Betrachtungen zur „political correctness“: „Zigeuner“ ? - „Sinti und Roma“? Reflection on “political correctness”: The terms “Zigeuner” (Gypsies) or “Sinti and Roma” ? Uyun terimler üzerine düşünceler: „Zigeuner“ (Çingeneler) veya „Sinti ve Roma(n)lar“ |
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An English part of this website can be found at the
bottom of this page. Siehe
auch: http://www.rbenninghaus.de/antiziganistizismus-kritik.htm |
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„Inzwischen hat mancher die Political
Correctness derart verinnerlicht, daß sein Computer beim Tippen des guten alten
Wortes ‚Zigeuner' abstürzt. Zigeuner
heissen jetzt ,Angehörige einer mobilen ethnischen
Minderheit'.“ (Margrit
Sprecher: „Sprach-Softies haben noch viel zu tun“, in: Berner Zeitung,
08.07.2000) „Umberto
Eco hat es auf den Punkt gebracht, indem er sagte: Die
‚Politische Korrektheit’ ist überhaupt nur dazu da, um
das einer Sache zugrunde liegende, aber ungelöste Problem zu kaschieren. Eco
hat Recht. Die PC fragt nicht, ob man ‚Neger’ liebt oder nicht, ob
man ‚Zigeuner’ akzeptiert oder nicht, ob man ‚Eskimos’ für
Rohfleischesser hält oder nicht, sondern sie begnügt sich mit einer
oberflächlichen, sprachlichen Kosmetik. Und genau das ist verlogen.“ (Peter Stiegnitz: „Das darf man nicht mehr
sagen“, in: Wiener Zeitung, 14.2.2009) „Das Gegenteil von gut ist nicht
böse, sondern ‚gut gemeint’.“ (Gottfried
Benn, Schriftsteller und Arzt) „Es
gibt in dem Milieu, in dem ich mich aufhalte, eine Menge Leute, die glauben, man
könne über die Kontrolle der Sprache zu einer besseren Welt kommen… Sprachhygiene
ist vielleicht ein zu starkes Wort, aber in jedem Fall Sprachüberwachung.“ (Bernd
Stegemann, Professor für Theatergeschichte und Dramaturgie in Berlin, in: Der
Spiegel, Nr.13 vom 23. 3. 2019, S.119) „Googelt
man 'Roma Sinti gendern', gelangt man auf einige Seiten, in denen tatsächlich
politisch korrekt vorgegangen wird, und zwar mit Genderstern. Diese Seiten
sind sogar ernst gemeint, und so
erfährt man von der Existenz der Sprachkuriosität Sinti*zze und Rom*nja. Das
muss man erst einmal aussprechen können, und zuvor muss man es sich merken
können. Aber
so, wie unter denTaliban Kinder den Koran auswendig lernen und auf diese Art sinnlose
Kopfinhalte erwerben, so müssen eben in Zukunft auch die politisch Korrekten eine
lange Reihe von Konstruktionen und Sonderformen memorieren – wir
erleben die Gründung einer neuen Religion.“ (Jan
Henrik Holst, Linguist, am 20.3.2023 in: Schweres Versäumnis der
Sprachverbesserer, https://www.novo-argumente.com/artikel/schweres_versaeumnis_der_sprachverbesserer) (Aufruf vom 27.8.2023) Immer wieder wird darüber diskutiert, welches denn nun die „korrekte“ Bezeichnung für die im deutschen Sprachraum „Zigeuner“ genannte Bevölkerungsgruppe sei/ sein müßte. Zuletzt war es die Inschrift auf dem geplanten Mahnmal für die Opfer des Naziterrors, die diese Diskussion nicht zuletzt auch unter Sinti-Organisationen erneut entbrennen ließ. Da ein zu dem Thema begonnener Aufsatz noch nicht abgeschlossen werden konnte, jedoch von verschiedener Seite das Bedürfnis zu solch einem Beitrag geäußert wurde, soll hier zunächst eine kurze Zusammenfassung einiger Argumente f ü r den Gebrauch der Bezeichnung „Zigeuner“ präsentiert werden. |
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1.
Der auf einer internationalen Zigeuner-Konferenz
1971 in London angeblich gefaßte Beschluß, daß Zigeuner forthin „Roma“
genannt werden sollten, wurde von etwa zwei Dutzend „Delegierter“ gefaßt,
darunter nur einer Person (Melanie Spitta) aus Deutschland. Aus etlichen
Staaten mit einer nennenswerten Zigeunerbevölkerung waren überhaupt keine
„Vertreter“ bei diesem Treffen anwesend. Solch ein weitreichender Beschluß,
der natürlich ohne vorherige Konsultation der „Basis“ gefaßt worden ist,
entbehrt jeglicher Legitimation. Dieser in der Folge mystifizierte Kongreß
war nicht mehr als ein Hinterzimmertreffen, das zudem noch von
Nicht-Zigeunern dominiert bzw. instrumentalisiert wurde. Übrigens, wie die folgende Liste zeigt,
sind einige Organisationen als „Tsiganes“ oder „Gypsies“ auf dem Kongress
aufgetreten. |
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Die
„Delegierten“ und Beobachter auf dem 1. Roma
Welt-Kongreß 1971 in London. nach: Kenrick,
D(onald) S.: The
World Romani Congress - April 1971 in:
Journal of the Gypsy Lore Society, 3rd series, vol.50 (1971), parts 3-4, S.101-108
(hier S.107 f.) Edinburgh
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2.
Es ist eine falsche
Vorstellung (Volksetymologie), daß der Begriff „Zigeuner“ auf „Zieh-Gauner“ zurückzuführen
wäre. Diejenigen, die dies behaupten, tun das häufig nicht aus Unwissen,
sondern wollen sich auf unredliche Weise ein Argument gegen den Begriff
verschaffen. Die in slawischen Sprachen (und ähnlich im Ungarischen) übliche
Form „Cigani“ (u.ä.), auf die wahrscheinlich die deutsche Bezeichnung
„Zigeuner“ etymologisch zurückzuführen sein dürfte – die ursprüngliche
Entlehnung von dem Namen einer Sekte im antiken Griechenland (eine mögliche
Erklärung) ist nicht direkt ins Deutsche geschehen – kann natürlich nicht mit
einer postulierten Bedeutung „Zieh-Gauner“ erklärt werden. Aber selbst als
Volksetymologie ist diese falsche Herleitung kaum verbreitet. Diejenigen, die
ständig wider besseren Wissens darauf herumreiten,
tragen selbst zur Verbreitung dieses Unfugs bei und betreiben schlicht und
einfach Demagogie. 3. Es ist natürlich falsch, wenn immer wieder von verschiedener Seite (auch von Sinti-Funktionären) behauptet wird, daß der Begriff „Zigeuner“ von den Nazis geprägt worden wäre. Ebensowenig haben erst die Nazis ihn negativ besetzt. „Juden“ hat sicherlich durch die Nazis eine viel stärkere negative Besetzung erfahren, als das vor der braunen Zeit der Fall war. Dennoch würde heute niemand auf den Gedanken kommen, zu fordern, deshalb die Bezeichnung „Juden“ nicht mehr zu verwenden. 4.
Der Begriff hat, wie
viele Begriffe und gerade auch ethnische Bezeichnungen, sowohl positive als
auch weniger positive „Mitschwingungen“. Dies wird sich mit einer Umbenennung
in „Roma“ oder „Sinti und Roma“ um keinen Deut ändern. 5.
Eine Diskriminierung
kann nicht durch Umbenennungen bzw. noch weniger durch aufoktroyierte
„politische Korrektheit“ beseitigt werden, das muß auf anderen Ebenen
geschehen. Wie das NPD-Wahlplakat „Geld
für die Oma statt für Sinti & Roma“ deutlich macht, kann man seine
Abneigung gegen Zigeuner auch mit einer Umetikettierung beibehalten. 6.
Der Begriff hat einen
festen Sitz in der deutschen Volkskultur (in Liedern, Erzäh-lungen,
Sprichwörtern u.ä.) und selbst der Geographie verschiedener Regionen
(„Zigeunereiche“, „Zigeunerberg“ u.ä.). Es wäre auch absurd, nunmehr vom
„Sinti-Baron“ oder „Roma-Schnitzel“ zu sprechen, von „Sinti-und-Roma-Sauce“
oder dem „lustigen Sinti-und-Roma-Leben“. 7.
Bei aller immer noch
bestehenden Diskriminierung und Ausgrenzungsversuchen drückt der Begriff
„Zigeuner“, an den man sich seit langer Zeit gewöhnt hat, aus, daß Zigeuner
„irgendwie“ dazu gehören, anders als ein fremdes und fremd gebliebenes „Sinti
und Roma“. Mit letzterem wird diese Bevölkerungsgruppe der
Mehrheitsgesellschaft nicht weniger, sondern mehr entfremdet. 8.
Es gibt auf der Welt
kaum ein Volk, das mit „x und y“ (Sinti und Roma) bezeichnet
wird bzw. sich so bezeichnet. 9.
Weltweit gibt es für
jede Bevölkerungsgruppe Fremd- als auch Eigenbezeichnungen. Häufig sind die
Eigenbezeichnungen weit weniger bekannt als die Fremdbezeichnungen. Dabei
sind die Fremdbezeich-nungen selten wertneutral. Auch die Deutschen werden
nicht nur Deutsche (nach ihrer Eigenbezeichnung) benannt, sondern Alemannen,
Germanen oder „die Stummen“ (in slawischen Sprachen). Trotzdem ist deshalb
noch niemand hierzulande auf die Barrikaden gegangen. 10.
Verschiedene Zigeunergruppen benutzen aus fremden Sprachen
hervorgegangene Bezeichnungen als Eigenbezeichnungen, z.B. Lovara (aus dem
Ungarischen), Kalderascha, Tschurara, Ursara (aus dem Rumänischen) u.a.m. 11.
Wenn man, was eben weltweit nicht der Fall ist, die Eigenbezeichnungen
zum Maßstab machen wollte, dann müßte man auch die jeweiligen Eigenbezeichnungen
der verschiedenen Zigeunergruppen „zulassen“ bzw. benutzen, die sich weder
Sinti noch Roma (sondern etwa Dom oder Lom, Calé/ Gitanos u.a.m.) nennen.
Alles andere wäre inkonsequent. Etwa Sinti als „Roma“ oder als „Untergruppe
der Roma“ zu bezeichnen, widerspricht dem verbalen Anspruch auf
Eigenbezeichnung und zeigt die Schwäche dieses Arguments. 12.
Es ist falsch zu behaupten, daß der Begriff „Zigeuner“ (oder auch
Gypsy, Tzigane, Cigani usw.) von den „Betroffenen“ nicht verwendet bzw. abgelehnt
würde. Dies könnte man als ein „Neo-Stereotyp“ bezeichnen. Wenn diese in der
jeweiligen Landessprache sprechen, so verwenden sie meist (außer einigen
Funktionären) selbst die Bezeichnung Zigeuner, Gypsy usw. (Beispiele siehe
unten). 13.
Ein Alleinvertretungsanspruch, wie er sich aus der Festlegung auf einen
Begriff für alle Zigeuner ergibt, dürfte von den meisten Zigeunern (besonders
auch Sinti) abgelehnt werden. 14.
Da es eines übergreifenden Begriffes für alle Zigeunergruppen bedarf,
sollten die jeweiligen Bezeichnungen in den verschiedenen Sprachen
beibehalten werden, sprich: im Deutschen: „Zigeuner“, da, soweit bekannt, in
keinem Dialekt von Zigeunern eine entsprechende Sammelbezeichnung existiert. 15.
Unter Sinti gibt es durchaus noch die Ansicht: „was geht es die
Gadsche/ Chale (Nicht-Zigeuner) an, wie wir uns selbst nennen“, wenngleich es
heute natürlich keinen Sinn mehr macht, die Eigenbezeichnung verheimlichen zu
wollen. 16.
Der Ton macht der Musik. „Scheiß Deutscher“ ist in etwa ebenso
beleidigend wie „dreckiger Zigeuner“. Es kommt also darauf an, wie und in
welchem Zusammenhang der Begriff verwendet wird. 17.
Daß viele Deutsche den Begriff durchaus nicht oder nicht nur negativ
besetzt sehen, zeigen die nicht wenigen Karnevalsvereine und ähnlichen
Gruppen, die sich „Zigeuner“ nennen oder „als Zigeuner gehen“. 18.
Vor der „Sprachreform“, als nur einige Insider von „Sinti“ und „Roma“
wußten, hatte man auch als einer den Zigeunern wohlwollender Zeitgenosse
keine andere Alternative, als eben von „Zigeunern“ zu sprechen; d.h. der
Begriff wurde durchaus wertneutral als die im Deutschen übliche Bezeichnung
für eine Bevölkerungsgruppe verwendet. 19.
Der Begriff in der Zusammensetzung „Zigeunermusik“ wird als ein
„Markenzeichen“ selbst noch von vielen Zeitungen u.ä. verwendet, die
ansonsten von „Sinti und Roma“ sprechen oder schreiben. 20.
Obwohl schon in Deutschland etwa zwei Jahrzehnte seit der „Einführung“
der Begriffe bzw. des Begriffs „SintiundRoma“ vergangen sind, haben die
meisten derjenigen, die diese Begriffe (etwa in den Medien) benutzen, den
korrekten gramma-tikalischen Gebrauch noch nicht gelernt. So ist von Sintis
(doppelte Verneinung) die Rede, von „der Sinti“ (richtig: der Sinto,
Singular) oder „die Sinti“ (eigentlich: Sintizza) und es wird in ähnlich
falscher Weise mit dem Wort „Roma“ (Plural) umgegangen. 21.
Es wird nicht selten von „Sinti und Roma“ gesprochen oder geschrieben,
selbst wenn es sich (wie tatsächlich meist der Fall) nur um Roma oder nur um
Sinti handelt. Für einen außenstehenden „Laien“ ist es auch kaum möglich,
eine Unterscheidung zwischen beiden zu treffen. Die überwiegende Mehrheit der
Sinti will jedenfalls nicht Roma genannt werden und Roma würden nur mit dem
Kopf schütteln, würde man sie als Sinti bezeichnen. 22.
Indem interessierte Kreise den vermeintlich „historischen Beschluß“,
daß fortan alle Zigeuner „Roma“ genannt werden sollen, in Deutschland
dahingehend relativiert haben, indem sie von „Sinti und Roma“ sprechen,
dokumentieren sie damit eigentlich schon, wie sehr der unsinnige neue
Sammelbegriff an der Realität, sprich: der Eigenbezeichnung und dem
Eigenempfinden mancher Zigeunergruppen vorbei geht. 23.
Nun sind mittlerweile einige Nicht-Zigeuner im deutschsprachigen Raum
dazu übergegangen, nicht mehr von „Sinti und Roma“ zu sprechen, sondern nur
noch von „Roma“, selbst dann, wenn sie wissen, daß es sich in einem gegebenen
Fall um Sinti (oder eine andere Zigeunergruppe als die Roma) handelt, die
sich nicht als „Roma“ vereinnahmen lassen wollen. Begründet wird das dann
teilweise damit, daß das „international üblicher“ Sprachgebrauch wäre. Das
Zustandekommen und der Sinn oder Unsinn eines solchen Sprachgebrauchs wird
dabei ebenso wenig hinterfragt wie man sich darum kümmert, was Nicht-Roma
unter den Zigeunern davon halten. Das ansonsten gern bemühte Argument bzw.
die Forderung, Eigenbezeichnungen zu benutzen, bleibt dabei auf der Strecke.
Vergleichbar wäre das in etwa, wenn die Deutschen z.B. die Niederländer,
Dänen, Schweden usw. als „Mit-Germanen“ ebenfalls als „Deutsche“ bezeichnen
würden, vielleicht noch mit dem Hinweis, daß allein die Deutschen im
Englischen und manchen slawischen Sprachen als „Germanen“ bezeichnet
werden. 24.
Was treibt solche Leute dann eigentlich um, worum geht es ihnen, wem
wollen sie damit dienen? Einige dieser Vorreiter der politischen Korrektheit
haben sicher im Sinn, den Zigeunern Einigkeit „beizubringen“ – eine
Einigkeit, die es zwar in der Geschichte nie gegeben hat, aber was nicht ist,
kann ja noch werden bzw. man wird schon dafür sorgen, daß das so wird, wie
sich das die Revolutionsbegeisterten unter den Gadsche wünschen.
Wahrscheinlich würden sie sich vehement dagegen verwahren, wollte man diese
ihre Handlungsweise als Paternalismus, als Bevormundung klassifizieren. 25.
Wenn man sich fragt, warum gerade manche Nicht-Zigeuner – offensichtlich
mehr noch als die meisten Zigeuner selbst – so vehement eine neue
Sprachregelung propagieren, so drängt sich die Vermutung auf, daß das bei
einigen wohl aus schlechtem Gewissen (angesichts von Diskriminierung und
Verfolgung der Zigeuner über Jahrhunderte) heraus geschieht, das man jedoch
auf recht billige Weise zu erleichtern sucht. 26.
Anderen, die laut aufschreien, wenn irgendwo das Wort „Zigeuner“ fällt,
geht es im Grunde genommen nicht in erster Linie darum, daß hier eine
„unmögliche“ Bezeichnung verwendet würde, sondern sie sind erbost, daß man
damit an ihrer „Autorität“ gekratzt hat, indem man ihre zur „Moral“ erhobene
Ideologie nicht akzeptiert. Es geht um Machtausübung. Nachdem man einmal
seine Sicht der Geschichte und Gegenwart „patentiert“ hatte – selbst wenn sie
sich im Nachhinein als Unsinn herausgestellt haben mag – man kann sie nicht
mehr aufgeben, weil man dies als Verlust der Meinungshoheit, mithin als
Machtverlust auffaßt. Dies um so mehr, als konstant
vorgetragene gegenteilige Auffassungen zu einer Verhärtung des Standpunktes
beigetragen haben. 27.
Wenn man „Roma“ als Sammelbezeichnung verstanden wissen will, wie es
manchmal geschieht, dann macht das Konstrukt „Sinti und Roma“ keinen großen
Sinn mehr, da ja in dem Fall unter „Roma“ ohnehin alle Zigeunergruppen
fallen. Diejenigen, die den Begriff „Zigeuner“ bekämpfen, sollten sich also
zumindest einmal einigen bzw. eine klare Linie finden, was denn nun auf ihren
Fahnen stehen soll; ansonsten bleibt ihre Position allein schon aus diesem
Grunde fragwürdig. 28.
Wenn man „Roma“ synonym zu „Zigeuner“ gebraucht, so muß man fast jedes
Mal hinzufügen, ob man den Begriff im engeren (manchmal als: „Rom-Zigeuner“)
oder weiteren Sinn (als allumfassende Sammelbezeichnung) verwendet – ein
wenig praktisches Verfahren. 29.
Wenn man es mit Sinti zu tun hat, kann man von Sinti sprechen, weiß
man, daß es um Roma geht, kann man von Roma sprechen, meint man beide bzw.
weiß man um die Unterschiede, kann die Bezeichnung Zigeuner gewählt werden
oder selbst „Sinti und Roma“, wenn man eben ausdrücklich diese beiden Gruppen
meint und nicht etwa alle Zigeuner. Da eben nicht jedermann die Unterschiede
kennt, sollte man bei dem vertrauten „Zigeuner“ bleiben (können) und sich
nicht darum scheren, daß man von gewissen Kreisen in die Nähe von Rassisten
und Nazis gerückt wird. 30.
Wenn verschiedene Vereine die Begriffe „Sinti und Roma“ im Namen
tragen, so ist das nicht selten „Etiquettenschwindel“, da es ihnen doch meist
nur um eine Gruppe geht bzw. einzelne Mitglieder der anderen Gruppe(n) bestenfalls
als „Alibi“ oder „Vorzeige-...“ benutzt werden. Die traditionellen Vorbehalte
einer Zigeunergruppe gegenüber einer anderen spielen hierbei immer noch eine
Rolle. 31.
Schon kurz nach dem
Krieg (1946) ist in München ein „Komitee Deutscher Zigeuner" gegründet
worden. 1958 hatten einige Zigeuner (wie es scheint, Lovara), vor allem Walter Strauß, Wilhelm und Johannes Weiß ein „Zentralkomitee der Zigeuner“ gegründet. 1968 hatte ein Rom, Rudolf Karway, in
Hamburg eine „Internationale Zigeunerrechtskommission“ gegründet. Wilhelm Weiß (s.o.) hat 1973 das
„Zentralkomitee“ als „Zigeuner International e.V.“ wiederbelebt. Die Sintizza Theresia Seible hatte Ende der 1970er/ Anfang der 80er Jahre einen Frauenverein unter dem Namen „Comitée der Zigeuner“ gegründet. 1979 ist in Bremen zunächst von Nicht-Zigeunern der „Verein zur Durchsetzung der Rechte der Zigeuner in der Stadtgemeinde Bremen e.V.“ gegründet worden, in dessen Vorstand auch bald Sinti (u.a. Ewald Hanstein) aufgenommen wurden. Um 1980 gab es einen „Verbandes der Zigeuner Niedersachsen e.V.“ Diese Beispiele, allesamt dem Alptraum der NS-Diktatur zeitnaher als etwa die Etablierung des „Zentralrates“, zeigen, daß die Gründer offenbar nicht von dem Gedanken „beseelt“ waren, daß der Begriff „Zigeuner“ durch die Nazis diskreditiert wäre bzw. eine diskriminierende Bezeichnung darstellte. Tatsächlich wird man eben bei genauerem
Hinsehen feststellen, daß die Sprachregelung „Sinti und Roma“ hauptsächlich
von Nicht-Zigeunern ausging bzw. von Gadsche-Kreisen maßgeblich „unters Volk“
gebracht worden ist. Eine bei diesen „Korrektheitsfanatikern“ festzustellende
Intoleranz ist ohnehin den Zigeunern weitgehend fremd (gewesen). Das haben
einige Funktionäre erst später von den Gadsche übernommen. 32.
Es ist offensichtlich, daß etwa seit Anfang der 1980er Jahre
interessierte Kreise begonnen haben, den Begriff systematisch schlecht zu
reden, um dann immer wieder feststellen zu können, wie schlimm diese
Bezeichnung doch wäre. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (Göttingen), die
maßgeblich bei der Gründung des „Zentralrates“ mitgewirkt hat, schrieb noch
1979: „Wer sich an der Zigeunerarbeit der GfbV beteiligen möchte, wende
sich an die GfbV, ...“ (in: Pogrom, 10.Jg., Nr.61 vom März/ April 1979,
S.2) oder: von „Bürgerrechtsbewegung für Zigeuner“ (in: Pogrom, 10.Jg., Nr.65
vom Juli-Sept. 1979, S.4). Der Erzbischof von Köln hatte sich anläßlich einer
Pilgerfahrt von Zigeunern zum Kölner Domjubiläum im September 1980, an der
vor allem Sinti teilnahmen, an diese mit den Worten „Meine lieben Zigeuner“
gewandt. Auch diese Beispiele zeigen, daß zu der Zeit der Begriff durchaus
nicht so „schlecht“ war bzw. gesehen wurde, wie heutzutage immer wieder von
verschiedenen Seiten behauptet wird, was sich somit als „Falschspielerei“
erweist. 33.
Wollte man fragen, mit welchem Begriff denn bei den jeweiligen
Mehrheitsbevölkerungen mehr positive Konnotationen verbunden werden, würde
man vermutlich feststellen, daß dies eher bei „Zigeuner“ der Fall ist, denn
bei „Roma“. Mit letzterem Begriff scheint überwiegend Armut, Elend und
Bettelei assoziiert zu werden. Die positiven Konnotationen von „Zigeuner“
sind bekannt. 34.
Wenn in historischen Dokumenten von Zigeunern die Rede ist, kann man
nicht im Nachhinein hingehen und sie etwa zu Sinti, zu Roma oder zu „Sinti
und Roma“ erklären. Wenn keine weiteren Anhaltspunkte zu finden sind, die
eine Zuordnung möglich machen, muß es bei „Zigeuner“ bleiben, zumal auch
nichtzigeunerische Gruppen wie etwa die Jenischen vielfach als Zigeuner
bezeichnet bzw. angesehen werden. 35.
Wenn manche Schreiber zwar den Begriff „Zigeuner“ benutzen, ihn jedoch
in Anführungszeichen setzen, so mag man solch ein Verfahren einerseits als
Ausdruck einer erkannten Notwendigkeit zur Verwendung des Begriffes sehen,
gleichzeitig wird jedoch darin auch eine Furcht vor sprachlichen/ politischen
Tugendwächtern deutlich. 36.
Es wird wohl niemand, etwa unter den Sinti, behaupten können, daß deren
Bezeichnung für Nicht-Zigeuner – Gadsche oder Chale – frei von negativen
Assoziationen bzw. Konnotationen wäre. Wenn sie deutsch schreiben oder
sprechen, wird die Bezeichnung mit „Knechte“ wiedergegeben (also nicht einmal
„Bauer“). Sollten jetzt die Gadsche auf die Barrikaden gehen und die
„Ächtung“ dieser Benennung (als „Fremdbezeichnung“) fordern
? Auf zum Kulturkampf ? 37.
In manchen konservativen oder rechtslastigen Kreisen wird ebenfalls für
die Beibehaltung des Begriffs „Zigeuner“ plädiert und gegen den Versuch einer
Sprachregelung polemisiert. Die grundsätzliche Distanz zu solchen Gruppen
kann jedoch kein Grund sein, von einer gewonnenen Einsicht Abstand zu nehmen
und deshalb den Begriff nicht zu verwenden. 38.
Es ist durchaus zu beobachten, daß Leute, die mittels moralischer Keule
gezwungen werden sollen, eine jahrhundertealte Bezeichnung, mit der sie etwas
anfangen können, gegen eine neue Bezeichnung einzutauschen, die sie nicht
recht verstehen, daß solche Leute eine noch größere Abneigung gegenüber
Zigeunern entwickeln, als sie ohnehin schon haben. 39.
Übrigens: der/ die wahrhaft politisch Korrekte wird nicht umhinkommen,
von „Sinti/ Sintizzi/ Roma/ Romnija“ zu reden und zu schreiben, ansonsten
gibt’s Krach mit Alice und all die anderen. Aber vielleicht sind diese ja
auch mit „ZigeunerInnen“ oder „Zigeunerinnen und Zigeuner“ zufrieden. Inzwischen ist dieser "Warnhinweis"
schon überholt (oder ist "beherzigt" worden?), indem manch eine(r)
die Kurve zu einem "Romn_ja
und Sint_ezze", "Sint*ezze
und Rom*nja", "Rom:nja
und Sinti:ze" oder gar als neueste "Errungenschaft" der Sprachakrobatik
"Roma*Romnija und Sinti*Sint*izze"
geschafft hat. Auch " |
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~~ Bilddokumente zum Thema
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Grabstein eines Rom (offenbar Kelderari)
auf einem Frechener Friedhof |
Grabstein einer Romni (offenbar
Kelderarka) auf einem Kölner Friedhof (das Grab ist
mittlerweile nicht mehr existent) |
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Grabstein eines Rom (offenbar Kelderari) auf einem Frechener Friedhof |
Grabstein eines Roma-Ehepaares
(Kelderara) auf einem Mönchengladbacher Friedhof |
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Grabstein
eines Sinto auf einem Koblenzer Friedhof. |
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Genossenschaft
fahrendes Zigeuner - Kultur - Zentrum |
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Sowohl von Sinti als auch von Roma genutzte Internetseite mit Foren und
Chats. |
Eine interessante Einrichtung von
„Fahrenden“ In
der Schweiz, die u.a. „Zigeunerkulturwochen“ durchführen. Internetseite: http://www.8ung.at/zigeuner/zigeunerkulturzentrum/ Jetzt: https://www.zigeunerkultur.org/ (Aufruf am 13.4.2021) |
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Zwei cover von CD’s bekannter deutscher
Sinti-Musiker bzw. Musikgruppen. Weder die (wahrscheinlich) Nichtzigeuner,
die diese CD-Reihe auf den Markt gebracht haben, noch die ja nicht
unbekannten Musiker dürften von einer
diskriminierenden, abwertenden Bedeutung des Begriffes „Zigeuner“ ausgegangen
sein, als sie diese CD’s produzierten. |
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Der Kölner Sinto Markus
Reinhardt hat sich nicht nur in dieser Kath. Pfarrzeitschrift („Umbruch“,
Nr.14/ Winter 2012, Köln) als „Zigeuner“ präsentiert (siehe auch
unten). |
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Eine CD zum Andenken und
zur Ehre aller verfolgten Zigeuner zu veröffentlichen und das gleichzeitig in dem
Bewußtsein zu tun, einen diskriminierenden Begriff zu verwenden, dies ist kaum denkbar. |
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Es ist kaum denkbar, daß ein Sinto ein
Buch über sich schreiben läßt und seiner Titulierung als Zigeuner zustimmen würde, wenn er
diese Bezeichnung als abwertend auffaßte. |
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Die Angehörige der bekannten österreichische Lovara-Familie Stojka hat keine Probleme damit, „Zigeunerin“ zu sein (1988). |
Auch der Bruder von Ceija Stojka, Karl, spricht und schreibt von „Zigeunern“ und bezeichnet sich auch so. (Wien 1994) |
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Der Aktivist Mustafa Aksu, selbst Zigeuner, hat seinem Buch den Titel gegeben: „Zigeuner sein in der Türkei“ (3.Aufl. Ankara 2009) |
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Die nicht mehr erscheinende
Zeitschrift „Interface“ erschien in drei Sprachen. Wie die
Kollage der Untertitel in Frz., Engl. und Dt. zeigt,
ist die Frage der „politischen Korrektheit“ vor allem
ein deutsches „Problem“: Was im Französischen und
Englischen „Tsiganes“ und „Gypsies“ sind, wird im
deutschen Untertitel zu „Sinti und Roma“. |
Wie in manchen anderen Publikationen
auch, „übersetzt“ man im deutschen Titel
„Zigeuner“ (hier im Polnischen „Cygan“) mit „Sinti und
Roma“ – „typisch deutsch“! Dies zeigt auch, daß das
(vorgeschobene) Argument, man müsse doch die Eigenbezeichnung verwenden, in
anderen Ländern keine/ kaum eine Rolle spielt. |
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Zitate von Sinti aus diesem 2014 Erschienenen Buch
finden sich weiter unten auf dieser Seite. |
Die in Norwegen lebende Romni Solomia Karoli schrieb ihre Biographie (Oslo 2009) mit dem Titel „„„Tochter des Zigeunerkönigs“. Ein Zitat aus dem Buch kann man weiter unten auf dieser Seite lesen. |
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Als geradezu
geschäftsschädigend müßte es aufgefaßt
werden, für ein Produkt mit einem derart
„negativ“ belasteten Begriff zu
werben. Im übrigen zeigt das
Beispiel, daß der Begriff „Zigeuner“
noch weit davon entfernt ist, außer
Gebrauch zu kommen. Obgleich dies
immer wieder von interessierten Kreisen behauptet wird, sammeln die gleichen „Antiziganistizisten“ solche Beispiele, um „Zigeuner-Klischees“ und einen weit verbreiteten „Antiziganismus“ in der Gesellschaft u.a. damit zu belegen. |
Auch dieses Beispiel zeigt, daß im
alltäglichen „deutschen Leben“ „Zigeuner“ noch immer ihren Sitz haben, so wie „Russische
Eier“, „Wiener Würstchen“, „Bayrisch-Blau“,
„serbische Bohnesuppe“, „ungarischer Gulasch“ u.ä. Aus anderen Sprachen ließen sich
ähnliche Beispiele anführen. Mit solchen Bezeichnungen wird Positives
verbunden; warum sollte man dies
„ausmerzen“ wollen, wie es z.B. die österreichische
Initiative „SOS Mitmensch“ versucht? |
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Nicht wegzudenken bzw.
wegzudiskutieren auch dieses Produkt. Der Kölner Rom e.V. meint zu
dergleichen: „Ja, es handelt sich aus unserer
Sicht um absurde, groteske, lächerliche, manchmal
nur putzige, dann wieder ausgesprochene hirnrissige Bearbeitungen der
bekannten tausendfach abgedroschenen Zigeuner-Klischees.“ (in:
Nevipe, N.F. 1/2013, S.33) Sollen sich die Hersteller dessen
schämen oder etwa die Zigeuner? Oder sollte sich der, dem es schmeckt, Bauchschmerzen als Strafe für seine völlig unkorrekte, „absurde“ Essensvorliebe einhandeln? Oder wären auch Sondergenehmigungen denkbar für die Konsumenten, die nicht ohne können? Inzwischen sind verschiedene
Lebensmittel- firmen dem Druck der Meinungsdiktatoren erlegen und haben "Zigeuner"
aus ihren Produktbezeichnungen verbannt. Das ist eben der Unterschied zwischen Wirbelsäule und Rückgrat - eine Wirbelsäule hat jeder. |
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Emblem der türkischen Webseite http://www.cingeneyiz.org/ (08.04.2007) „Çingeneyiz“ bedeutet: „Wir sind
Zigeuner“. Man setzt sich damit bewußt von der seit
einigen Jahren von außen „unters Volk“ gebrachten Neologie „Romanlar“ anstelle der alten und verbreiteten Bezeichnung „Çingeneler“ ab. Die Aussage des Mädchens „Ben bir Çingeneyim“ lautet übersetzt: „Ich bin
eine Zigeunerin“. |
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Die Neuenburger „Zigeunerclique“
veranstaltete zum wiederholten Male einen
„Zigeunerball“ und niemand dort hat damit Probleme –
solange keine Antiziganistizisten aufkreuzen. |
Auch im österreichischen Mitterkirchen
hat man Die künstlich erzeugten Probleme nicht –
einem Harri Stojka zum Trotz. |
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Seit 1965 gibt es den
Köln-Ehrenfelder Karnevalsverein "Ihrefelder Zigeuner". Im Zuge der gegenwärtigen Hetzjagd (am Ort waren es
die Kölner Jusos) gegen alles, was sich nicht dem Sprachdiktat der vorgeblichen
"Antirassisten" unterwerfen wollen, ist auch dieser Karnevalsverein
wegen seines Namens angegriffen worden. Kölner Sinti haben dem
widersprochen und sich hinter den Verein und seinen Namen gestellt: Ein
entsprechender Artikel im Kölner Stadt-Anzeiger ist offenbar nicht mehr
online: (Aufruf am 13.4.2021) |
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Dieses
Zigeuner-Musikfestival ist von Sinti maßgeblich mitorganisiert
worden und bewußt unter nämlichen Titel gestellt worden.
Einige teilnehmende Gruppen bezeichnen ihre Musik explizit als Zigeuner- oder
Gypsy-Musik. Der Kölner Verein Rom e.V. (geleitet von
Nicht- Zigeunern) hielt es jedoch für
angebracht, gegen den Namen des Festivals zu protestieren
– und ließ gleichzeitig seinen Jugendchor dort
auftreten. Dieses widersprüchliche Verhalten wurde
so begründet (Rund-email vom 5.6.2012): „Wir nehmen trotz dieser Bedenken an
diesem Festival teil und hoffen, dass ein Diskussionsprozess
in Gang kommt, der es auch denjenigen
Roma und Sinti ermöglicht in Zukunft
teilzunehmen, die Bezeichnung ‚Zigeuner’ für sich
ablehnen.“ [sic!] Der angeblich erhoffte Diskussionsprozeß
läuft seit Jahren und hat für Kreise wie dem
Rom e.V. lediglich das Ziel, daß fortan alle
Zigeuner „Roma“ genannt werden müssen und sie
sich auch selbst so zu bezeichnen haben. Dazu
braucht man allerdings dann keine Diskussion
mehr – ein „Basta“ würde die Sachlage eher
treffen. Es kann wohl auch mit großer
Wahrscheinlichkeit behauptet werden, daß kein Kölner
Zigeuner allein wegen des Namens nicht an dem
Festival teilgenommen hätte – anders als mit
obiger Aussage suggeriert wird. Tatsächlich
haben es sich nicht nur mindestens drei der
auf dem glänzenden Handzettel rechts als
„Zigeuner- Gegner“ aufgeführten Roma nehmen lassen,
das Festival zu besuchen, auch weitere
Roma, die dem Rom e.V. verbunden sind, waren anwesend. Die obige Aussage läßt sich demnach kaum anders deuten als eine
Täuschung der Öffentlichkeit. Die Aggressivität, mit der der Verein
seit ein paar Monaten seine
Weltsicht verbreitet, läßt vermuten, daß er sein
Meinungsmonopol in Köln zunehmend infrage
gestellt sieht. Dazu: http://www.ksta.de/koeln/interview--zigeuner---eine-art-zu-leben-,15187530,16308676.html (Aufruf am 13.7.2012) |
Der Chefideologe des
Vereins hatte es sich nicht nehmen lassen, das
„Dokument“, das die „Abartigkeit“ des
Festivalnamens „belegen“ sollte, persönlich unters
Volk zu bringen – schließlich muß Kultur
seine politische Richtigkeit haben und der
Festivalbesucher wissen, wie er das
Ereignis zu verstehen hat, sonst könnte er ja auf
falsche Gedanken kommen und vom rechten
Glauben abfallen. Offensichtlich ist den Initiatoren bzw.
den Vorzeige-Roma der Propagandaaktion nicht
der Unterschied zwischen „Wir sind Roma ... und keine
‚Zigeuner’!“ und „Wir wollen nicht ‚Zigeuner’ genannt
werden!“ bzw. „Wir nennen uns ‚Roma’, nicht
‚Zigeuner’“ nicht klar. Ein „sowohl-als-auch“ (sprich: die
Existenz von sowohl Fremd- als auch
Eigenbezeichnungen) kommt nicht in Frage, da das den ein
Schwarz -Weiß-Denkrahmen sprengen würde. Bei sicherlich der zehnfach größeren
Gruppe von Roma als den vier
Roma-Intellektuellen – von denen drei im Rom e.V. ihr Geld
verdienen bzw. verdient haben – die den Verein
aufsuchen, wird man – ohne ihnen Suggestionsfragen
stellen zu müssen – hören können, daß sie auf
Deutsch von „Zigeunern“ reden. Diesen vielen
Roma, die noch nicht zur Erkenntnis der
Wahrheit gekommen sind, wird der Verein schon
noch den „rechten“ Weg weisen. „Begegnung auf Augenhöhe“ (mit „Roma“) sieht für diesen Verein also so aus, daß
er Zigeunern beibringt, wie sie sich zu
benennen haben und wie nicht. – Eben ein „emanzipatorischer Ansatz“ und gleichzeitig ein Beitrag zur „Verständigung
von Roma und Nicht-Roma“ Siehe auch: |
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Auch 2017 traten wieder sowohl einige Sinti als auch Roma auf einem „Zigeunerfestival“ in Köln
auf. |
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Es
trief nur so vor modischem Ideologie-Kram. (Aus
einer email des Rom e.V. vom 31.3.2021) |
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Der
totalitäre „Facebook-Staat“ hat sich mit seiner Zensurpolitik
(Beiträge löschen und Kontosperrungen) ohne Sinn und Verstand zum Handlanger
von Meinungsdiktatoren gemacht - und das, faktisch ohne die Möglichkeit zu einer
Rechtfertigung zuzulassen. |
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Die
Facebook-Zensur wird immer abstruser; man könnte meinen, in Deutschland stünde die Verwendung
des Begriffs Zigeuner schon unter Strafe. Bei
der neuerlichen Fb-Zensur handelt es lediglich um die Richtigstellung eines
1928 erschienenen und geposteten Zeitungsartikels, in dem die falsche
Information gegeben wurde, daß alle Zigeuner weltweit Romanes verstehen
würden. Hinter der unsinnigen Zensur kann eigentlich
nur ein Automat stehen, der bei dem Begriff „Zigeuner“ in Aktion tritt, d.h. ohne nach dem Sinn des Kommentar zu fragen. Man
könnte sich angesichts dessen in einen Staat wie China oder Rußland versetzt
fühlen. Dies
sind die Auswüchse eines in typisch deutschen Extremismuses. Ein
Satz wie „Danke für Dein
Feedback“, nachdem auch der
Einspruch abgelehnt wurde, klingt wie eine Verhöhnung. |
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~~ Reaktionen auf diese Webseite
bzw. Aussagen zum Begriff „Zigeuner“ ~~
(soweit die Reaktionen nicht ohnehin
öffentlich waren, wurde mit den Absendern vor der
Veröffentlichung hier Rücksprache genommen) Nicht jede Meinung kann immer ganz eindeutig in eine Pro- oder eine Kontra-Schublade eingeordnet werden, sondern es gibt durchaus Zwischentöne. Wenn hier dennoch vereinfacht die Meinungen unter die zwei Positionen gebracht worden sind, so soll das der schnelleren Orientierung dienen und die vorherrschende Tendenz der Aussagen widerspiegeln. Die jeweiligen Beiträge werden dann schon beim genaueren Lesen die Nuancen deutlich machen. K o n t r a
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Schon bevor diese Webseite entstanden
ist, hat der Verfasser u.a. wegen der Verwendung der Bezeichnung „Gypsies“ in
einer Anfrage an das Internetforum Romano Liloro (Roma Network, wird von
Israel aus betrieben) am 9.5.2003 folgende Reaktion eines brasilianischen
Vereins bekommen (öffentlich über die mailing list Romano Liloro): „first we are not "gypsies", we are ROMA !
… Please, consider change your text and be more "politically
correct".” Dieser Verein nennt sich “Uniao
Cigana (Gypsy Union)” und
benutzt diese Bezeichnung auch in ihrer email-Adresse. Ein Hinweis auf George
Orwell („double-think“) mag hier als Kommentar genügen. Immerhin mag man in
der Antwort (10.5.2003) auf die daraufhin erfolgte Erklärung des Verfassers
ein gewisses Verständnis erkennen: „Okay,
forget about it!” Marko D. Knudsen (Direktor der
RomNews-Gesellschaft <www.RomNews.com>, Hamburg)
schrieb am 8.6. (bzw. 9.6.) 2004 an das oben bereits erwähnte Roma Network
(Romano Liloro), wo diese Webseite bekannt gemacht worden war: „This site is
not recomended !!! Some rasist
views from an non Roma, maybe he dont like be called an Nazi, but who knows ? I will consult
my lawyer, writer should be in Germany. [sic!]” Zu Deutsch: „Diese Seite ist nicht zu empfehlen
!!! Einige rassistische Ansichten eines Nicht-Roma; vielleicht möchte
er nicht Nazi genannt werden, aber wer weiß ? Ich
werde meinen Anwalt konsultieren; der Autor dürfte in Deutschland sein.“ Dies ist alles, was Knudsen zu der
Seite bzw. zum Thema zu sagen hatte. Im Übrigen würde ich, wenn schon, dann
auf „Nicht-Sinti-und-Roma“ bestehen. Ein Sinto, der unter seinem
Sinti-Namen Latscho Tschawo das Buch „Die Befreiung des Latscho Tschawo – Ein
Sinto-Leben in Deutschland“ (Bornheim-Merten 1984) veröffentlicht hat,
behauptete doch (im Vorwort) allen Ernstes (von sich): „Er ist Sinto, kein
Zigeuner, denn Zigeuner kommt von ‚ziehender Gauner‘.“ Der Pfälzer Sinto Romeo Franz,
Musiker und Politiker (EU-Abgeordneter) (in: Romeo Franz, / Cornelia Wilß
(Hrsg.): Mare Manuscha - Innenansichten aus Leben und Kultur der Sinti &
Roma, Frankfurt/ M. 2019, S.107 f.), der sehr wohl den Begriff „Zigeuner“
ablehnt: „Ich denke, wir
brauchen einen neuen Begriff. Ich habe diesen Doppelbegriff 'Sinti und Roma'
immer kritisch gesehen. Das ist eine Ethnisierung, die falsch ist. Wir sind
als Sinti eigenständig, auch Roma sind nicht homogen. Du kannst die
spanischen Calé nicht mit den rumänischen Roma oder die französischen
Manouche nicht mit den in Finnland oder Schweden lebenden oder den Ex-Jugos
vergleichen. Darum habe ich lange nach einem Begriff gesucht, mit dem ich
umgehen und das Ganze auf eine andere Stufe stellen kann. Als ich im Mai auf
meinen Reisen in Europa mit unseren Menschen gesprochen habe, habe ich
bewusst gefragt: 'Hal du Romno?' Jeder hat das verstanden. Darin erkenne ich
mich.“ Man muß allerdings sagen, daß Romeo
Franz im Sinti-Dialekt gefragt hat; „Romno“ meint „Romani“ in den meisten
Dialekten. Romani Rose heißt auch nicht „Romno Rose“. Der Sänger und Songwriter Romeo
Gitano (Romano Hanstein), dessen Vater der nicht unbekannte Bremer Sinto
Ewald Hanstein war, äußerte sich zu dem Begriff (in: Romeo Franz, / Cornelia
Wilß (Hrsg.): Mare Manuscha - Innenansichten aus Leben und Kultur der Sinti
& Roma, Frankfurt/ M. 2019, S.106): „Ich hasse das Wort
und würde mich niemals als 'Zigeuner' betiteln. Aber er hilft dabei, geduldig
zu erklären, wer unsere Menschen sind.“ Die Redaktion von „pogrom“, der
Zeitschrift der „Gesellschaft für bedrohte Völker e.V.“ schrieb in einer
Vorbemerkung zu einem Beitrag von Donald Kenrick: „Die überwiegende
Mehrzahl der Roma in Deutschland bezeichnet sich seit
Ankunft ihrer Vorfahren um 1400 als (deutsche) Sinti. Wird im Rahmen der heutigen Bürgerrechtsarbeit von deutschen Sinti gesprochen, sind auch alle in der
Bundesrepublik lebenden Rom
gemeint, deren Urgroßeltern schon im 19. Jahrhundert hierher zuwanderten oder
deren Familien in den Nachkriegsjahren wie andere Deutsche und Osteuropäer in
die Bundesrepublik flüchteten oder vertrieben wurden. Das Wort Zigeuner wird von Sinti und Roma mit
Diskriminierung verbunden. Gerade deshalb wird es aber bei der Beschreibung
der rassischen Verfolgung während des Dritten Reiches weiter verwendet.“ (Sinti und Roma im ehemaligen
KZ Bergen-Belsen am 27. Oktober 1979 – eine Dokumentation der ‚Gesellschaft
für bedrohte Völker‘ und des ‚Verbands deutscher Sinti‘, Göttingen 1980,
S.145) Wenn man eine solche Verwirrung stiftet, darf man sich nicht
wundern, wenn das „gemeine Volk“ mit der neuen Begrifflichkeit noch nichts
Rechtes anzufangen weiß. Man kann vermuten, daß „Roma“ hier als
Sammelbezeichnung für alle Zigeuner verwendet wird, mit Rom jedoch nur
bestimmte Gruppen, möglicherweise die Roma im eigentlichen, engeren Sinne. Daß eine solche Äußerung
Sinti in Deutschland auf die Palme bringt, die eben nicht als Roma bezeichnet
werden wollen, scheint man seinerzeit noch nicht (vielleicht auch heute
nicht) registriert zu haben. In der gleichen Publikation spricht übrigens Tilman Zülch, der
Vorsitzende jener Gesellschaft, in seiner Rede immer wieder von „Zigeunern“,
und das nicht nur im Zusammenhang mit der Verfolgung in der NS-Zeit. Die Schriftstellerin Luise Rinser
erhebt gleich zu Beginn ihres Buches „Wer wirft den Stein? -
Zigeuner sein in Deutschland, eine Anklage“ (Stuttgart 1985, S.7) den
moralischen Zeigefinger und führt aus: „Zigeuner ist ein
negativ besetzter Begriff, den wir nicht mehr gebrauchen sollten. Das Volk,
das wir so bezeichnen, heißt Roma . ... Wenn ich Roma
sage, so meine ich das ganze Volk der Roma, wo immer es auch lebt. Wenn ich
Sinti sage, so spreche ich von jenen Roma, die Deutsche sind wie wir andern
Deutschen auch.“ - und
demonstriert dabei gleichzeitig ihre Ignoranz. Sachlich unrichtig, neben der Gleichsetzung
von Zigeunern und Roma, ist hier, daß Rinser Zigeuner mit deutscher
Staatsangehörigkeit automatisch zu Sinti macht, obgleich es doch auch nicht
wenige ‚deutsche’ Roma gibt. Der Historiker
Ludwig Eiber (in: „Ich wußte, es wird schlimm.“ – Die Verfolgung der Sinti
und Roma in München 1933-1945, München 1993, S.10): „Die
Ende der 70er Jahre erstarkende Bürgerrechtsbewegung verwendete mit den
Begriffen Sinti (auch ‚Cinti’) und ‚Roma’ die Eigenbezeichnungen der beiden
in der Bundesrepublik lebenden Hauptgruppen. Diese Namen haben sich
inzwischen weitgehend durchgesetzt, wenngleich in Bayern lebende Sinti sich
noch heute ‚Zigeuner’ nennen. In dieser Dokumentation werden die Bezeichnungen ‚Sinti’ und ‚Roma’
übernommen, da das Wort ‚Zigeuner’ durch den Sprachgebrauch unter dem
NS-Regime und durch massive Vorurteile negativ belastet ist.“ Es
wird nicht erklärt, in welcher Weise der Begriff „Zigeuner“ durch das
NS-Regime negativer belastet worden sei, als das vorher der Fall war. Es ist
auch nicht der Begriff an sich, der von Vorurteile behaftet wäre, sondern es
sich die Menschen, die hinter diesem Begriff stehen. D.h. durch einfache
Umbenennung können Vorurteile nicht beseitigt werden. Obwohl
Eiber konstatieren muß, daß die (Masse der) Sinti in Bayern sich selbst
„Zigeuner“ nennt (wenn sie Deutsch sprechen), setzt er sich jedoch über diese
Einsicht hinweg – wem auch immer damit dienend. Die
Behauptung, „Sinti-und-Roma“ hätte sich weitgehend durchgesetzt, wird durch die
folgende Feststellung der Erfahrung in einer Schule in Sachsen-Anhalt
widerlegt: „Viele der Schüler erzählten, dass sie sich
zuerst nichts unter den Begriffen Sinti und Roma vorstellen konnten. Erst als
Frauke Sonnenburg das politisch inkorrekte Wort ‚Zigeuner’, das leider auch
heute noch häufig verwendet wird, in den Raum warf, war den Jungen und
Mädchen klar, wer gemeint ist.“ (Aufruf vom 13.3.2012) Der
niederländische Kulturwissenschaftler Huub van Baar (in: „Memorial work in
progress“, City – analysis of urban trends, culture, theory, poliy, action,
vol.14. no.6 (Dec.2010), S.653-657, ebd., S.657): “I use the term ‘Roma’ and its
adjective ‘Romani’ to indicate all the different groups, which are often
called ‘Gypsies’ in the English speaking regions. Hence, by referring to the
Roma, I often implicitly refer to the Sinti and other Gypsy groups who prefer
to be distinguished from the Roma.” Zu Deutsch: „Ich
verwende den Terminus ‘Roma’ und sein Adjektiv ‘Romani’, um all die
verschiedenen Gruppen zu bezeichnen, die in Englisch-sprachigen Gegenden
‚Gypsies’ genannt werden. Wenn ich von Roma spreche, dann meine ich häufig
auch die Sinti und andere Zigeunergruppen, die von den Roma unterschieden
werden wollen.“ Der
Niederländer ist sich also bewußt, daß sich nicht alle Zigeunergruppen als
„Roma“ bezeichnet wissen wollen – und tut es trotzdem. Und auch er kommt
nicht um den Begriff „Zigeuner“ als Sammelbezeichnung herum; möglich ohne
sich dessen bewußt zu sein. Ähnlich
wie die beiden oben genannten Autoren drücken sich Bettina Bab und Erhard
Stang in ihrem Aufsatz „’Aufenthalt hat hier keine derartige Familie genommen
...’“ (in: Bonner Geschichtswerkstatt [Hrsg.]: „Es treibt mich die Nötigung
des Lebens...“ – Fremde in Bonn. Ein historisches Lesebuch, Bonn o.J., S.82-91,
ebd. S.91) aus: „Die
Bezeichnung Sinti und Roma hat inzwischen im deutschsprachigen Raum
weitgehend den als diskriminierend empfundenen Begriff Zigeuner ersetzt; die
VerfasserInnen folgen dieser Praxis, auch wenn diese Bezeichnung manchmal
nicht ganz korrekt ist.“ Hier
wird erneut deutlich, daß „politisch korrekt“ sachlich durchaus inkorrekt
sein kann und in diesem Falle ist. Dennoch gewinnt bei den beiden Autoren
offenbar die Furcht vor „Diskriminierung“ die Oberhand gegenüber der Einsicht
in die Realitäten. So ist es wohl in vielen Publikationen: man ist sich zwar
bewußt, daß „Sinti-und-Roma“ kein Ersatz oder Synomym für „Zigeuner“ sein
kann – Bab und Stang benutzen denn auch im Text „Zigeuner“ in
Anführungszeichen – will jedoch Auseinandersetzungen mit den passionierten
Gutmenschen aus dem Wege gehen. Welch
einen Unsinn die „politische Korrektheit“ hervorgebracht hat, demonstrieren
die folgenden Beispiele aus der Tageszeitung taz: „...Gitanos,
wie Sinti und Roma in Spanien heißen ...“ (Reiner
Wandler in der taz vom 8.5.1995, S.17 und fast gleichlautend in der taz vom
15.1.1996) Der
gleiche Autor in einem anderen Artikel (taz vom 5.5.1997, S.11): „Eine
von der katholischen Kirche seit Jahrhunderten vernachlässigte Gruppe, die
Sinti und Roma, haben seit gestern ihren ersten kirchlich anerkannten
Märtyrer, den Spanier Ceferino Jimenez Malla. ... Gitanos, wie Sinti und Roma
in Spanien heißen. ...“ Und
als Höhepunkt der taz’schen politischen Korrektheitsmanie eine Berichtigung
in der taz vom 3.2.1999, S.15: „In
unserer gestrigen Kritik zum Film ‚Schwarze Katze, weißer Kater’ von Emir
Kusturica war wiederholt von den Sinti die Rede. Richtigerweise und neutraler
hätte es aber Roma heißen sollen, weil der Begriff Sinti ausschließlich Roma
mit deutscher Staatsangehörigkeit bezeichnet.“ Alles
klar? Auch
der Autor Manuel Meyer schrieb in der Wochenzeitung Jungle World vom
28.6.2000 (Nr.27) von einem „Roma-Viertel“ im südspanischen Almorad, obgleich
ganz offensichtlich Gitanos gemeint waren. http://jungle-world.com/artikel/2000/26/27517.html (Aufruf vom 8.2.2015) Eine
Referentin (ausgerechnet eine Ethnologin) aus der Behörde der damaligen
Bundesintegrationsbeauftragten Marieluise Beck leistete sich im Jahre 2004
den „politisch korrekten“ Klops, indem sie einen großen Verlag aufforderte,
eine CD „Aufklärung für Kinder“ nicht weiter zu verbreiten, weil dort ein
Beitrag des jüdischen Schriftstellers Walter Benjamin über „Zigeuner“
Vorurteilen verbreiten würde. (Henryk
R.Broder: Praktikantin contra Benjamin, in: Der Spiegel, Nr.18, vom
26.4.2004, S.182). In einem Leserbrief vom 20.3.2015 zu
einem Artikel in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) hat der
Online-Moderator offensichtlich das dort mehrfach verwendete Wort „Zigeuner“
durch „********“ ersetzt, obgleich ein diskriminierender Gebrauch darin nicht
erkennbar ist – ein Beispiel dafür, welche Formen die „politisch korrekte“
Zensur in Deutschland schon angenommen hat: http://www.derwesten.de/region/niederrhein/mit-anderen-augen-aimp-id10478476.html
(Aufruf
vom 25.5.2015) Alles
andere als „korrekt“ ist auch die Bezeichnung der aus Barcelona stammenden
Künstlerin Lita Cabellut als Sinti-Malerin, wie geschehen im Mannheimer
Morgen vom 13.11.2009. Lita Cabellut, die sich auf ihrer Webseite als „Gypsy“
bezeichnet, ist eine Gitana, wie die gleiche Zeitung noch am 27.10.2008
geschrieben hatte. Möglicherweise hat die Sinti-Präsenz in Mannheim in Form
des RomnoKher dazu verleitet, nun Zigeuner, gleich welcher Gruppe, als Sinti
zu bezeichnen. Mit „Zigeuner“ wäre dieser Fehlgriff nicht passiert: http://www.morgenweb.de/mannheim/mannheim-stadt/dialog-zwischen-den-religionen-1.385590 (Aufruf vom 17.4.2012) In
einer genetischen Untersuchung mit portugiesischen und spanischen Gitanos
(Calé) bezeichnen Isabel Mendizabal u.a. („Reconstructing the Indian Origin
and Dispersal of the European Roma: A Maternal Genetic Perspective“, in: PLoS
ONE [e-journal], vol.6, no.1 [Jan. 2011], S.1-10, ebd. S.2) die untersuchten
Zigeunergruppen als „Roma“, und das obwohl sie feststellen mußten, daß: „All the individuals self-declared as
‚ciganos/ gitanos’ (Portugal/ Spain) ...“ Mit
anderen Worten: Wer Roma sind und wie Zigeuner zu bezeichnen sind, bestimmen Nicht-Zigeuner. Im
„Volksblatt Berlin“ hat ein Hugo Barmettler am 8.7.1986 („Der Schock sitzt
tief“) ebenfalls mehr für Verwirrung als für Aufklärung gesorgt: „Der
Schock über die einstige Behandlung von Sinti- und Roma-Kindern in der Schweiz
sitzt tief. ... Jenische, wie Zigeuner in der Schweiz heißen, ...“ Für Erheiterung und gleichzeitig
Verärgerung sorgte im Sommerloch 2013 der in Hannover ansässige Verein „Forum
für Sinti und Roma“, als er Lebensmittelhersteller aufforderte, Zigeunersaucen
und ähnlich anstößige „Futteralien“ umzubenennen. Zwei dieses Ansinnen
unterstützende Hannoveraner Rechtsanwälte haben sich gleich mit lächerlich
gemacht. Dies sorgte in vielen Online-Foren
von Zeitungen u.ä. für erregte Diskussionen, die deutlich machten, wie viel
Schaden ideologisches Quacksalbertum für die Zigeuner in diesem Lande mit
derartigen Aus- bzw. Mißgeburten anrichten kann und daß die breitere
Öffentlichkeit offenbar nicht bereit ist, sich unsinnige Sprachregelungen
vorschreiben zu lassen. Immerhin hat der stellvertretende
Vorsitzende des Zentralrates der Deutschen Sinti und Roma, Silvio Peritore,
in einem Interview die Lächerlichkeit des Ansinnens des Regado Rose und
seines Vereins in Hannover anerkannt. Allerdings ist Peritore nicht ehrlich,
wenn er behauptet, der Zentralrat hätte sich nicht als „Wortpolizei“
betätigt. Den in der Presse immer wieder anzutreffenden Unsinn von dem
Volk der „Sinti und Roma“ befördert auch der „Niedersächsische Verband
Deutscher Sinti e.V.“ (Hannover) noch, wenn er schreibt: „Die
Bürgerrechtsbewegung der Sinti und Roma konnte schließlich durchsetzen, dass
die Eigenbe-zeichnung „Sinti und Roma“ verwendet wird.“ http://www.sinti-niedersachsen.de/sintiundroma (Aufruf vom 13.12.2014) Wann war denn jemals
„Sinti und Roma“ die Eigenbezeichnung? Entweder war oder ist es Roma oder
Sinti, aber nicht „Sinti und Roma“. Offenbar ist sich dieser Landesverband
gar nicht bewußt, was er hier eigentlich verkündet – abgesehen davon, daß
wohl kaum eines seiner Sinti-Mitglieder mit Roma identifiziert werden will.
Das „Durchsetzen“ würde auch noch eine eingehendere Betrachtung verdienen. Der Hauptmatador der Roma-Vereins „Terno Drom e.V.“ (Düsseldorf
bzw. Erkrath), Merfin Demir, ein aus Mazedonien stammender Rom, äußerte sich
über diese Webseite und ihren Verfasser in einem Wikipedia-Diskussionsforum
zum Eintrag „Zigeuner“ im November 2007: „Hallo,
an dieser Stelle möchte ich noch mal das Herausnehmen des Links von
Benninhausen unterstützen. Bedauerlicherweise arbeitet Herr Benninghaus mit
Halbwarheiten. Auch handelt es sich bei dem Text nicht um eine
wissenschaftliche Arbeit, sondern einer Subjektive Meinungsäußerung, die wie
man erkennen wird auch eine polemische Sprache verwendet. Unverkennbar bleibt
der Versuch, die Sinti in einem negativen Bild zu rücken. Daher gehe ich von
der Zielsetzung zur Spaltung der Sinti und Roma aus. Was ich als Rom nicht
befürworten kann. Zur Qualitätssicherung von wikipedia.org ist dieser
konsequenter Schritt in jedem Falle richtig.“ http://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion:Zigeuner/Archiv/2007
(Aufruf vom 13.12.2014) Abgesehen von dem Hinweis, daß er hier
verschiedene Vorgänge auf Wikipedia miteinander vermischt bzw. verwechselt,
erübrigt sich weiterer Kommentar. Der Leser dieser Webseite mag sich selbst
ein Bild machen. Und: Zensur auf Wikipedia durch verschiedene Meinungsmacher ist
Gang und Gäbe und ein Wesensmerkmal dieser „freien Enzyklopädie“. Der aus
dem Kosovo stammende, in Berlin lebende Schauspieler Hamze Bytyci - von
Aschkali- bzw. Roma-Eltern - versteigt sich zu der Behauptung: „Man
sollte einfach sagen, dass es eine entmenschlichende Fremdbezeichnung ist.
... 'Die Z' gibt es nicht – außer als eine rassistische Konstruktion der
Dominanzgesellschaft.“ (in: https://www.zeit.de/zett/politik/2021-02/antiziganismus-rassismus-hamze-bytyci-die-letzte-instanz-deutschland
- vom 1.2.2021) Sicher, „die“ Zigeuner
gibt es nicht, wohl aber Zigeuner. Daß aber eine Fremdbezeichnung „entmenschlichend“
sein soll, darauf muß man erst einmal kommen. Vielleicht muß man Schauspieler
sein, um sich solch einen Unsinn leisten zu können. Die „politische
Korrektheit“ strebt immer wieder bisher ungeahnte Höhen an, indem nun bei
manchen „Super-Gutmenschen“ von „Romn_ja und Sint_ezze“ (z.B. in dem von
K.Krahl/ A.Meichsner herausgegebenen Sammelband: Viele Kämpfe und vielleicht
einige Siege. Dresden 2016) zu lesen ist oder der schon genannte Merfin Demir
von „Wir Sint*ezza und Rom*nja“ schreibt und die
(seine?) neueste „Erfindung“ zur Vermeidung des Begriffs „Zigeuner“ (Z-Wort)
erklärt: „Der
Autor benutzt die abgekürzte Form des Z-Begriffs, um die Reproduktion
rassistischer Konstrukte, die mit dem Begriff „Zigeuner“ in Verbindung stehen,
auf das Minimum zu reduzieren. Analog verfährt er auch mit anderen
Postkolonialen Begriffen. “ (in:
Migazin vom 2.8.2018: http://www.migazin.de/2018/08/02/die-grundlage-unserer-gesellschaft-und-werte/) (Aufruf vom 4.8.2018) Merfin
Demir ist allerdings nicht der einzige „antirassistischen Beifall“
Erheischende. Eine Kristina Wermes („Das
Schicksal der Leipziger Sintifamilie Deußing“, in der bereits genannten Publikation „Viele Kämpfe und
vielleicht einige Siege“, Dresden 2016) findet die Version "
Z[...]" schick. Ein oder eine Michael_a Wermes (in: „Kommentierte Bibliographie zum Thema
Antiromaismus“, 2016) ist so
vorsichtig, daß man sich fragt, ob er/ sie sich vor Angst, etwas „falsch" zu machen, überhaupt noch aus
dem Hause traut: „Triggerwarnung: Dieser Beitrag enthält
pejorative Fremdbezeichnungen, die rassistisch sind und Menschen in ihrem
Wohlbefinden einschränken können – sorry! “ Und weiter: „Da
es sich hier um eine Bibliographie handelt und vor allem auch ältere Werke
mit ihrem Titel komplett genannt werden, konnte nicht auf die Verwendung von
rassistischen und pejorativen Wörtern und Bezeichnungen in Werkstiteln
verzichtet werden. Dafür und für etwaige Irritationen entschuldige ich mich
aufrichtig. Bis auf die Titel dargestellter Werke werden zitierte pejorative
Wörter die Fremdbezeichnungen enthalten jedoch wie folgt versucht zu
entschärfen: Anti[…]ismus und Z[…]. Der_die Autor_in ist sich bewusst, dass
dies nicht unbedingt einem Idealzustand gerecht wird ... “ Der Diplom-Pädagoge
Volker Kohlschmidt (Büren-Wewelsburg) hatte mit Realschülern das „Thema
Rassismus“ im Alltag behandelt. „Dabei,
so Kohlschmidt weiter, sei man auf die 'Zigeunersauce' gestoßen, eine
Bezeichnung die unbedingt geändert werden sollte. Denn 'Zigeuner' sei eine
abwertende und beleidigende Bezeichnung. 'Wir sollten den Sinti und Roma ein
Stück ihrer Würde zurückgeben', appellierte Kohlschmidt.“ (in: Westfalen-Blatt vom
3.4.2019: https://www.westfalen-blatt.de/OWL/Kreis-Paderborn/Bueren/3726363-Kirsten-John-Stucke-spricht-am-ehemaligen-KZ-Niederhagen-in-Wewelsburg-Erinnerung-braucht-einen-Ort,
Aufruf 4.4.2019) „Billiger“ geht's nicht
mit der „Rückgabe von Würde“ - zudem auch kein neuer Vorstoß von politischen
Korrektheitsfanatikern. Die
Bundestagsabgeordnete Filiz Polat (BÜNDNIS90/ DIE GRÜNEN) ging in ihrer Rede
zur Einsetzung einer von der Regierung üppig finanzierten „Antiziganismus-Kommission“
im Deutschen Bundestag am 22.3.2019 auf die Verwendung des Zigeunerbegriffs
durch einen Abgeordneten der AfD ein: „Ich
muss, auch in Anbetracht der zahlreichen Vertreterinnen und Vertreter der
Selbstorganisation, zurückweisen, dass
ein Kollege im
Deutschen Bundestag hier
Wörter verwendet, die
als diskriminierend empfunden
werden . Er hat
einen Begriff verwendet,
für den die
Sinti in Zeiten
des Nationalsozialismus mit dem
„Z“ gekennzeichnet wurden . Diese Äußerungen verurteilen wir auf das
Schärfste, meine Damen und Herren.“ (http://dipbt.bundestag.de/doc/btp/19/19090.pdf) (Aufruf vom 5.4.2019) Der dabei den
Vorsitz führende
Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) hielt es daraufhin für
notwendig, diese Angelegenheit im Ältestenrat des Parlaments zu behandeln.
Die Schleimerei in Richtung der anwesenden Vertreter des Zentralrats
Deutscher Sinti und Roma wurde in Polats
Redebeitrag nur allzu deutlich. Die sonst „Vielfalt“ hoch haltenden
GRÜNEN (und nicht nur sie) pflegen offenbar eine Monokultur, die lediglich
die Stimme des Zentralrates (aner)kennen will. Als „Folge“ des
deutschen Vorsitzes in der Internationalen Allianz zum Holocaust-Gedenken
(IHRA) im Jahre 2020 hat die Bundesregierung die „Arbeitsdefinition von Antiziganismus auf nationaler
Ebene“ angenommen. Darin heißt
es u.a.: „Der Begriff »Zigeuner« wird als antiziganistisch
bewertet, wenn er als Beleidigung verwendet wird.“ (Nach: Jüdische
Allgemeine vom 2.4.2021: https://www.juedische-allgemeine.de/politik/deutschland-nimmt-definition-fuer-antiziganismus-an/
- Aufruf vom 27.8.2023) Während also in der
„Betroffenheitsszene“, verstärkt durch
die gegenwärtige Mode, an jeder Ecke Rassismen zu „entdecken“, der Verwender
des Begriffs „Zigeuner“ schon per se als rassistisch und antiziganistisch
gebrandmarkt wird, hat es die Bundesregierung immerhin geschafft, zu
differenzieren. |
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P r o
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Der Ethnologe Bernhard Streck
(Universität Leipzig), der sich seit Jahren mit verschiedenen Zigeunergruppen
beschäftigt, schrieb am 13.4.2004 an den Verfasser dieser Webseite folgende
email: „ich gratuliere Ihnen zu
ihrem mutigen Plädoyer für den altehrwürdigen Begriff Zigeuner. Soweit ich
sehe, hat die seriöse Tsiganologie jene von Ihnen zu Recht als zu schwach
legitimierte Umbenennung nicht mitgemacht. Weder die
Giessener Hefte für Tsiganologie noch die Leipziger Tsiganologie, die deren
Tradition weiterführt, hat sich von dem Sammelnamen verabschiedet, zumal sie
sich mit Räumen befasst, wo die beiden Teilgruppen gänzlich unbekannt sind.
Leipziger Tsiganologen sprechen von Roma, wenn es sich nachweislich um
Romani-Sprachgruppenangehörige handelt. Bei vielen mittel- und
westeuropä-ischen Zigeunern ist das nämlich nicht der Fall, erst recht fehlt
diese Sprache in den Ländern des Vorderen Orients. Das besondere Verhältnis
zur Mehrheitsbevölkerung, das in den Termini Dienst-leistungsnomadismus oder
Peripatetiker zum Ausdruck gebracht wird, ähnelt sich aber in über-raschender
Weise auf der ganzen Welt. Das
NS-Regime verfolgte in der Tat Zigeuner. Warum gereicht dieser furchtbare
Tatbestand diesem Namen nicht zur Ehre, sondern zur Exterminierung? Es geht bei
diesem Namensstreit einzig um Macht, Einfluss und Gelder. Und um ein
schlechtes Gewissen bei Journalisten, die unter keinen Umständen unkorrekt
erscheinen möchten. Wissenschaft muss sich da raushalten; ihr Ziel ist nicht
Beifall oder Assistenz für bestimmte Gruppen oder Organisationen, sondern
einzig Wahrheit.“ Die beiden bulgarischen Ethnologen
und Tsiganologen (man könnte auch „Romologen“ sagen, doch das würde
hierzulande kaum jemand verstehen) Elena Marushiakova und Veselin Popov
(„Studii Romani“, Sofia) schrieben am 26.5.2004 in einer email an den
Verfasser: „... Wir haben Eueren Text über den
Begriff Zigeuner gelesen – hat uns sehr gefallen.“ Die Ethnologin Margit Weiler zitiert
in ihrer Dissertation (Zur Frage der Integration der Zigeuner in der
Bundesrepublik Deutschland, Köln 1979, S.198) Sinti mit ihrer Meinung zum
Zigeuner-Begriff: „Also wir selber wir fühlen
uns gar nicht beleidigt oder irgend denkt man gar nichts Schlechtes darüber. Jetzt
zum Beispiel wenn wir über die Straße laufen würden wir jetzt Erwachsenen
nicht mehr unser Kinder und einer ruft jetzt von der anderen Straßenseite
zick-zack Zigeunerpack, dann haben die Kinder Wut und schimpfen die dann auch
aus. Aber wir, wenn einer zu mir sagt, ihr seid doch Zigeuner, dann sagen
wir, ja, ja wir sind Zigeuner. - Ist nicht jeder Mensch derselbe, einer hört
es gern, der andere hört es nicht gern.“ Reimer Gronemeyer, aus dessen Feder
zahlreiche Publikationen zum Thema Zigeuner stammen, führt die folgende
Begründung für seinen Sprachgebrauch an (aus: Reimer Gronemeyer: Kleines
Plädoyer für nicht-verwaltetes Lernen - Bemerkungen anlässlich eines
Sach-verständigengesprächs, in: Frankfurter Hefte, 38.Jg., H.3/1983, S.9-11,
ebd. S.10): „Ich benutze den
Begriff, obwohl er gegenwärtig gern durch die Begriffe Sinti und Roma ersetzt
wird. Mir persönlich erscheint die Benutzung der Gruppennamen zudringlich.
Zwar ist die Tatsache nicht von der Hand zu weisen, daß der Begriff Zigeuner
vorurteilsgeladene Assoziationen weckt. Ich erinnere aber daran, daß es seit
den Zeiten Maria Theresias mehrere Versuche gegeben hat, den Begriff Zigeuner
zu tilgen . ... Die Versuche, den Begriff Zigeuner
zu tilgen, waren mit dem Versuch verbunden, zigeunerische Lebensweise und
Identität zu beseitigen.“ Der Historiker Thomas
Fricke schreibt in seiner Publikation (Dissertation) "Zigeuner im
Zeitalter des Absolutismus - Bilanz einer einseitigen Überlieferung. Eine
sozialgeschichtliche Untersuchung anhand südwestdeutscher Quellen"
(Pfaffenweiler 1996, S.11 f.): „Erstens ist das Wort 'Zigeuner' so tief in
unserem Sprachgebrauch verwurzelt, daß dessen völlige Austilgung nicht
möglich sein wird. Zweitens bietet die Änderung des Vokabulars keinerlei Gewähr
für die Überwindung von Vorurteilen. - Daß die pejorativen Bedeutungsinhalte
des Wortes 'Zigeuner' im Begriff sind, auf die neue Bezeichnung 'Sinti und
Roma' überzugehen, kann man an einzelnen Verlaut-barungen in den Medien
deutlich erkennen. Drittens wäre es Verdrängung und keine
Vergangenheits-bewältigung, wenn man
das Wort 'Zigeuner' einfach ignorieren würde." In einer email schrieb am 5.6.2004
der Jurist Oliver Jung (Regensburg) an den Verfasser: „ich wollte ihnen nur sagen,
dass ich ihren internetartikel sehr spannend und sehr erhellend fand. ... political
correctness wäre eine schöne sache, wenn sie in den köpfen und herzen
stattfände, und nicht nur eine strategie, um die beschäftigung mit der
substanz einer sache zu vermeiden. bezeichnungen
alleine ändern natürlich nicht von heute auf morgen die ablehnung gegenüber
einer fremden volksgruppe. trotzdem haben sie vielleicht eine wichtige
bedeutung: als jurist sehe ich durchaus eine botschaft etwa in der
veränderung der bezeichnung "elterliche gewalt" zu "elterliche
sorge". dito "down-syndrom" statt mongoloide idiotie". schade,
dass dies mit "sinti und roma" statt "zigeuner" nicht
ebenso gelingt. im gegenteil bin ich jetzt nach ihrem artikel davon
überzeugt, dass neue konfusion und eigentlich auch neue herabwürdigung (durch
ignoranz) betrieben wird. ich werde jetzt also mit neuem bewusstsein von
"zigeunern" reden.“ Der unter dem nickname „Nomad“
agierende Moderator eines Roma-Diskussions- und Informationsforums im
Internet, ein Lovari (Rom) aus Wien, schrieb in diesem Forum am 14.6.2004
unter der Überschrift „Zigeuner oder nicht Zigeuner“ zum Thema: „Da wir wieder einmal das leidige Thema haben, was nun Zigeuner
bedeutet bzw. ob es ein Schimpfwort sei, lasst Euch gesagt sein, man kann
jeden Namen und jedes Wort als Schimpfwort verwenden. Es für mich unerheblich, ob einer statt
Scheiß-Zigeuner, dann Scheiß-Roma oder Scheiß-Sinti sagt. Denen, die uns so nennen, ist es doch egal,
welches Wort dahinter steht. Ob diejenigen die sich jetzt, über das Wort
Zigeuner aufregen, dann zufriedener sind, vermag ich zu bezweifeln. Gesetzt dem Fall, man bekommt die Gadje dazu,
nicht mehr Zigeuner zu sagen, ok vielleicht klappt es, jedoch ist fraglich
was mit den Namen zu geschehen hat, welche bis jetzt das Wort Zigeuner
beinhalteten. Wollt Ihr allen Ernstes, dass der Zigeunerbaron in Folge Roma
und Sintibaron heißen muss ? Zigeunermusik dann Roma
und Sintimusik und und und Schon allein die Tatsache, dass der Grossteil
der Alten, auf die Frage was sie seien, antworten sie, Zigeuner und erst
danach erklären ob sie Roma oder Sinti sind, zeigt uns, dass dieses Wort kein
Schimpfwort sein kann. Ja die Alten waren immer schon schlauer als
die Jungen, denn was sollten die Gadje mit der Bezeichnung Roma und Sinti anfangen ? Versucht doch mal einem Gadjo zu erklären,
was Ihr seid, ohne das Wort, Zigeuner, zu verwenden, na seht Ihr; geht nicht
und so lange das nicht geht, sind wir eben Zigeuner.“ (unter: http://www.forumromanum.de/member/forum/forum.php?action=ubb_show&entryid= 1087245622&mainid=1087245622&USER=user_284736&threadid=2#) Der mittlerweile verstorbene
österreichische Lovari Karl Stojka (in: Karl Stojka/ Reinhard Pohanka: „Auf
der ganzen Welt zu Hause – Das Leben und Wandern des Zigeuners Karl Stojka“,
Wien 1994, S.7): „Ich bin ein
Zigeuner. Ein Rom vom Stamme der Bagaretschi. Mein Vater war Zigeuner, meine
Mutter und meine ganze Familie waren Zigeuner." Ein Lovari der jüngeren Generation
(Willibald, der Sohn von Ceija Stojka), im Beiheft zum Film von Karin Berger:
„Ceija Stojka – Porträt einer Romní“: „Wir sind nicht böse, daß wir Zigeuner
genannt werden. Wir sind ja Zigeuner. Ich will auch gar nichts anderes sein.
Jetzt sagen sie Rom oder Roma oder Sinti oder was weiß ich! Keiner kennt sich
mehr aus.“ Der burgenländische Rom Stefan
Horvath aus Oberwart (in: Otto Reiter: „’Zigeuner ist für mich ein
Ehrentitel’ – Anmerkungen zum Special ‚Roma Reigen’“, in: filmarchiv – Mitteilungen
des Filmarchiv Austria, H.46 <7-10/2007>, S.24-26, ebd. S.26): „Ich bin ein burgenländischer Zigeuner und
stolz darauf. Viele nennen sich jetzt Roma, Sinti oder irgendwas, weil sie
sich dadurch Geld und Anerkennung erhoffen. Ich bin als Zigeuner geboren und
für mich ist das ein Ehrentitel.“ Auf der von der
„Gesellschaft für bedrohte Völker“ und dem „Verband deutscher Sinti“
organisierten Gedenkkundgebung in Bergen-Belsen im Oktober 1979 sprach der
damalige Präsident der „Romani-Union“, Jan Cibula, in seiner Rede immer
wieder von „Zigeunern“ – ebenso wie Vinzenz Rose (der Onkel von Romani Rose),
wie Tilman Zülch, Willy Brandt, Hans
Dietrich Genscher und andere Politiker in ihren Grußbotschaften. Auf
dem Plakat zu der Veranstaltung war in großen Lettern „Zigeuner“ (ohne
Anführungszeichen) zu lesen und klein darunter: Roma. Die „Roma-Welt-Union“
als Mitveranstalter wurde (in Klammern) mit „Weltverband der Zigeuner“
erklärt. Angesichts dessen muß man die heutzutage vorgebrachten „Argumente“
der Sprachbereiniger als Irreführung der Öffentlichkeit betrachten. (Sinti und Roma im
ehemaligen KZ Bergen-Belsen am 27. Oktober 1979 – eine Dokumentation der
‚Gesellschaft für bedrohte Völker‘ und des ‚Verbands deutscher Sinti‘,
Göttingen 1980) In der von der
„Gesellschaft für bedrohte Völker“ herausgegebenen Zeitschrift „Pogrom“ kann
man in der Anmerkung der Redaktion zu einem Themenheft (18.Jg., Nr.130 -
1987, S.1) lesen: „In dieser Ausgabe wird wiederholt der
Begriff 'Zigeuner' verwendet. Der von den historischen, kulturellen und
politischen Konstellationen in der Bundesrepublik geprägte Sprachgebrauch
Sinti und Roma wird aber oftmals der kulturellen Vielfalt und dem
Selbstverständnis vieler diesem Volk angehörigen Gruppen in anderen Ländern nicht
gerecht. Der Begriff 'Zigeuner' ist also als in historischer und kultureller
Hinsicht wertneutraler Sammelbegriff zu verstehen und impliziert im
Einzelfall die Verwendung der von den Betroffenen gewünschten
Eigenbezeichnung." Zu erwähnen wäre an dieser
Stelle, daß die genannte Gesellschaft maßgeblich an der Gründung des
„Zentralrates der Deutschen Sinti und Roma“ beteiligt war. Der aus Mazedonien stammende, in
Deutschland lebende Roma-Schriftsteller und Sänger Muharem Serbezovski hat
einem seiner Bücher den Titel gegeben: „Cigani ‚A’ kategorije“ (in deutscher
Übersetzung veröffentlicht als „Zigeuner erster Klasse“, 2003). In einem
Zeitungsartikel (Saarbrücker Zeitung vom
29.11.1996) mit einem Zitat von ihm als Überschrift („Mit uns Zigeunern kam der Frohsinn in die Welt“) liest man: „...Vorurteile über Zigeuner will Muharem
Serbezovski abbauen helfen. Er selbst sagt: ‚Ich bin Zigeuner.’ Und er ist
stolz darauf. …“ Sinti aus dem Ravensburger Viertel
Ummenwinkel werden zitiert mit (in: Florian Lindemann: „Die Sinti aus dem
Ummenwinkel – Ein sozialer Brennpunkt erholt sich“, Weinheim/ Basel 1991,
S.35): „Der Begriff ‚Zigeuner’ hat im Ummenwinkel
nicht automatisch denselben unangenehmen Beigeschmack, wie ihn uns Deutschen
das schlechte Gewissen vor der Geschichte üblicherweise anerzogen hat. Sie
nennen sich hier alle selber so.“ Die slowakische Ethnologin Petra
Somanková schreibt in ihrer Magisterarbeit
(„Die Verbreitung der Pfingstbewegung unter Sinti in Deutschland“,
Köln 2010, S.5, Anm.3) über ihre Erfahrung mit Sinti im Kölner Raum (http://www.gypsy-research.org/resources-somankova.pdf) : „Die Mitglieder der Sinti-Gemeinde
bezeichneten sich zuerst als Zigeuner und erst nachdem ich nach der genaueren
Gruppenzugehörigkeit fragte, erwähnten sie die Zugehörigkeit zu der Gruppe
der Sinti. Als Grund dafür nannten einige von ihnen die Unwissenheit der
‚Nicht-Zigeuner’ über die Unterschiede bei den verschiedenen Zigeunergruppen.
Die Bezeichnung ‚Sinti und Roma’ lehnten alle von mir Befragten ab und legten
zudem viel Wert darauf, nicht als Rom/Romni bezeichnet zu werden.“ Der mit einer türkischen Romni
verheiratete Mozes F. Heinschink schreibt in seinem Aufsatz: „E Romani Čhib
– Die Sprache der Roma“ (in: M.F. Heinschink/ Ursula Hemetek [Hrsg.]: Roma –
das unbekannte Volk, Schicksal und Kultur, Wien u.a. 1994, S.110-128, ebd.
S.110, Anm.1): „Obwohl mir bewußt ist, daß diese Bezeichnung
vielfach von den Betroffenen abgelehnt wird, wird in Ermangelung eines
Besseren ‚Zigeuner’ als Sammelbegriff für alle Roma- und Sinti-Gruppen
verwendet.“ Dennoch hat Heinschink (wenn auch nicht allein) das Buch mit
„Roma“ betitelt. Die Sinti Allianz Deutschland e.V. (früher
Sitz in Köln) schrieb auf Ihrer damaligen Webseite (Stand 12.7.2004): „...Die Bestrebungen einiger
Vereinsfunktionäre, die Eigenbezeichnung Sinti und die Eigenbezeichnungen der
anderen Zigeunervölker wie Manusch, Kale (Gitanos) u.a., sowie den historisch
gewachsenen neutralen Sammelbegriff Zigeuner aus politischen Gründen durch
Sinti und Roma bzw. nur Roma zu ersetzen, werden von den Angehörigen der
unterschiedlichen, den Sinti oder Roma nicht angehörigen Zigeuner-völkern,
abgelehnt. Will man alle Zigeunervölker gleichermaßen
achten und würdigen, muß deren Eigenbezeichnung berücksichtigt werden, sofern
die Nennung der ethnischen Herkunft als notwendig erachtet wird. Sollte einem Außenstehenden die
Eigenbezeichnung nicht bekannt sein oder die Aufzählung aller
Volksbezeichnungen an der Vielfältigkeit scheitern, kann man mangels eines
von allen Zigeunervölkern akzeptierten neutralen Überbegriffs, auf die
Jahrhunderte alte Bezeichnung Zigeuner, sofern sie wertfrei benutzt wird,
nicht verzichtet werden. ...“ (unter: http://www.sintiallianz-deutschland.de/sintiunfroma.html
[sic !]) Der Kölner Sinti-Musiker Markus
Reinhardt in einem Interview mit der Tageszeitung „Neues Deutschland“ vom
28.8.2010 (Lutz Debus: Vielleicht wird der Sohn berühmt): „’ Wir sind Zigeuner!’ Markus Reinhardt singt
diesen Satz fast. ... Mit seiner Terminologie verstößt er bewusst gegen den
offiziellen Sprachgebrauch auch des Zentralverbandes der Sinti und Roma. Es
gebe in Europa noch andere Untergruppen, nicht nur Sinti und Roma, erklärt
Reinhardt. ‚Ihr Linken habt immer Probleme mit dem Wort, sagt Sinti und Roma
zu uns.’ Völliger Quatsch sei diese Wortakrobatik. Er habe sogar ein Lied
veröffentlicht, das sich diesem Thema widmet. ...“ (Aufruf vom 2.10.2010) Die als „Frau Europas 2001“
ausgezeichnete Sintizza Philomena Franz benutzt die verschiedenen Begriffe
nebeneinander bzw. den einen als Untertitel des anderen, z.B. in Ihrem Buch
„Zwischen Liebe und Haß – Ein Zigeunerleben“ (Freiburg u.a. 1985, S.8): „Ich habe dieses Buch
als Zigeunerin geschrieben. Als Zigeunerin vom Stamm der Sinti.“ Und an anderer Stelle (in: Barbara
Bönnemann: „Rom heißt Mensch – nicht Mensch zweiter Klasse“, in: Süddeutsche
Zeitung, 30.03.2002, S.RÖM 6): „Ich habe mit dem Wort
‚Zigeuner' keine Probleme, es kommt immer darauf an, wie man es ausspricht.“ Der Sinto Karl Wagner -
seinerzeit Vorsitzender des „Forums für Zigeuner und
Landfahrer“ äußerte sich gegenüber den
Westfälischen Nachrichten (vom 20.10.1992): „Ich schäme
mich nicht, mich Zigeuner zu nennen.“ Die österreichische Sintizza Rosa
Winter (Kerndlbacher) (in: Ludwig Laher [Hrsg.]: Uns hat es nicht geben
sollen. Rosa Winter, Gitta und Nicole Martl - Drei Generationen Sinti-Frauen
erzählen, Grünbach (A) 2004, S.47): „Vielleicht liegt ein Fluch auf den
Zigeunern, aber ich bin stolz darauf, eine Zigeunerin zu sein.“ Aus den Worten des
österreichischen Sinto Anton 'Bubeli' Weinrich-Fojn spricht ebenfalls ein
gewisser Stolz, wenn er sagte (in: Anita Geigges/ Bernhard W.Wette: Zigeuner
heute - Verfolgung und Diskriminierung in der BRD. Eine Anklageschrift,
Bornheim-Merten 1979, S.138): „Ich bin von Name und
Stamm ein echter Zigeuner ... “ Im Übrigen wird man den
beiden Autoren kaum einen „Antiziganismus“
vorwerfen können, wenn sie von „Zigeuner“
schrieben. Die Kieler Sintizza, Wanda Kreutz,
sozialpädagogische Assistentin, (in: Zazie Wurr [Hrsg.]: Newo Ziro – Neue
Zeit? Wider die Tsiganomanie - Ein Sinti- und Roma-Kulturlesebuch, Kiel 2000,
S.51 und 57): „Auch ich, die ich einen Beruf habe, der so
gar nicht diesem Klischee [das man über Zigeuner hat] entspricht ..., bin und bleibe eine
Zigeunerin. Und ich bin stolz darauf. ... Zum Abschluß noch etwas: Zigeuner heißt Sinti
und Sinti Zigeuner. Jeder darf mich fragen, ob ich eine Zigeunerin bin und
ich werde ja sagen. Beschimpft mich einer mit Zigeunerin, kann er mich auch
mit Sinteza beschimpfen.“ Der über 80jährige Hamburger Sinto
Emil Weiss in: http://journalistaward.stop-discrimination.info/fileadmin/ja08/Winning_articles/599_SJA_DE.pdf (Aufruf vom
26.6.2009): „’Wir sind Zigeuner’, sagt er in einer
Dokumentation, die gerade im Ersten lief. Der Begriff ... wurde über
Jahrhunderte hinweg mit Abwertung belegt. Emil Weiss möchte das Wort wieder
als neutrale Bezeichnung zurückgewinnen.“ Siehe auch: Jane Masumy: Auf ihn
hören 500 Sinti, in: Hamburger Morgenpost, (http://archiv.mopo.de/archiv/2008/20080609/hamburg/panorama/auf_ihn_hoeren_500_sinti.html, Aufruf vom 26.6.2009)
Der Aschaffenburger Lallero
(Sinto), Freddy Walter sagt von sich (in: Main-Echo vom 5.4.2019): „'Ich bin ein Zigeuner.' Der 33-jährige
Aschaffenburger Sinto hält nicht viel von der politisch korrekten Variante
Sinti und Roma. 'Das
ist ein typisch deutsches Problem'. Die übertriebene Korrektheit sei ein
Mittel der Deutschen, mit der NS-Zeit und den 500 000 getöteten Sinti und
Roma umzu-gehen.“ (Aufruf vom 5.4.2019) Süddeutsche Sinti äußern sich in dem
oben als cover präsentierten Buch von Angela Bachmair (2014, S.20): „Sich selbst und ihre Familie nennt Anna
Reinhardt manchmal Sinti, öfter aber Zigeuner. Zu den Roma gehört sie auf
jeden Fall nicht, das betont sie, denn sie seien ja nicht in Deutschland
daheim. Anna Reinhardt besteht nicht auf der Bezeichnung 'Sinti', die heute
als politisch korrekt angesehen wird. Es macht ihr nichts aus, wenn sie
Zigeunerin genannt wird: 'Das kommt auf den Ton an.' Der Begriff 'Zigeuner'
darf eben nicht herabwürdigend und verächtlich gebraucht werden, so erläutert
sie ihre Haltung. 'Zigeuner, das ist
der deutsche Name für uns', wird später Anna Reinhardts Bruder Ernst mir
erklären, und beide, Bruder und Schwester, sagen mit Nachdruck: 'Wir sind
stolz darauf, dass wir Zigeuner sind.'“ Der bekannte Musiker
Josef „Zipflo“ Reinhardt (* 1949) sagt als Sinto: „Früher hieß es immer, ich sei der
Zigeunergeiger Zipflo Reinhardt. Aber ich fühle mich nicht schlecht, wenn
mich einer als Zigeuner bezeichnet. Ich habe das Gefühl, dass ich mich selbst
diskriminiere, wenn ich mich als Sinto bezeichne. Auf einmal, nach 45 Jahren
Zigeuner-Sein.“ (Zitiert
nach: Dotschy Reinhardt: Gypsy - Die Geschichte einer großen Sinti-Familie,
Frankfurt/ M 2008, S.204 f.) Die
Sängerin Michaela „Dotschy“ Reinhardt, die selbst den Begriff „Zigeuner“
ablehnt, zu der Ansicht ihres Verwandten: „Schon dass Zipflo
konsequent die Bezeichnung 'Zigeuner' verwendet, verunsichert mich, obwohl
ich weiß, dass er das immer schon so hielt.“ (Ebd.,
S.204) Dotschy
Reinhardt über die Sichtweise ihres Vaters: „Seine Toleranz gegenüber dem Wort 'Zigeuner'
kann ich mir nur aus der Sicht seiner Generation heraus erklären. Er sagt
immer, dass er das Wort sein Leben lang gehört habe, und deshalb sei für ihn
nichts Schlechtes dran. Ich habe dieses Wort glücklicherweise nicht mein
Leben lang gehört, deswegen denke ich anders darüber. Im Dorf freilich kann
man den Leuten kaum einen Vorwurf machen, dass sie 'Zigeuner' sagen - sie
haben die Begriffe 'Sinti' oder 'Sinteza' noch nie gehört.“ (Aus dem
vorstehend genannten Buch von Dotschy Reinhardt, S.62) Wenn also
immer wieder argumentiert wird, wie doch der Begriff „Zigeuner“
nach der NS-Zeit „unmöglich“ geworden wäre, so paßt das kaum zu der
Auffassung der Sinti-Generation, die noch näher an dem Geschehen der
NS-Zigeu-nerverfolgung war oder sie sogar noch miterlebt hat. Wenn dann ein
Teil der jüngeren Generation den Begriff aus dem, offensichtlich
fadenscheinlichen, Grunde ablehnt, so muß man sie wohl als Opfer der
Gehirnwäsche der sogenannten Bürgerrechtsbewegung begreifen. Die mittlerweile verstorbene
Filmemacherin und Sintizza Melanie Spitta hat offenbar gleichfalls keine Probleme mit dem Begriff Zigeuner,
wenn sie in dem gleichen „Sinti- und Roma-Kulturlesebuch“ (s.o.,) schreibt
(S.62): „Wer Zigeunern, ob Sinte oder Roma, helfen
will, muss über Hintergrundinformationen
verfügen, die nicht aus Büchern stammen. Der Ansatz darf nie sein
‚Alle Zigeuner wollen dasGleiche’. Zigeuner ist nicht gleich Zigeuner. Wer
weiß schon, wie viel Stämme es gibt, die sich voneinander deutlich
unterscheiden ...“ Melanie Spitta hat übrigens (s.o.) an dem mystifizierten
Kongreß von 1971 in London teilgenommen! In Entschädigungsakten
sprechen Zigeuner selbst kurz nach dem Ende der Naziherrschaft ganz
selbstverständlich von „Zigeunern“, so z.B.
in der protokollierten folgenden Aussage eines Lovari im Jahre 1949 in Köln: „Ich erkläre hiermit
wahrheitsgemäß, daß ich nach der Abstammung Zigeuner bin und mich als solchen
bezeichne.“ Der Schweizer Musiker
und Komponist Roger Moreno, der Sinti-Vorfahren hat, antwortete in einem Interview
auf die Frage, ob „Zigeunermusik“ für ihn ein brauchbarer Begriff sei
(in: Romeo Franz, / Cornelia Wilß (Hrsg.): Mare Manuscha - Innenansichten aus
Leben und Kultur der Sinti & Roma, Frankfurt/ M. 2019, S.209): „Ich habe mit dieser Bezeichnung keine
Probleme. Wenn Leute mich fragen, was ich mache, und ich ihnen antworten
würde: Ich mache Sinti- und Roma-Musik, dann wüssten sie doch gar nichts mit
meiner Antwort anzufangen. Unter Zigeunermusik können sie sich etwas
vorstellen. Ich habe grundsätzlich kein Problem mit diesem Begriff. Ich
glaube sogar, dass sich durch dieses Pochen auf politische Korrektheit die
Kluft zwischen Sinti und Roma vergrößert hat. Sie haben verschiedene Sitten,
Gebräuche und Ehrencodices, die sich erheblich voneinander unterscheiden. Der
Begriff 'Zigeuner' unterstellt jedoch eine gewisse Zugehörig-keit zu ein und
demselben Volk.“ Man könnte hinzufügen,
daß die extremistische politische Korrektheit die Kluft zwischen Zigeunern
und Nicht-Zigeunern vergrößert hat. Die ungarische Kunsthistorikerin (Vater
Sinto, Mutter von einer Roma-Gruppe) Tímea Junghaus – sie war Kuratorin des
ersten Roma-Pavillons bei der 52. Biennale 2007 in Venedig – wurde gefragt: „Warum
verwenden Sie den Begriff Zigeuner? Im Deutschen ist er negativ besetzt und
historisch belastet.“ Darauf ihre Antwort: „Ich
weiß, auch im Ungarischen schwingt bei diesem Wort etwas Diskriminierendes
mit, obwohl es eigentlich eine korrekte Bezeichnung ist. Ich spreche von
Zigeunern und von Zigeunerkunst, weil ich das Wort ins Positive wenden
möchte.“ (aus einem Interview mit Tímea Junghaus im
Hamburger Abendblatt vom 6.2.2008) Möglicherweise ist das für T.Junghaus selbst
auch die sinnvollste Identitätsbeschreibung, da sie sowohl von Sinti als auch
von Roma abstammt und vermutlich „SintiundRoma“ nicht sein will. Ein ungarischer Rom, der Journalist Tibor Racz, schrieb am
15.4.2015 in der Tageszeitung (taz): „Die
Ordnung politisch korrekter Begriffe hat ihre Fallstricke, und die Leute
werden immer unsicherer, wie sie Angehörige dieser Ethnie nennen sollen. Ist
es wirklich ein Zeichen von Aufklärung, die Begriffe Sinti und Roma zu
verwenden? Nur weil ‚Zigeuner‘ als eindeutiges Schimpfwort gilt? Für
mich ist die Antwort eindeutig: Ich bin Zigeuner. Und ich bin nicht damit
einverstanden, dass der Begriff ‚Zigeuner‘ ein mit Klischees und Vorurteilen
belastetes Schimpf- und Schmähwort ist. Und gleichzeitig finde ich es
schwierig, dass einige meiner Bekannten mich nicht ‚Zigeuner‘ nennen. Mit dem
Gebrauch politisch korrekter Begriffe stellt sich nicht unmittelbar Respekt
ein. Und die alltägliche Diskriminierung wird nicht dadurch geringer, dass
man die Bezeichnungen ‚Sinti‘ und ‚Roma‘ benutzt. … In
Ungarn bin ich mit vielen Akademikern befreundet, die darauf bestehen,
‚Cigány‘ genannt zu werden. Auch sie wissen mit den Begriffen ‚Sinti‘ und
‚Roma‘ nichts anzufangen. Aber nicht nur sie. Meine Eltern sagen immer: ‚Das
Wort Roma ist scheinheilig. Wir sind Zigeuner. Wir haben uns niemals Roma
genannt. Und dieses Wort ist so gut oder so schlecht, wie man uns behandelt.‘…“ http://www.taz.de/Politische-Korrektheit/!158122/ (Aufruf
vom 25.5.2015) Am 28. Februar 1974 schrieben der Vizepräsident
des „Verbandes der Cinti Deutschlands e.V.“, Claus-Norbert Herzog, und sein
Geschäftsführer Anton Kutscher an das Bundespräsidialamt: „Im Namen und im Auftrag der in unserem
Verband zusammengeschlossenen Zigeuner deutscher Staatsangehörigkeit schlagen
wir den Präsidenten unseres Verbandes, Herrn Vinzenz Rose, Baden-Baden, ...
zum Bundesverdienstkreuz vor. ... Herr Rose hat aber auch entscheidend dazu
beigetragen, den deutschen Zigeunern wenigstens in Anfängen ein politisches
Bewußtsein zu vermitteln. ...“ Am 16. Mai 1974 wandten sich beide
mit dem gleichen Anliegen an das Regierungspräsidium in Karlsruhe. Auch hier
ist von Zigeunern (ohne Anführungszeichen!) die Rede, so wie in einer Reihe
anderer Dokumente des Vorgängers des „Zentralrats Deutscher Sinti und Roma“.
Wie Vinzenz Rose’s Neffe Romani Rose dies heute deutet, müßte man ihn selbst
fragen. Immerhin hatte man hier noch keine Probleme damit, die
Fremdbezeichnung neben der Eigenbezeichnung („Cinti“) zu verwenden. So
„schlimm“ war der Begriff offensichtlich knapp drei Jahrzehnte nach der
Befreiung vom NS-Terror (noch) nicht. Hugo Franz, der mittlerweile
ebenfalls verstorbene Vater des derzeitigen „Hauptmatadors“ des „Verbands
Deutscher Sinti und Roma Nordrhein-Westfalen“, welcher dem „Zentralrat
Deutscher Sinti und Roma“ angeschlossen ist, hatte zum 4.Mai 1982 zu einer
Pressekonferenz in Köln eingeladen. Auf dem Kopf des Briefes (der Einladung)
stand: „Nicht organisierte DEUTSCHE
ZIGEUNER aus dem Bundesgebiet und Westberlin“ In der Einladung
(vom 17.4.1982) hieß es: „Wir deutschen Zigeuner, die
wir in keinem der bestehenden Sinti-, Roma- oder sonstigen Zigeuner-verbände
Mitglieder sind und uns ebenso nicht dem im Februar 1982 neu gegründeten
Dachverband, genannt ZENTRALRAT DEUTSCHER SINTI UND ROMA angeschlossen haben,
möchten der deutschen Öffentlichkeit eine wichtige Mitteilung machen. ... Wir
bitten Sie, uns ebenso aufgeschlossen anzuhören sowie das, was wir zu sagen
haben, zu verbreiten, wie Sie dieses seit 1979 für die Verbandszigeuner tun.“ Am 22.5.1981
hatte der Sinto Anton Franz im „Mannheimer Morgen“ eine Anzeige
veröffentlicht unter der Überschrift „An alle Sintis und Rom-Zigeuner
Deutschlands“. Im Text hieß es u.a.: „Wendet Euch vertrauensvoll an
den Chef der Zigeuner (jetzt auch 1. Vorsitzender des Verbandes Deutscher
Sinti).“
Der
Sinto Heinz Adler sagte in einem schon älteren Interview (Ende der 1970er
Jahre): „Ich bin Zigeuner und bleib Zigeuner." Der Interviewer Heinz Schilling stellte
dabei (2011) fest: „Mein Gesprächspartner Heinz
Adler kannte keine andere Eigenbezeichnung als 'Zigeuner', was unbefragt auch
als Selbstidentifikation der eigenen Familie gültig war.“ (Institut
für Kulturanthropologie und Europäische Etnologie <Hrsg.>: Zigeuner und
Wir, Frankfurt/ M. 1979, S.275-300, ebd. S.283. Siehe auch: http://heinzschilling.de/aufsaetze/ethnische_gruppen/jenseits_des_stigmas.pdf, Aufruf vom 24.10.2015)
Die oben bereits erwähnte Sintizza Theresia Seible ist
in einer für Unterrichtszwecke erstellten Publikation (Christoph Ortmeyer/
Elke Peters/ Daniel Strauss: „Antiziganismus – Geschichte und Gegenwart
deutscher Sinti und Roma“, hrsg. v. Hessisches Landesinstitut für Pädagogik
[HeLP], Materialien zum Unterricht, Sekundarstufe 1, H.135:
Gesellschaftslehre/ Geschichte, Wiesbaden 1998) mit den Worten wiedergegeben (hier] jedoch
zitiert nach der fast gleichlautenden Aussage in: Theresa Seible: Sintezza
und Zigeunerin, in Angelika Ebbinghaus [Hrsg.]: Opfer und Täterinnen -
Frauenbiographien des Nationalsozialismus, Frankfurt/ M. 1996, S.377)
„Wenn ich das so
sage: Zigeuner. Wir sind unter diesem Namen verfolgt worden, und ich finde, daß
man den Namen, unter dem man verfolgt wurde, tragen sollte. Sinti wollte man
uns nennen, aber das ist etwas, was uns persönlich angeht. Sinti, das ist
mein Sittengesetz. Aber nach Dachau [dem von einigen Sinti-Aktivisten
Ostern 1980 in der KZ-Gedenkstätte Dachau veranstalteten Hungerstreik] verlangte
man, daß man ,Zigeuner' - weil es ein Schimpfwort
ist und von der Landfahrerstelle immer noch nicht rausgestrichen ist - nicht
mehr gebraucht und das Wort ‚Sinti’ sagt. Aber wenn man seit dem
16.Jahrhundert vogelfrei war und verfolgt ist unter diesem Namen, dann bin
ich sehr stolz, daß ich ein Zigeunerle bin. Und ich bleibe auch bei dem Wort
Zigeunerle. ... Man sollte diesem Wort Achtung entgegen bringen.“ Sie mußte
sich daraufhin von den Redakteuren der oben genannten Unterrichtsmaterialien,
vor allem wohl dem Zentralrats-Aktivisten Daniel Strauss, folgende „Exegese“
ihrer Worte gefallen lassen (ebd., S.136, Anm.): „Die Redaktion teilt
diese Ansicht nicht. Wenn Theresia Seible diese Bezeichnung für sich in
Anspruch nimmt, so hat sie eine spezifische Begründung dafür, keinesfalls
aber eine allgemeingültige. Sie stellt jedoch selbst fest, daß es sich bei
dem Begriff ,Zigeuner' um ein Schimpfwort handelt.
Die konkrete Bedeutung des Begriffs , Zigeuner' muß
als diskriminierend bezeichnet werden.“ Julian Harm, ein junger Mitarbeiter
in einem Projekt der „Arbeitsstelle Antiziganismusprävention“ an der Pädagogischen Hochschule
Heidelberg (nicht von ungefähr, da hier auch der Zentralrat der Dt. Sinti und
Roma seinen Sitz hat) hatte ein Zeitzeugeninterview mit Stefan Köcher (Worms)
durchgeführt, den er mit „Zugehörigkeit zur
Minderheit der Sinti:ze“
vorstellt. Harm mußte erkennen: „Viele Male wird aber auch die Bezeichnung
“Zigeuner” von Herrn Köcher verwendet, mit dem er v.a. in der NS-Zeit, aber
auch in der Nachkriegszeit fremdbezeichnet wurde, mit dem er auch sich selbst
und seine Community bezeichnet.“ (in: Julian
Harm: „Der letzte
Zeitzeuge aus Worms“, am
19.3.2021, in: https://transfertogether.de/der-letzte-zeitzeuge-aus-worms/) (Aufruf am 27.8.2023) Rita Prigmore, die Tochter von
Theresia Seible: „… Rita Prigmore, die sich bei allen
öffentlichen Auftritten stets als "Zigeunerin" bezeichnet. Unter
dieser Bezeichnung seien Sinti und Roma beschimpft, bespuckt und verfolgt
worden: ‚Und das ist der Titel, mit dem man uns vergast hat.’ Ja, sagt Rita
Prigmore, es klinge wie ein Schimpfwort. Aber indem sie es benutze, erinnere
sie daran, was ihren Leuten angetan wurde und noch angetan wird. … Der
Begriff ‚Sinti’ verschöne und verdränge die nach wie vor andauernde
Diskriminierung, betont die gebürtige Würzburgerin …“ (in: „Die Braunen laufen wieder“, Fränkische Nachrichten, http://www.fnweb.de/region/rhein-main-neckar/wurzburg/die-braunen-laufen-wieder-1.1115158, Aufruf vom
5.10.2013) Unter der Überschrift „230 Straftaten
wurden der kriminellen Profi-Bande nachgewiesen“ konnte man am 29.10.2001 in
der Saarbrücker Zeitung lesen: „…Zehn verdächtige Personen, die aus der
Gruppe der Sinti stammen und sich selbst als Zigeuner bezeichnen, wurden
dingfest gemacht. …“ Möglicherweise waren es Kelderara,
die in einer Vernehmung Wert darauf legten „als Zigeuner und nicht als Sintis oder Romas bezeichnet zu
werden.“ (in: Hans Kloep: Sippe rächte das
Liebesleid, Kölner Stadt-Anzeiger <Bergisches Land>, 22.2.1986) Der Pädagoge
Klaus-Jürgen Wolter, der im Rahmen seiner Arbeit u.a. mit Sinti und Kelderara
engen Kontakt hatte, beschrieb seine Erfahrungen so: „Der Begriff 'Zigeuner' ist gewiss durch die
jüngste Vergangenheit der NS-Zeit außerordentlich negativ belastet, und
dennoch habe ich in meinen vielen Begegnungen mit Zigeunersippen immer wieder
erfahren, wie sie sich selbst als Zigeuner verstehen und in der Regel keine
Schwierigkeiten damit haben, wenn sie so genannt werden. ... Ich habe mich
dazu entschlossen, in diesem Zusammenhang von 'Zigeuner' zu sprechen, weil
wir uns in gegenseitiger Achtung und Wertschätzung als Menschen begegnet sind
und die Benennung im Grunde völlig nebenrangig war." (in: K.-J.Wolter: Bachaidon - 'Hab eine gute Reise', Abschied von
einer Zigeunerfürstin - Dokumentation, Paderborn 2001 , S.20 f.) Wolter
schreibt in dem Buch 'Zigeuner' ohne Anführungszeichen. Ein serbischer Rom sagte vor Gericht
(Hamburger Morgenpost vom 1.12.2007): „Ich bin ein Zigeuner, wir haben eine andere Mentalität,
aber solche Sachen mag ich nicht.“ http://www.mopo.de/news/vor-gericht-rastete-vater-in-der-schule-aus-,5066732,5625098.html
(Aufruf am 6.2.2012) Der Schweizer Jenischen-Aktivist
Venanz Nobel („Fäberer“), Basel, schrieb am 8.6.2004 in dem „Free-Chat Forum“
der Webseite „www.zigeuner.de“ bzw. „www.zigo.de“, das von verschiedenen
Zigeunergruppen genutzt wird: „... Wer mit dem Begriff "Sinti und
Roma" sicher nicht vertreten ist, sind die Jenischen. Tatsächlich sind
die Jenischen normalerweise "mitgemeint", wenn jemand das Wort
"Zigeuner" verwendet. Ich weiss allerdings nicht, ob ich das
positiv finden soll ... Wenn die Theorie der Sintiallianz stimmt,
dass noch mehr Gruppen bei "Sinti und Roma" nicht mitgenannt sind,
die unter "Zigeuner" gezählt werden, wird es allerdings mit der
Zeit schwierig.... Wenn dann das politisch korrekte Wort "Sinti, Roma,
Jenische, Lallere, Manische, Kale,..." heisst und alleine schon mehr als
eine Zeile füllt, müssen wir darüber weiter diskutieren, ob wir zum
"Zigeuner" zurückkehren wollen oder ob jemand eine zündende Idee
für einen neuen Sammelbegriff hat Grundsätzlich finde ich es am Richtigsten,
wenn die einzelnen Gruppen im jeweiligen Zusammenhang richtig benannt werden.
Roma, die z.B. als Strassenmusiker arbeiten, sind Roma und nicht "Sinti
und Roma" oder "Sinti, Roma und Jenische". Jenische
Scherenschleifer andererseits sind Jenische und nicht "Sinti, Roma und
Jenische". So wirken Medienberichte oft seltsam, wenn die Journalisten
mangels Sachkenntnis alles über einen Kamm scheren. ...“ (unter:
http://www.forumromanum.de/member/forum/forum.php?action=ubb_show&entryid= 1086633496&mainid=1086633496&USER=user_180250&threadid=2#) Die jenische Autorin
Isabella Huser (Schweiz) bezeichnet sich als Zigeunerin, jedoch nicht als „Fahrende“. (in: Neue Zürcher Zeitung vom
5.4.2019: https://www.nzz.ch/zuerich/festival-in-zuerich-isabella-huser-wuerde-sich-nie-fahrende-nennen-ld.1472449?fbclid=IwAR317y2mCijAee3YqCj1yPnKwkaqmpphiM83rnPoVW2b3Ys5V6wfmqVVJxk) (Aufruf
am 5.4.2019) Rudko Kawczynski, einst einer der
führenden Leute im „Roma National Congress“ (Hamburg) und verschiedenen
anderen Organisationen, z.Zt. im European Roma and Traveller Forum (ERTF)
und, so weit bekannt, der Vater des oben zitierten Marko Knudsen (!) vertrat
die Ansicht (in: „Zigeunerverfolgung“, in: Angelika Ebbinghaus/ Heidrun
Kaupen-Haas/ K.H.Roth (Hrsg.): Heilen und Vernichten im Mustergau Hamburg -
Bevölkerungs- und Gesundheitspolitik im Dritten Reich, Hamburg 1984, S.45): „... ich
(werde) das Wort Zigeuner bewusst weiter benutzen, denn unter diesem Namen
sind wir jahrhundertelang verfolgt worden und es ist an der Zeit, daß wir als
Zigeuner rehabilitiert werden und dieser Begriff einen neuen Inhalt bekommt.“ Allerdings wird R.Kawczynski trotz
seines Engagements und seiner offenbar guten Romanes-Kenntnisse von manchen
Sinti nicht als Zigeuner angesehen. Auch ist nicht erkennbar, was er seitdem
zur „Rehabilitierung“ des Begriffs getan hat. Mechtild Brand, die lange Zeit in
Hamm mit Lalleri (tschechischen Sinti) gearbeitet hat, schreibt in ihrem
Aufsatz „Die vergessene Verfolgung – Der Zigeunerbeauftragte aus Soest und seine
Opfer“ (Soester Zeitschrift, H.107 [1995], S.103-120, ebd. S.103): „Die heute weit verbreitete und vom
Zentralrat deutscher Sinti und Roma geförderte Praxis, von ‚Sinti und Roma’
zu sprechen, ist problematisch, weil dieser Ausdruck nicht unbedingt die
Gesamtheit der Gruppe umfaßt. Der nicht der Sprache dieser Minderheit
entstammende Sammelbegriff ‚Zigeuner’ meint alle Teile und wird nicht
automatisch als diskriminierend eingestuft. Der Gebrauch dieses Begriffs ist
vor allem dann nötig, wenn eine klare Zuordnung zu den Sinti oder Roma oder
zu einer anderen Untergruppe nicht möglich ist. Sinti sind die vor ca. 600
Jahren nach Mitteleuropa eingewanderten, Roma die auf dem Balkan lebenden
oder von dort viel später eingewanderten Zigeuner. Sie unterscheiden sich in
der Sprache und in ihrer Kultur erheblich und lehnen Tischgemeinschaft
miteinander ab. Der Sammelbegriff ‚Sinti und Roma’ verwischt also wichtige
Unterschiede, und die Meinung des Zentralrates ist innerhalb der Minderheit
nicht unangefochten.“ Lothar von Seltmann schreibt im
Vorwort (S.7) zu seinem Buch „Die Chali hat uns Gott geschickt – Schwester
Gertrud – ein Leben für die Sinti“ (Wuppertal 2003, 3.Aufl.): „Dabei wurden bewusst die Begriffe ‚Zigeuner’
und ‚Sinti’ bzw. ‚Roma’ nebeneinander verwendet. Dahinter steht die Absicht,
den im deutschen Bewusstsein negativ besetzten Begriff ‚Zigeuner’, der von
der breiten Öffentlichkeit – auch von der christlichen – noch immer
überwiegend für ‚Sinti’ und ‚Roma’ verwendet wird, positiv zu belegen und damit
einen Beitrag zur Annahme der Menschen aus diesem Volk zu leisten. Die Sinti
selbst verwenden auch die Bezeichnung ‚Zigeuner’ ganz selbstverständlich,
weil es für sie ein positives Wort ist.“ Der mitterweile verstorbene
Zigeunerseelsorger des Erzbistums Paderborn, Lothar Weiß („Der Priester und
sein Völkchen“, in: Westdeutsche Allgemeine Zeitung vom 3.3.2008): „Mit dem diskriminierenden Wort hat er kein
Problem. Auch Roma und Sinti selbst, sagt er, sprächen (auf deutsch) von Zigeunern.“ Die Schweizer
Zigeunermission hat sich auf Wunsch einiger Mitglieder umbenannt in SZM/ MTS
- eine Konzession an den „Zeitgeist“.
SZM ist zwar immer noch die Abkürzung ihres früheren Namens, wird jedoch
"umgedeutet" in: Solidarität leben - Zeugnis sein - Minderheiten
stärken; MTS steht für das französische Equivalent. Dennoch spricht man
weiterhin von „Zigeunern“ und sagt (Idea-Schweiz, 10.1.2021): „Jene, die sie [die Zigeuner] ablehnen, sind oft die gleichen, die sagen, man
solle nicht das Wort 'Zigeuner' verwenden, weil dies abwertend sei.
Gleichzeitig aber nennen sich all jene aus diesen Menschengruppen, mit denen
wir arbeiten, selbst stolz ‚Zigeuner’.“ http://www.ideaschweiz.ch/frei-kirchen/detail/mission-unter-roma-sinti-und-anderen-114951.html
(Aufruf
am 19.1.2021) Die Lebenserinnerungen der
deutsch-niederländischen Sintizza Lily van Angeren-Franz waren im
niederländischen Original mit „Lily. Het unieke levensverhaal van een
zigeunerin“ (Amsterdam 1997) betitelt. Die deutsche Übersetzung machte aus
„Zigeunerin“ im Titel „Sintizza“, was zwar sachlich nicht falsch ist, jedoch
tief (in die deutsche politisch korrekte Seele) blicken läßt. (Hans-Dieter
Schmid [Hrsg.]: „Polizeilich zwangsentführt“ - Das Leben der Sintizza Lily
van Angeren-Franz, Von ihr selbst erzählt, aufgezeichnet von Henny Clemens
und Dick Berts. [Quellen und Dokumentationen zur Stadtgeschichte Hildesheims,
Bd.15], Hildesheim 2004). So nimmt es kein Wunder, daß sie (neben hin und
wieder „Sinti“) in dem Buch hauptsächlich von „Zigeunern“ spricht. Weitere Beispiele dieser Art sind
oben in Abbildungen zu sehen. Ähnlich „typisch
deutsch“ ist die Tatsache, daß in der
deutschen Wikipedia - anders als in der englischen - kein eigener Artikel zu „Gitanos“
existiert und man zu „Roma“
umgeleitet wird (Stand 5.7.2021). Alle Zigeuner werden zu „Roma“
gemacht. Der Historiker Heiko
Haumann (in: Die Akte Zilli Reichmann - Zur Geschichte der Sinti im 20.
Jahrhundert, Frankfurt/ M. 2016, S.12) gab die Aussage einer Lalleri-Frau
wieder: „Sintiza war ihr natürlich recht, aber
zugleich meinte sie ebenso wie ihre Verwandte, sie seien stolz darauf,
Zigeunerinnen zu sein. Deshalb haben sie auch nichts dagegen, wenn sie als
Zigeunerinnen bezeichnet werden und nicht, 'politisch korrekt', als Sinti.
'Es kommt darauf an, wie jemand 'Zigeuner' sagt, wie jemand über uns
spricht.'“ Aus diesen Worten läßt sich
erkennen, daß Zigeuner sehr wohl die Möglichkeit sehen, diese
Fremdbezeichnung neutral, in nicht- diskriminierender Weise zu verwenden. Der gleiche Auto führt ein weiteres
Erlebnis mit einem Rom aus der Schweiz an (ebd. S.12), der ihm sagte: „Ich bin ein
Zigeuner, und ich will nicht anders heißen." Haumann merkt dazu an (S.255,
Anm.4), daß diese Aussagen keine Einzelfälle wären. Allerdings vollführt er
in seinem Buch einen Eiertanz, wenn er, vom Selbstverständnis der
Porträtierten ausgehend, 'Zigeuner' ohne Anführungszeichen verwendet, und mit
Anführungszeichen, wenn er einen abwertenden Sprachgebrauch kennzeichnen will. Die Pommeraner Sintizza
Frieda Horvath, geb. Schröder, ist KZ-Überlebende und mit einem
burgenländischen Rom verheiratet. Sie spricht in dem mit ihr geführten
Interview wie selbstverständlich sowohl von Sinti (wenn sie speziell diese
meint) bzw. Roma als auch von Zigeunern. (in: Bernhard
Rammerstorfer: Im Zeugenstand. Was wir noch sagen wollten. 100 Fragen - 900
Antworten. Interviews mit Holocaust-Überlebenden, Herzogsdorf 2012,
S.177-209). Der österreichische Schriftsteller Erich
Hackl („Abschied von Sidonie“) hatte am 1.7.2000 in der österreichischen Tageszeitung
„Der Standard“ unter der Überschrift „Vom Wort zur Tat“ einige Gedanken zur
„politischen Korrektheit“ veröffentlicht, die jetzt auch in seinem Buch
„Anprobieren eines Vaters – Geschichten und Erwägungen“ ((Zürich 2004,
S.135-141) nachzulesen sind: (S.135) „Vor langer Zeit habe ich den
Verleger Vito von Eichborn eine Brandrede halten hören. Damals stand in
Deutschland gerade die Betroffenheit hoch im Kurs, bei jeder nationalen
Geisterstunde, in jedem besseren Töpferkurs, in allen esoterischen Hirnwaschprogrammen
wurde sie beschworen, so daß der verzweifelte Herr Eichborn ein
Betroffenheitsverbot aussprach, es sollte per Dekret aus dem deutschen
Wortschatz getilgt werden. ... Mitte
Mai 2000, in Toledo, bei einem Seminar der spanischen Menschenrechtsorganisation
Presencia Gitana, ereiferten sich etliche Teilnehmer über das Wort raza, Rasse. Nicht nur diejenigen, die es naiv oder gar
mit dem Hinter- (S.136) gedanken der Absonderung und
Ausgrenzung verwenden – nein, das Wort selbst sei rassistisch und deshalb zu
tilgen. ... Aber
mit dem Wort allein ist das Problem ja nicht aus der Welt geschafft. Die
spanischen Zeitungen etwa haben die Rasse schon vor längerem durch die Ethnie
ersetzt. Da wissen die Leser auch, wer gemeint ist, wenn von Messerstechern
oder Drogenhändlerinnen oder Dieben berichtet wird. De etnia gitana. Über kurz oder
lang wird auch die Ethnie verpönt sein. Ich merke es schon jetzt, bei den
Reportagen über Ausschreitungen im Madrider Stadtteil Lavapiés, wo
marokkanische Jugendbanden über chinesische Geschäftsleute hergefallen sind.
... Das sind neuerdings keine Ethnien, die miteinander im Streit liegen,
sondern colectivos. ‚Zwei Kollektive des Viertels Lavapiés halten
Nachbarn und Behörden in Atem’. So steht es in der Zeitung El Pais. Wann
wird das Wort Kollektiv als rassistisch verboten? ... (S.137) Wir haben viele Wörter aufgegeben,
infolge ideologischer Nackenschläge, aber auch aus Scham, weil wir Sprache
und Sprecher, Wort und Tat miteinander verwechselt haben. Oder weil wir
glauben, ein Mißstand verschwindet dank einer Sprachreform. ... Von
Schwarzen dürfen wir gerade noch reden. Von Zigeunern nicht mehr. Aber es ist
kein böses Wort, leitet sich vermutlich aus dem Griechischen her, Gype, oder
gründet auf dem alten Glauben, Zigeuner seien Pilger aus Ägypten, und
existiert auch in anderen Sprachen: gitanes, gypsies, gitanos. Es ist also
beileibe keine Verballhornung von ‚ziehender Gauner’, wie gelegentlich zu
lesen war. ... Aber es gilt ... als belastet: wer es in den Mund nimmt, muß damit
rechnen, daß ihm über denselben gefahren wird. Jetzt zirkuliert es fast nur
noch unter Faschisten. Alle anderen setzen es unter Anführungszeichen, um
nicht in Rassismusverdacht zu geraten. (S.138) Die Zigeuner haben für sich das Wort
Roma durchgesetzt, ein schöner Begriff, sofern er auch wirklich ‚Menschen’
und nicht bloß ‚Männer’ bedeutet. Aber ich bin nicht froh über das
Verschwinden der Bezeichnung Zigeuner; mir ist nämlich, als hätten die Nazis,
die dieses Volk ausrotten wollten, mit der Namensänderung im nachhinein ihr Ziel erreicht. Außerdem gilt: Auch wer sich
zum Lamm macht, wird von den Wölfen gejagt. Ich erinnere an die
Sprengstoffalle nahe der burgenländischen Kleinstadt Oberwart, die 1995 vier
Menschen das Leben kostete. Sie trug ein Schild, auf dem stand: ‚Roma zurück
nach Indien!’ Der Täter, ..., hatte sich also der politisch korrekten
Sprachregelung bedient. Noch ein Mord, und wir geben auch das Wort Roma
preis, ... (S.139) Es wäre angemessen, auch die Worte
Neger und Zigeuner gegen die extreme Rechte zu verteidigen. Nur fürchte ich,
daß es dafür zu spät ist. ... (S.141) Wer die Sprache preisgibt, hat schon
vorher der Vernunft entsagt. Ohne sie ist der Kampf gegen die verloren, die
mit den Begriffen auch das Terrain, das sie Bezeichnen, in Besitz genommen.
Es wird schwer sein, sie davon zu vertreiben.“ Angemerkt werden sollte hier allerdings, daß
Hackl die Etymologien für Gypsies (u.ä.) und für Zigeuner (u.ä.) vermischt. Widersprechen
mag man ihm auch in seiner Einschätzung, daß sich das Wort Roma durchgesetzt
hätte und es schon zu spät sei, die „Sprachreformer“ zu stoppen. Sein
Fragezeichen hinter der immer wieder kolportierten Bedeutung von „Roma“ als
„Menschen“ hat allerdings durchaus seine Berechtigung, was die meisten, wenn
nicht alle Romanes-Sprecher (Romanes-Dialekte) angeht, bezeichnet es doch
eben „(Ehe-)Männer“ bzw. Angehörige der Roma-Bevölkerung. Der aus der Vojvodina (Serbien)
stammende jüdische Schriftsteller Ivan Ivanji hat seinen eigenen Grund für
die Ablehnung der „SintiundRoma“-Sprachregelung; in der Tageszeitung (taz)
vom 22.8.1998 (S.12) schrieb er in dem Beitrag: „Mein Auschwitz“: „Ich sage Zigeuner und nicht ‚Sinti und
Roma’, weil ich auch Juden sagen und nicht Aschkenasim und Sephardim. Sinti
und Roma sind Zigeunerstämme, Aschkenasim und Sephardim jüdische Stämme; ich
weigere mich, in den Worten Jude oder Zigeuner etwas Beleidigenderes zu sehen
als in den Worten Deutscher oder Norweger, Eskimo oder Hottentotte, sonst
siegt der Rassenwahn doch noch nachträglich.“ Allerdings scheint Ivanji den
Begriff „Zigeuner“ fälschlicherweise eng mit dem Nationalsozialismus
verknüpft zu sehen. Der Historiker Ulrich Opfermann in
seiner Publikation: „’Daß sie den Zigeuner-Habit ablegen’ – die Geschichte
der ‚Zigeuner-Kolonien’ zwischen Wittgenstein und Westerwald (Studien zur
Tsiganologie und Folkloristik, Bd.17, Frankfurt/M. u.a. 1996, S.19): „...inzwischen durchweg
von Sinti und Roma die Rede ist, will sich das Ohr an die fremdartigen
Eigenbezeichnungen nicht recht gewöhnten. Die Unbefangenheit in der
Verwendung des traditionellen Begriffs ist weg, ohne daß sich eine neue
Selbstverständlichkeit im Umgang mit den neuen Begriffen herausgebildet
hätte. Deren Verwendung scheint etwas Aufgenötigtes anzuhaften, im übrigen
ist die Diffamierung durchaus auch in den Medien noch lebendig: die erste
Seite einer Zeitung spricht von Sinti und Roma, im Lokalteil findet der Leser
,Zigeuner' vor." Opfermann
hat allerdings inzwischen eine völlig andere Auffassung zum Thema entwickelt
und sich damit von den Realitäten ab- und der Ideologie zugewandt. Für ihn
sind heute die seinerzeit von ihm noch als Sinti bezeichneten Zigeuner nun
„Roma“ bzw. eine „Teilgruppe der Roma“. Auch der Historiker Wolfgang
Wippermann hat eine drastische Kehrtwende seiner Ansicht vollzogen und bewegt
sich nun „stramm“ auf der Linie des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma.
1986 schrieb er noch (in: Das Leben in Frankfurt zur NS-Zeit II: Die
nationalsozialistische Zigeunerverfolgung – Darstellung, Dokumente und
didaktische Hinweise, Frankfurt/ M. 1986, S.8 f.): „Ich
habe mich dazu entschlossen, den in den Quellen und von den Zeitgenossen
gebrauchten Begriff ‚Zigeuner’ zu verwenden. Ich halte dies aus folgenden
Gründen für legitim. Einmal deshalb, weil ich die These verschiedener
Zigeunerwissenschaftler persönlich für zutreffend halte, wonach der Terminus
‚Zigeuner’ der historisch und sprachlich korrekte, auf den indischen Ursprung
der Zigeuner hindeutende ist, wo es ein ‚Changar’ genanntes Volk gab.
Andererseits weiß ich natürlich, daß im deutschen Sprachgebrauch der Ausdruck
‚Zigeuner’ einen pejorativen Klang hat, weil mit ihm die sprachlich zwar nicht
korrekte, aber gleichwohl weitverbreitete Assoziation von ‚herumziehender
Gauner’ verbunden ist. Doch derartige Urteile und Vorurteile über die
Zigeuner in Vergangenheit und Gegenwart, die eben als Zigeuner verfolgt und
diskriminiert wurden und teilweise immer noch werden, sind m.E. nicht durch
den Austausch der Bezeichnungen und Begriffe, sondern allein durch die
Kenntnis der Geschichte und die darauf basierende Bereitschaft zu einer
Überwindung der Vorurteile zu beseitigen.“ Nun steht zwar das erstgenannte
Argument mit einem tatsächlichen oder vermuteten Volk „Changar“ auf recht
tönernen Füßen, doch hat Wippermann im zweiten Teil seiner Argumentation die
durchaus richtige und auch heute noch gültige Tatsache ausgesprochen, daß
eben ein Etikettenwechsel nichts bewirkt. Ohne hier auf sonstige
Aussagen des Kriminal-Obermeisters Hans Bodlée („Landfahrer
- Ein Beitrag über ihre Kriminalität“,
in: Kriminalistik, Bd.16/ Dez. 1962, S.575-578, hier: S.575) eingehen zu wollen,
kann man ihm seine Beobachtung nicht absprechen, wenn er schreibt: „Wenn
in diesem Artikel der Begriff 'Zigeuner' verwandt wird, so geschieht das ohne
diffamierende Tendenz. Die Zigeuner, mit denen der Verfasser zu tun hatte,
bezeichneten sich selbst als solche, ...“ Der Sozialarbeiter George von Soest
schrieb in seinem Buch „Zigeuner zwischen Verfolgung und Integration –
Geschichte, Lebensbedingungen und Eingliederungsversuche“ (Weinheim/ Basel
1979, S.15 f.): „Positive Begriffe für die Zigeuner scheint
es in kaum einer Sprache der Gastvölker zu geben, alle drücken letztlich die
Ängste einer seßhaften Bevölkerung vor ihnen unbekannten Menschen, ihnen
unbekannten Lebensweisen aus und schließen häufig genug Diskriminierung ein.
Nach der Massenvernichtung der Zigeuner in den Konzentrationslagern der
Nationalsozialisten wurde der Begriff in der bundesdeutschen
Nachkriegsgeschichte weitgehend nicht mehr verwandt. Stattdessen wurde der
noch wertneutrale, soziologische Begriff ‚Landfahrer’ benutzt. Durch die
verabschiedeten Gesetze wird jedoch deutlich, daß es sich letzten Endes um
einen Etikettenschwindel handelt. Der Begriff ‚Landfahrer’ wird in gleicher
Weise mißbräuchlich und diskriminierend benutzt wie der Begriff Zigeuner. ...
Die Spielerei mit Begriffen führt zu keinem brauchbaren Ergebnis. Ob
Landfahrer, Nomaden oder Zigeuner – auf die inhaltliche Bedeutung, auf die
positive bzw. negative Interpretation des Begriffes kommt es an.“ Von Soest schrieb dies noch zu einer
Zeit, als die Sprachfanatiker erst langsam begannen, eine „neue Zeit“
einzuläuten. Trotz seiner kritischen Anmerkung verwendet er dennoch den
Begriff „Zigeuner“ und weist damit auch auf das heutige „Problem“ hin: Man
kann Begriffe noch und nöcher erfinden – letztlich kommt es darauf an, wie
man sie verwendet. Daran ändert auch „SintiundRoma“ nichts. Auch „Landfahrer“
hat an sich nichts Diskriminierendes an sich, sondern beschreibt die
Lebensweise einer vorgefundenen Gruppe von Menschen. Der Autor irrt allerdings mit seiner
Aussage, daß nach der NS-Zeit, bis zu seinen Tagen der Begriff „Zigeuner“
weitgehend nicht mehr benutzt worden wäre, wie leicht nachzuweisen ist (siehe
Beispiele auf dieser Seite). Auch die Bezeichnung „Gastvölker“ ist sicher
nicht sachgerecht gewählt: immerhin leben Zigeuner schon seit über 600 Jahren
etwa in Deutschland und in andern Gebieten noch länger. Wie man weiß, sind die Einträge zur
Person in dem auch unter Zigeunern verbreiteten sozialen Netzwerk „Facebook“
freiwillig. Bei der Frage nach den jeweils gesprochenen Sprachen findet man
zahlreiche in Deutschland lebende Angehörige verschiedener Zigeunergruppen,
die hier „zigeu-nisch,romanes“ eingetragen haben.
Man kann hier eine gewisse Selbstverständlichkeit herauslesen, daß man sich
eben abgesehen von der Eigenbezeichnung gegenüber der „fremden“
(nicht-zigeunerischen) Umgebung als „Zigeuner“ bezeichnet. Daneben bekommt man bei der Suche
nach „zigeunisch,romanes“ auf Facebook das Ergebnis,
daß das 301 Personen (Stand 10.10.2011) aus dem deutschsprachigen Raum
„gefällt“. Der Autor und Redakteur der
Wochenzeitung ‚Die Zeit’, Dieter Zimmer, der auch ein Buch mit dem Titel
„Deutsch und anders – Die Sprache im Modernisierungsfieber“ (Reinbek b.
Hamburg 1997) verfaßt hat, schreibt in seinem Aufsatz: „Leuchtbojen auf einem
Ozean der Gutwilligkeit – Wie die deutsche Sprache unter die Betroffenen
fiel“, in: Die Zeit, Nr. 11 (08.03.1996): „Während politische Korrektheit im Fall
Afroamerikaner ausnahmsweise einmal einen begrüßenswerten Zuwachs an sprachlicher
Genauigkeit brachte, hat die Tabuisierung des Wortes Zigeuner die betreffende
Bevölkerungsgruppe praktisch der Nennbarkeit entzogen, zumindest im Singular.
Seit 1979 bestehen einige ihrer Vertreter - nur in Deutschland - darauf,
Zigeuner müsse durch ‚Roma und Sinti’ ersetzt werden. Ein einzelner aber kann
nicht ‚Roma und Sinti’ sein, nur oder. Wie aber soll ein Außenstehender
wissen, ob er es mit einem aus der Gruppe der (seit Generationen in
Deutschland ansässigen) Sinti oder mit einem aus der Gruppe der (meist in
diesem Jahrhundert aus dem Balkan zugewanderten) Roma zu tun hat? Zudem weiß
fast niemand, ob die beiden Namen Plural oder Singular sind, also ob man ‚ein
Sinti’ überhaupt sagen kann. (Man kann es nicht, es heißt ‚ein Sinto’ und
‚ein Rom’) Und sind es auch Feminina? (Sie sind es nicht; die weiblichen
Formen lauten ‚Romni’ und ‚Sintiza’.) Schließlich fühlen sich andere Gruppen
desselben Volkes, die weder Roma noch Sinti sind, von der scheinkorrekten
Bezeichnung ausgegrenzt ... Was aber sprach denn gegen Zigeuner? Angeblich,
daß das Wort ‚jahrhundertelang zur Stigmatisierung gebraucht wurde’. Nur zu
wahr, daß die, die früher Zigeuner hießen, jahrhundertelang missachtet und
dann in Deutschland nicht nur stigmatisiert, sondern in unbekannt großer Zahl
ermordet wurden. Aber das Wort als solches war nichtpejorativ. Es bedeutet
keinesfalls "Ziehgauner" und wurde auch nicht so verstanden.“ In der „Welt am Sonntag“ vom
8.3.1981 wurde die „Verpönung des
Wortes Zigeuner“ zutreffend gedeutet: „ Es
ist wohl so, daß jede Minderheit heute den Drang verspürt, der Welt eine
Umbenennung aufzuzwingen. Gelingt sie, so hat man Machterlaubnis.“ Der rumäniendeutschen
Journalistin und Publizistin Birgit Kelle wurde zeitweilig ihr Kommentar auf
Facebook gelöscht, wogegen sie zu Gericht zog und beim LG Krefeld gewann. Sie
hatte ein posting der „Antidiskriminie-rungsstelle des Bundes“, in dem von
„Sinti*zze und Rom*nja“ die Rede war, kommentiert mit: „Ich
glaube nichts diskriminiert mehr, als diese bescheuerte Schreibweise, mit der
sich wahrscheinlich kein einziger Sinti und Roma identifiziert. ... Komme
übrigens aus Rumänien, dort gehörten Zigeuner zum Straßenbild und sie hießen
deswegen so, weil sie sich selbst so nannten.“ (nach:
Die Tagespost vom 12.4.2021: https://www.die-tagespost.de/politik/aktuell/birgit-kelle-zu-unrecht-zensiert;art315,217370 Dazu
auch: https://www.pro-medienmagazin.de/birgit-kelle-gewinnt-gegen-facebook-vor-gericht/ (Aufrufe am 13.4.2021) Einige Stimmen über den Sprachgebrauch im nicht-deutschsprachigen Ausland: Der zu den Polska Roma gehörende
Musiker, Komponist und Autor Edward Dębicki gebraucht in der polnischen
Originalausgabe seines Buches "Totenvogel - Erinnerungen" (Berlin
2018) das polnische Wort für Zigeuner. In den Nachbemerkungen zu dem Buch
(S.271) ist dementsprechend zu lesen: „Die Übersetzung folgt mit der Verwendung der
Wörter Zigeunerin und Zigeuner auf Wunsch des Autors der
polnischen Ausgabe (cyganka bzw. cygan).“ Typisch
deutsch - Man muß sich ja absichern, sonst könnte man schnell mit
dem Rassismus-Vorwurf konfrontiert werden. Über bulgarische und rumänische Roma
in Duisburg (oder anderswo) kann man nicht selten Aussagen wie die folgende
lesen: „Schätzungen gehen von mehr als 4000
bulgarischen und rumänischen Migranten in Duisburg aus. Die meisten dieser
Zuwanderer sind Roma – ‚Cigani’, nennen sie sich selbst.“ (Martin Krampitz und Christian Balke: „Fluch der Heimatlosen“,
in: WAZ (Duisburg) vom 6.10.2011, unter: http://www.derwesten.de/staedte/duisburg/nord/Fluch-der-Heimatlosen-id5135886.html, Aufruf vom 10.10.2011) Die bulgarische Ethnologin Magdalena Slavkova schreibt (in:
„Evangelical Gypsies in Bulgaria: Way of life and performance of identity“,
Romani Studies, 5th series, vol.17, no.2 (2007), S.205-246, ebd.
S.205, Anm.1): “In general, I
use the term ‘Gypsy’. It has no derogatory connotations whatsoever and is
used alongside the term ‘Roma’ which Gypsies in the country use to refer to
themselves, depending on the language they speak, Bulgarian or Romanes. The
name ‘Roma’ is rather an expression of a politically correct discourse and is
primarily used at an official public level.” Übersetzt: „Ich benutze im allgemeinen
den Begriff ‚Zigeuner’. Dieser beinhaltet überhaupt keine abfällige
Konnotationen und wird im Lande für sich selbst neben der Bezeichnung ‚Roma’ benutzt,
jeweils abhängig von der Sprache, die gerade gesprochen wird, Bulgarisch oder
Romanes. Der Name ‚Roma’ ist vielmehr ein Ausdruck eine politisch korrekten
Diskurses und wird hauptsächlich auf einer offiziellen Ebene verwendet.“ Diese Aussage macht noch einmal die
Diskrepanz zwischen dem „richtigen Leben“ und der abgehobenen Sphäre der
„politischen Korrektheit“ deutlich. Die aus Spanien stammende Ethnologin
Paloma Gay y Blasco schreibt in ihrem Beitrag: „Gypsy/ Roma diasporas – A
comparative perspective“ (in: Social Anthropology, vol.10, no.2/ 2002,
S.173-188, ebd., S.174 f.): „In recent
years, the word ‚Gypsy’ has lost ground to the word ‚Roma’ in texts and
discourses by and about Gypsies/ Roma. ‘Gypsy’ has increasingly come to be
seen as a pejorative term that reflects the world-views and oppression
practices of the dominant population … ‘Roma’, on the other hand, is meant to
reflect the rich heritage and cultural dignity and distinctiveness of an
oppressed but also resisting people, as well as their common history and
identity of interests. The Gitanos I worked with in Jarana, however, have
never heard the word ‘Roma’, and would not know what it meant, let alone
that it might be used to refer to them
alongside thousands, if not millions, of others. Although the word ‘Gitano’ –
whose most direct English translation is ‘Gypsy’ – is often used by
non-Gypsies as a pejorative word, to the Gitanos themselves it simply defines
who they are and it is therefore full of positive connotations. To them, it
is the word ‘Payo’ (non-Gitano) that is pejorative and negative – and, of
course, the non-Gitanos are ignorant of this fact and use the word ‘Payo’
with pride. … I want to reflect also the fact that there is a large
contingent of Gypsies/ Roma who either are unaware of the Roma activist
movement or who would not identify with its aims.” In deutscher Übersetzung: „In den letzten Jahren hat das Wort
‚Zigeuner’ gegenüber dem Wort ‚Roma’ in Texten und Diskursen von und über
Zigeuner/ Roma an Boden verloren. ‚Zigeuner’ wird mehr und mehr als eine
abwertende Bezeichnung aufgefaßt, die die Weltsicht und die
Unterdrückungspraktiken der dominierenden Bevöl-kerung widerspiegelt ...
Demgegenüber wird ‚Roma’ so verstanden, daß der Begriff das reiche Erbe und
die kulturelle Würde und Besonderheit eines zwar unterdrückten, aber auch
Widerstand leistenden Volkes reflektiert, ebenso wie seine gemeinsame
Geschichte und gleiche Interessenlage. Die Gitanos jedoch, mit denen ich in
Jarana gearbeitet habe, haben nie das Wort ‚Roma’ gehört und wüßten nicht,
was es bedeutete, geschweige denn, daß es sich auf sie zusammen mit
Tausenden, wenn nicht Millionen von anderen beziehen könnte. Obgleich das
Wort ‚Gitano’, dessen genaueste Übersetzung ins Englische ‚Gypsy’ [Zigeuner] ist, von Nicht-Zigeunern
häufig als herabwürdigend benutzt wird, bezeichnet es für die Gitanos selbst
schlicht das, was sie sind und ist daher voll von positiven Mitschwingungen.
Für sie ist das Wort ‚Payo’ (Nicht-Gitano) abwertend und negativ – natürlich
sind sich die Nicht-Gitanos dessen nicht bewußt und verwenden das Wort ‚Payo’
mit Stolz. ... Ich möchte außerdem die Tatsache wiedergeben, daß eine große
Gruppe der Zigeuner/ Roma existiert, die entweder keine Kenntnis über die
Bewegung der Roma-Aktivisten haben oder die sich nicht mit deren Zielen
identifizieren.“ Der ungarische Forscher Péter Szuhay schreibt in: „The
Self-Definitions of Roma Ethnic Groups and their Perceptions of Other Roma
Groups“ (in: István Kemény <ed.>: Roma of Hungary, New York 2005,
S.237-246, ebd. S.237 f.): “In the late
1980s, Hungarian intellectuals who were favorably disposed towards Roma began
using the word roma instead
of cigány when referring to anybody who was considered to be Roma,
because they felt that cigány and other related words were pejorative
or insulting. However, the “musicians” [muzsikusok] protested against
the use of the term roma, claiming that they were not Roma but
Musician Roma [muzsikus cigányok]. Nevertheless, most
Hungarian-speaking Roma politicians were willing to use the term Roma when
referring to the civil society and political organizations of Roma people, …” Auch hier zeigt sich wieder, daß das „Fußvolk” häufig anderer
Meinung ist als seine (meist selbsternannten) Führer. Eine offenbar serbische Ethnologin, Jelena Čvorović schreibt
in ihrem Aufsatz „Gypsies Drown in Shallow Water: Oral Narratives among the
Macva Gypsies“ (in: Journal of Folklore Research, vol.43, no.2/ 2006,
S.129-148, ebd. S.147, Anm.1): „In this article
I use Gypsies as a translation for Serbian Cigani rather than the
official Roma because the people I study refer to themselves this way.
Many Serbian Gypsies do not want to accept the official name, stating that
‘the others are Roma, not us.’” Zu Deutsch: „In diesem Artikel benutze ich Gypsies
[Zigeuner] als Übersetzung für das serbische Cigani anstelle
des offiziellen Roma, weil die Leute, die ich studiere, sich selbst
als solche bezeichnen. Viele serbische Zigeuner wollen den offiziellen Namen
nicht akzeptieren und meinen: ‚Die anderen sind Roma, wir nicht.’“ Die beiden skandinavischen Autoren
Katri Vuorela und Lars Borin stellen in ihrem Aufsatz „Finnish Romani“ (in: A.
Ó Corráin/ S. Mac Mathúna [eds.]: „Minority Languages in Scandinavia, Britain
and Ireland“, Uppsala 1998, S.51-76, ebd. S.51, Anm.2) fest: „This article,
however, treats a group of Gypsies which do not normally call themselves Rom. In its
place, the Finnish Gypsies have adopted the self-designation kaale (pl.
kaaleet or kaalet), …” Zu Deutsch: „Dieser Artikel behandelt jedoch eine Gruppe
von Zigeunern, die sich normalerweise selbst nicht Rom nennen. Stattdessen haben die
finnischen Zigeuner die Selbstbezeichnung kaale (Plural kaaleet
oder kaalet) angenommen, ...“ Die norwegische
Menschenrechtsaktivisten Solomia Karoli, deren Vater sich als „Zigeunerkönig“
bezeichnete, betitelte ihre 2009 in Oslo erschienene Autobiographie (cover des
Buches siehe oben) mit „Sigøynerkongens Datter“ (Tochter
des Zigeunerkönigs). 2014 veröffentlichte sie ein weiteres Buch unter dem
Titel: „Sigøynerbarn“ (Zigeunerkinder). Über Karoli, die möglicherweise zu
den Lovara gehört, schreibt Gabriele Haefs in der Zeitschrift „pogrom“, H.301
(2017), S.45: „Immer wieder betont sie, sie sei Zigeunerin,
denn so nenne sich ihr Volk seit vielen Jahrhunderten. Es sei ein gutes Wort.
Außerdem fielen bei Sinti und Roma so viele andere Zigeunergruppen unter den
Tisch.“ Die
Redaktion von „pogrom“
fühlte sich genötigt (S.47) dem Beitrag eine Anmerkung beizufügen, auf daß
niemand vom rechten Glauben abfallen möge: „Der Begriff 'Zigeuner' wird von den meisten
Sinti und Roma, aber auch von großen Teilen der Gesellschaft als
diskriminierend und abwertend empfunden. Solomia Karoli bezeichnet sich
trotzdem als 'Zigeunerin'. Deshalb wird dieser Begriff in diesem Beitrag
ausnahmsweise durchgehend verwendet.“ Abgesehen
von der fragwürdigen Behauptung, daß „die meisten Sinti und Roma“ den Begriff Zigeuner als diskriminierend
auffaßten, ist es bemerkenswert, daß hier schon mit „großen Teilen
der Gesellschaft“ argumentiert
wird, war es doch die Gesellschaft für bedrohte Völker, die maßgeblich dazu
beigetragen hat, der Öffentlichkeit „einzubläuen“, wie schlimm doch der Begriff Zigeuner wäre. Stefan Krulle in einem
Zeitungsartikel (die Welt, 15.4.2008) über den rumänischen Roma-Musiker
Damian Draghici: „Damian ist Musiker, und was für einer. Noch enthusiastischer
ist er nur ‚Gypsy’, wie er selbst sein Volk nennt. ‚Roma’, das Wort mag er
nicht. ‚Zigeuner’ wiederum, das mögen wir nicht gerne, aus gutem Grund. Also:
Gypsies.“ (unter: http://www.welt.de/welt_print/article1902570/Trunkenem_Ueberschwang_verpflichtet.html) Wer ist „wir“? Doch offensichtlich
Nicht-Zigeuner wie der Artikelschreiber. Noch deutlicher kann kaum
demonstriert werden, worum es geht: Zigeuner haben meist nichts gegen die
jeweiligen Fremdbezeichnungen; es sind Nicht-Zigeuner, die bestimmen wollen,
daß ein Zigeuner nicht Zigeuner genannt werden darf und versuchen diese
verquere Sprachregelung auch Zigeunern aufzunötigen. Was wohl der „gute
Grund“ dafür sein mag? Ein schlechtes Gewissen? So billig will man sich eines
schlechten Gewissens entledigen? Der Journalist Rolf Bauerdick
berichtete (in: Die Welt, 12.1.2012) von rumänischen Zigeunern, die sich par
tout nicht als „Roma“ bezeichnet wissen wollten und darauf bestanden,
„Ţigani“ zu sein: (unter: http://www.welt.de/kultur/history/article13811031/Wir-sind-Zigeuner-und-das-Wort-ist-gut.html) In den zahlreichen Kommentaren der
online-Ausgabe der „Welt“ zu diesem Artikel kommt zum Ausdruck, daß viele
Leser den Zwang zur „politischen Korrektheit“ leid sind und es begrüßen, daß
die Diskrepanz zwischen Realität und Propaganda klar angesprochen worden ist. Bauerdick ist immer wieder darauf
gestoßen, daß die Behauptungen einige Gutmenschen und „Aktivisten“, wie
schlimm doch die Fremdbezeichnung (in welcher Sprache auch immer) „Zigeuner“
sei, sich überhaupt nicht mit seinen langjährigen Erfahrungen mit Zigeunern
deckten. (siehe auch: http://www.welt.de/kultur/article12158567/So-sind-sie-halt-die-Zigeuner.html) (Aufruf vom 13.1.2012) Der rumänische Musikethnologe Marin
Marian-Bălaşa schreibt in seinem Artikel „Romany Music and Gypsy
Criminality“ (in: Ethnologia Balkanica, vol.8 [2004], S.195-225, ebd. S.195): „…, Roma are
still called – and often continue to call themselves – ‘Gypsies’ in large
areas of Central and Eastern Europe. Although Roma refer to themselves as
Roma, they have accepted the fact that they are known as Gypsies by all other
populaces and nations. Furthermore, within their own parlance, Gypsy is not a
derogatory term, whereas in other languages it is both neutral and
derogatory.” (dazu Anm.5:) „Many Western
colleagues who have only received their education from the late 1980’s
onwards, and lack direct contact with the social and linguistic realities in
Eastern Europe, ignore the fact that the term Gypsy is not only a
historically prejudicial title, but is often employed by Roma themselves,
thus covering an accurate, vernacular reality. A very consistent part of
contemporary literature still uses ‘Gypsy’ instead of
‘Rom/ Roma/ Romany’, and many quotations in the following notes demonstrate
this.” Zu Deutsch: „…,
Roma werden immer noch in weiten Teilen Mittel- und Ost-Europas ‚Zigeuner’
genannt – und fahren meist selbst fort, sich so zu nennen. Obgleich sich Roma
selbst als Roma bezeichnen, haben sie die Tatsache akzeptiert, daß sie bei
allen anderen Bevölkerungsgruppen und Nationen als Zigeuner bekannt sind.
Zudem ist Zigeuner in ihrem eigenen Sprachgebrauch kein abschätziger Begriff,
während er in anderen Sprachen sowohl neutral als auch herabsetzend ist.“ (Anm.5): „Viele
westliche Kollegen haben ihre Ausbildung nach den 1980er Jahren erhalten; es
fehlt ihnen an dem unmittelbaren Kontakt mit den sozialen und sprachlichen
Realitäten in Ost-Europa und sie ignorieren die Tatsache, daß der Begriff
Zigeuner nicht nur eine historisch gesehen vorurteilsbeladene Bezeichnung [?] ist, sondern oftmals von Roma selbst
verwendet wird, und somit eine angemessene traditionelle Realität wiedergibt.
Ein gleichbleibend großer Teil der Gegenwartsliteratur verwendet immer noch ‚Zigeuner’
anstatt ‚Rom/ Roma/ Romany’, und viele Zitate in den folgenden
Bemerkungen zeigen das.“ Herta Müller („Der Staub ist blind –
die Sonne ein Krüppel. Zur Situation der Zigeuner in Rumänien“, in: „Hunger
und Seide“ (Reinbek bei Hamburg 1997, S.153): „Ich bin mit dem Wort ‚Roma’ nach Rumänien gefahren,
habe es in den Gesprächen anfangs benutzt und bin damit überall auf
Unverständnis gestoßen. ‚Das Wort ist scheinheilig’, hat man mir gesagt, ‚wir
sind Zigeuner, und das Wort ist gut, wenn man uns gut behandelt.’“ Das folgende Zitat aus dem Aufsatz
„’Die Roma haben ein Kilogramm Gold, wir Zigeuner nur ein Viertelgramm.’ –
Ethnische Zugehörigkeit im Alltag von Romakindern eines rumänischen Dorfes“
der Schweizerin Patrizia Legnini (in: Werner M. Egli/ Lucia Kersten (Hrsg.):
Kindheit und Jugend anderswo – Ergebnisse ethnographischer Feldforschungen,
Wien u.a. 2010, S.45-70, ebd. S.52 f.) macht deutlich, daß Identität viele
Nuancen hat und nicht auf ein Schwarz-weiß-Modell reduziert werden kann: „Die Lingurari werden im Dorf von allen zwar
Lingurari genannt, doch nehmen die Ursari für sich das Recht heraus, sich
‚Zigeuner’ zu nennen. Und so werden sie von allen Dorfbewohnern auch genannt;
die Bezeichnung Roma wird seltener verwendet. ... Für die Bewohner von
Pietriş aber macht diese Unterscheidung durchaus Sinn, weil die
Lingurari im Dorf bzw. in den Augen der Ursari nicht als ‚richtige’ Roma bzw.
‚Zigeuner’ gelten. Dies u.a. darum, weil sie kein Romanes sprechen wie die
Ursari, sondern nur Rumänisch. ... Letztere sind denn auch stolzer darauf,
‚Zigeuner’ zu sein, als die Lingurari darauf. Lingurari zu sein.“ Interessant ist dann eine weitere
Differenzierung (S.58), wie sie auch im Titel des Aufsatzes zum Ausdruck
kommt: „Auffallend aber ist, dass nur wenige die
Begriffe Roma und ‚Zigeuner’ synonym verwenden; die anderen sind der Ansicht,
mit Roma aus anderen Gegenden des Landes, die in ihrer Wahrnehmung oft
‚reicher’ sind als die Bewohner von Pietriş, wenig zu tun zu haben.“ Nicht ganz verständlich ist, warum die
Autorin „Zigeuner“ in Anführungszeichen schreibt, wenn doch die betreffende
Bevölkerung sich selbst so bezeichnet. Aus Angst davor, „politischer
Unkorrektheit“ bezichtigt zu werden? Die Anthropologin Timeea Elena Marin faßt ihre Untersuchung zu Zigeunern
in Mittel-Rumänien („WE are Gypsies, not Roma!“ – Ethnic Identity Constructions and Ethnic
Stereotypes – an example from a Gypsy Community in Central Romania,
Cluj-Napoca 2010, S.18) so zusammen: “Therefore I regard the substitution of
the term ‘Gypsy’ with the term ‘Roma’ as it is done in Romanian media and
politics as disadvantageous for many groups. Those who do not identify
themselves as Roma will not participate in the political and social
activities targeted to Roma. This leads to a new splitting of the groups
leaving those who identify themselves as Gypsies and not as Roma on the
lowest level of the hierarchy making it even harder for them to reach any
kind of resources.” Zu Deutsch: „Daher
halte ich das Ersetzen des Begriffs ‚Zigeuner‘ durch den Begriff ‚Roma‘, wie
es in den rumänischen Medien und der Politik geschieht, für nachteilig für
viele Gruppen. Diejenigen, die sich selbst nicht als Roma identifizieren,
werden nicht an den politischen und sozialen Aktivitäten partizipieren
können, die auf Roma fokusiert sind. Das führt zu einer neuen Spaltung der
Gruppen, wobei die, die sich als Zigeuner und nicht als Roma identifizieren,
auf der niedrigsten Stufe der Hierarchie bleiben, was es für sie noch
schwerer macht, an irgendwelche Unterstützung zu kommen.“ (http:// http://www.ispmn.gov.ro/uploads/36%20web.pdf) (Aufruf vom 17.1.2015) Über Roma in der Slowakei schreibt
Hans-Ulrich Stoldt („Die Zukunft der Zigeuner“, in: Spiegel reporter Nr.11
vom 1.11.2000, S.90): „... Zigeuner, wie sie im Westen oft
geschimpft, im Osten sich selbst aber stolz nennen.“ Der Historiker Adrian Marsh (von
Traveller-Herkunft) schreibt über den Sprachgebrauch in der Türkei
(„’Yaşasın Romanlar!’ Emerging Romani Organisations and Identities in the Republic of
Turkey, 2000-2010, in. Hristo Kyuchukov/ Ian Hancock (eds.): Roma Identity,
Prague 2010, S.62-73, ebd. S.64, Anm.5): “The term
‘Çingeneler’ is contested and often perceived as pejorative, when used by
non-Romani people but in my experience of working with and amongst Turkish
Romani communities, it is the most frequent term used by themselves and some
activists, such as Mr. Mustafa Aksu, wish to reclaim the term as the overall
description whilst some organizations, such Mr. Ali Mezarcıoğlu’s
‘Çingeneyiz.Org’ actively promote this term as the general noun.” Zu Deutsch: „Der Begriff ‚Zigeuner’ ist strittig und wird
häufig als herabsetzend empfunden, wenn er von Nicht-Zigeunern verwendet
wird; nach meiner Erfahrung mit und unter türkischen Romani-Gemeinschaften
ist es die von ihnen am meisten gebrauchte Bezeichnung, und einige
Aktivisten, wie Herr Mustafa Aksu, möchten den Terminus als Sammelbezeichnung
zurück beanspruchen und einige Organisationen, wie Herrn Ali
Mezarcıoğlu’s ‚Çingeneyiz.Org’ sind darin aktiv, diese Benennung
als den umfassenden Namen zu propagieren.“ Hier wird ein Punkt angesprochen,
der manchmal in der Diskussion um die Verwendung des Begriffs „Zigeuner“
einfließt: „Ja, wenn Zigeuner selbst diesen Begriff verwenden, dann ist das
etwas anderes. Das gibt uns als Nicht-Zigeuner noch nicht das Recht, es
ebenso zu tun.“ Zigeuner sollen also einen Terminus
aus der Sprache der Nicht-Zigeuner verwenden dürfen, nicht aber
Nicht-Zigeuner eine Bezeichnung aus ihrer eigenen Sprache. Was veranlaßt dann
in einem solchen Falle Zigeuner, diesen Begriff, wenn er doch so „schlimm“
ist, daß ihn Nicht-Zigeuner nicht in den Mund nehmen dürfen, selbst zu
verwenden? Wofür wird er dann noch gebraucht? Hier kommt einem George Orwell’s
“double-think” in den Sinn. Die Erfahrung bei einer Untersuchung
unter Zigeunern in der europäischen Türkei vermerkte Sezai Ozan Zeybek
(„’Fraudent’ Citizens of a Small Town: Occidentalism in Turkey“, in:
Antipode, vol.44, no.4 [Sept. 2012], S.1551-1568, ebd. S.1567): „I will use the term Gypsy, instead of Roma, throughout
the article, mainly because they call themselves Gypsies (Çingene in Turkish)
in Malkara despite the word’s bad connotations. They find Roma (Roman in
Turkish) way too ‘official’.” Zu Deutsch: „Ich werde in diesem Artikel den Begriff
Zigeuner anstelle von Roma verwenden, hauptsächlich weil sie sich in Malkara
selbst Zigeuner (Çingene auf Türkisch) nennen, trotz seiner schlechten
Konnotationen. Sie halten Roma (Roman im Türkischen) für zu ‚offiziell’.“ Dieser interessante Aspekt deutet darauf hin, daß die in der Türkei
teilweise Verbreitung gefundene neue Bezeichnung von den Betroffenen als
etwas von außen Kommendes, Fremdes empfunden wird, während die eigentliche
Fremdbezeichnung (die bei manchen zur Eigenbezeichnung geworden ist), ihnen
als viel vertrauter, und näher stehend empfunden wird. Die britische Sozialanthropologin
Judith Okely sagte in einem Interview (ca. 2010) mit dem Betreiber der
Internetseite: http://www.cingeneyiz.org/okelyeng.html (Aufruf am
13.12.2011): “I certainly
regret the order by the EU that the word 'Gypsy' should never be used in a
public sphere. This is what I was told before speaking in Berlin in 2004. I
argued that the people I lived with chose the label Gypsy among themselves.
They taught their children to pronounce the word and to identify themselves
as such in early speech. My neighbours sometimes used the word Traveller when
speaking to potentially aggressive outsiders partly because they feared the
external stereotype. Brian Raywid who assisted in the wonderful book of
photos by Tony Boxall (1992) reminded me only recently that they both asked
the Gypsies what they would like in the title for the book. They ALL chose
the title Gypsy Camera. The main Gypsy who appeared in the photos asked if a
copy of the book be placed in his coffin when he died.” Zu Deutsch: „Ich bedauere jedenfalls die Anweisung der EU,
daß das Wort ‘Gypsy’ niemals in der Öffentlichkeit benutzt werden solle. Das
habe ich mir sagen lassen, bevor ich 2004 in Berlin gesprochen hatte. Ich
habe argumentiert, daß die Leute, mit denen ich zusammengelebt habe, die
Bezeichnung Zigeuner [Gypsy]
unter sich selbst benutzt haben. Sie haben ihren Kindern von klein auf
gelehrt, das Wort so auszusprechen und sich als solche zu identifizieren.
Brian Raywid, der zu dem wundervollen Fotoalbum von Tony Boxall (1992)
beigetragen hatte, hat mich kürzlich noch daran erinnert, daß sie beide die
Zigeuner gefragt hatten, was sie als Titel für das Buch wünschten. ALLE
hatten den Titel Gypsy Camera gewählt. Der Zigeuner, der als Hauptperson auf
den Fotos zu sehen war, hatte darum gebeten, daß man ein Exemplar des Buches
in seinen Sarg geben möge, wenn er gestorben sein würde.“ |
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Paper delivered at the “1. International
Roman Symposium” Trakya
Üniversitesi, Edirne (Turkey), May 7-8, 2005 Gypsies (Tsiganes,
Zigeuner, Çingeneler …) or “Roma” (“Sinti
& Roma”) Some
Reflections about “Political Correctness”
with special
reference to Germany If I remember correctly, the name of this symposium
initially had “Gypsies” in its title; later on this was changed to “Roman”.
This “development” is actually the subject of my contribution today. In many countries, especially western ones – and for
the last few years in Turkey, too – efforts have been made over the past
three decades to assert and push through a new “political correctness” by
renaming “Gypsies”, “Tsiganes”, “Cigani”, “Zigeuner”, “Çingeneler” and so
forth as “Roma” (“Romanies”) or “Sinti and Roma”, the specific usage
“designed” for Germany and the German language. I want to discuss here the
reasons for this “language reform”and its implications. To make it clear at the very beginning: I belong to
those, who think it more appropriate to keep the specific (outsider) terms of
the majority populations for Gypsies, as they have been used for centuries. The main points put forward when asking outsiders to
use the designation “Roma” can be summarized as follows: 1. Reference is generally made to the First Romani
World Congress in London in 1971 and its decision that from then on all the
Gypsies of the world should be called “Roma”. 2. It is obviously perceived as a kind of “natural
right”, that the specific term used by the group itself is postulated to be
the only valid one. 3. Nearly all the foreign names for Gypsies are said
to be pejorative, discriminating and tainted with prejudice. 4. Concerning the traditional German word for
Gypsies (Zigeuner) it is argued that National-socialism brought the term into
discredit, although, at the same time, it is stated that the term has always
been pejorative. 5. Sometimes it is argued that the term “Roma” has
already become so colloquial, that persons who do not behave according to
what is thought to be politically correct, are labelled at least as backward,
if not as racist (or in Germany as Nazi). 6. When confronted with the fact that many Gypsies
themselves use the terms attached to them by their neighbours, it is put
forward that it would be different when Gypsies themselves use these, from
when outsiders do so. Let’s now discuss these arguments one by one. 1. At the First Romani World Congress in 1971 only
about two dozen “delegates”, apart from a few observers, are said to have
taken the far-reaching decision for several millions of Gypsies worldwide,
that they should thenceforth present themselves as “Roma”. Even when we take
later Romani World Congresses with more participants into consideration, the
legitimacy for such far-reaching decisions is rather weak. Nearly all Gypsy groups, to my knowledge, lack a
sense of larger trans-tribal units experienced in common, and solidarity
beyond clans, tribes, local or regional units is largely absent. Although
several organizations for Gypsies in different countries – which, by the way,
often incorporate foreign terms in their names – have been founded during
recent decades, they are not deeply rooted in the communities concerned.
Trans-national or even world organizations enjoy even less support from local
and regional groups. Rivalry between different persons or groups is still
widespread. 2. There are many Gypsy groups (especially Oriental
ones) who have never heard of the term “Roma” and many more who have their
own different designations (like Lom or Dom in Turkey). There is no
legitimacy or justification in attaching a “Roma” label to them. Besides,
this would contradict attaching the recognition of insider names that is
supposedly aimed at. By the way, the “original” term for Gypsies seems to
be “Dom”, rather than “Rom”. Of course, a problem arises when one really speaks
about Roma “proper” and not about Gypsies in general. Therefore one would
always have to explain whether one is using the term “Roma” in a broader or
narrower sense. We are in need for a term covering all different
Gypsy groups. And we have such terms in the specific languages. If it were demanded, that henceforward only insider
terms should be used worldwide, one can imagine what kind of confusion and
uncertainty would arise. Such a procedure is certainly not in the interest of
many ethnic groups and nations. For example: Germans are called Germans
although they call themselves “Deutsche” and although they are not the only
Germanic people. Although the Alemannen form just a small part (or tribe, if
you like) of Germans, all Germans are called “Allemands/ Almanlar” by, for
instance, French or Turks. Even “worse”, Germans are called “dumb” (Njemac,
Nemci and so forth) in Slavonic languages. Despite all these strange foreign
designations for Germans, I have not heard about any protest against them. It is much more “natural” that ethnic groups or nations
bear names different from those given to them by their neighbours. Insider
terms are often almost unknown to neighbouring groups, and quite often the
designations given by foreigners have some negative or at least incorrect
aspects. In this way we come to the next argument. 3. Gypsies have had a negative image for centuries,
regardless what they were called. Combatting discrimination cannot be done by
just attaching a different label. Prejudices are then very likely to be
transfered to the new name. Alongside with negative associations when thinking
about Gypsies, there were also positive, often romantic, associations
connected with them. “Gypsy music” is generally highly esteemed and
newspapers, which otherwise use the “political correct” term for Gypsies,
still write about “Gypsy music” (Zigeunermusik), since it has already become
a well-recognised label. In Germany several societies (generally connected
with the carnival) have named themselves “Zigeuner”; they would certainly not
have done so if the term had only a negative connotation. Not only is nothing (positive) gained by renaming,
but the moral pressure connected with this provides yet a further reason for
rejecting Gypsies. The establishment of taboos often provokes counter-
reactions. 4. It is certainly wrong to assert that the Nazis
brought the term “Zigeuner” into discredit. The Nazis had attached far more
negative aspects to the image of Jews than were associated with them before.
Nobody, however, would therefore demand that the name “Jude” be dropped in
German. As some of you may know, the federal government of
Germany plans to errect a memorial for the Gypsy victims of the Nazi terror
in Berlin. Since the “Zentralrat Deutscher Sinti und Roma” (Central Council
of German Sinti and Roma) is fighting fiercely against the term “Zigeuner” in
the inscription of the memorial, an oppositional Sinti group is defending the
term. In order to counter the argument that Nazis had discredited the name
and as a compromise, the responsible state minister of cultural affairs
proposed to have the inscription in English and then use the term “Gypsies”. It is just folk-etymology to trace the word
“Zigeuner” back to “Ziehgauner” (a strolling crook). To use that as an
argument against the term is not simply ignorance: since similar terms (Cigan
and so forth) like “Zigeuner” are used in Slavonic languages, the term could
not possibly be derived from “Ziehgauner”. By the way, the special German usage “Sinti &
Roma” – in a global context itself an rather unusual designation for an
ethnic group (x and y connected with an “and”) – reflects the fact, that
Sinti don’t want to be lumped together with Roma and therefore don’t want to
be called by the same name. 5. The term “Sinti & Roma” in Germany has not
yet become so colloquial that the majority of the population could use the
terms correctly in grammatical terms (singular-plural, masculine-feminine) or
even know the difference between Sinti and Roma. Thus newspapers very often
write quite incorrectly about “Sinti and Roma” when refering to some Gypsies
or even to countries where hardly any Sinti live. “Zigeuner” have their position in German folklore
and culture as they certainly have in other countries, too. One cannot
replace the term “Zigeuner” in proverbs, sayings, songs, geographic names
etc. by “Sinti & Roma”. One would make Gypsies much more alien by calling
them “new names” than they have been hitherto. When in historical documents “Zigeuner” occur, one
cannot declare them to be Sinti, Roma or Sinti and Roma. Sometimes the term
“Zigeuner” is also used for Gypsy-like groups (for instance the Jenische). 6. Just to give Gypsies (and not Gadje) the right to
call themselves by outsider names, would mean something like George Orwell’s
“double-think”. Should “native speakers” who had “invented” the terms
“Gypsies”, “Zigeuner” and so forth, not be allowed to use a word of their own
language, while others should ? This is certainly not easy to explain to the
average citizen. The arguments discussed above were those generally
brought forward in connection with the subject. But there are certainly other
reasons which are not uttered openly. Perhaps the fighters for “political
correctness”, both among Gypsies and Gadje are not even fully aware of them. One of the reasons seems to be to gain or exercise
power. An ethnic minority (Gypsies) and a political minority (persons with an
anti-authoritarian ideology and a strong rejection of the “establishment”)
try to apply moral pressure in a field, where a “victory” seems easily to be achieved.
Besides the social-psychological explanations for such behaviour, a victory,
in the case of Gypsy organizations, is thought to be a means of gathering
more followers. A strengthened organization has a better chance, for example,
to obtain financial resources. I would like to finish my contribution with a
quotation from a collection of essays by the German-Romanian writer Herta
Müller („Der Staub ist blind – die Sonne ein Krüppel. Zur Situation der
Zigeuner in Rumänien“, in: „Hunger und Seide“ (Reinbek bei Hamburg 1997,
p.153, my own translation): „I went to Romania with the word „Roma“, used
it at the beginning during conversations and encountered a lack of
understanding everywhere. ‘The word is hypocritical’, I was told, ‘we are
Gypsies, and the word is good, as far as we are treated well.’” A struggle against discrimination needs much energy.
One should not waste energy on a battle about or against words, especially
when the arguments in favour are rather weak. A slightly
revised version of this paper (Rüdiger Benninghaus: “Gypsies or ‘Roma’?”) is
printed in: City – analysis of urban trends, culture, theory,
poliy, action, vol.14. no.6 (Dec.2010), pp.643-646. |
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Fotos und Text (soweit nicht andere Urheber vermerkt sind) © Rüdiger Benninghaus Start der Webseite am erweitert am 27. August 2023 |
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