen Jahren von außen „unters Volk“ gebrachten Neologie
„Romanlar“ anstelle der alten und verbreiteten Bezeichnung „Çingeneler“
ab. Die Aussage des Mädchens „Ben bir Çingeneyim“ lautet übersetzt: „Ich bin eine Zigeunerin“. |
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Die Neuenburger
„Zigeunerclique“ veranstaltete zum wiederholten Male einen
„Zigeunerball“ und niemand dort hat damit Probleme –
solange keine Antiziganistizisten
aufkreuzen. |
Auch im österreichischen Mitterkirchen hat man Die künstlich erzeugten Probleme nicht –
einem Harri Stojka
zum Trotz. |
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Dieses
Zigeuner-Musikfestival ist von Sinti maßgeblich mitorganisiert
worden und bewußt unter nämlichen Titel gestellt worden.
Einige teilnehmende Gruppen bezeichnen ihre Musik explizit als Zigeuner- oder Gypsy-Musik. Der Kölner Verein Rom e.V. (geleitet von
Nicht- Zigeunern) hielt es jedoch für angebracht,
gegen den Namen des Festivals zu protestieren
– und ließ gleichzeitig seinen Jugendchor dort
auftreten. Dieses widersprüchliche Verhalten wurde
so begründet (Rund-email
vom „Wir nehmen trotz dieser Bedenken an
diesem Festival teil und hoffen, dass ein
Diskussionsprozess in Gang kommt, der es auch denjenigen
Roma und Sinti ermöglicht in Zukunft
teilzunehmen, die Bezeichnung ‚Zigeuner’ für sich
ablehnen.“ [sic!] Der angeblich erhoffte Diskussionsprozeß läuft seit Jahren und hat für Kreise wie dem
Rom e.V. lediglich das Ziel, daß
fortan alle Zigeuner „Roma“ genannt werden müssen und sie
sich auch selbst so zu bezeichnen haben. Dazu
braucht man allerdings dann keine Diskussion
mehr – ein „Basta“ würde die Sachlage eher
treffen. Es kann wohl auch mit großer
Wahrscheinlichkeit behauptet werden, daß
kein Kölner Zigeuner allein wegen des Namens nicht an dem
Festival teilgenommen hätte – anders als mit
obiger Aussage suggeriert wird. Tatsächlich
haben es sich nicht nur mindestens drei der
auf dem glänzenden Handzettel rechts als
„Zigeuner- Gegner“ aufgeführten Roma nehmen lassen,
das Festival zu besuchen, auch weitere
Roma, die dem Rom e.V. verbunden sind, waren anwesend. Die obige Aussage läßt sich demnach kaum anders deuten als eine
Täuschung der Öffentlichkeit. Die Aggressivität, mit der der Verein
seit ein paar Monaten seine
Weltsicht verbreitet, läßt vermuten, daß er sein Meinungsmonopol in Köln zunehmend infrage
gestellt sieht. Dazu: http://www.ksta.de/koeln/interview--zigeuner---eine-art-zu-leben-,15187530,16308676.html (Aufruf vom |
Der Chefideologe des Vereins
hatte es sich nicht nehmen lassen, das
„Dokument“, das die „Abartigkeit“ des
Festivalnamens „belegen“ sollte, persönlich unters
Volk zu bringen – schließlich muß Kultur seine politische Richtigkeit haben und der
Festivalbesucher wissen, wie er das
Ereignis zu verstehen hat, sonst könnte er ja auf
falsche Gedanken kommen und vom rechten
Glauben abfallen. Offensichtlich ist den Initiatoren bzw.
den Vorzeige-Roma der Propagandaaktion nicht
der Unterschied zwischen „Wir sind Roma ... und keine
‚Zigeuner’!“ und „Wir wollen nicht ‚Zigeuner’ genannt
werden!“ bzw. „Wir nennen uns ‚Roma’, nicht
‚Zigeuner’“ nicht klar. Ein „sowohl-als-auch“
(sprich: die Existenz von sowohl Fremd- als auch
Eigenbezeichnungen) kommt nicht in Frage, da das den ein
Schwarz -Weiß-Denkrahmen sprengen würde. Bei sicherlich der zehnfach größeren
Gruppe von Roma als den vier Roma-Intellektuellen – von denen drei im Rom e.V. ihr Geld
verdienen bzw. verdient haben – die den Verein
aufsuchen, wird man – ohne ihnen Suggestionsfragen
stellen zu müssen – hören können, daß sie auf Deutsch von „Zigeunern“ reden. Diesen vielen
Roma, die noch nicht zur Erkenntnis der
Wahrheit gekommen sind, wird der Verein schon
noch den „rechten“ Weg weisen. „Begegnung auf Augenhöhe“ (mit „Roma“) sieht für diesen Verein also so aus, daß er Zigeunern beibringt, wie sie sich zu
benennen haben und wie nicht. – Eben ein „emanzipatorischer Ansatz“ und gleichzeitig ein Beitrag zur „Verständigung
von Roma und Nicht-Roma“ Siehe auch: |
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Auch 2017 traten wieder sowohl einige Sinti als auch Roma auf einem
„Zigeunerfestival“ in Köln auf. |
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~~ Reaktionen auf diese Webseite
bzw. Aussagen zum Begriff „Zigeuner“ ~~
(soweit die Reaktionen nicht ohnehin
öffentlich waren, wurde mit den Absendern vor der
Veröffentlichung hier Rücksprache genommen) Nicht jede Meinung kann immer ganz eindeutig in eine Pro- oder eine Kontra-Schublade eingeordnet werden, sondern es gibt durchaus Zwischentöne. Wenn hier dennoch vereinfacht die Meinungen unter die zwei Positionen gebracht worden sind, so soll das der schnelleren Orientierung dienen und die vorherrschende Tendenz der Aussagen widerspiegeln. Die jeweiligen Beiträge werden dann schon beim genaueren Lesen die Nuancen deutlich machen. K o n t r a
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Schon bevor diese Webseite
entstanden ist, hat der Verfasser u.a. wegen der
Verwendung der Bezeichnung „Gypsies“ in einer
Anfrage an das Internetforum Romano Liloro (Roma Network, wird von Israel aus betrieben) am „first we are not "gypsies", we are ROMA !
… Please, consider change your text and be more "politically
correct".” Dieser Verein nennt sich “Uniao Cigana (Gypsy Union)” und
benutzt diese Bezeichnung auch in ihrer email-Adresse.
Ein Hinweis auf George Orwell („double-think“) mag
hier als Kommentar genügen. Immerhin mag man in der Antwort ( „Okay,
forget about it!” Marko D. Knudsen
(Direktor der RomNews-Gesellschaft <www.RomNews.com>,
Hamburg) schrieb am 8.6. (bzw. 9.6.) 2004 an das oben bereits erwähnte Roma Network (Romano Liloro), wo
diese Webseite bekannt gemacht worden war: „This site is
not recomended !!! Some rasist
views from an non Roma, maybe he dont like be called an Nazi, but who knows ? I will consult
my lawyer, writer should be in Germany. [sic!]” Zu Deutsch: „Diese Seite ist nicht zu empfehlen
!!! Einige rassistische Ansichten eines Nicht-Roma; vielleicht möchte
er nicht Nazi genannt werden, aber wer weiß ? Ich
werde meinen Anwalt konsultieren; der Autor dürfte in Deutschland sein.“ Dies ist alles, was Knudsen zu der Seite bzw. zum Thema zu sagen hatte. Im
Übrigen würde ich, wenn schon, dann auf „Nicht-Sinti-und-Roma“
bestehen. Ein Sinto, der unter seinem Sinti-Namen Latscho Tschawo das Buch „Die Befreiung des Latscho
Tschawo – Ein Sinto-Leben in Deutschland“
(Bornheim-Merten 1984) veröffentlicht hat, behauptete doch (im Vorwort) allen
Ernstes (von sich): „Er ist Sinto, kein Zigeuner, denn Zigeuner kommt von
‚ziehender Gauner‘.“ Die Redaktion von „pogrom“, der Zeitschrift der „Gesellschaft für bedrohte
Völker e.V.“ schrieb in einer Vorbemerkung zu einem Beitrag von Donald
Kenrick: „Die überwiegende
Mehrzahl der Roma in Deutschland bezeichnet sich seit
Ankunft ihrer Vorfahren um 1400 als (deutsche) Sinti. Wird im Rahmen der heutigen Bürgerrechtsarbeit von deutschen Sinti gesprochen, sind auch alle in der
Bundesrepublik lebenden Rom
gemeint, deren Urgroßeltern schon im 19. Jahrhundert hierher zuwanderten oder
deren Familien in den Nachkriegsjahren wie andere Deutsche und Osteuropäer in
die Bundesrepublik flüchteten oder vertrieben wurden. Das Wort Zigeuner wird von Sinti und Roma mit
Diskriminierung verbunden. Gerade deshalb wird es aber bei der Beschreibung
der rassischen Verfolgung während des Dritten Reiches weiter verwendet.“ (Sinti und Roma im
ehemaligen KZ Bergen-Belsen am Wenn man eine solche Verwirrung stiftet, darf man sich nicht
wundern, wenn das „gemeine Volk“ mit der neuen Begrifflichkeit noch nichts
Rechtes anzufangen weiß. Man kann vermuten, daß
„Roma“ hier als Sammelbezeichnung für alle Zigeuner verwendet wird, mit Rom
jedoch nur bestimmte Gruppen, möglicherweise die Roma im eigentlichen,
engeren Sinne. Daß eine solche Äußerung Sinti in
Deutschland auf die Palme bringt, die eben nicht als Roma bezeichnet werden
wollen, scheint man seinerzeit noch nicht (vielleicht auch heute nicht)
registriert zu haben. In der gleichen Publikation spricht übrigens Tilman Zülch, der Vorsitzende jener Gesellschaft, in seiner Rede
immer wieder von „Zigeunern“, und das nicht nur im Zusammenhang mit der
Verfolgung in der NS-Zeit. Die Schriftstellerin Luise Rinser
erhebt gleich zu Beginn ihres Buches „Wer wirft den Stein? - Zigeuner
sein in Deutschland, eine Anklage“ (Stuttgart 1985, S.7) den moralischen
Zeigefinger und führt aus: „Zigeuner ist ein
negativ besetzter Begriff, den wir nicht mehr gebrauchen sollten. Das Volk,
das wir so bezeichnen, heißt Roma . ... Wenn ich Roma
sage, so meine ich das ganze Volk der Roma, wo immer es auch lebt. Wenn ich
Sinti sage, so spreche ich von jenen Roma, die Deutsche sind wie wir andern
Deutschen auch.“ - und
demonstriert dabei gleichzeitig ihre Ignoranz. Sachlich unrichtig, neben der Gleichsetzung
von Zigeunern und Roma, ist hier, daß Rinser
Zigeuner mit deutscher Staatsangehörigkeit automatisch zu Sinti macht,
obgleich es doch auch nicht wenige ‚deutsche’ Roma gibt. Der Historiker
Ludwig Eiber (in: „Ich wußte,
es wird schlimm.“ – Die Verfolgung der Sinti und Roma in München 1933-1945,
München 1993, S.10): „Die
Ende der 70er Jahre erstarkende Bürgerrechtsbewegung verwendete mit den
Begriffen Sinti (auch ‚Cinti’) und ‚Roma’ die
Eigenbezeichnungen der beiden in der Bundesrepublik lebenden Hauptgruppen.
Diese Namen haben sich inzwischen weitgehend durchgesetzt, wenngleich in
Bayern lebende Sinti sich noch heute ‚Zigeuner’ nennen. In dieser
Dokumentation werden die Bezeichnungen
‚Sinti’ und ‚Roma’ übernommen, da das Wort ‚Zigeuner’ durch den
Sprachgebrauch unter dem NS-Regime und durch massive Vorurteile negativ
belastet ist.“ Es
wird nicht erklärt, in welcher Weise der Begriff „Zigeuner“ durch das
NS-Regime negativer belastet worden sei, als das vorher der Fall war. Es ist
auch nicht der Begriff an sich, der von Vorurteile behaftet wäre, sondern es
sich die Menschen, die hinter diesem Begriff stehen. D.h. durch einfache
Umbenennung können Vorurteile nicht beseitigt werden. Obwohl
Eiber konstatieren muß, daß die (Masse der) Sinti in Bayern sich selbst
„Zigeuner“ nennt (wenn sie Deutsch sprechen), setzt er sich jedoch über diese
Einsicht hinweg – wem auch immer damit dienend. Die
Behauptung, „Sinti-und-Roma“ hätte sich weitgehend
durchgesetzt, wird durch die folgende Feststellung der Erfahrung in einer
Schule in Sachsen-Anhalt widerlegt: „Viele der Schüler erzählten, dass sie sich
zuerst nichts unter den Begriffen Sinti und Roma vorstellen konnten. Erst als
Frauke Sonnenburg das politisch inkorrekte Wort ‚Zigeuner’, das leider auch
heute noch häufig verwendet wird, in den Raum warf, war den Jungen und
Mädchen klar, wer gemeint ist.“ (Aufruf vom Der
niederländische Kulturwissenschaftler Huub van Baar (in: „Memorial work in progress“, City – analysis of
urban trends, culture, theory, poliy, action, vol.14. no.6 (Dec.2010), S.653-657, ebd., S.657): “I use the term ‘Roma’ and its
adjective ‘Romani’ to indicate all the different groups, which are often
called ‘Gypsies’ in the English speaking regions. Hence, by referring to the
Roma, I often implicitly refer to the Sinti and other Gypsy groups who prefer
to be distinguished from the Roma.” Zu Deutsch: „Ich
verwende den Terminus ‘Roma’ und sein Adjektiv ‘Romani’,
um all die verschiedenen Gruppen zu bezeichnen, die in Englisch-sprachigen
Gegenden ‚Gypsies’ genannt werden. Wenn ich von
Roma spreche, dann meine ich häufig auch die Sinti und andere
Zigeunergruppen, die von den Roma unterschieden werden wollen.“ Der
Niederländer ist sich also bewußt, daß sich nicht alle Zigeunergruppen als „Roma“ bezeichnet
wissen wollen – und tut es trotzdem. Und auch er kommt nicht um den Begriff
„Zigeuner“ als Sammelbezeichnung herum; möglich ohne sich dessen bewußt zu sein. Ähnlich
wie die beiden oben genannten Autoren drücken sich Bettina Bab und Erhard Stang in ihrem Aufsatz „’Aufenthalt hat hier keine
derartige Familie genommen ...’“ (in: Bonner Geschichtswerkstatt [Hrsg.]: „Es
treibt mich die Nötigung des Lebens...“ – Fremde in Bonn. Ein historisches
Lesebuch, Bonn o.J., S.82-91, ebd. S.91) aus: „Die
Bezeichnung Sinti und Roma hat inzwischen im deutschsprachigen Raum
weitgehend den als diskriminierend empfundenen Begriff Zigeuner ersetzt; die VerfasserInnen folgen dieser Praxis, auch wenn diese
Bezeichnung manchmal nicht ganz korrekt ist.“ Hier
wird erneut deutlich, daß „politisch korrekt“
sachlich durchaus inkorrekt sein kann und in diesem Falle ist. Dennoch
gewinnt bei den beiden Autoren offenbar die Furcht vor „Diskriminierung“ die
Oberhand gegenüber der Einsicht in die Realitäten. So ist es wohl in vielen
Publikationen: man ist sich zwar bewußt, daß „Sinti-und-Roma“ kein
Ersatz oder Synomym für „Zigeuner“ sein kann – Bab
und Stang benutzen denn auch im Text „Zigeuner“ in
Anführungszeichen – will jedoch Auseinandersetzungen mit den passionierten
Gutmenschen aus dem Wege gehen. Welch
einen Unsinn die „politische Korrektheit“ hervorgebracht hat, demonstrieren
die folgenden Beispiele aus der Tageszeitung taz: „...Gitanos, wie Sinti und Roma in Spanien heißen ...“ (Reiner
Wandler in der taz vom Der
gleiche Autor in einem anderen Artikel (taz vom „Eine
von der katholischen Kirche seit Jahrhunderten vernachlässigte Gruppe, die
Sinti und Roma, haben seit gestern ihren ersten kirchlich anerkannten
Märtyrer, den Spanier Ceferino Jimenez Malla. ... Gitanos, wie Sinti
und Roma in Spanien heißen. ...“ Und
als Höhepunkt der taz’schen politischen
Korrektheitsmanie eine Berichtigung in der taz vom „In
unserer gestrigen Kritik zum Film ‚Schwarze Katze, weißer Kater’ von Emir Kusturica war wiederholt von den Sinti die Rede.
Richtigerweise und neutraler hätte es aber Roma heißen sollen, weil der
Begriff Sinti ausschließlich Roma mit deutscher Staatsangehörigkeit
bezeichnet.“ Alles
klar? Auch
der Autor Manuel Meyer schrieb in der Wochenzeitung Jungle
World vom http://jungle-world.com/artikel/2000/26/27517.html (Aufruf vom Eine
Referentin (ausgerechnet eine Ethnologin) aus der Behörde der damaligen
Bundesintegrationsbeauftragten Marieluise Beck leiste sich im Jahre 2004 den
„politisch korrekten“ Klops, indem sie einen großen Verlag aufforderte, eine
CD „Aufklärung für Kinder“ nicht weiter zu verbreiten, weil dort ein Beitrag
des jüdischen Schriftstellers Walter Benjamin über „Zigeuner“ Vorurteilen
verbreiten würde. (Henryk R.Broder: Praktikantin
contra Benjamin, in: Der Spiegel, Nr.18, vom In einem Leserbrief vom http://www.derwesten.de/region/niederrhein/mit-anderen-augen-aimp-id10478476.html
(Aufruf
vom Alles
andere als „korrekt“ ist auch die Bezeichnung der aus Barcelona stammenden
Künstlerin Lita Cabellut als Sinti-Malerin,
wie geschehen im Mannheimer Morgen vom http://www.morgenweb.de/mannheim/mannheim-stadt/dialog-zwischen-den-religionen-1.385590 (Aufruf vom In
einer genetischen Untersuchung mit portugiesischen und spanischen Gitanos (Calé) bezeichnen
Isabel Mendizabal u.a. („Reconstructing the Indian Origin and Dispersal of the European Roma: A Maternal Genetic Perspective“, in: PLoS ONE [e-journal], vol.6,
no.1 [Jan. 2011], S.1-10, ebd. S.2) die untersuchten Zigeunergruppen als
„Roma“, und das obwohl sie feststellen mußten, daß: „All the individuals self-declared as
‚ciganos/ gitanos’ (Portugal/ Spain) ...“ Mit
anderen Worten: Wer Roma sind und wie Zigeuner zu bezeichnen sind, bestimmen
Nicht-Zigeuner. Im
„Volksblatt Berlin“ hat ein Hugo Barmettler am „Der
Schock über die einstige Behandlung von Sinti- und Roma-Kindern
in der Schweiz sitzt tief. ... Jenische, wie
Zigeuner in der Schweiz heißen, ...“ Für Erheiterung und gleichzeitig
Verärgerung sorgte im Sommerloch 2013 der in Hannover ansässige Verein „Forum
für Sinti und Roma“, als er Lebensmittelhersteller aufforderte,
Zigeunersaucen und ähnlich anstößige „Futteralien“
umzubenennen. Zwei dieses Ansinnen unterstützende Hannoveraner Rechtsanwälte
haben sich gleich mit lächerlich gemacht. Dies sorgte in vielen Online-Foren
von Zeitungen u.ä. für erregte Diskussionen, die
deutlich machten, wie viel Schaden ideologisches Quacksalbertum
für die Zigeuner in diesem Lande mit derartigen Aus- bzw. Mißgeburten
anrichten kann und daß die breitere Öffentlichkeit
offenbar nicht bereit ist, sich unsinnige Sprachregelungen vorschreiben zu
lassen. Immerhin hat der stellvertretende
Vorsitzende des Zentralrates der Deutschen Sinti und Roma, Silvio Peritore, in einem Interview die Lächerlichkeit des
Ansinnens des Regado Rose und seines Vereins in
Hannover anerkannt. Allerdings ist Peritore nicht
ehrlich, wenn er behauptet, der Zentralrat hätte sich nicht als „Wortpolizei“
betätigt. Den in der Presse immer wieder anzutreffenden Unsinn von dem
Volk der „Sinti und Roma“ befördert auch der „Niedersächsische Verband
Deutscher Sinti e.V.“ (Hannover) noch, wenn er schreibt: „Die
Bürgerrechtsbewegung der Sinti und Roma konnte schließlich durchsetzen, dass
die Eigenbezeichnung „Sinti und Roma“ verwendet wird.“ http://www.sinti-niedersachsen.de/sintiundroma (Aufruf vom Wann war denn jemals
„Sinti und Roma“ die Eigenbezeichnung? Entweder war oder ist es Roma oder
Sinti, aber nicht „Sinti und Roma“. Offenbar ist sich dieser Landesverband
gar nicht bewußt, was er hier eigentlich verkündet
– abgesehen davon, daß wohl kaum eines seiner Sinti-Mitglieder mit Roma identifiziert werden will. Das
„Durchsetzen“ würde auch noch eine eingehendere
Betrachtung verdienen. Der Hauptmatador der Roma-Vereins „Terno Drom e.V.“ (Düsseldorf
bzw. Erkrath), Merfin Demir,
ein aus Mazedonien stammender Rom, äußerte sich über diese Webseite und ihren
Verfasser in einem Wikipedia-Diskussionsforum zum
Eintrag „Zigeuner“ im November 2007: „Hallo,
an dieser Stelle möchte ich noch mal das Herausnehmen des Links von Benninhausen unterstützen. Bedauerlicherweise arbeitet
Herr Benninghaus mit Halbwarheiten.
Auch handelt es sich bei dem Text nicht um eine wissenschaftliche Arbeit,
sondern einer Subjektive Meinungsäußerung, die wie man erkennen wird auch
eine polemische Sprache verwendet. Unverkennbar bleibt der Versuch, die Sinti
in einem negativen Bild zu rücken. Daher gehe ich von der Zielsetzung zur
Spaltung der Sinti und Roma aus. Was ich als Rom nicht befürworten kann. Zur
Qualitätssicherung von wikipedia.org ist dieser konsequenter Schritt in jedem
Falle richtig.“ http://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion:Zigeuner/Archiv/2007
(Aufruf vom Abgesehen von dem Hinweis, daß er hier verschiedene Vorgänge auf Wikipedia
miteinander vermischt bzw. verwechselt, erübrigt sich weiterer Kommentar. Der
Leser dieser Webseite mag sich selbst ein Bild machen. Und: Zensur auf Wikipedia durch verschiedene Meinungsmacher ist Gang und
Gäbe und ein Wesensmerkmal dieser „freien Enzyklopädie“. Die "politische
Korrektheit" strebt immer wieder bisher ungeahnte Höhen an, indem nun
bei manchen "Super-Gutmenschen" von "Romn_ja
und Sint_ezze" (z.B. in dem von K.Krahl/ A.Meichsner
herausgegebenen Sammelband: Viele Kämpfe und vielleicht einige Siege. Dresden
2016) zu lesen ist oder der schon genannte Merfin Demir von „Wir Sint*ezza und Rom*nja“ schreibt und die
(seine?) neueste "Erfindung" zur Vermeidung des Begriffs
"Zigeuner" (Z-Wort) erklärt: „Der
Autor benutzt die abgekürzte Form des Z-Begriffs, um die Reproduktion rassistischer
Konstrukte, die mit dem Begriff „Zigeuner“ in Verbindung stehen, auf das
Minimum zu reduzieren. Analog verfährt er auch mit anderen Postkolonialen
Begriffen. “ (in:
Migazin vom (Aufruf vom Merfin
Demir ist allerdings nicht der einzige "antirassistischen Beifall"
Erheischende. Eine Kristina Wermes ("Das Schicksal der Leipziger
Sintifamilie Deußing, in der bereits genannten Publikation "Viele
Kämpfe und vielleicht einige Siege", Dresden 2016) findet die Version
" Z[...]" schick. Ein oder eine Michael_a Wermes (in: "Kommentierte Bibliographie zum Thema Antiromaismus", 2016) ist so vorsichtig, daß man sich fragt, ob er/ sie sich vor Angst, etwas
"falsch" zu machen, überhaupt noch aus dem Hause traut: „Triggerwarnung: Dieser Beitrag enthält
pejorative Fremdbezeichnungen, die rassistisch sind und Menschen in ihrem
Wohlbefinden einschränken können – sorry! “ Und weiter: „Da
es sich hier um eine Bibliographie handelt und vor allem auch ältere Werke
mit ihrem Titel komplett genannt werden, konnte nicht auf die Verwendung von rassistischen
und pejorativen Wörtern und Bezeichnungen in Werkstiteln verzichtet werden.
Dafür und für etwaige Irritationen entschuldige ich mich aufrichtig. Bis auf
die Titel dargestellter Werke werden zitierte pejorative Wörter die
Fremdbezeichnungen enthalten jedoch wie folgt versucht zu entschärfen: Anti[…]ismus und Z[…]. Der_die Autor_in ist sich
bewusst, dass dies nicht unbedingt einem Idealzustand gerecht wird ... “ |
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P
r o
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Der Ethnologe Bernhard Streck (Universität
Leipzig), der sich seit Jahren mit verschiedenen Zigeuner-gruppen
beschäftigt, schrieb am „ich gratuliere Ihnen zu ihrem
mutigen Plädoyer für den altehrwürdigen Begriff Zigeuner. Soweit ich sehe,
hat die seriöse Tsiganologie jene von Ihnen zu
Recht als zu schwach legitimierte Umbenennung nicht mitgemacht. Weder die
Giessener Hefte für Tsiganologie noch die Leipziger
Tsiganologie, die deren Tradition weiterführt, hat
sich von dem Sammelnamen verabschiedet, zumal sie sich mit Räumen befasst, wo
die beiden Teilgruppen gänzlich unbekannt sind. Leipziger Tsiganologen
sprechen von Roma, wenn es sich nachweislich um Romani-Sprachgruppenangehörige
handelt. Bei vielen mittel- und westeuropä-ischen
Zigeunern ist das nämlich nicht der Fall, erst recht fehlt diese Sprache in
den Ländern des Vorderen Orients. Das besondere Verhältnis zur
Mehrheitsbevölkerung, das in den Termini Dienst-leistungsnomadismus
oder Peripatetiker zum Ausdruck gebracht wird,
ähnelt sich aber in über-raschender Weise auf der
ganzen Welt. Das
NS-Regime verfolgte in der Tat Zigeuner. Warum gereicht dieser furchtbare
Tatbestand diesem Namen nicht zur Ehre, sondern zur Exterminierung? Es geht
bei diesem Namensstreit einzig um Macht, Einfluss und Gelder. Und um ein
schlechtes Gewissen bei Journalisten, die unter keinen Umständen unkorrekt
erscheinen möchten. Wissenschaft muss sich da raushalten; ihr Ziel ist nicht
Beifall oder Assistenz für bestimmte Gruppen oder Organisationen, sondern
einzig Wahrheit.“ Die beiden bulgarischen Ethnologen
und Tsiganologen (man könnte auch „Romologen“ sagen, doch das würde hierzulande kaum jemand
verstehen) Elena Marushiakova und Veselin Popov („Studii Romani“, Sofia)
schrieben am „... Wir haben Eueren Text über den
Begriff Zigeuner gelesen – hat uns sehr gefallen.“ Reimer Gronemeyer,
aus dessen Feder zahlreiche Publikationen zum Thema Zigeuner stammen, führt
die folgende Begründung für seinen Sprachgebrauch an (aus: Reimer Gronemeyer: Kleines Plädoyer für nicht-verwaltetes
Lernen - Bemerkungen anlässlich eines Sachverständigengesprächs, in:
Frankfurter Hefte, 38.Jg., H.3/1983, S.9-11, ebd. S.10): „Ich benutze den
Begriff, obwohl er gegenwärtig gern durch die Begriffe Sinti und Roma ersetzt
wird. Mir persönlich erscheint die Benutzung der Gruppennamen zudringlich.
Zwar ist die Tatsache nicht von der Hand zu weisen, daß
der Begriff Zigeuner vorurteilsgeladene Assoziationen weckt. Ich erinnere
aber daran, daß es seit den Zeiten Maria Theresias
mehrere Versuche gegeben hat, den Begriff Zigeuner zu tilgen
. ... Die Versuche, den Begriff Zigeuner zu tilgen, waren mit dem
Versuch verbunden, zigeunerische Lebensweise und Identität zu beseitigen.“ In einer email
schrieb am „ich wollte ihnen nur sagen,
dass ich ihren internetartikel sehr spannend und
sehr erhellend fand. ... political correctness
wäre eine schöne sache, wenn sie in den köpfen und
herzen stattfände, und nicht nur eine strategie, um
die beschäftigung mit der substanz
einer sache zu vermeiden. bezeichnungen alleine
ändern natürlich nicht von heute auf morgen die ablehnung
gegenüber einer fremden volksgruppe. trotzdem haben
sie vielleicht eine wichtige bedeutung: als jurist sehe ich durchaus eine botschaft
etwa in der veränderung der bezeichnung
"elterliche gewalt" zu "elterliche
sorge". dito "down-syndrom" statt
mongoloide idiotie". schade,
dass dies mit "sinti und roma"
statt "zigeuner" nicht ebenso gelingt. im
gegenteil bin ich jetzt nach ihrem artikel davon überzeugt, dass neue konfusion
und eigentlich auch neue herabwürdigung (durch ignoranz) betrieben wird. ich werde jetzt also mit neuem bewusstsein
von "zigeunern" reden.“ Der unter dem nickname
„Nomad“ agierende Moderator eines Roma-Diskussions- und Informationsforums im Internet, ein
Lovari (Rom) aus Wien, schrieb in diesem Forum am „Da wir wieder einmal das leidige Thema haben, was nun Zigeuner bedeutet
bzw. ob es ein Schimpfwort sei, lasst Euch gesagt sein, man kann jeden Namen
und jedes Wort als Schimpfwort verwenden. Es für mich unerheblich, ob einer statt
Scheiß-Zigeuner, dann Scheiß-Roma oder Scheiß-Sinti sagt. Denen, die uns so nennen, ist es doch egal,
welches Wort dahinter steht. Ob diejenigen die sich jetzt, über das Wort
Zigeuner aufregen, dann zufriedener sind, vermag ich zu bezweifeln. Gesetzt dem Fall, man bekommt die Gadje dazu, nicht mehr Zigeuner zu sagen, ok vielleicht klappt es, jedoch ist fraglich was mit den
Namen zu geschehen hat, welche bis jetzt das Wort Zigeuner beinhalteten.
Wollt Ihr allen Ernstes, dass der Zigeunerbaron in Folge Roma und Sintibaron heißen muss ?
Zigeunermusik dann Roma und Sintimusik und und und Schon allein die Tatsache, dass der Grossteil
der Alten, auf die Frage was sie seien, antworten sie, Zigeuner und erst
danach erklären ob sie Roma oder Sinti sind, zeigt uns, dass dieses Wort kein
Schimpfwort sein kann. Ja die Alten waren immer schon schlauer als die
Jungen, denn was sollten die Gadje mit der
Bezeichnung Roma und Sinti anfangen ? Versucht doch mal einem Gadjo
zu erklären, was Ihr seid, ohne das Wort, Zigeuner, zu verwenden, na seht
Ihr; geht nicht und so lange das nicht geht, sind wir eben Zigeuner.“ (unter: http://www.forumromanum.de/member/forum/forum.php?action=ubb_show&entryid= 1087245622&mainid=1087245622&USER=user_284736&threadid=2#) Der mittlerweile verstorbene
österreichische Lovari Karl Stojka
(in: Karl Stojka/ Reinhard Pohanka:
„Auf der ganzen Welt zu Hause – Das Leben und Wandern des Zigeuners Karl Stojka“, Wien 1994, S.7): „Ich bin ein
Zigeuner. Ein Rom vom Stamme der Bagaretschi. Mein
Vater war Zigeuner, meine Mutter und meine ganze Familie waren
Zigeuner." Ein Lovari
der jüngeren Generation (Willibald, der Sohn von Ceija
Stojka), im Beiheft zum Film von Karin Berger: „Ceija Stojka – Porträt einer Romní“: „Wir sind nicht böse, daß
wir Zigeuner genannt werden. Wir sind ja Zigeuner. Ich will auch gar nichts
anderes sein. Jetzt sagen sie Rom oder Roma oder Sinti oder was weiß ich!
Keiner kennt sich mehr aus.“ Der burgenländische
Rom Stefan Horvath aus Oberwart (in: Otto Reiter: „’Zigeuner ist für mich ein
Ehrentitel’ – Anmerkungen zum Special ‚Roma Reigen’“, in: filmarchiv
– Mitteilungen des Filmarchiv Austria, H.46
<7-10/2007>, S.24-26, ebd. S.26): „Ich bin ein burgenländischer
Zigeuner und stolz darauf. Viele nennen sich jetzt Roma, Sinti oder
irgendwas, weil sie sich dadurch Geld und Anerkennung erhoffen. Ich bin als
Zigeuner geboren und für mich ist das ein Ehrentitel.“ Auf der von der
„Gesellschaft für bedrohte Völker“ und dem „Verband deutscher Sinti“
organisierten Gedenkkundgebung in Bergen-Belsen im Oktober 1979 sprach der
damalige Präsident der „Romani-Union“, Jan Cibula, in seiner Rede immer wieder von „Zigeunern“ –
ebenso wie Vinzenz Rose (der Onkel von Romani
Rose), wie Tilman Zülch, Willy Brandt, Hans Dietrich Genscher und andere Politiker in
ihren Grußbotschaften. Auf dem Plakat zu der Veranstaltung war in großen
Lettern „Zigeuner“ (ohne Anführungszeichen) zu lesen und klein darunter:
Roma. Die „Roma-Welt-Union“ als Mitveranstalter
wurde (in Klammern) mit „Weltverband der Zigeuner“ erklärt. Angesichts dessen
muß man die heutzutage vorgebrachten „Argumente“
der Sprachbereiniger als Irreführung der
Öffentlichkeit betrachten. (Sinti und Roma im
ehemaligen KZ Bergen-Belsen am In der von der „Gesellschaft
für bedrohte Völker“ herausgegebenen Zeitschrift „Pogrom“ kann man in der
Anmerkung der Redaktion zu einem Themenheft (18.Jg., Nr.130 - 1987, S.1) lesen: „In dieser Ausgabe wird wiederholt der
Begriff 'Zigeuner' verwendet. Der von den historischen, kulturellen und politischen
Konstellationen in der Bundesrepublik geprägte Sprachgebrauch Sinti und Roma
wird aber oftmals der kulturellen Vielfalt und dem Selbstverständnis vieler
diesem Volk angehörigen Gruppen in anderen Ländern nicht gerecht. Der Begriff
'Zigeuner' ist also als in historischer und kultureller Hinsicht
wertneutraler Sammelbegriff zu verstehen und impliziert im Einzelfall die
Verwendung der von den Betroffenen gewünschten Eigenbezeichnung." Zu erwähnen wäre an
dieser Stelle, daß die genannte Gesellschaft maßgeblich
an der Gründung des „Zentralrates der Deutschen Sinti und Roma“ beteiligt
war. Der aus Mazedonien stammende, in
Deutschland lebende Roma-Schriftsteller und Sänger Muharem Serbezovski hat einem
seiner Bücher den Titel gegeben: „Cigani ‚A’ kategorije“ (in deutscher Übersetzung veröffentlicht als
„Zigeuner erster Klasse“, 2003). In einem Zeitungsartikel (Saarbrücker
Zeitung vom „...Vorurteile über Zigeuner will Muharem Serbezovski abbauen
helfen. Er selbst sagt: ‚Ich bin Zigeuner.’ Und er ist stolz darauf. …“ Sinti aus dem Ravensburger Viertel Ummenwinkel werden zitiert mit (in: Florian Lindemann:
„Die Sinti aus dem Ummenwinkel – Ein sozialer
Brennpunkt erholt sich“, Weinheim/ Basel 1991, S.35): „Der Begriff ‚Zigeuner’ hat im Ummenwinkel nicht automatisch denselben unangenehmen
Beigeschmack, wie ihn uns Deutschen das schlechte Gewissen vor der Geschichte
üblicherweise anerzogen hat. Sie nennen sich hier alle selber so.“ Die slowakische Ethnologin Petra Somanková schreibt in ihrer Magisterarbeit („Die Verbreitung der Pfingstbewegung unter
Sinti in Deutschland“, Köln 2010, S.5, Anm.3) über ihre Erfahrung mit Sinti
im Kölner Raum (http://www.gypsy-research.org/resources-somankova.pdf) : „Die Mitglieder der Sinti-Gemeinde
bezeichneten sich zuerst als Zigeuner und erst nachdem ich nach der genaueren
Gruppenzugehörigkeit fragte, erwähnten sie die Zugehörigkeit zu der Gruppe
der Sinti. Als Grund dafür nannten einige von ihnen die Unwissenheit der
‚Nicht-Zigeuner’ über die Unterschiede bei den verschiedenen Zigeunergruppen.
Die Bezeichnung ‚Sinti und Roma’ lehnten alle von mir Befragten ab und legten
zudem viel Wert darauf, nicht als Rom/Romni
bezeichnet zu werden.“ Der mit einer türkischen Romni verheiratete Mozes F. Heinschink schreibt in seinem Aufsatz: „E Romani Čhib – Die Sprache
der Roma“ (in: M.F. Heinschink/ Ursula Hemetek [Hrsg.]: Roma – das unbekannte Volk, Schicksal
und Kultur, Wien u.a. 1994, S.110-128, ebd. S.110,
Anm.1): „Obwohl mir bewußt
ist, daß diese Bezeichnung vielfach von den
Betroffenen abgelehnt wird, wird in Ermangelung eines Besseren ‚Zigeuner’ als
Sammelbegriff für alle Roma- und Sinti-Gruppen
verwendet.“ Dennoch hat Heinschink (wenn auch
nicht allein) das Buch mit „Roma“ betitelt. Die Sinti Allianz Deutschland e.V.
(früher Sitz in Köln) schrieb auf Ihrer damaligen Webseite (Stand „...Die Bestrebungen einiger
Vereinsfunktionäre, die Eigenbezeichnung Sinti und die Eigenbe-zeichnungen
der anderen Zigeunervölker wie Manusch, Kale (Gitanos) u.a., sowie den historisch gewachsenen neutralen
Sammelbegriff Zigeuner aus politischen Gründen durch Sinti und Roma bzw. nur
Roma zu ersetzen, werden von den Angehörigen der unterschiedlichen, den Sinti
oder Roma nicht angehörigen Zigeunervölkern, abgelehnt. Will man alle Zigeunervölker gleichermaßen
achten und würdigen, muß deren Eigenbezeichnung
berücksichtigt werden, sofern die Nennung der ethnischen Herkunft als
notwendig erachtet wird. Sollte einem Außenstehenden die
Eigenbezeichnung nicht bekannt sein oder die Aufzählung aller
Volksbezeichnungen an der Vielfältigkeit scheitern, kann man mangels eines
von allen Zigeunervölkern akzeptierten neutralen Überbegriffs, auf die
Jahrhunderte alte Bezeichnung Zigeuner, sofern sie wertfrei benutzt wird,
nicht verzichtet werden. ...“ (unter: http://www.sintiallianz-deutschland.de/sintiunfroma.html
[sic !]) Der Kölner Sinti-Musiker
Markus Reinhardt in einem Interview mit der Tageszeitung „Neues Deutschland“
vom „’ Wir sind Zigeuner!’ Markus Reinhardt singt
diesen Satz fast. ... Mit seiner Terminologie verstößt er bewusst gegen den offiziellen
Sprachgebrauch auch des Zentralverbandes der Sinti und Roma. Es gebe in
Europa noch andere Untergruppen, nicht nur Sinti und Roma, erklärt Reinhardt.
‚Ihr Linken habt immer Probleme mit dem Wort, sagt Sinti und Roma zu uns.’
Völliger Quatsch sei diese Wortakrobatik. Er habe sogar ein Lied
veröffentlicht, das sich diesem Thema widmet. ...“ (Aufruf vom Die als „Frau Europas 2001“
ausgezeichnete Sintizza Philomena Franz benutzt die
verschiedenen Begriffe nebeneinander bzw. den einen als Untertitel des
anderen, z.B. in Ihrem Buch „Zwischen Liebe und Haß
– Ein Zigeunerleben“ (Freiburg u.a. 1985, S.8): „Ich habe dieses Buch
als Zigeunerin geschrieben. Als Zigeunerin vom Stamm der Sinti.“ Und an anderer Stelle (in: Barbara Bönnemann: „Rom heißt Mensch – nicht Mensch zweiter
Klasse“, in: Süddeutsche Zeitung, „Ich habe mit dem
Wort ‚Zigeuner' keine Probleme, es kommt immer darauf an, wie man es
ausspricht.“ Der Sinto Karl Wagner -
seinerzeit Vorsitzender des "Forums für Zigeuner und Landfahrer"
äußerte sich gegenüber den Westfälischen Nachrichten (vom „Ich schäme mich nicht, mich Zigeuner zu nennen.“ Die österreichische Sintizza Rosa Winter (Kerndlbacher)
(in: Ludwig Laher [Hrsg.]: Uns hat es nicht geben
sollen. Rosa Winter, Gitta und Nicole Martl - Drei
Generationen Sinti-Frauen erzählen, Grünbach (A)
2004, S.47): „Vielleicht liegt ein Fluch auf den
Zigeunern, aber ich bin stolz darauf, eine Zigeunerin zu sein.“ Die Kieler Sintizza,
Wanda Kreutz, sozialpädagogische Assistentin, (in: Zazie
Wurr [Hrsg.]: Newo Ziro – Neue Zeit? Wider die Tsiganomanie
- Ein Sinti- und Roma-Kulturlesebuch, Kiel 2000,
S.51 und 57): „Auch ich, die ich einen Beruf habe, der so
gar nicht diesem Klischee [das man über Zigeuner hat] entspricht ..., bin und bleibe eine
Zigeunerin. Und ich bin stolz darauf. ... Zum Abschluß noch
etwas: Zigeuner heißt Sinti und Sinti Zigeuner. Jeder darf mich fragen, ob
ich eine Zigeunerin bin und ich werde ja sagen. Beschimpft mich einer mit
Zigeunerin, kann er mich auch mit Sinteza
beschimpfen.“ Der über 80jährige Hamburger Sinto
Emil Weiss in: http://journalistaward.stop-discrimination.info/fileadmin/ja08/Winning_articles/599_SJA_DE.pdf (Aufruf vom „’Wir sind Zigeuner’, sagt er in einer
Dokumentation, die gerade im Ersten lief. Der Begriff ... wurde über
Jahrhunderte hinweg mit Abwertung belegt. Emil Weiss
möchte das Wort wieder als neutrale Bezeichnung zurückgewinnen.“ Siehe auch: Jane Masumy:
Auf ihn hören 500 Sinti, in: Hamburger Morgenpost, (http://archiv.mopo.de/archiv/2008/20080609/hamburg/panorama/auf_ihn_hoeren_500_sinti.html, Aufruf vom Süddeutsche Sinti äußern sich in dem
oben als cover präsentierten Buch von Angela
Bachmair (2014, S.20): „Sich selbst und ihre Familie nennt Anna
Reinhardt manchmal Sinti, öfter aber Zigeuner. Zu den Roma gehört sie auf
jeden Fall nicht, das betont sie, denn sie seien ja nicht in Deutschland
daheim. Anna Reinhardt besteht nicht auf der Bezeichnung 'Sinti', die heute
als politisch korrekt angesehen wird. Es macht ihr nichts aus, wenn sie
Zigeunerin genannt wird: 'Das kommt auf den Ton an.' Der Begriff 'Zigeuner'
darf eben nicht herabwürdigend und verächtlich gebraucht werden, so erläutert
sie ihre Haltung. 'Zigeuner, das ist
der deutsche Name für uns', wird später Anna Reinhardts Bruder Ernst mir
erklären, und beide, Bruder und Schwester, sagen mit Nachdruck: 'Wir sind
stolz darauf, dass wir Zigeuner sind.'“ Die mittlerweile verstorbene
Filmemacherin und Sintizza Melanie Spitta hat
offenbar gleichfalls keine Probleme
mit dem Begriff Zigeuner, wenn sie in dem gleichen „Sinti- und Roma-Kulturlesebuch (s.o.,)
schreibt (S.62): „Wer Zigeunern, ob Sinte
oder Roma, helfen will, muss über Hintergrundinformationen verfügen, die nicht aus Büchern stammen.
Der Ansatz darf nie sein ‚Alle Zigeuner wollen dasGleiche’.
Zigeuner ist nicht gleich Zigeuner. Wer weiß schon, wie viel Stämme es gibt,
die sich voneinander deutlich unterscheiden ...“ Melanie Spitta hat übrigens (s.o.)
an dem mystifizierten Kongreß von 1971 in London
teilgenommen! Die ungarische Kunsthistorikerin (Vater
Sinto, Mutter von einer Roma-Gruppe) Tímea Junghaus – sie war Kuratorin des ersten Roma-Pavillons bei der 52. Biennale 2007 in Venedig –
wurde gefragt: „Warum
verwenden Sie den Begriff Zigeuner? Im Deutschen ist er negativ besetzt und
historisch belastet.“ Darauf ihre Antwort: „Ich
weiß, auch im Ungarischen schwingt bei diesem Wort etwas Diskriminierendes
mit, obwohl es eigentlich eine korrekte Bezeichnung ist. Ich spreche von
Zigeunern und von Zigeunerkunst, weil ich das Wort ins Positive wenden
möchte.“ (aus einem Interview mit Tímea
Junghaus im Hamburger Abendblatt vom Möglicherweise ist das für T.Junghaus selbst auch die sinnvollste
Identitätsbeschreibung, da sie sowohl von Sinti als auch von Roma abstammt
und vermutlich „SintiundRoma“ nicht sein will. Ein ungarischer Rom, der Journalist Tibor
Racz, schrieb am „Die
Ordnung politisch korrekter Begriffe hat ihre Fallstricke, und die Leute werden
immer unsicherer, wie sie Angehörige dieser Ethnie
nennen sollen. Ist es wirklich ein Zeichen von Aufklärung, die Begriffe Sinti
und Roma zu verwenden? Nur weil ‚Zigeuner‘ als eindeutiges Schimpfwort gilt? Für
mich ist die Antwort eindeutig: Ich bin Zigeuner. Und ich bin nicht damit
einverstanden, dass der Begriff ‚Zigeuner‘ ein mit Klischees und Vorurteilen
belastetes Schimpf- und Schmähwort ist. Und gleichzeitig finde ich es
schwierig, dass einige meiner Bekannten mich nicht ‚Zigeuner‘ nennen. Mit dem
Gebrauch politisch korrekter Begriffe stellt sich nicht unmittelbar Respekt
ein. Und die alltägliche Diskriminierung wird nicht dadurch geringer, dass
man die Bezeichnungen ‚Sinti‘ und ‚Roma‘ benutzt. … In
Ungarn bin ich mit vielen Akademikern befreundet, die darauf bestehen, ‚Cigány‘ genannt zu werden. Auch sie wissen mit den
Begriffen ‚Sinti‘ und ‚Roma‘ nichts anzufangen. Aber nicht nur sie. Meine
Eltern sagen immer: ‚Das Wort Roma ist scheinheilig. Wir sind Zigeuner. Wir
haben uns niemals Roma genannt. Und dieses Wort ist so gut oder so schlecht,
wie man uns behandelt.‘…“ http://www.taz.de/Politische-Korrektheit/!158122/ (Aufruf
vom Am „Im Namen und im Auftrag der in unserem
Verband zusammengeschlossenen Zigeuner deutscher Staatsangehörigkeit schlagen
wir den Präsidenten unseres Verbandes, Herrn Vinzenz Rose, Baden-Baden, ...
zum Bundesverdienstkreuz vor. ... Herr Rose hat aber auch entscheidend dazu
beigetragen, den deutschen Zigeunern wenigstens in Anfängen ein politisches Bewußtsein zu vermitteln. ...“ Am Hugo Franz, der mittlerweile
ebenfalls verstorbene Vater des derzeitigen „Hauptmatadors“ des „Verbands
Deutscher Sinti und Roma Nordrhein-Westfalen“, welcher dem „Zentralrat
Deutscher Sinti und Roma“ angeschlossen ist, hatte zum „Nicht organisierte DEUTSCHE
ZIGEUNER aus dem Bundesgebiet und Westberlin“ In der Einladung
(vom „Wir deutschen Zigeuner, die
wir in keinem der bestehenden Sinti-, Roma- oder sonstigen Zigeuner-verbände Mitglieder sind und uns ebenso nicht
dem im Februar 1982 neu gegründeten Dachverband, genannt ZENTRALRAT DEUTSCHER
SINTI UND ROMA angeschlossen haben, möchten der deutschen Öffentlichkeit eine
wichtige Mitteilung machen. ... Wir bitten Sie, uns ebenso aufgeschlossen
anzuhören sowie das, was wir zu sagen haben, zu verbreiten, wie Sie dieses
seit 1979 für die Verbandszigeuner tun.“ Am „Wendet Euch vertrauensvoll
an den Chef der Zigeuner (jetzt auch 1. Vorsitzender des Verbandes Deutscher
Sinti).“ Der
Sinto Heinz Adler sagte in einem schon älteren Interview (Ende der 1970er
Jahre): „Ich bin Zigeuner und bleib Zigeuner." Der Interviewer Heinz Schilling
stellte dabei (2011) fest: „Mein Gesprächspartner Heinz
Adler kannte keine andere Eigenbezeichnung als 'Zigeuner', was unbefragt auch
als Selbstidentifikation der eigenen Familie gültig war.“ (Institut
für Kulturanthropologie und Europäische Etnologie
<Hrsg.>: Zigeuner und Wir, Frankfurt/ M. 1979, S.275-300, ebd. S.283.
Siehe auch: http://heinzschilling.de/aufsaetze/ethnische_gruppen/jenseits_des_stigmas.pdf,
Aufruf vom Die oben bereits erwähnte Sintizza
Theresia Seible ist in einer für Unterrichtszwecke
erstellten Publikation (Christoph Ortmeyer/ Elke
Peters/ Daniel Strauss: „Antiziganismus –
Geschichte und Gegenwart deutscher Sinti und Roma“, hrsg. v. Hessisches Landesinstitut
für Pädagogik [HeLP], Materialien zum Unterricht,
Sekundarstufe 1, H.135: Gesellschaftslehre/ Geschichte, Wiesbaden 1998) mit den Worten wiedergegeben:
„Wenn ich das so
sage: Zigeuner. Wir sind unter diesem Namen verfolgt worden, und ich finde, daß man den Namen, unter dem man verfolgt wurde, tragen
sollte ... Aber nach Dachau [dem von einigen Sinti-Aktivisten Ostern
1980 in der KZ-Gedenkstätte Dachau veranstalteten Hungerstreik] verlangte
man, daß man ,Zigeuner', weil es ein Schimpfwort
ist und von der Landfahrerstelle immer noch nicht rausgestrichen
ist, nicht mehr gebraucht und das Wort ‚Sinti’ sagt. Aber wenn man seit dem
16.Jahrhundert vogelfrei war und verfolgt ist unter diesem Namen, dann bin
ich stolz, daß ich ein Zigeunerle
bin.“ Sie mußte sich daraufhin von den Redakteuren, vor allem wohl
dem Zentralrats-Aktivisten Daniel Strauss folgende „Exegese“ ihrer Worte
gefallen lassen (ebd., S.136, Anm.): „Die Redaktion teilt
diese Ansicht nicht. Wenn Theresia Seible diese
Bezeichnung für sich in Anspruch nimmt, so hat sie eine spezifische
Begründung dafür, keinesfalls aber eine allgemeingültige. Sie stellt jedoch
selbst fest, daß es sich bei dem Begriff
,Zigeuner' um ein Schimpfwort handelt. Die konkrete Bedeutung des Begriffs , Zigeuner' muß als
diskriminierend bezeichnet werden.“ Rita Prigmore,
die Tochter von Theresia Seible: „… Rita Prigmore,
die sich bei allen öffentlichen Auftritten stets als "Zigeunerin"
bezeichnet. Unter dieser Bezeichnung seien Sinti und Roma beschimpft, bespuckt
und verfolgt worden: ‚Und das ist der Titel, mit dem man uns vergast hat.’
Ja, sagt Rita Prigmore, es klinge wie ein
Schimpfwort. Aber indem sie es benutze, erinnere sie daran, was ihren Leuten
angetan wurde und noch angetan wird. … Der Begriff ‚Sinti’ verschöne und
verdränge die nach wie vor andauernde Diskriminierung, betont die gebürtige
Würzburgerin …“ (in: „Die Braunen laufen wieder“, Fränkische Nachrichten, http://www.fnweb.de/region/rhein-main-neckar/wurzburg/die-braunen-laufen-wieder-1.1115158, Aufruf vom Unter der Überschrift „230
Straftaten wurden der kriminellen Profi-Bande nachgewiesen“ konnte man am „…Zehn verdächtige Personen, die aus der
Gruppe der Sinti stammen und sich selbst als Zigeuner bezeichnen, wurden
dingfest gemacht. …“ Möglicherweise waren es Kelderara, die in einer Vernehmung Wert darauf legten „als Zigeuner und nicht als Sintis
oder Romas bezeichnet zu werden.“ (in: Hans Kloep:
Sippe rächte das Liebesleid, Kölner Stadt-Anzeiger <Bergisches Land>, Ein serbischer Rom sagte vor Gericht
(Hamburger Morgenpost vom „Ich bin ein Zigeuner, wir haben eine andere
Mentalität, aber solche Sachen mag ich nicht.“ http://www.mopo.de/news/vor-gericht-rastete-vater-in-der-schule-aus-,5066732,5625098.html
(Aufruf am Der Schweizer Jenischen-Aktivist
Venanz Nobel („Fäberer“),
Basel, schrieb am „... Wer mit dem Begriff "Sinti und
Roma" sicher nicht vertreten ist, sind die Jenischen.
Tatsächlich sind die Jenischen normalerweise
"mitgemeint", wenn jemand das Wort "Zigeuner" verwendet.
Ich weiss allerdings nicht, ob ich das positiv
finden soll ... Wenn die Theorie der Sintiallianz
stimmt, dass noch mehr Gruppen bei "Sinti und Roma" nicht mitgenannt sind, die unter "Zigeuner" gezählt
werden, wird es allerdings mit der Zeit schwierig.... Wenn dann das politisch
korrekte Wort "Sinti, Roma, Jenische, Lallere, Manische, Kale,..."
heisst und alleine schon mehr als eine Zeile füllt,
müssen wir darüber weiter diskutieren, ob wir zum "Zigeuner"
zurückkehren wollen oder ob jemand eine zündende Idee für einen neuen
Sammelbegriff hat Grundsätzlich finde ich es am Richtigsten,
wenn die einzelnen Gruppen im jeweiligen Zusammenhang richtig benannt werden.
Roma, die z.B. als Strassenmusiker arbeiten, sind
Roma und nicht "Sinti und Roma" oder "Sinti, Roma und Jenische". Jenische
Scherenschleifer andererseits sind Jenische und
nicht "Sinti, Roma und Jenische". So
wirken Medienberichte oft seltsam, wenn die Journalisten mangels Sachkenntnis
alles über einen Kamm scheren. ...“ (unter:
http://www.forumromanum.de/member/forum/forum.php?action=ubb_show&entryid= 1086633496&mainid=1086633496&USER=user_180250&threadid=2#) Rudko Kawczynski, einst einer der führenden Leute im „Roma
National Congress“ (Hamburg) und ver-schiedenen
anderen Organisationen, z.Zt. im European Roma and Traveller Forum (ERTF) und, so weit bekannt, der Vater
des oben zitierten Marko Knudsen (!) vertrat die
Ansicht (in: „Zigeunerverfolgung“, in: Angelika Ebbinghaus/
Heidrun Kaupen-Haas/ K.H.Roth
(Hrsg.): Heilen und Vernichten im Mustergau Hamburg - Bevölkerungs- und
Gesundheitspolitik im Dritten Reich, Hamburg 1984, S.45): „... ich
(werde) das Wort Zigeuner bewusst weiter benutzen, denn unter diesem Namen
sind wir jahrhundertelang verfolgt worden und es
ist an der Zeit, daß wir als Zigeuner rehabilitiert
werden und dieser Begriff einen neuen Inhalt bekommt.“ Allerdings wird R.Kawczynski
trotz seines Engagements und seiner offenbar guten Romanes-Kenntnisse
von manchen Sinti nicht als Zigeuner angesehen. Auch ist nicht erkennbar, was
er seitdem zur „Rehabilitierung“ des Begriffs getan hat. Mechtild Brand, die
lange Zeit in Hamm mit Lalleri (tschechischen
Sinti) gearbeitet hat, schreibt in ihrem Aufsatz „Die vergessene Verfolgung –
Der Zigeunerbeauftragte aus Soest und seine Opfer“ (Soester Zeitschrift,
H.107 [1995], S.103-120, ebd. S.103): „Die heute weit verbreitete und vom
Zentralrat deutscher Sinti und Roma geförderte Praxis, von ‚Sinti und Roma’
zu sprechen, ist problematisch, weil dieser Ausdruck nicht unbedingt die
Gesamtheit der Gruppe umfaßt. Der nicht der Sprache
dieser Minderheit entstammende Sammelbegriff ‚Zigeuner’ meint alle Teile und
wird nicht automatisch als diskriminierend eingestuft. Der Gebrauch dieses
Begriffs ist vor allem dann nötig, wenn eine klare Zuordnung zu den Sinti
oder Roma oder zu einer anderen Untergruppe nicht möglich ist. Sinti sind die
vor ca. 600 Jahren nach Mitteleuropa eingewanderten, Roma die auf dem Balkan
lebenden oder von dort viel später eingewanderten Zigeuner. Sie unterscheiden
sich in der Sprache und in ihrer Kultur erheblich und lehnen
Tischgemeinschaft miteinander ab. Der Sammelbegriff ‚Sinti und Roma’
verwischt also wichtige Unterschiede, und die Meinung des Zentralrates ist
innerhalb der Minderheit nicht unangefochten.“ Lothar von Seltmann
schreibt im Vorwort (S.7) zu seinem Buch „Die Chali
hat uns Gott geschickt – Schwester Gertrud – ein Leben für die Sinti“
(Wuppertal 2003, 3.Aufl.): „Dabei wurden bewusst die Begriffe ‚Zigeuner’
und ‚Sinti’ bzw. ‚Roma’ nebeneinander verwendet. Dahinter steht die Absicht, den
im deutschen Bewusstsein negativ besetzten Begriff ‚Zigeuner’, der von der
breiten Öffentlichkeit – auch von der christlichen – noch immer überwiegend
für ‚Sinti’ und ‚Roma’ verwendet wird, positiv zu belegen und damit einen
Beitrag zur Annahme der Menschen aus diesem Volk zu leisten. Die Sinti selbst
verwenden auch die Bezeichnung ‚Zigeuner’ ganz selbstverständlich, weil es
für sie ein positives Wort ist.“ Der mitterweile
verstorbene Zigeunerseelsorger des Erzbistums Paderborn, Lothar Weiß („Der Priester
und sein Völkchen“, in: Westdeutsche Allgemeine Zeitung vom „Mit dem diskriminierenden Wort hat er kein
Problem. Auch Roma und Sinti selbst, sagt er, sprächen (auf deutsch) von Zigeunern.“ Die Lebenserinnerungen der
deutsch-niederländischen Sintizza Lily van Angeren-Franz waren im niederländischen Original mit
„Lily. Het unieke levensverhaal van een zigeunerin“ (Amsterdam 1997) betitelt. Die deutsche
Übersetzung machte aus „Zigeunerin“ im Titel „Sintizza“,
was zwar sachlich nicht falsch ist, jedoch tief (in die deutsche politisch
korrekte Seele) blicken läßt. (Hans-Dieter Schmid
[Hrsg.]: „Polizeilich zwangsentführt“ - Das Leben der Sintizza
Lily van Angeren-Franz, Von ihr selbst erzählt,
aufgezeichnet von Henny Clemens und Dick Berts. [Quellen und Dokumentationen
zur Stadtgeschichte Hildesheims, Bd.15], Hildesheim 2004). So nimmt es kein
Wunder, daß sie (neben hin und wieder „Sinti“) in
dem Buch hauptsächlich von „Zigeunern“ spricht. Weitere Beispiele dieser Art sind
oben in Abbildungen zu sehen. Der Historiker Heiko
Haumann (in: Die Akte Zilli Reichmann - Zur Geschichte der Sinti im 20.
Jahrhundert, Frankfurt/ M. 2016, S.12) gab die Aussage einer Lalleri-Frau wieder: „Sintiza war ihr
natürlich recht, aber zugleich meinte sie ebenso wie ihre Verwandte, sie
seien stolz darauf, Zigeunerinnen zu sein. Deshalb haben sie auch nichts
dagegen, wenn sie als Zigeunerinnen bezeichnet werden und nicht, 'politisch
korrekt', als Sinti. 'Es kommt darauf an, wie jemand 'Zigeuner' sagt, wie
jemand über uns spricht.'“ Aus diesen Worten läßt sich erkennen, daß
Zigeuner sehr wohl die Möglichkeit sehen, diese Fremdbezeichnung neutral, in
nicht- diskriminierender Weise zu verwenden. Der gleiche Auto führt ein weiteres Erlebnis
mit einem Rom aus der Schweiz an (ebd. S.12), der ihm sagte: „Ich bin ein
Zigeuner, und ich will nicht anders heißen." Haumann merkt dazu an (S.255,
Anm.4), daß diese Aussagen keine Einzelfälle wären.
Allerdings vollführt er in seinem Buch einen Eiertanz, wenn er, vom
Selbstverständnis der Porträtierten ausgehend, 'Zigeuner' ohne
Anführungszeichen verwendet, und mit Anführungszeichen, wenn er einen
abwertenden Sprachgebrauch kennzeichnen will. Der österreichische Schriftsteller Erich Hackl
(„Abschied von Sidonie“) hatte am (S.135) „Vor langer Zeit habe ich den
Verleger Vito von Eichborn eine Brandrede halten hören. Damals stand in
Deutschland gerade die Betroffenheit hoch im Kurs, bei jeder nationalen
Geisterstunde, in jedem besseren Töpferkurs, in allen esoterischen
Hirnwaschprogrammen wurde sie beschworen, so daß
der verzweifelte Herr Eichborn ein Betroffenheitsverbot aussprach, es sollte
per Dekret aus dem deutschen Wortschatz getilgt werden. ... Mitte
Mai 2000, in Toledo, bei einem Seminar der spanischen
Menschenrechtsorganisation Presencia Gitana, ereiferten sich etliche Teilnehmer über das Wort raza, Rasse. Nicht nur diejenigen, die es naiv oder gar
mit dem Hinter- (S.136) gedanken
der Absonderung und Ausgrenzung verwenden – nein, das Wort selbst sei
rassistisch und deshalb zu tilgen. ... Aber
mit dem Wort allein ist das Problem ja nicht aus der Welt geschafft. Die
spanischen Zeitungen etwa haben die Rasse schon vor längerem durch die Ethnie ersetzt. Da wissen die Leser auch, wer gemeint
ist, wenn von Messerstechern oder Drogenhändlerinnen oder Dieben berichtet
wird. De etnia gitana. Über kurz oder
lang wird auch die Ethnie verpönt sein. Ich merke
es schon jetzt, bei den Reportagen über Ausschreitungen im Madrider Stadtteil
Lavapiés, wo marokkanische Jugendbanden über
chinesische Geschäftsleute hergefallen sind. ... Das sind neuerdings keine Ethnien, die miteinander im Streit liegen, sondern colectivos. ‚Zwei Kollektive des Viertels Lavapiés halten Nachbarn und Behörden in Atem’. So steht
es in der Zeitung El Pais. Wann wird das
Wort Kollektiv als rassistisch verboten? ... (S.137) Wir haben viele Wörter aufgegeben,
infolge ideologischer Nackenschläge, aber auch aus Scham, weil wir Sprache
und Sprecher, Wort und Tat miteinander verwechselt haben. Oder weil wir
glauben, ein Mißstand verschwindet dank einer
Sprachreform. ... Von
Schwarzen dürfen wir gerade noch reden. Von Zigeunern nicht mehr. Aber es ist
kein böses Wort, leitet sich vermutlich aus dem Griechischen her, Gype, oder gründet auf dem alten Glauben, Zigeuner seien
Pilger aus Ägypten, und existiert auch in anderen Sprachen: gitanes, gypsies, gitanos. Es ist also beileibe keine Verballhornung von
‚ziehender Gauner’, wie gelegentlich zu lesen war. ... Aber es gilt ... als
belastet: wer es in den Mund nimmt, muß damit
rechnen, daß ihm über denselben gefahren wird.
Jetzt zirkuliert es fast nur noch unter Faschisten. Alle anderen setzen es
unter Anführungszeichen, um nicht in Rassismusverdacht zu geraten.
(S.138) Die Zigeuner haben für sich das Wort
Roma durchgesetzt, ein schöner Begriff, sofern er auch wirklich ‚Menschen’
und nicht bloß ‚Männer’ bedeutet. Aber ich bin nicht froh über das
Verschwinden der Bezeichnung Zigeuner; mir ist nämlich, als hätten die Nazis,
die dieses Volk ausrotten wollten, mit der Namensänderung im nachhinein ihr Ziel erreicht. Außerdem gilt: Auch wer sich
zum Lamm macht, wird von den Wölfen gejagt. Ich erinnere an die Sprengstoffalle nahe der burgenländischen
Kleinstadt Oberwart, die 1995 vier Menschen das Leben kostete. Sie trug ein
Schild, auf dem stand: ‚Roma zurück nach Indien!’ Der Täter, ..., hatte sich
also der politisch korrekten Sprachregelung bedient. Noch ein Mord, und wir
geben auch das Wort Roma preis, ... (S.139) Es wäre angemessen, auch die Worte
Neger und Zigeuner gegen die extreme Rechte zu verteidigen. Nur fürchte ich, daß es dafür zu spät ist. ... (S.141) Wer die Sprache preisgibt, hat schon
vorher der Vernunft entsagt. Ohne sie ist der Kampf gegen die verloren, die
mit den Begriffen auch das Terrain, das sie Bezeichnen, in Besitz genommen.
Es wird schwer sein, sie davon zu vertreiben.“ Angemerkt werden sollte hier allerdings, daß Hackl die Etymologien für Gypsies
(u.ä.) und für Zigeuner (u.ä.)
vermischt. Widersprechen mag man ihm auch in seiner Einschätzung, daß sich das Wort Roma durchgesetzt hätte und es schon zu
spät sei, die „Sprachreformer“ zu stoppen. Sein Fragezeichen hinter der immer
wieder kolportierten Bedeutung von „Roma“ als „Menschen“ hat allerdings
durchaus seine Berechtigung, was die meisten, wenn nicht alle Romanes-Sprecher (Romanes-Dialekte)
angeht, bezeichnet es doch eben „(Ehe-)Männer“ bzw. Angehörige der Roma-Bevölkerung. Der aus der Vojvodina (Serbien) stammende
jüdische Schriftsteller Ivan Ivanji hat seinen
eigenen Grund für die Ablehnung der „SintiundRoma“-Sprachregelung;
in der Tageszeitung (taz) vom „Ich sage Zigeuner und nicht ‚Sinti und
Roma’, weil ich auch Juden sagen und nicht Aschkenasim und Sephardim. Sinti und Roma sind Zigeunerstämme,
Aschkenasim und Sephardim jüdische Stämme; ich
weigere mich, in den Worten Jude oder Zigeuner etwas Beleidigenderes
zu sehen als in den Worten Deutscher oder Norweger, Eskimo oder Hottentotte,
sonst siegt der Rassenwahn doch noch nachträglich.“ Allerdings scheint Ivanji den Begriff „Zigeuner“ fälschlicherweise eng mit
dem Nationalsozialismus verknüpft zu sehen. Der Historiker Ulrich Opfermann in seiner
Publikation: „’Daß sie den Zigeuner-Habit ablegen’
– die Geschichte der ‚Zigeuner-Kolonien’ zwischen Wittgenstein und Westerwald
(Studien zur Tsiganologie und Folkloristik, Bd.17,
Frankfurt/M. u.a. 1996, S.19): „...inzwischen durchweg
von Sinti und Roma die Rede ist, will sich das Ohr an die fremdartigen
Eigenbezeichnungen nicht recht gewöhnten. Die Unbefangenheit in der
Verwendung des traditionellen Begriffs ist weg, ohne daß
sich eine neue Selbstverständlichkeit im Umgang mit den neuen Begriffen
herausgebildet hätte. Deren Verwendung scheint etwas Aufgenötigtes
anzuhaften, im übrigen ist die Diffamierung durchaus auch in den Medien noch
lebendig: die erste Seite einer Zeitung spricht von Sinti und Roma, im
Lokalteil findet der Leser ,Zigeuner' vor." Opfermann
hat allerdings inzwischen eine völlig andere Auffassung zum Thema entwickelt
und sich damit von den Realitäten ab- und der Ideologie zugewandt. Für ihn
sind heute die seinerzeit von ihm noch als Sinti bezeichneten Zigeuner nun
„Roma“ bzw. eine „Teilgruppe der Roma“. Auch der Historiker Wolfgang
Wippermann hat eine drastische Kehrtwende seiner Ansicht vollzogen und bewegt
sich nun „stramm“ auf der Linie des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma.
1986 schrieb er noch (in: Das Leben in Frankfurt zur NS-Zeit II: Die
nationalsozialistische Zigeunerverfolgung – Darstellung, Dokumente und
didaktische Hinweise, Frankfurt/ M. 1986, S.8 f.): „Ich
habe mich dazu entschlossen, den in den Quellen und von den Zeitgenossen
gebrauchten Begriff ‚Zigeuner’ zu verwenden. Ich halte dies aus folgenden
Gründen für legitim. Einmal deshalb, weil ich die These verschiedener
Zigeunerwissenschaftler persönlich für zutreffend halte, wonach der Terminus
‚Zigeuner’ der historisch und sprachlich korrekte, auf den indischen Ursprung
der Zigeuner hindeutende ist, wo es ein ‚Changar’
genanntes Volk gab. Andererseits weiß ich natürlich, daß
im deutschen Sprachgebrauch der Ausdruck ‚Zigeuner’ einen pejorativen Klang
hat, weil mit ihm die sprachlich zwar nicht korrekte, aber gleichwohl weitverbreitete Assoziation von ‚herumziehender Gauner’
verbunden ist. Doch derartige Urteile und Vorurteile über die Zigeuner in
Vergangenheit und Gegenwart, die eben als Zigeuner verfolgt und diskriminiert
wurden und teilweise immer noch werden, sind m.E.
nicht durch den Austausch der Bezeichnungen und Begriffe, sondern allein
durch die Kenntnis der Geschichte und die darauf basierende Bereitschaft zu
einer Überwindung der Vorurteile zu beseitigen.“ Nun steht zwar das erstgenannte
Argument mit einem tatsächlichen oder vermuteten Volk „Changar“
auf recht tönernen Füßen, doch hat Wippermann im zweiten Teil seiner
Argumentation die durchaus richtige und auch heute noch gültige Tatsache
ausgesprochen, daß eben ein Etikettenwechsel nichts
bewirkt. Ohne hier auf sonstige
Aussagen des Kriminal-Obermeisters Hans Bodlée („Landfahrer
- Ein Beitrag über ihre Kriminalität“,
in: Kriminalistik, Bd.16/ Dez. 1962, S.575-578, hier: S.575) eingehen zu
wollen, kann man ihm seine Beobachtung nicht absprechen, wenn er schreibt: „Wenn
in diesem Artikel der Begriff 'Zigeuner' verwandt wird, so geschieht das ohne
diffamierende Tendenz. Die Zigeuner, mit denen der Verfasser zu tun hatte,
bezeichneten sich selbst als solche, ...“ Der Sozialarbeiter George von Soest
schrieb in seinem Buch „Zigeuner zwischen Verfolgung und Integration –
Geschichte, Lebensbedingungen und Eingliederungsversuche“ (Weinheim/ Basel
1979, S.15 f.): „Positive Begriffe für die Zigeuner scheint
es in kaum einer Sprache der Gastvölker zu geben, alle drücken letztlich die
Ängste einer seßhaften Bevölkerung vor ihnen
unbekannten Menschen, ihnen unbekannten Lebensweisen aus und schließen häufig
genug Diskriminierung ein. Nach der Massenvernichtung der Zigeuner in den
Konzentrationslagern der Nationalsozialisten wurde der Begriff in der
bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte weitgehend nicht mehr verwandt.
Stattdessen wurde der noch wertneutrale, soziologische Begriff ‚Landfahrer’
benutzt. Durch die verabschiedeten Gesetze wird jedoch deutlich, daß es sich letzten Endes um einen Etikettenschwindel
handelt. Der Begriff ‚Landfahrer’ wird in gleicher Weise mißbräuchlich
und diskriminierend benutzt wie der Begriff Zigeuner. ... Die Spielerei mit
Begriffen führt zu keinem brauchbaren Ergebnis. Ob Landfahrer, Nomaden oder
Zigeuner – auf die inhaltliche Bedeutung, auf die positive bzw. negative
Interpretation des Begriffes kommt es an.“ Von Soest schrieb dies noch zu einer
Zeit, als die Sprachfanatiker erst langsam begannen, eine „neue Zeit“
einzuläuten. Trotz seiner kritischen Anmerkung verwendet er dennoch den
Begriff „Zigeuner“ und weist damit auch auf das heutige „Problem“ hin: Man
kann Begriffe noch und nöcher erfinden – letztlich
kommt es darauf an, wie man sie verwendet. Daran ändert auch „SintiundRoma“ nichts. Auch „Landfahrer“ hat an sich
nichts Diskriminierendes an sich, sondern beschreibt die Lebensweise einer
vorgefundenen Gruppe von Menschen. Der Autor irrt allerdings mit seiner
Aussage, daß nach der NS-Zeit, bis zu seinen Tagen
der Begriff „Zigeuner“ weitgehend nicht mehr benutzt worden wäre, wie leicht
nachzuweisen ist (siehe Beispiele auf dieser Seite). Auch die Bezeichnung
„Gastvölker“ ist sicher nicht sachgerecht gewählt: immerhin leben Zigeuner
schon seit über 600 Jahren etwa in Deutschland und in andern Gebieten noch
länger. Wie man weiß, sind die Einträge zur
Person in dem auch unter Zigeunern verbreiteten sozialen Netzwerk „Facebook“ freiwillig. Bei der Frage nach den jeweils
gesprochenen Sprachen findet man zahlreiche in Deutschland lebende Angehörige
verschiedener Zigeunergruppen, die hier „zigeu-nisch,romanes“ eingetragen haben. Man kann hier eine
gewisse Selbstverständlichkeit herauslesen, daß man
sich eben abgesehen von der Eigenbezeichnung gegenüber der „fremden“
(nicht-zigeunerischen) Umgebung als „Zigeuner“ bezeichnet. Daneben bekommt man bei der Suche
nach „zigeunisch,romanes“
auf Facebook das Ergebnis, daß
das 301 Personen (Stand Der Autor und Redakteur der
Wochenzeitung ‚Die Zeit’, Dieter Zimmer, der auch ein Buch mit dem Titel
„Deutsch und anders – Die Sprache im Modernisierungsfieber“ (Reinbek b.
Hamburg 1997) verfaßt hat, schreibt in seinem
Aufsatz: „Leuchtbojen auf einem Ozean der Gutwilligkeit – Wie die deutsche
Sprache unter die Betroffenen fiel“, in: Die Zeit, Nr. 11 ( „Während politische Korrektheit im Fall
Afroamerikaner ausnahmsweise einmal einen begrüßenswerten Zuwachs an sprachlicher
Genauigkeit brachte, hat die Tabuisierung des Wortes Zigeuner die betreffende
Bevölkerungsgruppe praktisch der Nennbarkeit entzogen, zumindest im Singular.
Seit 1979 bestehen einige ihrer Vertreter - nur in Deutschland - darauf,
Zigeuner müsse durch ‚Roma und Sinti’ ersetzt werden. Ein einzelner aber kann
nicht ‚Roma und Sinti’ sein, nur oder. Wie aber soll ein Außenstehender
wissen, ob er es mit einem aus der Gruppe der (seit Generationen in
Deutschland ansässigen) Sinti oder mit einem aus der Gruppe der (meist in
diesem Jahrhundert aus dem Balkan zugewanderten) Roma zu tun hat? Zudem weiß
fast niemand, ob die beiden Namen Plural oder Singular sind, also ob man ‚ein
Sinti’ überhaupt sagen kann. (Man kann es nicht, es heißt ‚ein Sinto’ und
‚ein Rom’) Und sind es auch Feminina? (Sie sind es nicht; die weiblichen
Formen lauten ‚Romni’ und ‚Sintiza’.)
Schließlich fühlen sich andere Gruppen desselben Volkes, die weder Roma noch
Sinti sind, von der scheinkorrekten Bezeichnung ausgegrenzt ... Was aber sprach
denn gegen Zigeuner? Angeblich, daß das Wort ‚jahrhundertelang zur Stigmatisierung gebraucht wurde’.
Nur zu wahr, daß die, die früher Zigeuner hießen, jahrhundertelang missachtet und dann in Deutschland nicht
nur stigmatisiert, sondern in unbekannt großer Zahl ermordet wurden. Aber das
Wort als solches war nichtpejorativ. Es bedeutet keinesfalls
"Ziehgauner" und wurde auch nicht so verstanden.“ In der „Welt am Sonntag“ vom „ Es
ist wohl so, daß jede Minderheit heute den Drang
verspürt, der Welt eine Umbenennung aufzuzwingen. Gelingt sie, so hat man
Machterlaubnis.“ Einige Stimmen über den Sprachgebrauch im nicht-deutschsprachigen Ausland: Über bulgarische und rumänische Roma
in Duisburg (oder anderswo) kann man nicht selten Aussagen wie die folgende
lesen: „Schätzungen gehen von mehr als 4000
bulgarischen und rumänischen Migranten in Duisburg
aus. Die meisten dieser Zuwanderer sind Roma – ‚Cigani’,
nennen sie sich selbst.“ (Martin Krampitz und Christian Balke: „Fluch der Heimatlosen“, in: WAZ (Duisburg) vom http://www.derwesten.de/staedte/duisburg/nord/Fluch-der-Heimatlosen-id5135886.html, Aufruf vom Die bulgarische Ethnologin Magdalena Slavkova schreibt (in:
„Evangelical Gypsies in Bulgaria: Way of life and performance of identity“,
Romani Studies, 5th series, vol.17, no.2 (2007), S.205-246, ebd.
S.205, Anm.1): “In general, I
use the term ‘Gypsy’. It has no derogatory connotations whatsoever and is
used alongside the term ‘Roma’ which Gypsies in the country use to refer to
themselves, depending on the language they speak, Bulgarian or Romanes. The
name ‘Roma’ is rather an expression of a politically correct discourse and is
primarily used at an official public level.” Übersetzt: „Ich benutze im allgemeinen
den Begriff ‚Zigeuner’. Dieser beinhaltet überhaupt keine abfällige
Konnotationen und wird im Lande für sich selbst neben der Bezeichnung ‚Roma’
benutzt, jeweils abhängig von der Sprache, die gerade gesprochen wird,
Bulgarisch oder Romanes. Der Name ‚Roma’ ist
vielmehr ein Ausdruck eine politisch korrekten Diskurses und wird
hauptsächlich auf einer offiziellen Ebene verwendet.“ Diese Aussage macht noch einmal die
Diskrepanz zwischen dem „richtigen Leben“ und der abgehobenen Sphäre der
„politischen Korrektheit“ deutlich. Die aus Spanien stammende Ethnologin
Paloma Gay y Blasco
schreibt in ihrem Beitrag: „Gypsy/ Roma diasporas – A comparative perspective“ (in: Social Anthropology, vol.10, no.2/ 2002, S.173-188, ebd., S.174
f.): „In recent
years, the word ‚Gypsy’ has lost ground to the word ‚Roma’ in texts and
discourses by and about Gypsies/ Roma. ‘Gypsy’ has increasingly come to be
seen as a pejorative term that reflects the world-views and oppression
practices of the dominant population … ‘Roma’, on the other hand, is meant to
reflect the rich heritage and cultural dignity and distinctiveness of an
oppressed but also resisting people, as well as their common history and
identity of interests. The Gitanos I worked with in Jarana, however, have
never heard the word ‘Roma’, and would not know what it meant, let alone
that it might be used to refer to them
alongside thousands, if not millions, of others. Although the word ‘Gitano’ –
whose most direct English translation is ‘Gypsy’ – is often used by
non-Gypsies as a pejorative word, to the Gitanos themselves it simply defines
who they are and it is therefore full of positive connotations. To them, it
is the word ‘Payo’ (non-Gitano) that is pejorative and negative – and, of
course, the non-Gitanos are ignorant of this fact and use the word ‘Payo’ with
pride. … I want to reflect also the fact that there is a large contingent of
Gypsies/ Roma who either are unaware of the Roma activist movement or who
would not identify with its aims.” In deutscher Übersetzung: „In den letzten Jahren hat das Wort ‚Zigeuner’
gegenüber dem Wort ‚Roma’ in Texten und Diskursen von und über Zigeuner/ Roma
an Boden verloren. ‚Zigeuner’ wird mehr und mehr als eine abwertende
Bezeichnung aufgefaßt, die die Weltsicht und die
Unterdrückungspraktiken der dominierenden Bevöl-kerung
widerspiegelt ... Demgegenüber wird ‚Roma’ so verstanden, daß
der Begriff das reiche Erbe und die kulturelle Würde und Besonderheit eines
zwar unterdrückten, aber auch Widerstand leistenden Volkes reflektiert,
ebenso wie seine gemeinsame Geschichte und gleiche Interessenlage. Die Gitanos jedoch, mit denen ich in Jarana
gearbeitet habe, haben nie das Wort ‚Roma’ gehört und wüßten
nicht, was es bedeutete, geschweige denn, daß es
sich auf sie zusammen mit Tausenden, wenn nicht Millionen von anderen beziehen
könnte. Obgleich das Wort ‚Gitano’, dessen
genaueste Übersetzung ins Englische ‚Gypsy’ [Zigeuner] ist, von Nicht-Zigeunern
häufig als herabwürdigend benutzt wird, bezeichnet es für die Gitanos selbst schlicht das, was sie sind und ist daher
voll von positiven Mitschwingungen. Für sie ist das Wort ‚Payo’
(Nicht-Gitano) abwertend und negativ – natürlich
sind sich die Nicht-Gitanos dessen nicht bewußt und verwenden das Wort ‚Payo’
mit Stolz. ... Ich möchte außerdem die Tatsache wiedergeben, daß eine große Gruppe der Zigeuner/ Roma existiert, die
entweder keine Kenntnis über die Bewegung der Roma-Aktivisten
haben oder die sich nicht mit deren Zielen identifizieren.“ Der ungarische Forscher Péter Szuhay schreibt in: „The
Self-Definitions of Roma Ethnic Groups and their Perceptions of Other Roma
Groups“ (in: István Kemény <ed.>: Roma of Hungary, New York 2005,
S.237-246, ebd. S.237 f.): “In the late
1980s, Hungarian intellectuals who were favorably disposed towards Roma began
using the word roma instead
of cigány when referring to anybody who was considered to be Roma,
because they felt that cigány and other related words were pejorative
or insulting. However, the “musicians” [muzsikusok] protested against
the use of the term roma, claiming that they were not Roma but
Musician Roma [muzsikus cigányok]. Nevertheless, most
Hungarian-speaking Roma politicians were willing to use the term Roma when
referring to the civil society and political organizations of Roma people, …” Auch hier zeigt sich wieder, daß das
„Fußvolk” häufig anderer Meinung ist als seine (meist selbsternannten)
Führer. Eine offenbar serbische Ethnologin, Jelena Čvorović schreibt
in ihrem Aufsatz „Gypsies Drown in Shallow Water: Oral Narratives among the
Macva Gypsies“ (in: Journal of Folklore Research, vol.43, no.2/ 2006,
S.129-148, ebd. S.147, Anm.1): „In this article
I use Gypsies as a translation for Serbian Cigani rather than the
official Roma because the people I study refer to themselves this way.
Many Serbian Gypsies do not want to accept the official name, stating that
‘the others are Roma, not us.’” Zu Deutsch: „In diesem Artikel benutze ich Gypsies
[Zigeuner] als Übersetzung für das serbische Cigani anstelle des offiziellen Roma, weil die Leute, die ich studiere,
sich selbst als solche bezeichnen. Viele serbische Zigeuner wollen den
offiziellen Namen nicht akzeptieren und meinen: ‚Die anderen sind Roma, wir
nicht.’“ Die beiden skandinavischen Autoren Katri Vuorela und Lars Borin stellen in ihrem Aufsatz „Finnish
Romani“ (in: A. Ó Corráin/
S. Mac Mathúna [eds.]: „Minority Languages in Scandinavia, Britain and Ireland“, Uppsala 1998, S.51-76, ebd. S.51, Anm.2) fest: „This article,
however, treats a group of Gypsies which do not normally call themselves Rom. In its
place, the Finnish Gypsies have adopted the self-designation kaale (pl.
kaaleet or kaalet), …” Zu Deutsch: „Dieser Artikel behandelt jedoch eine Gruppe von
Zigeunern, die sich normalerweise selbst nicht Rom nennen. Stattdessen haben die
finnischen Zigeuner die Selbstbezeichnung kaale
(Plural kaaleet oder kaalet) angenommen, ...“ Die norwegische
Menschenrechtsaktivisten Solomia Karoli, deren Vater sich als „Zigeunerkönig“
bezeichnete, betitelte ihre 2009 in Oslo erschienene Autobiographie (cover des Buches siehe oben) mit „Sigøynerkongens Datter“
(Tochter des Zigeunerkönigs). 2014 veröffentlichte sie ein weiteres Buch
unter dem Titel: „Sigøynerbarn“ (Zigeunerkinder). Über Karoli,
die möglicherweise zu den Lovara gehört, schreibt
Gabriele Haefs in der Zeitschrift „pogrom“, H.301 (2017), S.45: „Immer wieder betont sie, sie sei Zigeunerin,
denn so nenne sich ihr Volk seit vielen Jahrhunderten. Es sei ein gutes Wort.
Außerdem fielen bei Sinti und Roma so viele andere Zigeunergruppen unter den
Tisch.“ Die
Redaktion von „pogrom“ fühlte sich genötigt (S.47) dem Beitrag eine
Anmerkung beizufügen, auf daß niemand vom rechten
Glauben abfallen möge: „Der Begriff 'Zigeuner' wird von den meisten
Sinti und Roma, aber auch von großen Teilen der Gesellschaft als
diskriminierend und abwertend empfunden. Solomia Karoli bezeichnet sich trotzdem als 'Zigeunerin'. Deshalb
wird dieser Begriff in diesem Beitrag ausnahmsweise durchgehend verwendet.“ Abgesehen
von der fragwürdigen Behauptung, daß „die
meisten Sinti und Roma“ den
Begriff Zigeuner als diskriminierend auffaßten, ist
es bemerkenswert, daß hier schon mit „großen
Teilen der Gesellschaft“
argumentiert wird, war es doch die Gesellschaft für bedrohte Völker, die
maßgeblich dazu beigetragen hat, der Öffentlichkeit „einzubläuen“, wie schlimm doch der
Begriff Zigeuner wäre. Stefan Krulle
in einem Zeitungsartikel (die Welt, „Damian ist Musiker, und was für einer. Noch
enthusiastischer ist er nur ‚Gypsy’, wie er selbst
sein Volk nennt. ‚Roma’, das Wort mag er nicht. ‚Zigeuner’ wiederum, das
mögen wir nicht gerne, aus gutem Grund. Also: Gypsies.“ (unter: http://www.welt.de/welt_print/article1902570/Trunkenem_Ueberschwang_verpflichtet.html) Wer ist „wir“? Doch offensichtlich Nicht-Zigeuner
wie der Artikelschreiber. Noch deutlicher kann kaum demonstriert werden,
worum es geht: Zigeuner haben meist nichts gegen die jeweiligen
Fremdbezeichnungen; es sind Nicht-Zigeuner, die bestimmen wollen, daß ein Zigeuner nicht Zigeuner genannt werden darf und
versuchen diese verquere Sprachregelung auch Zigeunern aufzunötigen. Was wohl
der „gute Grund“ dafür sein mag? Ein schlechtes Gewissen? So billig will man
sich eines schlechten Gewissens entledigen? Der Journalist Rolf Bauerdick berichtete
(in: Die Welt, (unter: http://www.welt.de/kultur/history/article13811031/Wir-sind-Zigeuner-und-das-Wort-ist-gut.html) In den zahlreichen Kommentaren der online-Ausgabe der „Welt“ zu diesem Artikel kommt zum
Ausdruck, daß viele Leser den Zwang zur „politischen
Korrektheit“ leid sind und es begrüßen, daß die
Diskrepanz zwischen Realität und Propaganda klar angesprochen worden ist. Bauerdick ist immer wieder darauf
gestoßen, daß die Behauptungen einige Gutmenschen
und „Aktivisten“, wie schlimm doch die Fremdbezeichnung (in welcher Sprache
auch immer) „Zigeuner“ sei, sich überhaupt nicht mit seinen langjährigen
Erfahrungen mit Zigeunern deckten. (siehe auch: http://www.welt.de/kultur/article12158567/So-sind-sie-halt-die-Zigeuner.html) (Aufruf vom Der rumänische Musikethnologe Marin Marian-Bălaşa
schreibt in seinem Artikel „Romany Music and Gypsy Criminality“ (in: Ethnologia Balkanica, vol.8
[2004], S.195-225, ebd. S.195): „…, Roma are
still called – and often continue to call themselves – ‘Gypsies’ in large
areas of Central and Eastern Europe. Although Roma refer to themselves as
Roma, they have accepted the fact that they are known as Gypsies by all other
populaces and nations. Furthermore, within their own parlance, Gypsy is not a
derogatory term, whereas in other languages it is both neutral and
derogatory.” (dazu Anm.5:) „Many Western colleagues
who have only received their education from the late 1980’s onwards, and lack
direct contact with the social and linguistic realities in Eastern Europe,
ignore the fact that the term Gypsy is not only a historically prejudicial
title, but is often employed by Roma themselves, thus covering an accurate,
vernacular reality. A very consistent part of contemporary literature still
uses ‘Gypsy’ instead of ‘Rom/ Roma/ Romany’, and many quotations in the
following notes demonstrate this.” Zu Deutsch: „…,
Roma werden immer noch in weiten Teilen Mittel- und Ost-Europas ‚Zigeuner’
genannt – und fahren meist selbst fort, sich so zu nennen. Obgleich sich Roma
selbst als Roma bezeichnen, haben sie die Tatsache akzeptiert, daß sie bei allen anderen Bevölkerungsgruppen und
Nationen als Zigeuner bekannt sind. Zudem ist Zigeuner in ihrem eigenen
Sprachgebrauch kein abschätziger Begriff, während er in anderen Sprachen
sowohl neutral als auch herabsetzend ist.“ (Anm.5): „Viele
westliche Kollegen haben ihre Ausbildung nach den 1980er Jahren erhalten; es
fehlt ihnen an dem unmittelbaren Kontakt mit den sozialen und sprachlichen
Realitäten in Ost-Europa und sie ignorieren die Tatsache, daß
der Begriff Zigeuner nicht nur eine historisch gesehen vorurteilsbeladene
Bezeichnung [?] ist, sondern oftmals von Roma selbst
verwendet wird, und somit eine angemessene traditionelle Realität wiedergibt.
Ein gleichbleibend großer Teil der
Gegenwartsliteratur verwendet immer noch ‚Zigeuner’ anstatt ‚Rom/ Roma/ Romany’, und
viele Zitate in den folgenden Bemerkungen zeigen das.“ Herta Müller („Der Staub ist blind –
die Sonne ein Krüppel. Zur Situation der Zigeuner in Rumänien“, in: „Hunger
und Seide“ (Reinbek bei Hamburg 1997, S.153): „Ich bin mit dem Wort ‚Roma’ nach Rumänien gefahren,
habe es in den Gesprächen anfangs benutzt und bin damit überall auf
Unverständnis gestoßen. ‚Das Wort ist scheinheilig’, hat man mir gesagt, ‚wir
sind Zigeuner, und das Wort ist gut, wenn man uns gut behandelt.’“ Das folgende Zitat aus dem Aufsatz
„’Die Roma haben ein Kilogramm Gold, wir Zigeuner nur ein Viertelgramm.’ –
Ethnische Zugehörigkeit im Alltag von Romakindern
eines rumänischen Dorfes“ der Schweizerin Patrizia Legnini
(in: Werner M. Egli/ Lucia Kersten (Hrsg.):
Kindheit und Jugend anderswo – Ergebnisse ethnographischer Feldforschungen,
Wien u.a. 2010, S.45-70, ebd. S.52 f.) macht
deutlich, daß Identität viele Nuancen hat und nicht
auf ein Schwarz-weiß-Modell reduziert werden kann: „Die Lingurari
werden im Dorf von allen zwar Lingurari genannt,
doch nehmen die Ursari für sich das Recht heraus, sich ‚Zigeuner’ zu nennen.
Und so werden sie von allen Dorfbewohnern auch genannt; die Bezeichnung Roma
wird seltener verwendet. ... Für die Bewohner von Pietriş
aber macht diese Unterscheidung durchaus Sinn, weil die Lingurari
im Dorf bzw. in den Augen der Ursari nicht als ‚richtige’ Roma bzw.
‚Zigeuner’ gelten. Dies u.a. darum, weil sie kein Romanes sprechen wie die Ursari, sondern nur Rumänisch.
... Letztere sind denn auch stolzer darauf, ‚Zigeuner’ zu sein, als die Lingurari darauf. Lingurari zu
sein.“ Interessant ist dann eine weitere
Differenzierung (S.58), wie sie auch im Titel des Aufsatzes zum Ausdruck
kommt: „Auffallend aber ist, dass nur wenige die
Begriffe Roma und ‚Zigeuner’ synonym verwenden; die anderen sind der Ansicht,
mit Roma aus anderen Gegenden des Landes, die in ihrer Wahrnehmung oft
‚reicher’ sind als die Bewohner von Pietriş,
wenig zu tun zu haben.“ Nicht ganz verständlich ist, warum
die Autorin „Zigeuner“ in Anführungszeichen schreibt, wenn doch die
betreffende Bevölkerung sich selbst so bezeichnet. Aus Angst davor,
„politischer Unkorrektheit“ bezichtigt zu werden? Die Anthropologin Timeea Elena Marin faßt ihre Untersuchung zu
Zigeunern in Mittel-Rumänien („WE are Gypsies, not Roma!“ – Ethnic Identity Constructions and Ethnic
Stereotypes – an example from a Gypsy Community in Central Romania,
Cluj-Napoca 2010, S.18) so zusammen: “Therefore I regard the substitution of
the term ‘Gypsy’ with the term ‘Roma’ as it is done in Romanian media and
politics as disadvantageous for many groups. Those who do not identify
themselves as Roma will not participate in the political and social
activities targeted to Roma. This leads to a new splitting of the groups
leaving those who identify themselves as Gypsies and not as Roma on the
lowest level of the hierarchy making it even harder for them to reach any
kind of resources.” Zu Deutsch: „Daher
halte ich das Ersetzen des Begriffs ‚Zigeuner‘ durch den Begriff ‚Roma‘, wie es
in den rumänischen Medien und der Politik geschieht, für nachteilig für viele
Gruppen. Diejenigen, die sich selbst nicht als Roma identifizieren, werden
nicht an den politischen und sozialen Aktivitäten partizipieren können, die
auf Roma fokusiert sind. Das führt zu einer neuen
Spaltung der Gruppen, wobei die, die sich als Zigeuner und nicht als Roma
identifizieren, auf der niedrigsten Stufe der Hierarchie bleiben, was es für
sie noch schwerer macht, an irgendwelche Unterstützung zu kommen.“ (http:// http://www.ispmn.gov.ro/uploads/36%20web.pdf) (Aufruf vom Über Roma in der Slowakei schreibt
Hans-Ulrich Stoldt („Die Zukunft der Zigeuner“, in:
Spiegel reporter Nr.11 vom „... Zigeuner, wie sie im Westen oft
geschimpft, im Osten sich selbst aber stolz nennen.“ Der Historiker Adrian Marsh (von Traveller-Herkunft)
schreibt über den Sprachgebrauch in der Türkei („’Yaşasın
Romanlar!’ Emerging Romani Organisations and Identities in the Republic of
Turkey, 2000-2010, in. Hristo Kyuchukov/ Ian Hancock (eds.): Roma Identity,
Prague 2010, S.62-73, ebd. S.64, Anm.5): “The term
‘Çingeneler’ is contested and often perceived as pejorative, when used by
non-Romani people but in my experience of working with and amongst Turkish
Romani communities, it is the most frequent term used by themselves and some
activists, such as Mr. Mustafa Aksu, wish to reclaim the term as the overall
description whilst some organizations, such Mr. Ali Mezarcıoğlu’s
‘Çingeneyiz.Org’ actively promote this term as the general noun.” Zu Deutsch: „Der Begriff ‚Zigeuner’ ist strittig und wird
häufig als herabsetzend empfunden, wenn er von Nicht-Zigeunern verwendet
wird; nach meiner Erfahrung mit und unter türkischen Romani-Gemeinschaften
ist es die von ihnen am meisten gebrauchte Bezeichnung, und einige
Aktivisten, wie Herr Mustafa Aksu, möchten den
Terminus als Sammelbezeichnung zurück beanspruchen und einige Organisationen,
wie Herrn Ali Mezarcıoğlu’s
‚Çingeneyiz.Org’ sind darin aktiv, diese Benennung als den umfassenden Namen
zu propagieren.“ Hier wird ein Punkt angesprochen,
der manchmal in der Diskussion um die Verwendung des Begriffs „Zigeuner“
einfließt: „Ja, wenn Zigeuner selbst diesen Begriff verwenden, dann ist das
etwas anderes. Das gibt uns als Nicht-Zigeuner noch nicht das Recht, es
ebenso zu tun.“ Zigeuner sollen also einen Terminus
aus der Sprache der Nicht-Zigeuner verwenden dürfen, nicht aber
Nicht-Zigeuner eine Bezeichnung aus ihrer eigenen Sprache. Was veranlaßt dann in einem solchen Falle Zigeuner, diesen
Begriff, wenn er doch so „schlimm“ ist, daß ihn
Nicht-Zigeuner nicht in den Mund nehmen dürfen, selbst zu verwenden? Wofür
wird er dann noch gebraucht? Hier kommt einem George Orwell’s “double-think” in den
Sinn. Die Erfahrung bei einer Untersuchung
unter Zigeunern in der europäischen Türkei vermerkte Sezai
Ozan Zeybek („’Fraudent’ Citizens of a Small Town: Occidentalism
in Turkey“, in: Antipode, vol.44, no.4 [Sept.
2012], S.1551-1568, ebd. S.1567): „I will use the term Gypsy, instead of Roma, throughout
the article, mainly because they call themselves Gypsies (Çingene in Turkish)
in Malkara despite the word’s bad connotations. They find Roma (Roman in
Turkish) way too ‘official’.” Zu Deutsch: „Ich werde in diesem Artikel den Begriff
Zigeuner anstelle von Roma verwenden, hauptsächlich weil sie sich in Malkara selbst Zigeuner (Çingene
auf Türkisch) nennen, trotz seiner schlechten Konnotationen. Sie halten Roma
(Roman im Türkischen) für zu ‚offiziell’.“ Dieser interessante Aspekt deutet darauf hin, daß
die in der Türkei teilweise Verbreitung gefundene neue Bezeichnung von den
Betroffenen als etwas von außen Kommendes, Fremdes empfunden wird, während
die eigentliche Fremdbezeichnung (die bei manchen zur Eigenbezeichnung
geworden ist), ihnen als viel vertrauter, und näher stehend empfunden wird. Die britische Sozialanthropologin
Judith Okely sagte in einem Interview (ca. 2010)
mit dem Betreiber der Internetseite: http://www.cingeneyiz.org/okelyeng.html (Aufruf am “I certainly
regret the order by the EU that the word 'Gypsy' should never be used in a
public sphere. This is what I was told before speaking in Berlin in 2004. I argued
that the people I lived with chose the label Gypsy among themselves. They
taught their children to pronounce the word and to identify themselves as
such in early speech. My neighbours sometimes used the word Traveller when
speaking to potentially aggressive outsiders partly because they feared the
external stereotype. Brian Raywid who assisted in the wonderful book of
photos by Tony Boxall (1992) reminded me only recently that they both asked
the Gypsies what they would like in the title for the book. They ALL chose
the title Gypsy Camera. The main Gypsy who appeared in the photos asked if a
copy of the book be placed in his coffin when he died.” Zu Deutsch: „Ich bedauere jedenfalls die Anweisung der
EU, daß das Wort ‘Gypsy’
niemals in der Öffentlichkeit benutzt werden solle. Das habe ich mir sagen
lassen, bevor ich 2004 in Berlin gesprochen hatte. Ich habe argumentiert, daß die Leute, mit denen ich zusammengelebt habe, die
Bezeichnung Zigeuner [Gypsy] unter sich selbst benutzt haben. Sie haben
ihren Kindern von klein auf gelehrt, das Wort so auszusprechen und sich als
solche zu identifizieren. Brian Raywid, der zu dem
wundervollen Fotoalbum von Tony Boxall (1992)
beigetragen hatte, hat mich kürzlich noch daran erinnert, daß
sie beide die Zigeuner gefragt hatten, was sie als Titel für das Buch
wünschten. ALLE hatten den Titel Gypsy Camera
gewählt. Der Zigeuner, der als Hauptperson auf den Fotos zu sehen war, hatte
darum gebeten, daß man ein Exemplar des Buches in
seinen Sarg geben möge, wenn er gestorben sein würde.“ |
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Paper delivered at the “1. International
Roman Symposium” Trakya
Üniversitesi, Edirne (Turkey), May 7-8, 2005 Gypsies (Tsiganes,
Zigeuner, Çingeneler …) or “Roma” (“Sinti
& Roma”) Some Reflections
about “Political Correctness”
with special
reference to Germany If I remember correctly, the name of this symposium
initially had “Gypsies” in its title; later on this was changed to “Roman”.
This “development” is actually the subject of my contribution today. In many countries, especially western ones – and for
the last few years in Turkey, too – efforts have been made over the past
three decades to assert and push through a new “political correctness” by
renaming “Gypsies”, “Tsiganes”, “Cigani”, “Zigeuner”, “Çingeneler” and so
forth as “Roma” (“Romanies”) or “Sinti and Roma”, the specific usage
“designed” for Germany and the German language. I want to discuss here the
reasons for this “language reform”and its implications. To make it clear at the very beginning: I belong to
those, who think it more appropriate to keep the specific (outsider) terms of
the majority populations for Gypsies, as they have been used for centuries. The main points put forward when asking outsiders to
use the designation “Roma” can be summarized as follows: 1. Reference is generally made to the First Romani
World Congress in London in 1971 and its decision that from then on all the
Gypsies of the world should be called “Roma”. 2. It is obviously perceived as a kind of “natural
right”, that the specific term used by the group itself is postulated to be
the only valid one. 3. Nearly all the foreign names for Gypsies are said
to be pejorative, discriminating and tainted with prejudice. 4. Concerning the traditional German word for
Gypsies (Zigeuner) it is argued that National-socialism brought the term into
discredit, although, at the same time, it is stated that the term has always
been pejorative. 5. Sometimes it is argued that the term “Roma” has
already become so colloquial, that persons who do not behave according to
what is thought to be politically correct, are labelled at least as backward,
if not as racist (or in Germany as Nazi). 6. When confronted with the fact that many Gypsies
themselves use the terms attached to them by their neighbours, it is put
forward that it would be different when Gypsies themselves use these, from
when outsiders do so. Let’s now discuss these arguments one by one. 1. At the First Romani World Congress in 1971 only about
two dozen “delegates”, apart from a few observers, are said to have taken the
far-reaching decision for several millions of Gypsies worldwide, that they
should thenceforth present themselves as “Roma”. Even when we take later
Romani World Congresses with more participants into consideration, the
legitimacy for such far-reaching decisions is rather weak. Nearly all Gypsy groups, to my knowledge, lack a
sense of larger trans-tribal units experienced in common, and solidarity
beyond clans, tribes, local or regional units is largely absent. Although
several organizations for Gypsies in different countries – which, by the way,
often incorporate foreign terms in their names – have been founded during
recent decades, they are not deeply rooted in the communities concerned.
Trans-national or even world organizations enjoy even less support from local
and regional groups. Rivalry between different persons or groups is still
widespread. 2. There are many Gypsy groups (especially Oriental
ones) who have never heard of the term “Roma” and many more who have their
own different designations (like Lom or Dom in Turkey). There is no
legitimacy or justification in attaching a “Roma” label to them. Besides,
this would contradict attaching the recognition of insider names that is
supposedly aimed at. By the way, the “original” term for Gypsies seems to
be “Dom”, rather than “Rom”. Of course, a problem arises when one really speaks
about Roma “proper” and not about Gypsies in general. Therefore one would
always have to explain whether one is using the term “Roma” in a broader or
narrower sense. We are in need for a term covering all different
Gypsy groups. And we have such terms in the specific languages. If it were demanded, that henceforward only insider
terms should be used worldwide, one can imagine what kind of confusion and
uncertainty would arise. Such a procedure is certainly not in the interest of
many ethnic groups and nations. For example: Germans are called Germans
although they call themselves “Deutsche” and although they are not the only
Germanic people. Although the Alemannen form just a small part (or tribe, if
you like) of Germans, all Germans are called “Allemands/ Almanlar” by, for
instance, French or Turks. Even “worse”, Germans are called “dumb” (Njemac,
Nemci and so forth) in Slavonic languages. Despite all these strange foreign
designations for Germans, I have not heard about any protest against them. It is much more “natural” that ethnic groups or
nations bear names different from those given to them by their neighbours.
Insider terms are often almost unknown to neighbouring groups, and quite
often the designations given by foreigners have some negative or at least
incorrect aspects. In this way we come to the next argument. 3. Gypsies have had a negative image for centuries,
regardless what they were called. Combatting discrimination cannot be done by
just attaching a different label. Prejudices are then very likely to be
transfered to the new name. Alongside with negative associations when thinking about
Gypsies, there were also positive, often romantic, associations connected
with them. “Gypsy music” is generally highly esteemed and newspapers, which
otherwise use the “political correct” term for Gypsies, still write about
“Gypsy music” (Zigeunermusik), since it has already become a well-recognised
label. In Germany several societies (generally connected with the carnival)
have named themselves “Zigeuner”; they would certainly not have done so if
the term had only a negative connotation. Not only is nothing (positive) gained by renaming,
but the moral pressure connected with this provides yet a further reason for
rejecting Gypsies. The establishment of taboos often provokes counter-
reactions. 4. It is certainly wrong to assert that the Nazis
brought the term “Zigeuner” into discredit. The Nazis had attached far more
negative aspects to the image of Jews than were associated with them before.
Nobody, however, would therefore demand that the name “Jude” be dropped in
German. As some of you may know, the federal government of
Germany plans to errect a memorial for the Gypsy victims of the Nazi terror
in Berlin. Since the “Zentralrat Deutscher Sinti und Roma” (Central Council
of German Sinti and Roma) is fighting fiercely against the term “Zigeuner” in
the inscription of the memorial, an oppositional Sinti group is defending the
term. In order to counter the argument that Nazis had discredited the name
and as a compromise, the responsible state minister of cultural affairs
proposed to have the inscription in English and then use the term “Gypsies”. It is just folk-etymology to trace the word
“Zigeuner” back to “Ziehgauner” (a strolling crook). To use that as an
argument against the term is not simply ignorance: since similar terms (Cigan
and so forth) like “Zigeuner” are used in Slavonic languages, the term could
not possibly be derived from “Ziehgauner”. By the way, the special German usage “Sinti &
Roma” – in a global context itself an rather unusual designation for an
ethnic group (x and y connected with an “and”) – reflects the fact, that
Sinti don’t want to be lumped together with Roma and therefore don’t want to
be called by the same name. 5. The term “Sinti & Roma” in Germany has not
yet become so colloquial that the majority of the population could use the
terms correctly in grammatical terms (singular-plural, masculine-feminine) or
even know the difference between Sinti and Roma. Thus newspapers very often
write quite incorrectly about “Sinti and Roma” when refering to some Gypsies
or even to countries where hardly any Sinti live. “Zigeuner” have their position in German folklore
and culture as they certainly have in other countries, too. One cannot
replace the term “Zigeuner” in proverbs, sayings, songs, geographic names
etc. by “Sinti & Roma”. One would make Gypsies much more alien by calling
them “new names” than they have been hitherto. When in historical documents “Zigeuner” occur, one
cannot declare them to be Sinti, Roma or Sinti and Roma. Sometimes the term
“Zigeuner” is also used for Gypsy-like groups (for instance the Jenische). 6. Just to give Gypsies (and not Gadje) the right to
call themselves by outsider names, would mean something like George Orwell’s
“double-think”. Should “native speakers” who had “invented” the terms
“Gypsies”, “Zigeuner” and so forth, not be allowed to use a word of their own
language, while others should ? This is certainly not easy to explain to the
average citizen. The arguments discussed above were those generally
brought forward in connection with the subject. But there are certainly other
reasons which are not uttered openly. Perhaps the fighters for “political
correctness”, both among Gypsies and Gadje are not even fully aware of them. One of the reasons seems to be to gain or exercise
power. An ethnic minority (Gypsies) and a political minority (persons with an
anti-authoritarian ideology and a strong rejection of the “establishment”)
try to apply moral pressure in a field, where a “victory” seems easily to be
achieved. Besides the social-psychological explanations for such behaviour, a
victory, in the case of Gypsy organizations, is thought to be a means of
gathering more followers. A strengthened organization has a better chance,
for example, to obtain financial resources. I would like to finish my contribution with a
quotation from a collection of essays by the German-Romanian writer Herta
Müller („Der Staub ist blind – die Sonne ein Krüppel. Zur Situation der
Zigeuner in Rumänien“, in: „Hunger und Seide“ (Reinbek bei Hamburg 1997,
p.153, my own translation): „I went to Romania with the word „Roma“, used
it at the beginning during conversations and encountered a lack of
understanding everywhere. ‘The word is hypocritical’, I was told, ‘we are
Gypsies, and the word is good, as far as we are treated well.’” A struggle against discrimination needs much energy.
One should not waste energy on a battle about or against words, especially
when the arguments in favour are rather weak. A slightly
revised version of this paper (Rüdiger Benninghaus: “Gypsies or ‘Roma’?”) is
printed in: City – analysis of urban trends, culture, theory,
poliy, action, vol.14. no.6 (Dec.2010), pp.643-646. |
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Fotos und Text (soweit nicht andere Urheber vermerkt sind) © Rüdiger Benninghaus Start der Webseite am erweitert am 14. November 2018 |
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