Anmerkungen zum Antiziganistizismus

(„Antiziganismusforschung“)

 

 

 

I n h a l t :

 

1. Rüdiger Benninghaus:

    Einige Anmerkungen zum „Antiziganistizismus

 

2. Rüdiger Benninghaus:

    „Versuche, die ‚kulturelle Identität’ der Sinti und Roma zu beschreiben, verstärken   
    selbst dann, wenn sie gut gemeint sind, die Vorstellung von ihrer Andersartigkeit ...“

    Gutmenschentum als Leitmotiv

 

 

 

1. Einige Anmerkungen zum „Antiziganistizismus

 

Dieser Text erschien in:

FTF Blickpunkte – Tsiganologische Mitteilungen, 6.Ausgabe  (15.2.2010), S.25-41, Leipzig,

(jetzt im Internet unter: http://www.rbenninghaus.de/tsim6.pdf)

und soll daher hier lediglich mit Verweis dorthin aufgeführt werden. 

 

 

 

2. „Versuche, die ‚kulturelle Identität’ der Sinti und Roma zu beschreiben, verstärken selbst dann, wenn sie gut gemeint sind, die Vorstellung von ihrer Andersartigkeit ...“[1]

Gutmenschentum[2] als Leitmotiv

 

Dieser Text war als Antwort auf einen Beitrag von

Ulrich F. Opfermann: „’... wird sich natürlich nur schwer nachweisen lassen ...’ Der Verdacht als leitendes Motiv“

in: FTF – Tsiganologische Mitteilungen, 10.Ausgabe (15.10.2010), S.10-17, Leipzig,

für die 11.Ausgabe des e-Journals eingereicht worden, ist jedoch von der Redaktion nicht akzeptiert worden, so daß er nun hier zu lesen ist. Gleichzeitig war dies auch der Auslöser für die Erstellung dieser Webseite.

Opfermann bezieht sich vornehmlich auf den Beitrag:

Rüdiger Benninghaus: „Über die Benennungen der Sinti – Bemerkungen zu Ulrich F. Opfermann’s Terminologie und seinen Interpretationen“

in: FTF Blickpunkte – Tsiganologische Mitteilungen, 4.Ausgabe (15.10.2010), S.14-33, Leipzig

(jetzt im Internet unter: http://www.rbenninghaus.de/tsim4.pdf)

Zum besseren Verständnis des folgenden Textes empfiehlt es sich daher, die drei oben genannten Beiträge zuerst zu lesen.

 

Nun hat also auch Ulrich Opfermann einen Zugang zur Tsiganologie in Leipzig gefunden, was ja an sich zu begrüßen ist. Auch andere Mitglieder des Marburger Antiziganistizisten-Clubs haben jetzt – wie auch immer sie über die Tsiganologischen Mitteilungen gestolpert sein mögen – die Arbeit in Leipzig zur Kenntnis genommen; recht spät (ein Jahr nach dem Erscheinen meines Beitrags zu Ulrich Opfermann im Oktober 2009[3] und fast fünf Monate nach meiner Antiziganistizismuskritik[4]), aber immerhin. Daß ich mit meinem Beitrag vom Februar 2010 so „erfolgreich“ sein würde, hätte ich vorher nicht gedacht. Der „Paukenschlag“ ist gehört worden.

Opfermanns Einlassungen in den Tsiganologischen Mitteilungen Nr. 10 vom Oktober 2010 betrachte ich als Anlaß bzw. Aufforderung, auf verschiedene Fragen einzugehen.

 

Topos „Kontinuität“

 

In Opfermanns Beitrag stößt man auf ein bei antiziganistizistisch infizierten Autoren verbreitetes Topos: das der Kontinuität oder der Tradition(slinien). Wahrscheinlich können sie als neues „Fach“ kaum ohne das Aufzeigen von (vermeintlichen) Kontinuitäten auskommen, wenn sie sich an einem „-ismus“ abarbeiten wollen.

Zunächst: von einer Traditionslinie kann man nicht automatisch dann sprechen, wenn man zwei gleiche oder ähnliche Ideen oder was auch immer zu unterschiedlichen Zeiten beobachtet – denn es können natürlich gleiche Ideen zu verschiedener Zeit neu und unabhängig aufgekommen sein, ohne daß es gemeinsame Wurzeln, also eine „traditionelle“ Verbindung gäbe. Solch billige Erklärungsmuster sollten heute eigentlich nicht mehr zu Papier gebracht werden, obwohl das Kontinuitätsversessenen natürlich schwer fallen muß.

Einleitend will ich zu Opfermanns „Hauptanliegen“ (Mehrfachtaufen) feststellen, dass es mir ziemlich egal ist, ob oder wie viele Mehrfachtaufen es unter Zigeunern gegeben haben mag. Das ist nicht eigentlich mein Thema. Insofern habe ich mich auch keiner „Traditionslinie“ angeschlossen. Im übrigen wird von Opfermann und anderen Autoren, die sich der „Traditionslinienforschung“ verschrieben haben, die Gegenwärtigkeit und Wirksamkeit der Ideen von Leuten wie Grellmann u.a. oder auch von Vorstellungen über Zigeuner, die etwa im 19. Jh. in der Mehrheitsbevölkerung verbreitet waren, sowohl in den Köpfen der heutigen Mehrheitsbevölkerung als auch bei Autoren, die sich mit Zigeunern beschäftigen, maßlos überschätzt oder wissentlich überbetont. Wie viele Zeitgenossen verbinden heutzutage etwa den Begriff „Heiden“ mit Zigeunern? Welche Rolle spielen Mehrfachtaufen im „Kanon“ der heutigen Stereotypen in Bezug auf Zigeuner?

Davon abgesehen könnte man noch fragen, wie weit die bei verschiedenen Autoren etwa des 17.  und 18. Jhs. oder z.B. die in Enzyklopädien präsentierten Vorstellungen über Zigeuner Gemeingut der „Mehrheitsbevölkerung“ waren.

 

Weg mit dem (den) Anderen

 

Offensichtlich sind bei nicht wenigen Antiziganismusforschern Stereotypen in Bezug auf Zigeuner gleichbedeutend mit „Antiziganismus“ bzw. „antiziganistischer Tradition“.[5] Da werden z.B. einem Wolfgang Thierse „Muster eines schleichenden Antiziganismus“ untergeschoben (der allerdings erst nach „Ausfilterung“ ans Licht geholt werden konnte), wenn er sein Unverständnis für die Diskussion um das Berliner Mahnmal unter verschiedenen Zigeunerverbänden äußert oder den Begriff „Zigeuner“ verwendet.[6]

Schon die Auffassung von „Roma“ als „die Anderen“ wird hier automatisch zum Antiziganismus.[7]

Es fragt sich, warum (autochthone) „Sinti und Roma“ in Deutschland einen Status als „nationale Minderheit“ haben, wenn sie doch gar nicht „anders“, sondern wie die Mehrheitsbevölkerung sind.[8] Es wären auch besondere Bestimmungen in Bezug auf die Einbürgerung von Zigeunern oder sonstige Rücksichtnahmen von Behörden auf die Besonderheiten der Lebensweise und Kultur von Zigeunern abzulehnen bzw. nicht zu rechtfertigen, da sie ja damit als „Andere“ behandelt würden.

Wie fremd Zigeuner trotz ihrer ca. 600jährigen Geschichte in Deutschland der Mehrheit der Bevölkerung immer noch geblieben sind, wird u.a. durch die Unkenntnis vieler Antiziganismusforscher über sie belegt. Letztlich bedeutet es ein Leugnen eigenständiger Zigeunerkulturen, wenn man die folgende Auffassung vertritt: „In der guten Absicht, Toleranz für Andersartigkeit zu wecken, sucht man die angebliche Andersartigkeit zu illustrieren und trägt hierzu einmal mehr die in der Literatur überlieferten Vorurteile zusammen.[9]

Die Erfahrung, daß sich durchaus auch Gegensätze anziehen können, scheinen die Autoren noch nicht gemacht zu haben. 

In dem Bestreben, die Boshaftigkeit der Mehrheitsbevölkerung[10] aufzuzeigen, wird verdreht und zurechtgebogen – sowohl die Zigeuner als auch die Mehrheitsbevölkerung – so wie es gerade paßt; mithin können Widersprüchlichkeiten kaum ausbleiben. So heißt es dann an anderer Stelle beim gleichen Autor: „Wie können wir dazu beitragen, dass sich die Sinti und Roma in das politische, religiöse und soziale Leben integrieren, ohne ihre eigene Kultur aufgeben zu müssen? Ich denke, dadurch, dass wir sie nicht nur tolerieren, sondern sie so, wie sie sind, achten und anerkennen. Dies setzt voraus, dass wir unsere Fremdbilder in Frage stellen und die authentischen Zeugnisse ihrer Kultur wahrnehmen.[11]

Man muß schon weltfremd sein, wenn man einen menschlichen Grundzug, die Umgebung in „ich/ wir“ und „sie“ einzuteilen, als etwas Außergewöhnliches wahrnimmt oder sogar verdammt. Stereotypen gehören offenbar zum Menschen. Wahrscheinlich könnte er ohne sie, ohne den Mechanismus, von Einzelbeobachtungen zu verallgemeinern, seinen Alltag gar nicht bewältigen.

In diesem Zusammenhang könnte man auch auf den Gedanken kommen zu fragen: was wären die Antiziganistizisten ohne ihren stereotypen „Antitsiganologismus“?[12]

 

Zigeuner-Begriff

 

Wie Opfermann zu der folgenden „Phantasmagorie“ kommt, erschließt sich mir beim besten Willen nicht:

„Wen alles er in sein Kollektivum ‚Zigeuner’ mit einschließt, bleibt ungesagt. Jedenfalls schließt er niemand aus, es läuft unvermeidlich auf eine globale Gesamtheit von erstens Roma und zweitens sich wie auch immer „nach Zigeunerart“ betätigenden Nichtroma hinaus. Sein Zigeunerbegriff ist nicht nur wenig ausgearbeitet, er ist auch unbegrenzt.“[13]

Ich habe kaum einen anderen Zigeunerbegriff als wohl die meisten Zigeuner in Deutschland und sehe auch keinen großen Unterschied zu der Auffassung, die Opfermann von der Bevölkerungsgruppe hat, die er als Zigeuner (in – natürlich – Anführungszeichen) bezeichnet.[14] So wie bei ihm beinhaltet „mein“ Zigeunerbegriff Sinti, Roma und andere „ethnische“ Zigeunergruppen. Dabei muß ich natürlich als Faktum berücksichtigen, daß es eben auch Bevölkerungsgruppen wie etwa die Jenischen, Travellers, Abdallar u.a.m. gibt, die zwar als Zigeuner angesehen werden und sich auch teilweise selbst so bezeichnen, über die jedoch mehr oder weniger bekannt ist, daß es sich nicht um „ethnische“ Zigeuner, sprich: ursprünglich aus Indien stammende Bevölkerungsgruppen handelt. Solch eines banalen Hinweises sollte es eigentlich nicht mehr bedürfen, doch wenn Opfermann noch nicht aufgeklärt ist … Jetzt ist es eben nicht mehr „ungesagt“.

Ich bezeichne mitnichten alles, was sich bewegt, als Zigeuner, wie Opfermann es versucht mir anzudichten. Daher habe ich auch mehrfach (vergeblich) versucht,[15] Ali Mezarcıoğlu, den Betreiber des Blogs http://cingeneyiz.blogspot.com/ (als Nachfolger seiner Internetseite http://www.cingeneyiz.org) und Autor eines Buches mit dem Titel „Çingenelerin kitabı“, davon abzubringen, tatsächlich weltweit (u.a. in Ruanda, Somalia, Japan, Bangladesh, Nepal!)[16] alle möglichen Dienstleistungsnomaden, Peripathetiker, Wanderhandwerker oder wie man oder er sie auch nennen mag, mit der Bezeichnung „Çingene“ (= Zigeuner) bzw. „Gypsies“ zu belegen.[17] 

Wenn sich Opfermann tatsächlich für „meinen“ Zigeunerbegriff interessierte (was er aber natürlich nicht eigentlich tut), hätte er als ein „für den Rom e.V. Tätiger“ u.a. meinen kleinen Beitrag in dessen Rundbrief über die manchmal auch als „See-Zigeuner“ bezeichneten „See-Nomaden“[18] lesen können, bevor er eine Behauptung wie die obige in die Welt setzt.

Wann ich den Begriff „Zigeuner“ verwende und wann ich über „Roma“ hinaus – von denen ich auch schreibe, wenn es sachlich angemessen und möglich ist – in noch weiter gehende Differenzierungen „verfalle“, ist unschwer nachzulesen. Natürlich ist, allgemein gesprochen, nicht zu erwarten, daß sich Opfermann anschaut, was ich schreibe. Doch wenn er sich so weit aus dem Fenster hängt, wie in seinem hier behandelten Beitrag, bzw. wenn ihm nach „Aufklärung“ gelüstet, sollte man doch verlangen können, daß er ein wenig mehr liest als meine ihn und seine Marburger Kollegen kritisierenden beiden Aufsätze.

Der Begriff „Roma“ als Synonym für das „Unwort“[19] „Zigeuner“ ist nicht nur sachlich falsch, sondern er ist ebenfalls mehrdeutig und unscharf. Es muß dabei jeweils gesagt werden, ob man „Roma“ nun eben synonym zu „Zigeuner“ benutzt oder einen bestimmten Zweig der Zigeuner meint. Und, man mag es schon gar nicht mehr wiederholen wollen: es gibt eben eine Reihe von Zigeunergruppen, die sich nicht als Roma bezeichnen und nach den zur Verfügung stehenden Quellen zu urteilen, sich auch nie so genannt haben.

Wie „unbegrenzt“ der „Roma-Begriff“ nicht selten verwendet wird, sei am Beispiel des von Rajko Đurić (dem langjährigen Präsidenten der International Romani Union, IRU) mitverantworteten Buches „Roma – Eine Reise in die verborgene Welt der Zigeuner“[20] demonstriert: hier (in der deutschen Ausgabe des Buches!) werden selbst „zigeuner- ähn-liche“ Gruppen in Indien zu „Roma“. Es mag sich hier allerdings um eine „typisch“ deutsche, von „poli-

Der im Dezember 2009 gegründete Verein

der Dom-Zigeuner in Antakya (Süd-Türkei)

mit seinem Vorsitzenden.

(Foto: R.Benninghaus, 2010)

 

tischer Korrektheit“ geleitete „Umbenennung“[21] handeln.

Es macht keinen Sinn, angesichts der gegebenen Unschärfe des Begriffs „Zigeuner“ diesen abschaffen zu wollen, da er sowohl in den historischen Quellen als auch in der Gegenwart weiter existiert und auch Opfermann nicht ohne ihn auskommen kann. Einen unscharfen Begriff durch einen anderen unscharfen ersetzen zu wollen, ist kaum der Anstrengungen wert – von allen anderen Einwänden dagegen einmal abgesehen.

 

In einen 2008 erschienenen Dumont-Reiseführer über Languedoc-Roussillon z.B.

ist die politische Korrektheit (zum Glück) noch nicht geraten; denn „SintiundRoma wäre vermutlich an der Realität vorbeigegangen.

Daß die vermeintliche (neue) „Konvention“ „Roma“ sich immer noch nicht verfestigt hat, zeigen Varianten wie „Rroma“ und neuerdings sogar der Versuch, im Deutschen „Romen“ und analog dazu „Sinten“ einzuführen.[22] Aber eigentlich scheint sich auch Opfermann der Realität bewußt zu sein: „Eine merkwürdige Gemeinsamkeit gibt es zwischen Populär- und Wissenschaftsdiskurs. Hier wie dort hat die neue Konvention sich nicht durchsetzen können.[23]

Selbst ein Autor, der gerne über Antiziganismus schreibt, mußte wohl bei seinen Kontakten mit Roma in Rumänien feststellen, daß diese selbst von sich häufig als von „Zigeunern“ sprechen,[24] so daß er sich teilweise in seinen Fragen ebenfalls dieses Begriffs bediente.[25]

Nicht ins Weltbild mag Opfermann und anderen die Bemerkung einer Frau aus Bonn passen, die behauptet, Zigeunerin zu sein, jedoch nicht zu den Sinti oder Roma zu gehören;[26] eine Aussage, die man in Bonn (und wohl nicht nur dort) offenbar von verschiedenen Leuten hören kann, die entweder Jenische oder andere

(ehemals) Fahrende sind und/ oder durch Zwischenheiraten mit Sinti vielleicht von diesen nicht die volle Anerkennung erfahren, sich jedoch dennoch allgemein als Zigeuner begreifen.Opfermann 2007: „Auch in einem engeren, in einem ethnischen Verständnis bleibt der Begriff ‚Zigeuner’ diffus, klärt nicht, sondern verunklart. Die Unterschiede zwischen den spanischen Calé, den mittel- und westeuro-päischen Sinti, den albanischen Askalije und den ägyptischen Mahlebish sind zu groß, um sie unter einen gemeinsamen Oberbegriff subsumieren zu können.[27]

Wenn schon solch ein weiter Begriff wie „Zigeuner“ (weiter als „Roma“) seiner Meinung nach nicht die Diversität der verschiedenen Zigeunergruppen darzustellen in der Lage ist, umso weniger kann das der engere Begriff „Roma“ leisten.

Aus der Feder von Antiziganismusforschern läßt sich dann aber wieder solches lesen: „Auch droht mit der Bezeichnung ‚Roma’ zugleich die Gefahr, sie als Fremdbezeichnung auf Menschen anzuwenden, welche sich selbst nicht als diese verstehen.[28]

Wenn man die merkwürdigen Ausführungen von Erich Schneeberger, des Vorsitzenden des Verbandes Deutscher Sinti und Roma, Landesverband Bayern e.V. liest: „Die Bezeichnung Zigeuner liebt er [Schneeberger] überhaupt nicht. ‚Die waren schon vor uns da’, berichtigt der Landesvorsitzende. Zigeuner seien entwurzelte Menschen, wie etwa ehemalige Soldaten gewesen, die durch die Lande zogen, mittellos und hungrig: ‚Das waren die Menschen der Straßen’. Das habe aber mit Sinti nichts zu tun, den heutigen schon gar nicht. ...“,[29] so scheint auch für ihn der Begriff „Zigeuner“ noch eine Daseinsberechtigung zu besitzen, wenn auch nicht für Sinti, sondern offensichtlich für Jenische und andere Fahrende. Welche Verbreitung diese „neue Auffassung“[30] gefunden hat, vermag ich allerdings nicht zu sagen; eine sachliche Grundlage kann sie jedenfalls nicht beanspruchen.

Die Umbenennung der katholischen Zigeunerseelsorge kann man übrigens auch so deuten – und diese Deutung erscheint mir zutreffender, wenn man diese Institution etwas kennt – daß man es leid ist, sich ständig mit irgendwelchen realitätsfernen Gutmenschen um eine Benennung zu streiten, wo man doch eigentlich etwas anderes zu tun hat bzw. tun will.[31] Es scheint sich mir hier also nicht um einen von verschiedener Seite (wie z.B. Opfermann bzw. dem Marburger Antiziganistizisten-Verein[32]) bejubelten Schritt der Einsicht zu handeln – wie es das auch bei vielen Journalisten und anderen Autoren ebenfalls nicht ist, die von „Sinti und Roma“ schreiben“. Man könnte es auch, etwas drastischer ausgedrückt, als ein Einknicken vor dem Meinungsterror der professionellen politisch Korrekten bezeichnen, nicht aber als Überzeugung. Über den „pädagogischen Wert“ solch eines Sprachzwanges sollte man sich keiner Illusionen hingeben.

Bei dem von Opfermann erwähnten Vorfall um den Gebrauch des Begriffs „Zigeuner“ durch einen NPD-Abgeordneten des mecklenburgisch-vorpommerschen Landtages, dem nach dreimaliger Mahnung, dieses zu unterlassen, das Rederecht entzogen worden ist, wird man wohl auch nicht leugnen können, daß die Vehemenz nicht zuletzt auch als Wunsch, gegen die NPD vorzugehen, zu deuten ist. Hätte ein Abgeordneter einer anderen Partei ebenfalls das Wort „Zigeuner“ gebraucht, wage ich zu bezweifeln, daß er ebenfalls einen Ordnungsruf erhalten hätte. Wie dem auch sei, soweit mir bekannt, ist das Verhalten des „liberalen“ (FDP) Landtagsvizepräsidenten wohl in Deutschland bisher ohne Beispiel.

Auch hier würde ich Opfermanns Einschätzung des Vorkommnisses als einseitig bzw. eindimensional bezeichnen. Oder sollte man hier einen Wunsch bei ihm herauslesen, daß er den Begriff „Zigeuner“ in Deutschland am liebsten unter Strafe stellen lassen möchte?

Andererseits: Daß in der Öffentlichkeit alle möglichen vermeintlichen „Weisheiten“ unbesehen weitergetragen bzw. teilweise mit einer unglaublichen Vehemenz verteidigt werden, ist nicht neu. Ähnlich verhält es sich z.B. mit der immer wieder kolportierten Zahl von „ca.“ 500.000 NS-Opfern (Toten) unter den Zigeunern, die meines Wissens von keinem seriösen Historiker anhand von Quellen-material belegt worden ist.[33] Das ständige Wiederholen von vermeintlichen Fakten macht sie nicht wahrer, das kann nur konkret vorgelegtes Material.

Gemeinsam ist den beiden von Opfermann ins Feld geführten Nachrichten, daß es jeweils Gadsche sind, die sich (freiwillig oder, meist ebenfalls von Nicht-Zigeunern, gezwungen) zu der neuen Sprachregelung „bekennen“. Aber das ist ja schon ein bekanntes Phänomen. Und was sagen Zigeuner dazu?[34]

Der Kölner Sinti-Musiker Markus Reinhardt in einem Interview: „’Wir sind Zigeuner!’ Markus Reinhardt singt diesen Satz fast. ... Mit seiner Terminologie verstößt er bewusst gegen den offiziellen Sprachgebrauch auch des Zentralverbandes der Sinti und Roma. Es gebe in Europa noch andere Untergruppen, nicht nur Sinti und Roma, erklärt Reinhardt. ‚Ihr Linken habt immer Probleme mit dem Wort, sagt Sinti und Roma zu uns.’ Völliger Quatsch sei diese Wortakrobatik. Er habe sogar ein Lied veröffentlicht, das sich diesem Thema widmet. ...“[35]

Oder ein Aschaffenburger Lallero: „Freddy Walter sagt über sich selbst: ‚Ich bin ein Zigeuner.’ Der 33-jährige Aschaffenburger Sinto hält nicht viel von der politisch korrekten Variante Sinti und Roma. ‚Das ist ein typisch deutsches Problem’. Die übertriebene Korrektheit sei ein Mittel der Deutschen, mit der NS-Zeit und den 500 000 getöteten Sinti und Roma umzugehen. ... ‚Das Einzige, was uns geblieben ist, sind Zigeunersoße und Zigeunerschnitzel. Da spricht man zum Glück nicht von Sinti-und-Roma-Soße.’[36]

Oder die „Albert-Eckstein-Stiftung“ über ihren Namensgeber, einen Sinto: „Albert Eckstein wurde als erster Sohn des Zigeunermusikers Johannes Eckstein ... geboren. ... Mit 7 Jahren musste er als ‚Wunderkind’ in der Zigeunerkapelle seines Vaters auftreten.[37]

Erwähnt sei hier auch die folgende Passage aus einer Kolumne der Dresdner Morgenpost: „Es war vor einigen Jahren bei einem Kirchentag in Dresden. Im großen Lettern prangte auf dem Zelt ‚Roma und

Veranstaltungsplakat – gesehen im Rom e.V.

(Köln). Die Veranstaltungsreihe ist von Sinti

maßgeblich mitorganisiert und mitgestaltet

worden.

(Foto: R.Benninghaus)

 

Sinti Mission’. Ich setzte mich im Zelt an einem Tisch und fragte die braun gebrannten sympathischen Männer ob sie Sinti oder Roma seien. Wir haben das Herz eines Zigeuners und wir sind Zigeuner, sagte der eine stolz und die anderen nicken bestätigend. Aber warum dann ‚Roma und Sinti’ als Überschrift auf dem Zelt, fragte ich noch einmal nach. Das ist gut gemeint, sagte ein anderer, sie denken, daß sie uns schützen müssen. Wer die leidvolle Geschichte dieser stolzen Volksgruppe kennt und wer weiß, das Diskriminierung, Verfolgung und Vernichtung immer mit sprachlicher Verächtlichmachung beginnt, wird hier zunächst einmal sehr sensibel sein. Traurig wird es nur wenn ‚gut gemeinte’ übertriebene Sprachregelungen auch die notwendigen in ihrer Akzeptanz gefährden. ...“[38]

Doch nicht nur in der Gegenwart, auch in dem von Opfermann bearbeiteten Gebiet und Zeitraum haben sich, nach dem, was er finden konnte, Zigeuner ebenfalls selbst als solche bezeichnet (wenn sie nicht ihre Identität verleugnet haben) und damit die jahrhundertealte Fremdbezeichnung verwendet[39] – was auch sonst?

 

„Renitente“ Zigeuner können oder wollen sich nicht an die verordnete politische Korrektheit gewöhnen - Grab eines Kelderari im Rheinland.

(Foto: R.Benninghaus, 2010)

 

 

Magie

 

Es ist Opfermann vermutlich nicht bewusst, daß seiner Abqualifizierung magischer Praktiken und Vorstellungen eine ethnozentrische Sichtweise zugrunde liegen muss. Warum sollten magische Phänomene nicht ihre Daseinsberechtigung haben? Ethnologen haben in allen Weltgegenden immer wieder mit magischen Phänomen zu tun.

Unverständlich ist zudem, wenn er einerseits (zu Recht) das Vorhandensein magischer Praktiken in der hiesigen Mehrheitsbevölkerung erwähnt,[40] dies bei Zigeunern jedoch zu leugnen scheint.

Gleichzeitig offenbart er mit seinem Versuch, magische Elemente in der Religiosität von Zigeunern zu negieren, eine Unwissenheit über Zigeunerkulturen. Ein realistisches Bild von Zigeunern läßt sich kaum allein durch das Studium von Archivalien oder „dem Bild des Zigeuners in der Literatur“ gewinnen.[41]

 

Was ist es anderes als eine magische Praxis, wenn man nach dem Besuch bei einer mazedonischen Roma-Familie, die Nachwuchs bekommen hatte, gebeten wird, doch einen Faden von der Kleidung zu „spenden“, damit man es dem Baby ins Bett legen kann, auf daß es beschützt und ruhig schlafen kann? Ist es etwa nicht als Magie zu bezeichnen, wenn man wegen einer Krankheit einen Hodscha[42] (z.B. einen in Ratingen, der selbst Rom ist) aufsucht und sich u.a. ein Amulett schreiben läßt?

Hat es mit christlichen Vorstellungen zu tun, wenn man beim Besuch eines Grabes etwas Alkohol auf oder neben dieses gießt – ein Brauch, der im Übrigen nicht nur bei Zigeunern zu finden ist, sondern besonders auch bei slawischsprachigen Bevölkerungsgruppen? Überhaupt sind viele Bräuche um den Tod und Tote bei wohl den meisten, wenn nicht allen Zigeunergruppen, mit magischen Vorstellungen verbunden.[43]

„... if you allow yourself the time and the chance to peep beneath the outer show of travelling Gypsy tribes, you will be astonished to find ... that Gypsy magic, both black and white, is a living tradition put into practice to-day.“[44] Alles Mumpitz?

Dies als nicht existent zu bezeichnen, zeugt entweder von Ignoranz oder ist ein bewusster Versuch, ein (Anti-)Bild von Zigeunern zu basteln, das kaum etwas mit der Realität zu tun hat. Das Zigeunerbild der Antiziganistizisten könnte man schon fast als eine „moderne“ Variation des Themas von den „edlen Wilden“ deuten.

Bevor man sagt/ sagen kann, was Zigeuner nicht sind, muss man erst einmal wissen, was Zigeuner sind – daran, dieser Eindruck drängt sich immer wieder auf, hapert es jedoch bei den meisten Autoren, die auf der Antiziganismus-Welle schwimmen und der Mehrheitsbevölkerung falsche („antiziganistische“) Vorstellungen über Zigeuner vorwerfen.

Ohne dies hier weiter kommentieren zu wollen oder zu müssen, sei hier noch am Rande vermerkt, daß freikirchliche Sinti (und andere Zigeuner) hin und wieder manche Praktiken der katholisch gebliebenen als „heidnisch“ bezeichnen.

Vermutlich sieht es Opfermann nicht als Widerspruch an, wenn er einerseits meine Aussage kritisiert, daß das Wissen bei Zigeunern über wesentliche Inhalte der christlichen Religion recht dürftig gewesen war, dann jedoch auf der gleichen Seite schreibt: „Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Zwang zur Dauer-migration für eine christlich orientierte Lebenspraxis erhebliche Schwierigkeiten mit sich brachte (kein zuständiger Pfarrer, keine Integration in eine Gemeinde, keine ‚Christenlehre’, eingeschränkte Teilnahme an rituellen Handlungen usw.).“[45]

Der seit 1961 auch als freikirchlicher Pastor tätige Matéo Maximoff – von Vaterseite Kelderari, von Mutterseite Manouche/ Sinto – schrieb über „seine“ Kelderara: „Religion also is a matter of indifference in our tribe. We go to church for two objects only: baptism and burial. If you question a Gypsy about Jesus Christ he will tell you that He is a God – and that is all. A Gypsy knows nothing about His life and mystery, and cares even less about the different sects in the Christian Church. … Amongst us superstition goes beyond the bounds of credulity. We are ready to believe everything – or nothing. …“[46]

Oder wie es die indische Ethnologin Aparna Rao aus ihren Kontakten mit Manouches im Elsaß  berichtete: „My discussions with several of the Mānuš have convinced me that by far the majority among them have only a very vague notion of Christian theology or even of basic Christian doctrine.[47] Dies dürfte im 17. und 18.Jh. kaum besser gewesen sein.

Über Roma in Serbien kann man lesen: „Their knowledge of official dogmas of these religions is very modest, and often reaches the verge of total ignorance. However, in spite of all this, the Roma consider themselves very religious, and they do not consider their tend to believe in the success of magical behaviour, and often turn to fortune tellers or dervishes to chase away bad fortune, poverty, sickness or another difficulty.“[48]

Noch mehr „Antiziganismen“ gefällig?

Während die Taufe bei christlichen Zigeunern im Allgemeinen durchgeführt wurde und wird, ist bis heute das „Vernachlässigen“ der kirchlichen Trauung (mithin das Sakrament der Ehe im Katholizismus) ebenso wie der standesamtliche Trauung noch recht weit verbreitet. Die Taufe hat also für sie (und hier kann man verallgemeinern!) offenbar als Ritual einen höheren Stellenwert.

Der „Nationalseelsorger“ für katholische Zigeuner in Deutschland, Pfarrer Achim Muth, berichtete von einer Zigeunerin, die ihr Kind taufen lassen wollte, weil es immer geschrieen hatte. Sie glaubte es von bösen Mächten besessen und sah die Taufe als ein Gegenmittel an.[49]

Ob die folgende Einschätzung für viele Zigeuner bzw. Zigeunergruppen zutreffend ist, sei einmal dahin gestellt. Jedenfalls sehe ich Opfermann nicht in der Lage, dies aus seiner Kenntnis von Dokumenten des 17. und 18. Jhs. einer bestimmten Region zu negieren:

„Among the gypsies[50] there are a number of rites and ceremonies having magical significance which serve a social purpose. While some of these rites and ceremonies are still practiced, others have fallen into disuse. Undoubtly one of the most important of these rites is that of baptism. … It is extremely unlikely that such a prompt acceptance of the importance of the rite was motivated by anything resembling true conversion to Christianity. The alternative to such an unlikely prospect is that gypsies, even before their contact with Christianity, practiced rites of their own so similar in their purpose to the rite of baptism that they allowed for a quick acceptance of the Christian rite. Another, and close related, explanantion would seem to be that the magical aspect of the baptismal rite was found to fill a need in their own magical practices, or at least complement them, and was therefore quickly adopted for its initiatory value. It would seem that there is a large element of truth in both explanations.“[51]

 

Mehrfachtaufen

 

Die Hartnäckigkeit, mit der Opfermann seine Annahme verteidigt, daß Mehrfachtaufen bei Zigeunern praktisch nicht vorgekommen sind, mag darauf hindeuten, daß hier ein integraler Bestandteil seines Glaubens berührt wird, man könnte auch von einem „Leitmotiv“ sprechen.[52]

Man kann jedoch Opfermanns Beitrag nicht anders verstehen, als daß er einen Luftballon aufgeblasen hat, den er dann genüßlich zerplatzen ließ – Spielerei, nichts weiter. Man könnte darin auch eine „Strategie“ erkennen, die durch Getöse vom eigentlichen „Skandal“ ablenken soll.[53] Denn außer in dem Beitrag, in dem ich Opfermann hauptsächlich wegen anderer Themen (seiner Hinwendung zur „Romologie“) kritisiert habe – aber darauf geht er eben geflissentlich nicht ein – habe ich mich, wenn ich mich recht entsinne, nirgends zum Thema Mehrfachtaufen bei Zigeunern ausgelassen und dementsprechend auch keine solchen behauptet, sondern als ein Beispiel die absolutierende, mehrfach wiederholte Feststellung[54] in Frage gestellt und Indizien gegen deren Wahrscheinlichkeit angeführt, was übrigens etwas anderes ist als eine „Beweisführung“.

Wie Opfermann richtig bemerkt, habe ich mich bei meiner auf Indizien gründenden Vermutung, daß Mehrfachtaufen vorgekommen sein dürften, nicht auf einen definierten Raum, und eine begrenzte Zeit bezogen. Dahinter steckt u.a. der Eindruck, den nicht nur ich gewonnen habe, daß nämlich bei verschiedenen Zigeunergruppen, die formal unterschiedlichen Religionen oder Konfessionen  angehören, eine gewisse Gemeinsamkeit der Religiosität zu erkennen ist und formale Religionszugehörigkeit meist keine solche Bedeutung hat wie bei Nicht-Zigeunern.[55] Opfermanns Erwiderungen, die sich ja wohl nur auf den begrenzten Raum und den begrenzten Zeitraum beziehen, den er intensiver bearbeitet hat, sind daher lediglich als beschränkt tauglich anzusehen, besonders wenn man andererseits einen „traditions-linienförmigen“ Antiziganismus propagiert.

Aus welchen Gründen ein mehrfaches Taufen von Kindern stattgefunden haben könnte, ist eine andere Frage. Es können natürlich auch verschiedene Gründe zusammenkommen. Was heutzutage anzutreffende „Wiedertaufen“ angeht, so wird man da andere Gründe finden können als noch vor Jahrhunderten. Dabei habe ich durchaus nicht generell eine religiöse Entscheidung dazu geleugnet, wie Opfermann es mir unterstellt.

Zum Thema Taufpaten kann man bei ihm lesen: „... mehrheitsgesellschaftliche Taufpaten [werden] als betrügerisches Manöver statt als Bemühen um Schutzbeziehungen [gedeutet] ...“[56] Wie ist das zu verstehen? Doch wohl so, daß bei den von Opfermann gefundenen Fällen die Taufe nicht unter „rein“ religiösen Aspekten betrachtet werden kann/ konnte, sondern auch einen wichtigen sozialen Aspekt im Kontext der Mehrheit-Minderheit-Beziehungen darstellte. Das wird auch durch die relativ häufig belegten Paten aus höhergestellten Kreisen bekräftigt. 1996 schrieb Opfermann noch: „Da die Übernahme der Patenschaft oft mit einem Geschenk verbunden war und zur Unterstützung in Notfällen verpflichtete, waren die Eltern an einer großen Zahl von Paten interessiert. Allein in Weidenbach waren es fünf, und in Sassenhausen versuchten sie, in jedem Haus jemand zu finden.[57]

Nehmen wir die Schilderung über eine Zigeunertaufe bei Hildesheim gegen Ende des 19. Jhs.: „Fällt doch auch so manche kleine Gabe dabei für sie ab, daß man es ihnen eigentlich nicht verdenken kann, wenn sie Verlangen tragen, solche Tauffeier öfter zu veranstalten, als es sich wol mit christlicher althergebrachter Sitte verträgt, und was kann es schließlich einem kleinen Heidenkinde schaden, wenn der Segen der Taufe mehr denn einmal über sein kraushaariges Haupt kommt? So hatte gewiß auch der fromme Pfarrer gedacht, als er die heilige Handlung vornahm. Man sagt, das Haupt der Familie habe vorher schon bei einem anderen Seelsorger angeklopft, aber auf dessen bescheidene Frage, wie oft das Kind schon getauft sei, wäre er die Antwort, wie vieles andere im Leben, schuldig geblieben ...[58]

Diese Aussagen wird man sicher nicht als „Beweis“ für eine Zweit- oder Mehrfachtaufe anführen können, doch könnte Opfermann mit einiger Sicherheit behaupten, daß es sich hier um ein „Gerücht“ oder eine „böswillige Unterstellung“ gehandelt hat?

Ein Gypsy der Gegenwart, Clifford Lee in Liverpool, gab „zu Protokoll“: „I was baptized a Roman Catholic in Ireland, and as a boy I went to church often, but only to other baptisms. The priests used to give a baptized child a bit of money. I recall once when I was a boy we went to eight churches one Sunday and got the same infant baptized each time. Different names in every church. A borrowed baby.[59]

Diese Aussage soll nicht überbetont werden, ist jedoch angetan, Opfermanns Behauptung aufzuweichen; vermutlich wird sie aber als unglaubwürdige Quelle abqualifiziert, nach dem Motto: was nicht sein darf, ist auch nicht.

Opfermann konstatiert für das von ihm behandelte Gebiet einen „Konfessionswechsel an Orten der Niederlassung“ gegen Ende des 18. Jhs.[60] Es ist eine Tatsache, daß in dem Raum evangelische neben katholischen Sinti gelebt haben. Ich weiß allerdings nicht, wie der Konfessionswechsel konkret stattgefunden hat. Geschah das so, daß man „plötzlich“ neugeborenene Kinder in einer anderen Konfession als der der (katholischen) Eltern nach Niederlassung in einem protestantischen Ort hat taufen lassen oder hat es auch Erwachsenentaufen, die dann eben „Wiedertaufen“ waren, gegeben? Hier hätte man dann einen anderen Grund für eine mögliche Mehrfachtaufe, nämlich den, als „Fremde“ etwas weniger „fremd“ zu werden, indem man sich der vorherrschenden Konfession am Ort anschloss. Möglicherweise wäre eine Abwendung vom „Papismus“ von manchen protestantischen Pastoren durchaus begrüßt worden.

Auch die folgende Begründung für Mehrfachtaufen ist nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen: Swedish gypsies believe that a child’s good future in life may be largely influenced by repeated baptisms. In some cases this is even further enhanced should a baby be baptised by clergy of different Christian denominations, such as Roman Catholic and Eastern Orthodox priests. In some cases, the respect for the power of Christian baptism, has gone so far as to tempt the Moslem gypsies of Turkey to have their children given Christian baptism.”[61]

Und ein weiterer möglicher Grund für eine Mehrfachtaufe könnte sein, daß man durch die Taufe an Legitimationspapiere kommen konnte, nämlich Taufscheine, die man bei Kontrollen durch Staatsorgane als Ausweise zu verwenden suchte.[62]

Wenn ich davon schreibe, daß es „natürlich“ schwer sein dürfte, Mehrfachtaufen für frühere Jahrhunderte zu „beweisen“ – verschiedene dahingehende Behauptungen im Schrifttum sind für Opfermann ja lediglich böswillige Verleumdungen, Stereotypen und eine reale Basis undenkbar – so geschieht das im Hinblick auf das in Bezug auf Raum und Zeit äußerst dürftige, bisher nicht flächendeckend ausgewertete Datenmaterial.[63] Es ist wohl kaum zu erwarten, daß man am gleichen Ort oder auch nur in der gleichen Region ein weiteres Mal hat taufen lassen, vor allem im Falle von Kindstaufen aus Gründen nicht-religiöser Art, wie zu vermuten ist. Bei Erwachsenentaufen, wenn sie denn vorgekommen sein sollten, läge der Fall wohl anders.

Schauen wir uns an, aufgrund welchen Quellenmaterials Opfermann zu seiner Aussage kommt. In seinem Beitrag schreibt er: „Ich hatte in dem Berg von zeitgenössischen Quellen, die mir zur Verfügung standen, darunter zahlreiche Taufbücher seit Beginn der Aufzeichnungen, empirische Belege gesucht.[64] Bis auf eine kaum zu berücksichtigende Zweittaufe will er ansonsten keine Hinweise gefunden haben.

2007 konnte man bei ihm in Bezug auf die Kirchenbücher als Quelle lesen: „Nicht selten finden sich ausdrücklich und systematisch Angaben zur sozialen und ethnischen Herkunft oder Zugehörigkeit. ... Bei der hier in Rede stehenden sehr kleinen Bevölkerungsgruppe ergibt sich als Schwierigkeit, daß die Recherche zeitaufwändig und vergleichsweise unergiebig ist. Es blieb folglich bei ausgewählten Stichproben, deren Ergebnisse um Zufallsfunde ergänzt werden konnten.[65]

Taufe eines Sinti-Kindes (Seligenthal bei Siegburg,

1979). Die Familie lebte nicht am Ort, so weit ich

 mich erinnere.

 (Foto: R.Benninghaus)

Das heißt also: Erstens dürften nicht immer (was „nicht selten“ bedeutet) alle Eintragungen in Taufregistern einen Hinweis auf eine ethnische Zugehörigkeit enthalten, mithin können Zigeuner nicht immer als solche ins Auge gefallen sein, was eine Vergleichbarkeit mit anderen Befunden mehr oder weniger ausschließt. Zweitens hat Opfermann eben nur „Stichproben“ (zeitlich und räumlich gesehen) genommen.

Es ist nicht leicht zu durchblicken, was denn Opfermann genau ausgewertet hat, sprich: wie groß seine Datenbasis war.[66] Im Quellenverzeichnis seiner Publikation von 2007 ist für verschiedene kirchliche Archive lediglich „Kirchenbuchbestände“ zu lesen, ohne Angabe über die ausgewerteten Jahrgänge. Eine Tabelle führt für die Jahre 1700-1749 insgesamt 19 Taufen von Zigeunern in zehn katholischen Kirchengemeinden des Westerwaldes, des Taunus und des Siegerlandes an.[67] In dem Zusammenhang ist zu lesen, daß ausschließlich katholische Taufbücher herangezogen worden waren, weil die Sinti zu der Zeit in jener Gegend fast ausschließlich Katholiken gewesen wären (was wohl zutreffen dürfte). Im Quellenverzeichnis und in einer Übersicht[68] zu Kirchenbüchern und anderen Quellen zu Taufen, Heiraten und Todesfällen sind dann jedoch auch evangelische Kirchenbücher als Fundstellen aufgeführt und in einer anderen Tabelle zu Patenschaften werden für den Zeitraum 1600-1799 insgesamt 153 „Sinti-Taufen“ konstatiert, bei denen übrigens überwiegend Nicht-Zigeuner Pate gestanden haben.[69] Kurzum: bei allem Fleiß bei der Auswertung der Kirchenbücher, den man konzedieren muss, handelt es sich innerhalb des von Opfermann bearbeiteten Raumes (zwischen Rhein, Rhön, Main und Sieg) um einen sehr grobmaschigen Flickenteppich von Orten, die dafür ausgewählt worden sind, wobei eben nicht klar wird, ob für diese Orte jeweils alle (vorhandenen) Kirchenbuch-Jahrgänge durchforstet worden sind. Hinzu kommt, daß Zigeuner nicht immer bei jeder Berührung mit der Obrigkeit (auch der kirchlichen) den gleichen Namen bzw. diesen immer vollständig angegeben haben, so daß die Möglichkeit des „Datenabgleichs“ schwierig sein dürfte.

Alle diese Überlegungen sollten deutlich gemacht haben, daß weitreichende Schlüsse, wie sie Opfermann zieht und die dann in antiziganistische Befunde münden, nicht unbedingt die Realität widerspiegeln. Anhand des Beispiels Mehrfachtaufen sollte gezeigt werden, wie ein ideologisch befrachtetes „Anti-Bild“ „der“ Zigeuner konstruiert wird.

 

„Spiel nicht mit den Schmuddelkindern …“ - NS-Quellen u.ä.

 

Wollte man Opfermanns Warnung, die Hände von Publikationen von NS-Autoren zu lassen[70] oder solchen, die eine ideologische Nähe zu diesen offenbaren, so dürfte man viele der „antiziganistisch verseuchten“ Archivdokumente, die er z.B. für seine Publikationen heranzieht, auch nicht benutzen. Dann dürften z.B. die Zigeunerpersonenakten (der Kölner Kripo) aus der NS-Zeit, auf die sich z.B. Karola Fings, Frank Sparing, Michael Zimmermann und andere in ihren Publikationen als Hauptquellen gestützt haben, ebenfalls nicht zitiert werden. Sollte man Opfermanns diesbezügliche Einlassung als Unfähigkeit deuten, Quellenkritik üben zu können?

2007 schrieb Opfermann: „So notwendig der kritische Abstand bei diesem Quellentyp [Diebslisten] auch ist, Kritik kann ihn insoweit nicht entwerten, als er viele wertvolle Angaben zur Alltags- und Kulturgeschichte der Beschriebenen enthält.[71]

Die Aufstellung von Robert Ritter zur regionalen Verbreitung von hauptsächlich Sinti-Familien im Deutschen Reich beispielsweise stellt eine weitgehend korrekte, wenngleich, was die Geographie (nicht aber die Zuordnung verschiedener Familien zu Sinti-Untergruppen) angeht, heute von der Geschichte zum Teil überholte Information dar, die nicht im Hinblick auf einen ideologischen Zweck zu deuten ist, sondern die erkennbar das Ziel hatte, die tatsächliche Situation wiederzugeben, weil man sie eben als Grundlage für administratives Handeln (neutral ausgedrückt) brauchte. Warum also z.B. hier nicht Robert Ritter zitieren?[72] Nicht nur Opfermann, auch andere Forscher haben die von der Rassenh-ygienischen Forschungsstelle zusammengetragenen Informationen, die sich jetzt als Bestand R 165 im Bundesarchivs befinden, gelesen und für Publikationen benutzt. Ritter hatte einen staatlichen Apparat hinter sich, um, größtenteils durch Zwang, Daten von bzw. über Zigeuner zusammentragen zu können, u.a. aus Kirchenbüchern. Fakt ist, daß er unter dem Strich viel Material zusammengebracht hat, das auch noch heute zur Verfügung steht und sowohl von Nachkommen der Betroffenen als eben auch von Forschern genutzt werden kann und wird. Daß die Vorgehensweise der NS-Rassenforscher mit wissenschaftlicher und sonstiger Ethik nicht zu vereinbaren war und ist, müsste nicht extra betont werden, wenn nicht manche Zeitgenossen jede Gelegenheit nutzen würden, einen missliebigen Autor in die „Tradition“ von Ritter und Konsorten zu stellen.

Daß Robert Ritter und Eva Justin beliebte Themen für zahlreiche Nachkriegsautoren sind – da kann man sich so richtig schön echauffieren und sein Gutmenschentum herauskehren – sei nur am Rande bemerkt.[73]

Warum sollte man etwa einen Aufsatz von Hermann Arnold über Schnitzereien von Sinti auf dem Friedhof von Gräfenhausen[74] oder seine Aufstellung von Orten mit Vagantenbevölkerung oder Wanderkünstler-Familien[75] oder seine Wiedergabe von Archivdokumenten[76] nicht als Quelle heran-ziehen, wobei das natürlich nicht gleichbedeutend mit einer unkritischen Übernahme ist? Aber wahr-scheinlich kann ein Hermann Arnold gemäß des Weltbildes „gutmenschlicher Autoren“ mit keiner Aussage Recht haben bzw. etwas Wahres mitteilen, weil er ja schließlich Hermann Arnold ist.[77]

Trotz aller Fehler ist auch beispielsweise das Zigeunerbuch (1905) von Alfred Dillmann eine wichtige Quelle, die zu ignorieren eben Ignoranz bedeuten würde.

Wenn es einen berührt, von Opfermann und/ oder Kreisen ähnlicher ideologischer Prägung in die Nähe von Rassenideologen, Alt- oder Neonazis gerückt zu werden, sollte man natürlich derartige Zitierungen tunlichst vermeiden.

Schließlich „bekenne“ ich, daß ich durchaus die Publikationen von Opfermann lese, trotz mancher fragwürdiger Interpretationen und auch wenn es nicht selten ein wiederholtes Lesen verschiedener Sätze oder Passagen bedarf, um zu verstehen, was er eigentlich meint. Allerdings, wenn man sieht, wie Opfermann mit Quellen (in diesem Fall meinem Beitrag) umgeht, sprich: sie „zurechtbiegt“, wird man wohl nicht umhin kommen, in Zukunft beim Lesen seiner Publikationen noch größere Vorsicht walten zu lassen.

Opfermanns „Aufforderung“ an die Redaktion der Tsiganologischen Mitteilungen zum Schluß seines Beitrages, doch Zensur zu üben (wie es schon der Vorstand des Rom e.V. „angeregt“ hatte) und Beiträge wie den (oder die?) von mir nicht aufzunehmen, schließt sich an das unverschämte Ansinnen seiner Marburger Freunde[78] an, die eine nachträgliche Distanzierung der Redaktion von meinem Beitrag forderten.

Daß seine Aufforderung von der Redaktion der Tsiganologischen Mitteilungen, was den vorstehenden Beitrag betrifft, erhört worden ist – daher erscheint er ja jetzt hier – ändert nichts an seiner Unverschämtheit.

Ich lasse mir meinen „latent vorhandenen Antiziganismus[79] nicht so leicht nehmen; jedenfalls nicht von irgendeinem dazu nicht qualifizierten Antiziganistizisten.

 

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            Tanara

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            Speyer

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            Fahrendes Volk

             Randgruppen des Zigeunervolkes

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            Wer ist Zigeuner? – Beiträge aus historischen Dokumenten

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            Köln

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            Einige Anmerkungen zum „Antiziganistizismus

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Opfermann, Ulrich Friedrich:

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             Sinti im 17. und 18.Jahrhundert

             Eine Untersuchung anhand archivalischer Quellen

            (Reihe Dokumente – Texte – Materialien, Bd.65)

            Berlin 2007

Petrovski, Trajko:

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             (with a speciel emphasis to the child birth and marriage)

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            Niš

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            Some Mānuš Conceptions and Attitudes

            In: Farnham Rehfisch (ed.): Gypsies, Tinkers and other Travellers, S.139-167

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Reemtsma, Katrin:

            Sinti und Roma

             Geschichte, Kultur, Gegenwart

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            Zur gedenkpolitischen Stereotypisierung der Roma

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              Das Leben der Sintizza Lily van Angeren-Franz

               von ihr selbst erzählt

aufgezeichnet von Henny Clemens/ Dick Berts

(a.d. Niederl. „Lily. Het unieke levensverhaal van een zigeunerin“, Amsterdam 1997, von Martina den Hertog-Vogt)

(Quellen und Dokumentationen zur Stadtgeschichte Hildesheims, Bd.15)

Hildesheim 2004

Schöndorfer, Dieter:

            Ein ganz normales Leben

            In: Augsburger Allgemeine, 21.10.2010

            Augsburg

Solms, Wilhelm:

            „Kulturloses Volk“?

             Berichte über „Zigeuner“ und Selbstzeugnisse von Sinti und Roma

            (Beiträge zur Antiziganismusforschung, Bd.4)

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Tomašević Nebojša Bato/

Djurić, Rajko:

Roma – Eine Reise in die verborgene Welt der Zigeuner

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Trigg, E(lwood).B(ellen).:

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 The magical and supernatural practices of the Gypsies

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Wettschereck, H.:

            Eine Zigeunertaufe im Hildesheimer Wald

            In: Illustrirte Zeitung, No.2560 (23.7.1892), S.95-97

            Leipzig

 

 

 

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14. Dezember 2010

Aktualisiert am:

 15. März 2020

 

 

 

Der reine Text des vorstehenden Aufsatzes auch im pdf-Format:    allerdings nicht aktualisiert, sondern nach dem Stand der Webseite vom 10.10.2011.

 

 

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Fotos und Texte

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[1] SOLMS 2006, S.66. Mit solch einer unsinnigen Aussage wertet der Autor natürlich nicht nur jegliche ethnologische u.ä. Forschung ab, sondern auch die Notwendigkeit, Kulturen bekannt zu machen – die wichtigste Methode, um gegen Vorurteile anzugehen.

[2] Diese treffende Wortschöpfung lasse ich mir nicht deswegen ausreden, weil u.a. auch einige (aber eben nicht nur) rechtsgerichtete Leute den Begriff verwenden.

[3] BENNINGHAUS 2009 c.

[4] BENNINGHAUS 2010.

[5] Z.B. ROBEL (2009, S.124, Anm.71): „Dass der Vorwurf der Unfähigkeit zur Einigung – gekoppelt an den der Unvernunft und Streitfreudigkeit – eine lange antiziganistische Tradition hat, ...“ Davon abgesehen: Ob Robel in der Lage ist, den Wahrheitsgehalt in Bezug auf behauptete Uneinigkeit zu verifizieren oder zu widerlegen, wage ich angesichts ihrer Ausführungen über Zigeuner zu bezweifeln.

[6] ROBEL 2009, S.129.

[7] Ebd.; so auch SOLMS 2006, S.66; ENGBRING-ROMANG 2002, S.13. Letzterer versteigt sich gar in die weltfremde und in sich widersprüchliche Bemerkung: „Bei den Sinti [sic!], die im 14. und 15. Jahrhundert nach Mitteleuropa kamen, dominierte das neue, unbekannte Fremde. Sie wurden von den Einheimischen oft [sic!] in Aussehen, Sprache und Gebräuchen als anders wahrgenommen. Ob sie sich wirklich unterschieden, ist damit nicht ausgesagt.Engbring-Romang stellt hier in Frage, daß die Fremden tatsächlich fremd waren, trotz ihres Aussehens, ihrer fremden Sprache und fremdartigen Gebräuche; die „Fremdheit“ hatten sich die Einheimischen dann wohl nur eingebildet. Man sieht, welch seltsame Blüten das Bestreben treibt, Zigeuner als eigentlich nicht anders als die Mehrheitsbevölkerung darzustellen. Es handelt sich hier offensichtlich um eine verbreitete Anschauung unter „Antiziganismusforschern“, wie auch eine später noch anzuführende Aussage von SOLMS (2006, S.74) zeigt.

[8] Daher macht die folgende Aussage im Solms’schen Kontext auch keinen Sinn: „Inzwischen sind sie seit vielen Jahren Bürger des jeweiligen Staates mit festem Wohnsitz, auch wenn sie erst spät, in Deutschland erst im Jahre 1995, als nationale Minderheit anerkannt wurden.“ (SOLMS 2006, S.126).

[9] Ebd., S.74 und ähnlich auf S.159.

[10] Daß da häufig über das Ziel hinaus geschossen wird, darauf läßt schon die folgende Aussage „aus den eigenen Reihen“ schließen: „Wippermann mag vielleicht zu viele Ähnlichkeiten und Übereinstimmungen konstatieren, weil er die Bedeutung der Antiziganismusforschung, die noch immer ein Desiderat ist, aufwerten will.“ (SOLMS 2006, S.25).

[11] Ebd., S.134.

[12] „Die Tsiganologen“ als Feindbild der Antiziganistizisten: z.B.: SOLMS 2006, S.13, 99, 126 und 130. Siehe auch REEMTSMA 1996, S.48-57. HAUPT (2009, S.225) scheint die Antiziganismusforscher gar als die eigentlichen Tsiganologen anzusehen, wenn er schreibt: „Die Antiziganismusforschung stellt gegenüber der früher praktizierten ‚Tsiganologie‘ einen neuen wissenschaftlichen Zugang zum Forschungsfeld Roma dar.“ Allerdings widerspricht das dann anderen Mitgliedern der Zunft, die ja gar vorgeblich nicht Zigeuner „erforschen“ wollen (bloß nicht!), sondern die „antiziganistische Mehrheitsbevölkerung“.

Die meisten von den Antiziganistizisten als Tsiganologen etikettierten Autoren dürften sich wohl gar nicht einmal als solche bezeichnen oder sehen.

[13] OPFERMANN 2010, S.12.

[14] OPFERMANN 1996, S.17: „… ‚Zigeuner‘ in einer Doppelbedeutung. Zum einen meint das Wort den Fahrenden allgemein und bezeichnet die Lebensweise, zum anderen zielt es auf den Angehörigen der ethnischen Gruppe.

[15] Siehe auch unter: http://groups.yahoo.com/group/Roma_in_Americas/message/2971 (aufgerufen am 23.11.2010; URL nicht mehr aktuell).

[16] Einige Beispiele dafür in verschiedenen Artikeln unter: http://www.cingeneyiz.org/worldnews.htm (aufgerufen am 11.11.2010; URL nicht mehr aktuell).

[17] Die Internetseite ist teilweise auch in Englisch zu lesen. In einem „Grundsatzartikel“ auf der Seite schreibt offenbar Mezarcıoğlu unter dem Titel „Who are Gypsies“: „We are the children oft he commercial nomads. … Gypsies belong to various races and speak different languages. There is only one distinctive characteristic of Gypsies: They have lived on with commercial nomadism thousands of years. If the ancestors of a Gypsy are commercial nomads, she/he must be part of the Gypsy community, whatever she/he does. … We are the children of a universal culture which is thousands of years old.(http://www.cingeneyiz.org/commercialnomads.htm oder ähnlich unter: http://www.cingeneyiz.org/whoarewe.htm; aufgerufen am 12.11.2010; URLs nicht mehr aktuell). Solch einen Unsinn wird mir selbst Opfermann wohl nicht unterstellen wollen – hoffe ich jedenfalls.

[18] BENNINGHAUS 2009 a. Auch in einer Serie zum Thema „Wer ist Zigeuner?“ (BENNINGHAUS 2009 b) wird Opfermann nichts finden, was seine Unterstellung stützen würde.

[19] SOLMS 2006, S.17 und 60.

[20] TOMAŠEVIĆ/ DJURIĆ 1989. Die englische Ausgabe des Buches trägt übrigens den Titel „Gypsies ...“!

[21] Ein anderes Beispiel dafür ist der deutsche Titel eines ursprünglich in Niederländisch erschienenen Buches über eine Sintizza (SCHMID 2004), dessen Original „zigeunerin lautete, aber im Deutschen mit „Sintizza“ übersetzt wurde.

[22] KURTH 2008, S.2. Dementsprechend hat er ein Adjektiv „romisch“ kreiert. Kurth’s Beweggründe sind offenbar, die immer noch verbreitete Unkenntnis über die Begriffe „Sinti“ und „Roma“ und ihren sachlichen und grammatikalische Gebrauch auf „deutsche Art und Weise“ auszumerzen.

[23] (OPFERMANN 2007, S.33). Man mag sich allerdings dabei fragen, was denn daran „merkwürdig“ ist und was dann noch bleibt, um von Konvention sprechen zu können, wenn doch sowohl populus als auch Wissenschaft (wie er meint) immer noch von „Zigeunern“ spricht oder schreibt. Elf Jahre vorher konnte er noch schreiben: „...inzwischen durchweg von Sinti und Roma die Rede ist, will sich das Ohr an die fremdartigen Eigenbezeichnungen nicht recht gewöhnen. Die Unbefangenheit in der Verwendung des traditionellen Begriffs ist weg, ohne daß sich eine neue Selbstverständlichkeit im Umgang mit den neuen Begriffen herausgebildet hätte. Deren Verwendung scheint etwas Aufgenötigtes anzuhaften, im übrigen ist die Diffamierung durchaus auch in den Medien noch lebendig: die erste Seite einer Zeitung spricht von Sinti und Roma, im Lokalteil findet der Leser ,Zigeuner' vor." (OPFERMANN 1996, S.19). Ich kann nicht erkennen, daß diese Aussage überholt wäre.

[24] HAUPT 2009, S.88, 91 f. und 97.

[25] Ebd., S.83 f., 86 f., 90 und 134.

[26] In einem Forenbeitrag vom 18.06.2008: http://www.foren4all.de/showthread.php?t=23231&page=2 (aufgerufen am 18.10.2010).

[27] OPFERMANN 2007, S.33.

[28] END/ HEROLD/ ROBEL 2009, S.19. Warum dann dieselben Autoren immer wieder von „Roma“ und „Roma-Bürgerrechtsbewegung“ in Bezug auf Deutschland schreiben können, ist mir nicht einsichtig.

[29] SCHÖNDORFER 2010.

[30] Sie hat allerdings Vorgänger, wobei ich nicht weiß, wie weit Schneeberger diese bekannt sind.

[31] Dementsprechend hat es die neue „Katholische Seelsorge für Roma, Sinti und verwandte Gruppen“ auch nicht eilig, ihre Webseite einer „Sprachbereinigung“ zu unterziehen; denn da liest man immer noch von „Zigeunern“, „Zigeunerseelsorger“ u.ä. (http://www.ksfrs.de) und die entsprechende Webseite des Bistums Hildesheim lautet immer noch: http://www.zigeunerseelsorge.de (aufgerufen am 13.11.2010; URL nicht mehr aktuell).

[32] In: Antiziganismuskritik, H.2/ 2010, S.4.

[33] Nebenbei bemerkt scheint sich die Zahl der behaupteten Opfer inflationär nach oben zu bewegen. Der Roma-Intellek-tuelle Bajram Haliti, derzeit Generalsekretär der International Romani Union (auf die sich Opfermann in seiner Begründung für den Sammelbegriff „Roma“ beruft) scheint unter denen, die mit Opferzahlen Politik zu machen versuchen, einsam an der Spitze zu stehen: 3,5 Millionen (siehe: http://www.facebook.com/topic.php?uid=164018356324&topic=14779 oder: http://groups.yahoo.com/group/Roma_Holocaust/message/980; aufgerufen am 22.10.2010; URLs nicht mehr aktuell).

[34] Hier wird Opfermann natürlich „Klärungsbedarf“ konstatieren (OPFERMANN 2007, S.32), vermutlich nicht ohne den betreffenden „Angehörigen der Minderheit“ scheel dafür anzusehen, wie er denn dem „Nichtgutmenschen“ aus der Mehrheitsbevölkerung auch noch Munition liefern kann. Aber vielleicht wird er hier mit einem anderen Erklärungsversuch aufwarten: „Selbstdarstellungen sind spärlich und zielen in der Regel auf die Erwartungen Außenstehender.“ (OPPFERMANN 1996, S.14). Es sei allerdings an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß als Quelle zu der Frage nicht nur schriftlich fixierte Aussagen von Zigeunern zur Verfügung stehen, sondern zahlreiche mündliche Zeugnisse im Alltag.

[35] DEBUS 2010.

[36] http://www.main-netz.de/nachrichten/politik/politik/art4204,1386337, Main-Netz vom 16.10.2010 (zuletzt aufgerufen am 15.3.2020).

[37] https://albert-eckstein-stiftung.de/die-stiftung/ (zuletzt aufgerufen am 15.3.2020).

[38] EGGERT 2009.

[39] Z.B.: OPFERMANN 2007, S.73, 77.

[40] OPFERMANN 2010, S.12.

[41] Beispiele für Magie bei rumänischen Roma bringt z.B. auch HAUPT 2009, S.130.

[42] Im Türkischen würde man einen solchen Hodscha als „cinci hoca“ bezeichnet, jemanden, der böse Dschins austreibt.

[43] Um einmal „auf andere Gedanken“ zu kommen, sei ihm hier u.a.. zur Lektüre empfohlen: ĐOĐEVIĆ (2003); TRIGG 1975 oder des mazedonischen Rom PETROVSKI 2000. Möglicherweise wird Opfermann die Authentizität von magischen Objekten etwa wie den von Engelbert Wittich gesammelten und im Museum der Kulturen in Basel aufbewahrten Gegenständen (HOHMANN (1999, S.27-31) anzweifeln.

[44] RÁKÓCZI 1956, S.46.

[45] OPFERMANN 2010, S.12.

[46] MAXIMOFF 1947, S.40. HAUPT (2009, S.105-107) schildert recht anschaulich, wie sich rumänische Roma selbst über die Konfession, der sie angehörigen, nicht richtig im Klaren sind. Die Freikirchen haben heutzutage natürlich das Wissen über die Inhalte christlichen Glaubens unter Zigeunern stark erweitert.

[47] RAO 1975, S.142.

[48] ĐUROVIĆ 2003, S.24.

[49] BRIESKORN 1991, S.104.

[50] Um die Großschreibung von „Gypsies“ wurde in Großbritannien noch vor nicht allzu langer Zeit gerungen.

[51] TRIGG 1973, S.78 f. Trigg schließt sich übrigens dem „Vorurteil“ der Mehrfachtaufen an (ebd., S.82 f.).

[52]Ich hatte nichts gefunden, was auch nur ansatzweise als Bestätigung deutbar gewesen wäre und die Hypothese betrügerischer (oder auch nichtbetrügerischer) Mehrfachtaufen als falsch verworfen und als unbelegtes Stereotyp den abwertenden Zigeunerbildern dieser Zeit zugeordnet.“ (OPFERMANN 2010, S.11).Gegen den ersten Teil von Opfermanns Aussage läßt sich nichts einwenden – das ist eben das, was er in den Quellen gefunden bzw. nicht gefunden hat – während die Schlußfolgerung des letzten Teils eben für mich eines von mehreren Beispielen ist, wie man in den bereits näher bezeichneten Kreisen auf dieser Basis schnell und gerne „antiziganistische Belege“ präsentiert.

Ins gleiche Horn stößt auch SOLMS 2006, S.102

[53] Wenn Opfermann meiner eigentlichen Kritik (in BENNINGHAUS 2009 c) an seiner Terminologie durch den Hinweis auf die beiden Nachrichten zu Beginn seines Beitrags auszuweichen versucht, diese gar als „Begründung“ dafür präsentiert und sich stattdessen zweier „Nebenthemen“ annimmt, so ist dieses „Manöver“ nur allzu durchsichtig.

[54] Wie z.B.: „Die Vorstellung von der Mehrfachtaufe belegt den delinquenzgerichteten, defizitären Blick einer Mehrheitsgesellschaft, die die minderheitliche Religiosität als Vortäuschung erachtet, wie es bereits in dem Wort vom ‚Heiden’ zum Ausdruck kommt.“ (Opfermann 2007, S.80).

[55] Übrigens wäre es, auf Deutschland bezogen, von Interesse, einmal darüber zu forschen, was denn die Religiosität bzw. Religionsausübung von Sinti in traditionell protestantischen Regionen ausgemacht hat bzw. ausmacht, wo Elemente wie Marien- und Heiligenkult und Wallfahrtswesen in der Konfession eigentlich keinen Platz haben.

[56] OPFERMANN 2007, S.110. Zusätze in eckigen Klammern zwecks besseren Verständnisses von mir eingefügt. Siehe ebd. auch S.100.

[57] OPFERMANN 1996, S.49.

[58] WETTSCHERECK 1892, S.95. Es handelt sich hier um einen Beitext zu einer Zeichnung, die ein Einheimischer von der Feier angefertigt hatte.

[59] McDOWELL 1970, S.15.

[60] OPFERMANN 2007, S.111.

[61] TRIGG 1973, S.82.

[62] DARANES 1934, S.208 f.

[63] Unabhängig von der Frage der Mehrfachtaufen könnten genealogische Zeitschriften verstärkt nach „Funden“ über Zigeunertaufen ausgewertet werden; zu finden ist dort auf jeden Fall manches. Auch im Bestand R 165 des Bundesarchivs (Rassenhygienische Forschungsstelle) dürften einige Kirchenbucheinträge zu finden sein, die sich Ritter & Co. aus allen Teilen des Reiches haben schicken lassen.

[64] OPFERMANN 2010, S.11.

[65] OPFERMANN 2007, S.30.

[66] Übrigens ist es auch meist ohne Einsicht in die benutzten Quellen nicht zu beurteilen, ob seine Kategorisierung bestimmter, in den Quellen vorkommender Personen als „Zigeuner“, Sinti oder Jenische richtig ist. Das Problem hat natürlich nicht nur er.

[67] OPFERMANN 2007, S.48.

[68] Ebd., S.338-357.

[69] Ebd., S.99.

[70] So ganz hat sich Opfermann auch nicht daran gehalten: natürlich hat er auch für seine Arbeit Informationen aus Publikationen der NS-Zeit herangezogen: z.B. von Robert Krämer´(OPFERMANN 1996, S.167, 188, 194).

[71] OPFERMANN 2007, S.29.

[72] OPFERMANN (2007, S.24) stellte fest: „Es gab klare Zuordnungen von Gruppen zu Landschaften. Keinesfalls irrte man ziellos umher, vielmehr grenzten verschiedene Gruppen sich in einer landschaftlichen relativen Geschlossenheit und Überschaubarkeit voneinander ab.“ Und da sollte ihn nicht interessieren, was Ritter dazu, allerdings auch auf einen späteren Zeitraum bezogen, geschrieben hat?

[73] Um den bibliographischen Apparat nicht bei einem Nebenthema aufzublähen, seien hier lediglich die Namen von einigen Autoren aufgeführt, die sich breiter (in eigenen Publikationen zum Thema) über Robert Ritter, Eva Justin und Co. ausgelassen haben: Joachim S. Hohmann, Heike Krokowski, Martin Luchterhandt, Anka Oesterle, Katrin Reemtsma, Eve Rosenhaft, Erich Schmidt, Tobias Joachim Schmidt-Degenhard.

[74] ARNOLD 1960.

[75] ARNOLD 1980, 360-384. Daß hier auch Fehler zu finden sind, ist nicht Arnold-spezifisch. Sein publiziertes Material zu ignorieren, würde bedeuten, sich wesentlichen Hinweisen und sei es auch „nur“ für eine Weiterarbeit an dem Material zu verschließen.

[76] Z.B. ARNOLD 1963. Wahrscheinlich hat OPFERMANN (1996, S.45 f.) den Hinweis auf das Archivdokument über den Sinto „Tanara“ H. Arnold zu verdanken, da es die einzige Archivalie aus dem entsprechenden Archiv (Landesarchiv Speyer) ist, die er benutzt hat. Allerdings stimmen die Signaturangaben von beiden nicht überein. „Selbstverständlich“ zitiert Opfermann Arnold, dem er den Hinweis offensichtlich zu verdanken hat, nicht.

[77] Am 31.5.1983 erließ der Zentralrats Deutscher Sinti und Roma einen Spendenaufruf, der an verschiedene Personen verschickt wurde; darin heißt es: „... Der Zentralrat hatte die Möglichkeit, eine große Sammlung von Büchern und Dokumenten zum Thema ‚Sinti und Roma’ zu erwerben. Diese Bibliothek umfaßt eine umfangreiche Zahl von Monographien, historischen und bibliophilen Einzelstücken sowie Dokumente und Aktenmaterialien, die in diesem Umfang und in dieser Zusammensetzung nahezu einmalig sind. Die Sammlung wurde von einem privaten Sammler an einen new yorker Antiquar verkauft. Es gelang uns, die Bibliothek nahezu vollständig zurückzukaufen und sie so geschlossen zu erhalten. Diese Bibliothek hat für uns Sinti und Roma einen unschätzbaren Wert: hier konnten Dokumente und Bücher erworben werden, durch die wir unsere eigene Geschichte – das heißt besser, den Umgang mit ihr, selbständig aufarbeiten können. Dies ist umso notwendiger geworden, nachdem während des Nationalsozialismus unsere Kultur und unsere Identität weitgehend zerstört wurden, und nachdem die Überlebenden des Holocaust jahrzehntelang aufgrund der fortbestehenden Diskriminierungen ihre Identität verleugnen mußten, um die Chance einer scheinbaren Integration zu erhalten. …“ (HStA D, NW 748, Nr.25) Und wer war dieser Sammler wohl? – Hermann Arnold.

[78] Interessanterweise schreibt Opfermann (wer sollte es sonst getan haben?) in der Kurzvorstellung seiner Person am Ende des Beitrages zwar von seiner „Tätigkeit“ im Rom e.V., seine „Nähe“ zum  Marburger Antiziganistizisten-Club erwähnt er jedoch nicht.

[79] Wie es schon in der Bibel heißt: „... das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf ...“ (Gen. 8, 21).